Ende der Durststrecke, oder: Wie ging das nochmal?

  • Hallo ihr Lieben,


    jaa, viele von uns dümpeln seit einiger Zeit durch eine penetrante Schlechtwetterphase (also nachts, tagsüber ist es ja sehr oft klar und sonnig) und das Hobby durfte nach dem intensiven Sommer mal ein wenig in den Hintergrund rücken.
    Gestern Abend blickte ich wie so oft einfach nochmal in den Garten, als es dunkel war, und wenn ich den Mars leuchten sehe, weiß ich, dass der Himmel klar ist. Hui, ja, da ist er ja. Und wie sieht es sonst so am Himmel aus? Dazu muss ich dann doch ein paar Schritte aus der warmen Stube heraus wagen. Uuuuuh, Sterne!


    Und man sieht deutlich (!), dass keine Vollmondphase mehr ist, der Himmel lockt mich nach draußen. Mich und mein neues gebrauchtes Holzstativ, das obendrein noch 10 cm zu hoch ist.
    Ich habe den Küchenhocker mit rausgetragen, den Kindertisch als Atlas- und Okularablage danebengestellt und bei Polaris meine abendliche Sternenreise begonnen. Ich wollte die Objekte des Monats versuchen, zu denen der schon öfter besuchte Offene Haufen NGC 188 gehört. Der ist bei mir daheim einfach nicht wirklich sichtbar bei geringer Vergrößerung und höher vergrößert wird dann leider alles schwarz. Hier deshalb eine nette Übersichtszeichnung, die alles Mögliche zeigt, nur nicht den Haufen [:p] Aber einen Mini-Schwan finde ich, direkt rechts daneben. Seht ihr ihn?




    Im Sommer entdeckte ich auf den Tipp eines Sternfreundes Planetarische Nebel für mich, sie sind ein kleiner Nervenkitzel: Sichte ich den angesteuerten PN? Zeigt er Farbe, wenn er soll? Wie groß wird er erscheinen? Wie ein Sternchen oder schon schwammig? Es ist für meinen Himmel eine nette Herausforderung mit angemessenem Belohnungspotential. IC 3568 war meine gestrige Belohnung, eine leicht harte Nuss, aber geknackt, bei Maximalvergrößerung 200x ein schwammiges Flecklein:



    Die beiden Objekte haben schon eeecht lange gedauert, weil ich das Gefühl hatte, vergessen zu haben, wie der Nachthimmel eigentlich funktioniert, denn beim letzten Mal war die Gegend um Polaris noch anders (ja, ich weiß, alles wandert um Polaris herum, aber mich überfordert das gerne mal nach längerer Beobachtungspause). Deshalb habe ich zum Schluss nur noch Mars angesteuert und auch die 200-fach versucht, nachdem sie beim PN schon gerade noch so gingen. Zum ersten Mal habe ich neben Polkappe und dunkelorangem Südpol auch eine Struktur innerhalb der "Marsscheibe" gesehen, einen dunkelbraunen Bereich so im unteren Drittel bis Äquator. Ich bin ja nun echt nicht die Planetenzeichnerin, und meine vergrößerte Zeichnung zerpflückt mein Scanner leider total, aber so ungefähr sieht das Gebilde in meinem Okular aus:



    Ohne den Graufilter/Mondfilter war alles ein bisschen zu grell, also habe ich schulterzuckend ausprobiert, was mit Filter dabei rauskommt, aber ich weiß nichtmal, ob der Filter auch für Planeten geeignet ist. Egal [:D]


    Gestern wurde mir aber auch wieder sehr bewusst, dass ich meine nächsten Beobachtungsnächte mehr vorbereiten muss, und zwar am wichtigsten: die große Plane, die das Licht der Haustür am Hinterhaus abschirmt, denn da war das Licht gestern keine 5 Sekunden lang aus - Nachbarn rein, Nachbarn raus, nochmal in den Keller, wieder hoch, wieder jemand raus, jemand rein. Und von vorne. Nächstes Mal wird besser vorgesorgt. Aber sonst war es sehr schön, mal wieder eine Stunde lang friedlich, still und konzentriert im Garten in der frischen Herbstluft zu sitzen.


    Sonnige Grüße
    Sarah

  • Hallo Sarah,


    auch wenn ich mich evtl. blamiere, ist "Albireo" von Deinem
    Schwan der obere rechte Stern von dem "fünfer Sternfeld wie auf einem Spielwürfel?


    Viele Grüße
    Marwin

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Spica 44</i>
    <br />Hallo Sarah,


    auch wenn ich mich evtl. blamiere, ist "Albireo" von Deinem
    Schwan der obere rechte Stern von dem "fünfer Sternfeld wie auf einem Spielwürfel?


    Viele Grüße
    Marwin
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Blamieren, bei mir ganz bestimmt nicht [:I]
    Ja, genau, der ist es! Der Schwan fliegt sozusagen Kopf voraus in Richtung SSO, der Albireo-Vogelschwanz zeigt nach NW ungefähr.
    LG
    Sarah

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">der Albireo-Vogelschwanz zeigt nach NW ungefähr.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Der Schwan hat in der Natur und am Himmel einen langen Hals, und so ist Albireo nicht der Schwanz sondern der Kopf vom Schwan


    lg


    [:)]

  • Hallo Sarah und Stephan,


    jetzt gibt es zwei "Schwänchen" in der schönen Zeichnung.
    Mein entdeckter Schwan wären die 4 Sterne im Kreis und
    Albireo als Kopfstern eben der aus dem Würfelbild.
    Denebola ist auch z.B. das Schwänzlein vom Sternbild Löwen. Sarah Du
    hast ja auch "rechts daneben" in Deinem Text vermerkt. Aber so hab ich es nicht entdeckt.
    Aber es hat Spaß gemacht.


    Viele Grüße
    Marwin

  • Hallo Sarah,


    "Durststrecke" ist anscheinend RELATIV ;-). Bei mir sind es oft Monate dazwischen (also richtig Deep Sky). Und die Durststrecke ist, zumindest im Rhein-Main Zusammenfließ-Eck, ab späten Oktober besonders hartnäckig und reicht oft auch bis März hin :-(. Jedenfalls, wenn man auf Wochenenden und/oder Urlaub angewiesen ist, damit es weg vom Lichtsmog gehen kann.


    Ich gratuliere Dir auch schön zum Lemon Slice, das ist polnah, oder? Kleiner Bär...? Ich hab ihn auch mal gesucht - und nicht gefunden :-(. Mit 8" und auch im Odenwald. ... Dachte er ist zu schwach, aber anscheinend einfach verpeilt, muss ich noch mal versuchen ...


    Der Mars ist ja süß gezeichnet, aber mit dem Borg geht sicher mehr. Mein TAL100 4" FH zeigt mir mehr, wenn das Seeing mal Ruhe gibt.


    CS,
    Walter

  • Hallo Sarah,


    Einen schönen Bericht hast du hier geschrieben.


    Für den Offenen Sternhaufen NGC 188 habe ich auch nichts besonderes aufgezeichnet. Ich habe diesen Sternhaufen als einen Sternhaufen mit wenigen schwachen Sternen beschrieben der kaum auffällt.
    Du bist bei deiner Zeichnung schon am Sternhaufen. Der Sternhaufen liegt links neben deinem Schwan im deinem eingezeichneten Gebiet.


    Vergleiche mal das Foto von Bernhard Hubl mit deiner Zeichnung. Dein Schwan ist deutlich zu sehen.


    Der Planetarische Nebel IC 3568 blieb bei mir in 12" bei einer Vergrößerung von 400x ein kleines Bällchen. Ohne dem [OIII] Filter konnte ich ein sternförmiges Zentrum sehen.


    Viel Erfolg und Freude weiterhin unterm Sternenhimmel
    Gerd

  • Liebe Sarah,


    Ich finde es herzerfrischend wie Du lebhaft aus Deinem vorstädtischen Himmel (fst 5m2 Mag, wenn ich mich aus einem anderen Post von Dir recht entsinne?) das Beste machst. Das ist auch genau mein Ansatz, ebenfalls bei 5m2 in guten Nächten, in den schlechteren Richtung 4. Magnitude gehend.


    Gerd's Link zeigt sehr schön den Polarissima Cluster (so genannt, weil dies der polnächste offene Haufen ist) NGC 188. Die Mitglieder sind 14. Magnitude und schwächer, deshalb braucht es ein optisches System, das unter dem gegebenen Himmel wenigstens die 14m0 in guten Momenten knackt. Ich habe mir oft die Zähne an diesem Haufen unter 5m2-Mag Himmel ausgebissen. Meine erste - dann sehr schöne! - Sichtung war in diesem Frühling mit einem 5-Zoll Doppelrefraktor bei 64x. Blickweise blinkten zwei Dutzend Sterne an meiner Wahrnehmungsgrenze auf, der Bereich gut im Sehfeld von 1,3° abgegrenzt. Das war neben tollen Venus-Sichtungen zur selben Zeit mein Highlight dieses Frühlings.


    In derselben Woche habe ich sorgfältig die maximal erreichbare Tiefe mit diesem Doppelteleskop unter 5m2-Himmel ausgelotet, und kam auf 14m1. Das wird gebraucht! Hierbei ist zu bedenken, dass die im Teleskop erreichbare Grenzgröße mit der mit blossem Auge erreichbaren Grenzgröße steigt. In der schwäbischen Alb bei fst &gt;6m0 würde ich also sicherlich verbissen weiter versuchen, NGC 188 im 4-Zöller zu sehen [}:)]


    Übrigens frage ich mich bei Deiner Marsbeschreibung, ob die grosse bläulich-weisse Fläche am Nordpol und der besonders rot wahrgenommene Bereich am Südpol Artefakte der atmospärischen Diffraktion sind. Diese produziert ja vom Horizont weg (nach Norden) Blau und zum Horizont hin Rot. Ich spiele seit Kurzem mit einem ADC herum und bin sehr vom mächtigen Einfluss der Diffraktion an Planeten beeindruckt, den ich bisher total unterschätzt hatte. Auch am Mond und an Einzelsternen ist der Effekt auch noch in 40° Horizonthöhe deutlich, sofern die Optik an sich farbrein ist.


    Allerbeste Grüße, Christopher

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