Größe des Universums in der Vergangenheit

  • Hallo Leute,


    ich muss mal eine "oberschlaue" Frage stellen.[:D]


    Harald Lesch sagt, wenn man in das Universum schaut, dann ist das auch immer ein Blick in die Vergangenheit. Als nächstes wird gesagt, dass das Universum in der Vergangenheit viel kleiner war als heute - mikroskopisch, sozusagen.
    Schaut man mit einem Teleskop aber weit ins All und damit weit in die Vergangenheit, stellt man fest, dass das Universum riesen groß ist bzw. genauer gesagt, schon früher riesengroß war.
    Wie kann man das übereinander bekommen?


    Grübelnde Grüße
    Gerhard

  • Hallo Gerhard,


    von Laie zu Laie: Was ich verstehe ist, daß es zwischen dem mikroskopischen Universum und dem was wir sehen ein Phase gab, die sich Inflation nennt. Das Universum ist in kurzer Zeit gewaltig gewachsen, aber das können wir nicht sehen, da das Universum da quasi noch undurchsichtig war. Alles was wir sehen ist sowieso nur eine Projektion auf den Himmelshintergrund. Selbst wenn das Universum winzig war, würde jeder Krümmel von damals heute riesig auf den Himmel projiziert aussehen. Die Projektion wächst ja mit.


    Gruß


    Heiko

  • Hi Gerhard,


    nimm Andromeda als Beispiel- unsere Nachbargalaxie ist 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt. Das Licht, das du von davon im Teleskop sehen kannst, war also 2,5 Millionen Jahre zu uns unterwegs. Damit blickst du in die Vergangenheit.


    Geh mal gdanklich viel weiter zurück in der Vergangenheit, als das Universum insgesamt noch viel kleiner war, z.B. 10 Milliarden Jahre. Da lag Andromeda vielleicht auch viel näher zu uns. Nur das damals von der benachbarten Galaxie abgestrahlte Licht ist doch längst an uns vorbei.


    Ein theroetischer Beobachter in 10 Milliarden Lichtjahren Entfernung zu uns und Andromeda würde aber heute das Licht von damals sehen- und er würde die Milchstraße und Andromeda in dem damals vorhandenen viel kleineren Abstand sehen.


    Andromeda hier nur als Beispiel genannt, eine etwas weiter entfernte wäre vielleicht passender bezüglich dem Abstand.


    Das wir mit dem Blick tief (weit) ins All ein sehr großes Universum sehen, liegt ja daran, weil es sich seit Entstehung ständig weiter ausdehnt und damit die Laufzeit des Lichts von weit entfernten Objekten entsprechend vergrößert wird.


    Gruß
    Stefan

  • Der Gedankenfehler liegt beim "schon früher riesengroß war."
    Die Galaxien, die wir noch gerade sehen können, die ihr Licht vor, sagen wir mal, 11 Milliarden Jahren ausgesandt haben, sind gar nicht mehr da. Die sind nicht 11 Milliarden Lichtjahre weit weg. Das war nur die Laufzeit des Lichtes. Die sind heute vielleicht 40 Milliarden AbstandsLichtJahre weit weg.


    Das Universum wird ja nicht kleiner, nur weil man soweit zurück zum Anfang schauen kann.


    Das sichtbare Universum wird aber immer "kleiner" im Vergleich zum "großen Ganzen", das größer wird. Aber im Grunde ist es sinnlos von groß und klein im Zusammenhang mit unserem Universum zu reden.

  • Hallo Gerhard_S,


    Ja, ein Blick in andere Galaxien, wie diese vor 5, 10, 14 Mrd. Jahren waren.
    Was sieht man bei Galaxien in 5 Mrd. LJ Entfernung? Nicht viel.


    Deine räumliche Größe misst man von z.B. einem Punkt ganz unten bis zum Punkt ganz oben. Man hat 2 konkrete Bezugspunkte.


    Jetzt nimmt man die untere Begrenzung des Universums und misst bis zur oberen Begrenzung. Was stellst du fest? Wo ist die untere und obere Begrenzung?


    Die Größe des Universums ist nicht definiert. Demzufolge kann z.B. ich keinerlei Angaben zur Größe des Universums machen.
    Derzeit gibt es eine Größe des beobachtbaren Universums. Und das ist abhängig von der Erfassungsmöglichkeit der Teleskope.
    Je besser, je weiter.


    Was sich dahinter befindet, weiß ich z.B. nicht. Vllt. wissen es andere?


    lawrence

  • Gerhard,
    auf kosmische Distanzen hinweg ist das mit den Entfernungen so eine Sache.


    Wir kennen etwas "ähnliches" im Alltag vom Schall. Da hört man ein Flugzeug, schaut hoch, und dort, woher wir den Schall hören, ist der Flieger gar nicht mehr. Oder aus der Anzahl der Stufen, die wir verkehrt eine U-Bahn-Rolltreppe steigen, kann man nicht auf die Länge der Rolltreppe schließen, sondern nur auf seinen Fitnesszustand. [;)]


    Bei Licht und dem Universum wird's aber komplizierter, denn der Kosmos dehnt sich ja aus. Wir schauen vor allen Dingen in die Vergangenheit. Ein Quasar 11 Mrd. LJ "weg", wird erst mal so gesehen, wie er vor 11 Mrd war. Wie weit der Qasar damals weg war oder wie weit er heute weg ist, das kann man errechnen, wenn man die kosmische Raum-Ausdehnungsrate über besagten Zeitraum kennt. Insbesondere das Licht selbst musste in der Zeit den zusätzlichen Raum der Ausdehnung auch überwinden, wurde dabei mit dem Raum in der Wellenlänge gestreckt (kos. Rotverschiebung).


    In den Medien wird dabei Laufzeit des Lichts in Jahre gerne mit Entfernung in LJ gleichgesetzt, dabei ist ersteres nur eine Zeitangabe, letzteres nur eine Entfernungsangabe. Das verwirrt natürlich. Reine Entfernungsangaben über solche Distanzen machen keinen Sinn, wenn man den Startpunkt der Messung oder Ankunftszeit der Messung nicht nennt und die kosmische Ausdehnungsrate des Raums nicht genau kennt. Was nur als Gedankenspiel funktioniert ist eine Momentan-Entfernung, z.B. "jetzt von hier zu Andromeda usw. Jede Messung kann man nur max mit LG durchführen, deshalb nur "Gedankenspiel".


    Zu jeder Ausdehnungsrate kann man eine Entfernung angeben, so dass Licht die Strecke nie komplett zurücklegen wird, weil es gegen die Ausdehnung dann nicht mehr ankommt ... Das nennt man dann Sichtbarkeitshorizont.


    Die Ausdehnungsrate war und ist auch nicht konstant, sondern nahm als Faktor stetig ab (Inflationsphase kurz nach dem Urknall ausgenommen). Wenn man heute von beschleunigter Ausdehnung spricht, dann meint man bislang damit, dass der Wert weniger abgenommen hat, als allg. den ursprünglichen kosmischen Modellen entsprechend. Und die "Kraft", die das bewirkt nennt man dunkle Energie. Wie groß diese Kraft noch wird, ist derzeit spekulativ. Vielleicht wächst der Ausdehnungsfaktor in ferner Zukunft so stark an, dass der Sichtbarkeitshorizont (=Wirkungsgrenze aller physikalischen Kräfte) kleiner als Atome wird und diese dadurch zerrissen werden (Big Rip Spekulation als Ende des Universums).


    Wenn man zeitlich zurück rechnet landet man automatisch bei einer max. möglichen Zeit, in der das Universum Punktgröße (Singularität) hatte, dem sog. Alter des Universums bzw. dem Urknall. Das jetzt stark verkürzt, denn Licht gab es erst so 400.000 Jahre nach dem Urknall, vorher war die Suppe noch zu heiß und zu dicht für Photonen. Vielleicht sieht man eines Tages aber Gravitationswellen aus dieser Zeit.

  • Der Urknall ist "nur" eine Schlussfolgerung des zur Zeit akzeptierten physikalischen Modells.
    Das Modell erklärt einige Sachen besser, als andere Modelle. Einige Sachen erklärt es aber gar nicht und lässt raum für Metaphysik, was nichts anderes heisst, als "Neben oder hinter der Physik".
    Da kann man so bunt spekulieren, wie man will, was auch bis zum Exzess gemacht wird.


    Ich finde folgendes Paradox faszinierend verwirrend (Unter der Annahme, es gab einen Urknall):


    Am Anfang war eine Singularität in Nichts, es gab weder Raum noch Zeit noch irgend welche uns bekannte physikalische Gesetze.
    Daraus entfaltete sich Raum und Zeit und das für uns erfahrbare Universum.


    Am Anfang war jeder Punkt am gleichen Ort und ist in der Zwischenzeit durch die Ausdehnung des Raumes irgend wo anders. Auf jeden Fall können wir von unserem Punkt aus in jede Richtung etwa 13.8 Milliarden Lichtjahre weit sehen.
    Danach dehnt sich der Raum von uns aus gesehen gemäss Hubblekonstante mit Überlichtgeschwindigkeit aus.
    Das müsste aber für alle Punkte im Universum gelten, weil sie ursprünglich am gleichen Ort waren und gleich lange Zeit hatten, sich zu entfernen.
    Also jemand, der auf einer Galaxie in 13.8 Lichtjahre Entfernung in den Himmel schaut, sieht auch in jeder Richtung des Universums 13.8 Milliarden Lichtjahre weit.
    Er hat ja den gleichen Urknall erlebt.
    Logischerweise müsste er also irgend wo eine Galaxie sehen, die von uns 27.6 Milliarden Jahre weit weg sein müsste.
    Von unserer Warte aus gesehen, wäre jener Teil des Universums weit vor dem Urknall entstanden.
    Und auch dort schaut wieder jemand in den Himmel. Für ihn ist das sichtbare Universum aber auch vor 13.8 Milliarden Jahren aus einem Urknall entstanden.
    War das derselbe Urknall, wie unserer, obwohl er zu zwei verschiedenen Zeiten stattfand?

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Gerhard_S</i>
    <br />
    Harald Lesch sagt, wenn man in das Universum schaut, dann ist das auch immer ein Blick in die Vergangenheit. Als nächstes wird gesagt, dass das Universum in der Vergangenheit viel kleiner war als heute - mikroskopisch, sozusagen.
    Schaut man mit einem Teleskop aber weit ins All und damit weit in die Vergangenheit, stellt man fest, dass das Universum riesen groß ist bzw. genauer gesagt, schon früher riesengroß war.
    Wie kann man das übereinander bekommen?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Man schaut weit in die Vergangenheit, aber deshalb nicht weit ins All. Wenn wir das Licht einer sehr früh entstandenen Galaxie mit der Rotverschiebung z=10 sehen, dann war sie, als sie dieses Licht vor ~ 10 Milliarden Jahre aussandte etwa 2,7 Mrd Jahre von uns entfernt und ist heute wegen der Expansion des Universums ca. 30 Mrd Jahre entfernt (Entfernung damals/Entfernung heute=1/(z+1)). Man kann also Entfernungen nur zu gleichen Zeitpunkten vergleichen.*
    Geht man zurück zum Urknall, dann war das von uns beobachtbare Universum so groß wie eine Pampelmuse (üblicher Vergleich :)). Gängige Annahme der Kosmologen ist, dass das ganze Universum (was wir sehen ist wegen der endlichen Lichtgeschwindigkeit ein winziger Teil davon) unendlich groß ist. Wenn das so ist, dann war und ist das Universum zu allen Zeiten unendlich, also auch beim Urknall.


    Grüße
    Günter


    * Man findet häufig Angaben wie "eine Galaxie in 10 Milliarden Lichtjahren Entfernung wurde entdeckt". Das ist jedoch falsch, gemeint ist die Lichtlaufzeit und das ist nicht die Entfernung zwischen dem Ort der Emission damals und unserem Ort heute.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Gerhard_S</i>
    <br />Hallo Leute,


    ich muss mal eine "oberschlaue" Frage stellen.[:D]<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ich sehe schon: Da blickt ein Gerhard durch seinen schönen großen Dobson auf schwach leuchtende Wattebäusche und sinniert über das Große Ganze [:I]. Solche Fragen kamen mir auch immer, wieder wenn ich mal wieder einem Hoch-Rotverschiebungs Quasar im Okular hatte.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wie kann man das übereinander bekommen?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Indem man sich als aller erstes von der Alltagsvorstellung über Größen und Entfernungen löst. In kosmologischen Maßstäben gesehen gibt es nämlich nicht <b>DIE EINE</b> Entfernung, sondern 4 verschiedene, je nach Fragestellung. Neben der Lichtlaufzeitentfernung gibt es noch die Leuchtkraftentfernung, mitbewegte Entfernung, und Winkeldurchmesserentfernung:


    https://de.wikipedia.org/wiki/Entfernungsma%C3%9F
    http://www.atlasoftheuniverse.com/redshift.html<b></b>


    Alter Beitrag:
    http://www.astrotreff.de/topic…CHIVE=true&TOPIC_ID=22671


    Das herrliche Berechnungstool von Prof. Ned Wright
    http://www.astro.ucla.edu/~wright/CosmoCalc.html
    sowie sein Kosmologie Tutorial läd gerade nicht.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Doc HighCo</i>
    <br />Selbst wenn das Universum winzig war, würde jeder Krümmel von damals heute riesig auf den Himmel projiziert aussehen. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Nein, tut er nicht, wie man ja an den Ultra Deep Field Bildern der stärksten Teleskope sehen kann. Siehe "Winkeldurchmesserentfernung (angular diameter distance)".


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: lawrence</i>
    <br />Derzeit gibt es eine Größe des beobachtbaren Universums. Und das ist abhängig von der Erfassungsmöglichkeit der Teleskope.
    Je besser, je weiter.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Nein. Das beobachtbare Universum ist eine prinzipielle Größe und hat nichts mit der Leistungsfähigkeit der Teleskope zu tun.
    Siehe
    https://de.wikipedia.org/wiki/Beobachtbares_Universum
    https://www.abenteuer-sterne.d…s-beobachtbare-universum/

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: fastride</i>
    Ich finde folgendes Paradox faszinierend verwirrend (Unter der Annahme, es gab einen Urknall):


    Am Anfang war eine Singularität in Nichts, es gab weder Raum noch Zeit noch irgend welche uns bekannte physikalische Gesetze.
    Daraus entfaltete sich Raum und Zeit und das für uns erfahrbare Universum.


    Am Anfang war jeder Punkt am gleichen Ort und ist in der Zwischenzeit durch die Ausdehnung des Raumes irgend wo anders. Auf jeden Fall können wir von unserem Punkt aus in jede Richtung etwa 13.8 Milliarden Lichtjahre weit sehen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Von einer Singularität geht man nicht mehr aus, weil man dann zu physikalisch unsinnigen Größen kommt.
    Das älteste Licht, das wir sehen stammt vom Mikrowellenhintergrund und wurde vor etwa 13,5 Mrd Jahren freigesetzt. Wir sprechen hier über eine Lichtlaufzeit, nicht über eine Entfernung, s. mein Beitrag weiter oben. Recht anschaulich sieht man das in diesem Raumzeitdiagramm. Den Mikrowellenhintergrund (im Diagramm particle horizon) sehen wir mit der Rotverschiebung z=1000 (nach neueren Daten 1100). Das Diagramm zeigt die heutige Entfernung 45 Mrd Lichtjahre dieser Weltlinie. Diese Entfernung gibt den Radius des beobachtbaren Universums an.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!