Mars 15.09.2020 12" Newton Trattberg/Österreich

  • Hallo Planetenfreunde,
    angespornt durch die exzellenten Bedingungen am Trattberg vom 13.09.2020 bin ich heute früh noch mal mit meinem 12" Newton (Teleskop nachträglich ergänzt) auf die Aussichtsplattform am Trattberg hochgefahren. Bedingungen waren völlig anders als am 13.09.2020:
    - staubtrockene Luft (kein Dunst mehr)
    - fantastische Durchsicht (führte zu sehr kurzen Belichtungszeiten)
    - leider starker warmer SO-Wind, immer wieder unterbrochen von kälterem NW-Wind (beginnende Wetterumstellung)


    Das Seeing war bei SO-Wind unbrauchbar, ohne Wind mäßig und bei NW-Wind brauchbar bis gut. Windrichtung und -stärke wechselte ständig. Der Kampf mit Wind und Staub war nicht zu verachten, die Ausbeute an guten Filmen durchwachsen. Anbei die besten Ergebnisse:



    Mars 2020-09-15 UT01:43 L(R)-RGB
    CM=94.5° (mit Solis Lacus und Valles Marineris)


    Zur Verkürzung der Belichtungszeit zwecks Einfrieren der Luftunruhe habe ich als L Kombi aus Orange-Paßfilter und UVIR cut eingesetzt, was in einigen Filmen erstaunlich gut funktioniert hat. Fokusiert wurde von Hand mit Änderung in kleinsten Schritten - Scharfstellen am Bildschirm war schwierig, deshalb try and error. Viele Filme waren unbrauchbar, weil der Fokus daneben lag.


    Anbei ein Bild mit Orange & UV-IR cut als L:



    Mars 2020-09-15 UT01:42 L(O510nm & UVIRcut)-RGB
    12" Newton f5 verlängert auf f16 mit 3x Barlow
    Camera=ZWO ASI290MM
    Filename=2020-09-15-0143_1-L-Mars_26.avi
    FPS (avg.)=594
    Shutter=0.551ms
    Gain=320 (53%)
    HighSpeed=on


    LG
    Robert

  • Servus Robert,
    Dein neuestes Marsbild ist wieder sehr gut geworden.
    Das mit dem Seeing verstehe ich nicht ganz. Wie war das Seeing bei dieser Aufnahme? Es gab offenbar wechselnde Windrichtungen mit unterschiedlich gutem Seeing. Hast Du diese Aufnahme in Phasen guten Seeings gemacht?
    Nachtrag: Ich habe nochmal die Aufnahme mit der vom 13.9 verglichen. Damals ist die Polgegend noch schärfer. Dennoch finde ich die Aufnahme vom 15.9 auch sehr gut. :)
    Servus,
    Roland

  • Hallo Thomas,
    Teleskop war diesmal mein Eigenbau 300f5 LOMO von Emil Schwarz aus 1994, dem ich Ihm 2006 abgekauft habe (ist das Teleskop auf meinem RobertR Bildchen). Die Montierung ist Eigenbau aus 1978. Damals entstanden 5 Stück für die Mitglieder der Jugendgruppe der astronomischen Vereinigung Augsburg, zu der ich damals gehörte. Die Montierung tut mit ein paar motorischen updates noch heute Ihren Dienst und ist weniger schwingungsanfällig als eine EQ8 oder 10 Micron GM2000. In Summe ist das ganze Teleskop mit Montierung und Säule wohl 150 kg schwer und hat mit Leichtbau gar nichts am Hut. Dafür ist es auch bei Wind einsetzbar.


    Was macht man bei extremeren Wetterbedingungen? Die Nerven behalten und aufnehmen. Entstanden sind 50 Filme über 1,5h Zeitraum, von denen einige Orange Filme hervorstechen. Brauchbar war auch 1 einzelner Grün- und zwei Blaukanäle. Methode war immer dieselbe. Filter auswählen, Basisfokusierung über Bildschirm, 2 Filme, dann Fokus geringfügig herausgefahren, 2 Filme und so fort. Den Wind konnte ich nicht beeinflussen - das war lucky Imaging pur für hartgesottene. Bilder oben sind die besten aus den aufgenommenen Filmen, trotzdem auch hier nur 8% Verwendungsrate möglich! Aufgebaut hatte ich vor den Werbetafeln des Almgebietes. Die haben mir den gröbsten Wind abgefangen. Windstill ist aber was anderes. Hab dann diverse Deckelchen vom Boden einsammeln müssen.


    Wenn man aber schon mal 30 km Anreise von Hallein zum Trattberg hinter sich hat, 1/2 h aufgebaut hat, 1 h auf das Auskühlen gewartet hat, dann will man auch ernten [;)] oder?


    Der Trattberg ist ein Aussichtsberg mit einer 9 km langen Panoramastraße, der Gipfel liegt auf 1758 m Seehöhe, die Aussichtsplattform, von der ich aufnehme, auf 1550 m. Über 400 Stück Rinder schauen Dir beim Aufnehmen zu, man ist also immer unter Beobachtung und darf nicht nachlassen....


    LG
    Robert

  • Über 400 Stück Rinder schauen Dir beim aufnehmen zu, man ist also immer unter Beobachtung....


    Die erzeugen doch vorn + hinten eine Menge warme Luftturbulenzen. Gruß, eric

  • Eric,
    der eindeutigen Geräuschentwicklung nach ist dein Verdacht naheliegend - es wurde in näherer Nähe kräftig wiedergekaut. Der warme Wind aus SO war aber eher nicht kuhbedingt[xx(], die Viecher standen nördlich von mir. Neugierig sind die schon. Hätte eher Bedenken, dass die Kühe mein Teleskop umschubsen oder meinen Kabelsalat futtern. Gott sei Dank ist die Aussichtsblattform gegen Besuch durch Weidevieh geschützt. Auf der Runterfahrt muss man mittendurch, Kühe lieben warme Straßen und verbringen die Nacht lieber auf warmen Asphalt als auf der kalten Wiese. Sich hier durchzusetzen, ist auch nicht so einfach[;)]


    LG
    Robert

  • Hallo Robert,
    super Bilder - danke fürs Zeigen!


    Die speichere ich mir als Erinnerung meiner visuellen Beobachtungen im 12" ab :)


    Was ich spannend finde, wie in Deiner zweiten Bilderversion auf einmal Wolken/Nebelstrukturen (?) hervortreten! Das zweite Bild hast ja offenbar nur eine Minute später gemacht... Vielleicht muss ich mir für´s Visuelle auch mal ein paar Filter zulegen.


    Das waren auch bei mir gute Bedingungen mit ruhiger Luft die letzten Tage. Da war sogar 450fach noch gut möglich vom Balkon (leichter Gewinn gegenüber 270fach). Heute morgen war es nicht gut, kommt ja bisl Wetteränderung kurzzeitig.


    Witzige und interessante Beschreibung zu den Aufnahmebedingungen/ Entstehungsgeschichte. Das macht das ganze noch bisl lebhafter.


    Schöne Grüße und ruhige Luft
    Norman

  • Norman,
    der Orange Passfilter betont Details sicher nochmal anders als der R. Zeiten liegen deshalb so nahe beieinander, da mehrere Filme vereint wurden. Der Gesamtaufnahmezeitraum lag bei ca. 15 min. Den Zeitpunkt für Bildmitte kann ich in Winjupos bellibig innerhalb des Aufnahmezeitraumes ändern. Zufällig lag die Zeit für die Bildentwicklung nahezu gleich - war keine Absicht, paßt zum Vergleichen aber gut.


    Am Trattberg habe ich mit 9 mm Ortho und Neutralfilter (in meinen Augen notwendig) Mars auch visuell angesehen bei 520x. Das war am 13.09 sehr eindrucksvoll, am 15.09 eher wabbelig. Den guten Kontrast von La Palma (14" mit 600x) hatte ich nicht. Auf La Palma mußte man wegen zu hohem Stativ auf Leiter steigen, was bei dem starken Wind und nahe am Abgrund spezieller Reiz war. Hab allerdings eher das Okular im Auge als den Abgrund gefürchtet. Die Bildqualität und der Kontrast war dafür sensationell....



    LG
    Robert

  • Hallo Robert,


    danke für die Info. Prima, dass Du auch visuell beobachtest nebenher. Der Anblick vom Mars vom Roque war mir auch schon in 12" vergönnt, leider damals noch ohne Möglichkeit, höher als 340fach zu vergrößern.


    Solche Planetenanblicke hätte ich durch meinen 12er nie für möglich gehalten. Ich dachte, das wäre ein anderes Teleskop. Echt krass, was super Seeing ausmacht. Sensationell war das. Von Vergleichen wie "Anblick wie vom Photo" halte ich normal nicht viel - aber für den Abnblick von damals würde ich es verwenden. Und zwar kein erdgebundenes Photo sondern eher von Sonde.


    Hierzulande begnüg ich mich halt damit, das Vallis Marineris gut zu erkennen ;)


    Ist Dir schonmal der Olympus Mons gelungen visuell? Ggf. gar die letzten Nächte?


    Schöne Grüße
    Norman

  • Hallo Norman,
    Torsten und ich haben jahrzehntelang Planeten gezeichnet. Wir haben erst mit den Webcams auf primär Filmen umgesattelt. Mit Lucky Imaging geht halt gewaltig mehr als mit dem Auge oder chemischen Film. Wir sind bei Mars ja nun teilweise bei 0,3 ms Belichtungszeit und regelmäßig bei > 500 Bilder in der Sekunde. Da kommt Auge und Gehirn nicht mit. Wenn wir heute mit Auge schauen, geht es uns primär um den Farbeindruck. Der ist ja bei IRRGB weitgehend Fantasie und beliebig manipulierbar.


    Vallis Marineris war 2018 visuell auf La Palma mit 14" überhaupt kein Problem, da mit Staub gefüllt und auffällig hell. Am Olympus Mons sind die hellen Wolken manchmal zu sehen, der Berg- und insbesondere der Calderaschatten wären eher im R oder IR zu sehen, da ist mein Auge zu schwach, müßte man mit R610 Filter probieren. Ich glaube nicht, dass das so leicht geht. Kontraste sind zu schwach. Auf La Palma war der Wind meist zu stark störend für intensive visuelle Beobachtung. Planet springt zu stark im Okular herum. Die Kamera friert das problemlos ein.


    Hätte allerdings in der Vergangenheit nie geglaubt, dass man Olympus Mons oder Krater mit Amateurmitteln von der Erde aus schafft. Die ersten Amateur-Aufnahmen mit Olympus Mons stammen wohl aus 2003 von Don Parker mit 16" Newton. Heute geht das mit 8".


    PS: zu deiner Frage: Solis Lacus war problemlos zu identifizieren in beiden Nächten - ohne jede Überlegung - dann hab ich sofort die Kamera aufgesetzt....


    LG
    Robert

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