Soooo groß war der Frust unter der Woche, ich hatte regelrecht schlechte Laune. Der Grund? Ich saß einmal abends von 22 Uhr bis Mitternacht draußen und habe mich total auf neue Erkundungen gefreut und das End‘ vom Lied war, dass die wieder mal dermaßen nachtaktiven Nachbarn es mir ziemlich ruiniert haben. Ich habe zwar ein paar Kleinigkeiten neu entdeckt, aber war total genervt von der dauernden Stadionbeleuchtung. Da hat auch der Angelschirm nix geholfen.
Ich bin bekennende Schlafliebhaberin, da kam es mir nie auch nur annähernd in den Sinn, einen Teil meiner kostbaren Nachtruhe zu opfern für Himmelsbeobachtungen. Unter der Woche habe ich dann aber beschlossen, dass ich es zumindest einmal versuchen muss, denn es ist, glaube ich, meine einzige Chance, daheim in meinem Garten Spaß am Beobachten zu haben.
So, also dann bin ich heute früh kurz nach Mitternacht aufgestanden und habe mich nach draußen gesetzt. Alles war fertig aufgebaut, meine Objektliste stand schon zwei Tage vorher fest. Los geht es! Ok, nee, doch nicht. Da sind noch welche wach und stapfen durch den Flur. 5 Minuten später: Jetzt aber! Jaaa, es ist fast Vollmond, und der Himmel ist nicht dunkel geworden, EGAL!
Ich erzähle euch jetzt von meinen schönsten Funden, denn ich wollte meine Messier-Liste mal etwas füllen:
Von M 31 habe ich wie immer nur großzügig den Kern gesehen und M 110 bisher irgendwie nie. Also habe ich mal ganz speziell danach Ausschau gehalten. Siehe da: Südwestlich des hellen Kerns fluffte ein auffälliger, kleiner Nebelfleck mit im Gesichtsfeld von fast 1° herum. Das muss es gewesen sein! Sehr stolz, Haken dran, und natürlich nochmal ausgiebig beobachten.
NGC 7209: Den OS habe ich ewig gesucht, weil da so viele Sterne waren und ich nicht wusste, wonach genau ich Ausschau halten soll. Kurze Rücksprache mit SkySafari und ja, das muss es sein. Ein Abgleich heute mit dem BAfK bewies mir: Ich war richtig. Ein U in einem größeren U, fand ich:
Weiter ging es mit 30, 31 Cyg (o1 und o2), einem farbigen Dreifach-Anblick, das war ein Tipp vom lieben Rene. Ich sah ein schönes, sehr großes und spitzes Dreieck mit zwei gelblichen und einem bläulichen Stern, das ist SO schön! Wie immer kommt die Farbe im Scan überhaupt nicht mehr richtig raus ...
Was taucht denn da am Osthorizont auf, wo zu Beginn der Nacht noch der große, leuchtend orangefarbene Mars prangte? Das ist aber auffällig. Fernglas schnappen, schauen, staunen: Das sind ja die Plejaden, hallo, ihr Schönen! Das hat mich aber gefreut, da sind sie wieder. Und dann machte es whooooosh – Oah! Eine Sternschnuppe bei Delta Cassiopeiae, dick, grell, leuchtend und lang. Verschwindet, hinterlässt aber gute zwei Sekunden lang einen hellen Feuerstrich am Himmel. Herrlich.
Es ist zwei Uhr, Nachbarn gehen Gassi. Alles klar. Mach‘ ich meistens auch um die Zeit, gell. Augen zu und abwarten, bis das verhasste Flutlicht an der Haustür gegenüber wieder aus ist. Weiter geht es.
Iota Cassiopeiae, Doppelstern. Ich dachte, es gäbe nur zwei Komponenten, habe mich gefreut, weil sie schön getrennt waren und einen sehr, sehr deutlichen Helligkeitsunterschied hatten. Die schwächere Komponente ist fast im Schein der helleren untergegangen. Heute beim Nachbereiten mit stelledoppie und der vds-Seite stellte ich fest, dass es da drei Komponenten gibt und ich vermutlich AC mit 6,7‘‘ getrennt habe und nicht AB mit 2,6‘‘. Macht aber nichts, bittesehr:
Eine Weile bleibe ich noch bei der schönen und so beliebten Cassiopeia hängen, hier gibt es immer so viel zu entdecken (M 103 zum Beispiel, wie ich finde, eine Eiswaffel). Doppelsterne haben sich bei Vollmond bewährt, also voilà, noch Eta Cas, der mir bei 53x zuerst nur einen Stern offenbart hat, aber ja, doch, daneben steht ja noch ein zweiter [:)]:
Pi Aquilae hatte ich vorletztes Mal haarscharf und ganz fein getrennt, aber getrennt! 1,6‘‘, das ist mein Rekord! Warum habe ich das nicht gleich gezeichnet? Mensch, also habe ich das heute nachgeholt. Wieder haarhaarscharf getrennt, manchmal tanzen beide Sterne Tango miteinander, dann wieder halten sie still und lassen einen ganz feinen, schwarzen Strich zwischen sich. Ich habe sie in die linke obere Ecke gepackt, weil sie so ein schönes Dreieck ergeben haben:
Ich bin im Rausch, im Flow, endlich ist endgültig Ruhe in der Vorstadtsiedlung. Ich gehe noch einmal zum Schwan und schaue mir Mu Cygni an, da habe ich nur AD getrennt mit 197‘‘ (das war auch nicht schwer …). AB wären 1,5‘‘ gewesen, das war halt nicht drin. Es war trotzdem eine nette 5er-Konstellation:
Ein Blick auf die Uhr, aber auch nur, weil der Magen knurrt: 2.55 Uhr. Ach du Schreck, was hab‘ ich getan! Ich könnte eigentlich gerade so weitermachen, Cassiopeia und Perseus und Kembles Kaskade hätte ich gerne weiter erforscht, aber das kann ich mir nicht antun. Schnell einpacken und zurück ins Bett. Dabei sicherstellen, dass ich meinen Mann auch ja aus Versehen wecke und dann genießen, dass ich ein zweites Mal schlafen gehen kann [;)] Nächstes Mal stehe ich erst um 1 Uhr auf, und deutlich nach Vollmond. Das wird bestimmt nochmal ein ganzes Stück spannender!
So, nun bin ich wieder besänftigt, stelle mein Hobby nicht mehr in Frage und freue mich über meine vielen Zeichnungen und Beobachtungsnotizen, die ich inzwischen übrigens auch digital und schön sortiert sammle, mit allen möglichen Zusatzinfos zu Größe, Helligkeit und so etwas.
Bis bahaaald!