Neowise, from dusk till dawn

  • Hallo Forum,
    auch von mir natürlich ein NEOWISE. In der Nacht vom 20. auf den 21.7. konnte ich von der Abenddämmerung bis zur Morgendämmerung belichten. Da ich mit 2 Kameras parallel arbeitete sind fast 6 Stunden Gesamtbelichtung heraus gekommen. Die Bedingungen um ein tiefes Bild zu machen waren natürlich denkbar schlecht. Horizontnähe, Lichtverschmutzung, keine astronomische Dämmerung und der Niederrhein ist auch nicht für seine klare Luft bekannt. Trotzdem, bei Blende 2,8 kamen genügend Photonen zusammen um ein - aus meiner Sicht - überraschendes Bild zu machen. Hier in einer 33% Darstellung.



    Ich hatte schon in anderen Bildern diese fächerförmigen Strahlen gesehen, aber in dieser Gleichmäßigkeit noch nicht. ich gehe davon aus, dass diese mit der Rotation des Kometen korrelieren. Man kann sich gut vorstellen, dass ein "Hotspot" sein Material immer dann besonders stark auswirft, wenn er zur Sonne gerichtet ist.
    Der Gasschweif zeigt nicht nur Details, sondern diese auch in einer bemerkenswerten Dynamik. In diesem Bild sind deshalb auch durch die Bewegung diese Details verschmiert. Später einmal werde ich die ca. 1300 Bilder(!) gruppieren und eine Animation daraus erstellen.
    Hier mal ein Einzelbild. Immerhin nach 15s ist schon der Ionenschweif zu erkennen.



    Die Daten: Canon EOS5D und EOS7D(A), jeweils mit Samyang(Walimexx Pro)135mm bei f/2,8. Jedes Bild 15 s bei ISO800, nachgeführt auf einer EQ1, die ich modifiziert habe. Ein Sucher fungiert als Polsucher mit Heißklebepistole befestigt und die Gegengewichtsstange trägt die 2. Kamera. Dazu habe ich mit einer Handbohrmaschine in die Gewindestange freihändig ein Loch gebohrt :-).



    Die Montierung incl. Stativ wiegt 3,6 Kg. Die beiden Kameras mit Objektiv zusammen 4,4 Kg aber alles lief sauber und gleichmäßig und ich hätte die Belichtungszeit auch noch auf 30 evtl. 60 s erhöhen können.
    Die Bearbeitung war natürlich grausig, Gradienten ohne Ende, die ich zum Schuss nur mit Lasso und Verlaufswerkzeug retuschieren konnte, normalerweise mache ich das so nicht.


    Ein Astrofreund mit dem ich zusammen auf dem Feld war hat dieses Bild gemacht.



    Es erinnert mich daran, dass ich nicht nur ein Foto gemacht habe, sondern ein Erlebnis erlebt habe.
    Viele Grüße,
    ralf

  • Hallo Ralf
    Sehr schön eingefangen den Kometen.
    Wie krass die Fächerung des Schweifes sichtbar wird ist schon toll.
    Das Neowise sehr dynamisch ist eine prima Sache finde ich, so bleibt er doch über lange Zeit
    sehr interessant.
    Besonders die Ausmaße des Gas und Staubschweifes finde ich beeindruckend.
    Die Bildbearbeitung ist dir auch wieder top gelungen. Ich denke mit den besch... ää.. Vielen
    Gradienten haben wohl alle Kometenjäger zu kämpfen.
    Hat Spass gemacht dein Neowise mit all seinen Details zu betrachten
    Beste Grüße
    Andreas

  • Hallo Ralf,


    du hast mit einer ziemlich abenteuerlichen Ausrüstung genau das Bild geschafft, was ich eigentlich auch machen wollte, aber bisher bin ich an den unzähligen Gradienten gescheitert. Allerdings sind bei mir im Stack auch die Sterne nicht so schön (bzw. nicht vorhanden), wie hast du die Bilder gestackt oder sind es 2 Stacks?
    Ich kam bisher auch gar nicht auf die Idee in den Bildern nach Bewegungen im Schweif zu gucken, das werde ich jetzt mal nachholen.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Ralf,


    Glückwunsch zu Deinem traumhaften Ergebnis, wenn man die Strukturen im Schweif betrachtet. Dabei bin ich mir gar nicht so sicher, ob es nicht minder klasse ist, dass Du zeigst, dass eie ganz "normale" Ausrüstung dafür genügt, wenn man nur weiß, welche Möglichkeiten sich mit ihr bei entsprechender Handhabung eröffnen.
    Und bei dem fotografischen Ergebnis kann ich wirklich nicht nachvollziehen, wie man das eventuelle Vorhandensein eines Gradienten im Kommentar so hoch hängen kann - es erscheint mir in diesem Fall völlig sekundär, weil Du Strukturen sichtbar machst, die ich bisher in keinem Foto so gesehen habe.


    Und das auf einer EQ1! Darf man das eigentlich überhaupt ....?


    Viele Grüße
    Manfred

  • Hallo Ralf,


    nach den Strichspuren zu urteilen lief es wirklich gut bei den Aufnahmen in der Nacht - prima Ergebnis!
    Etwas verwirrt bin ich dennoch:
    Nach 6h Beleichtungszeit sollte man eigentlich erwarten, dass noch viel mehr von dem Kometen in den Daten steckt.
    Hast du ganz bewusst nur "zart" gestreckt?


    Deine Erklärung zu den Streifenmuster klingt einleuchtend.


    Den kennst du bestimmt schon - dort steht sinngemäß wohl die gleiche Erklärung.


    https://www.starobserver.org/ap200722/


    LG
    Mario

  • Hallo, Ralf,


    tolles und interessantes Ergebnis!
    Kannst Du nun noch mal mit DSS nach den Sternen stacken und dann ein punktförmiges Sternresultat präsentieren oder ist das dann sehr arbeitsaufwendig? Ich finde das sehr viel ästhetischer.
    Habe das selbst noch nie versucht, vielleicht erwarte ich hier zuviel...
    Wer das hier kann, ist wohl Piotr, HNSolid, seine Kometenbilder und -animationen finde ich klasse!
    Es wäre schön, wenn Piotr hier mal ein genaues workflow geben könnte...[8D] würde Dich sicherlich auch interessieren, oder, Ralf?


    viele Grüße und cs ohne Mond
    Andreas

  • Hallo Heinz, Andreas1, Stefan, Manfred, Mario Markus und Andreas2,
    vielen lieben Dank für eure netten Kommentare. ich selber bin schon etwas "Kometenmüde" deshalb freuen mich eure Kommentare um so mehr. Stefan, ja, ich habe beide Bilderserien beider Kameras einzeln gestackt und dann überlagert. Manfred, ja,mit einer EQ1 darf man fotografieren, aber nur, wenn das Bild aus einem Porsche heraus und von einem der 5 Iphones gesendet wurde ;-). mein Astrofreund hatte eine EQ6R daneben stehen und mir angeboten sie zu nutzen pahh geht auch ohne ;-). Mario, na hörmal, der Niederrhein ist zwar eine Wüste (aus Kohl, Weizen, Kartoffeln und Mais), aber die Wüste Gobi ist dann doch noch etwas besser geeignet um tiefe Bilder zu machen. Aber du hast schon Recht, ich habe der Ästhetik in diesem Fall den Vorzug gegeben und nicht ganz so stark in die Tasten gehauen. Andreas, ich verstehe deine Bildästhetik und ehrlich, wenn ich das "sauber" hinkriegen würde, dann würde ich das evtl. auch so machen. Aber den Kometen in dem einen Bild mit dem Stempelwerkzeug entfernen, das widerstrebt mir. Zudem würde das 4 mal 17 Std. Rechenzeit bedeuten, ach nee, lass mal...
    Noch mal danke und Grüße von,
    ralf

  • hallo Ralf,


    sehr schön herausgebracht, die Streifen im Kometenschweif!
    Man nennt die Striae und sie kommen nur bei großen Kometen vor.
    Sie sind nicht einfach ein Folge der Rotation des Kometenkerns, einige Mechanismen greifen ineinander
    und erst kürzlich - 2015 - wurde ein konsistentes Modell dafür vorgelegt.
    Schon mal was vom YORP Effekt gehört? [:p]


    https://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/1509/1509.04756.pdf


    lg Tommy

  • Hallo Christian, hallo Tommy,
    erst einmal Danke für eure Kommentare.
    OK, der YORP Effekt. Gelesen habe das jetzt nicht alles, aber dass das kompliziert ist, das habe ich mir gedacht. Die Kenrotation spielt aber hoffentlich eine große Rolle dabei. "Striae", das merke ich mir, noch nie gehört, wann auch, es gibt ja so selten richtig große bzw. helle Kometen. Was mir noch nicht gelingen will ist eine drei-dimensionale Vorstellung des Schweifes bzw. der Striae.
    Auf jeden Fall vielen Danke für diese Informationen aus erster Hand.
    Viele Grüße,
    ralf

  • Hallo zusammen,


    soooo, hier nun -nach mühsamen Stunden der Bearbeitungszeit- meine Animation der Bewegungen im Gasschweif.



    Das Laden dauert evtl. etwas, sind 5 MB
    Aus 1200 Bilder a 15 s, mit 2 Kameras belichtet habe ich 10 Einzelbilder gestackt und dann alle möglichst gleich bearbeitet. Das abströmende Gas ist schön zu sehen, ob es sich dabei spiralförmig dreht ist nicht wirklich zu erkennen. Aber auch hier schön zu sehen sind die "Striae". Ich hoffe ich kann so noch mal einen kleinen neuen Aspekt zum Thema NEOWISE beitragen. Aber ehrlich gesagt, so langsam kann ich nicht mehr, das liegt sicher auch an der vielen Bearbeitungszeit. Wenn es euch gefällt, dann hat es sich aber gelohnt.
    Viele Grüße,
    ralf

  • Ralf,


    und ob sich das gelohnt hat ... wenn man einmal (oder auch öfter) die Bewegung von Elektronen z.B. in einer Wehneltröhre gesehen hat und wie sich ein Elektronenstrahl um die Feldlinien eines Magneten gewickelt hat, dann kann man diese Bewegung im Gaschweif unschwer erkennen. Bin absolut begeistert, dass Du dieses im "Weltraumlabor" sichtbar gemacht hast. Ich könnte es mir stundenlang ansehen ... da hat sich jede Minute der Berabeitung gelohnt.
    Riesengroßen Dank fürs Miterlebenlassen.


    Gruß,
    Manfred

  • Hallo Ralf,


    Jupp! Gehört zu einem angemessenen Kometen-Portfolio [:)]
    Wie du natürlich sagst: VIEL ARBEIT
    Hatte ich so auch vor, sollte aber terminlich/wettebedingt nicht sein.
    Umso schöner, dass es bei dir geklappt hat! Lecker lecker anzusehen....


    LG
    Mario

  • Hallo Ralf,


    zu denen die das irre und total abgefahren finden, will ich auch dazu gehören. Da hat sich jede Minute an Arbeit und Zeitinvestment gelohnt.
    ....und man muß es auch können!


    Viele Grüße
    Marwin

  • Hallo Ralf,


    hast du die 120x10er Gruppen einzeln gestackt, na dann alle Achtung. In ImageJ gibt es übrigens eine schöne Funktion, "Grouped Z Project". Damit kann man das Stacking in beliebiger Gruppengröße ziemlich geschickt erledigen lassen. Trotzdem eine atemberaubende Animation.


    Lg Tino

  • Auch ich bin begeistert - jetzt noch viel mehr mit der tollen Animation! Die Dynamik im Ionenschweif sieht super interessant aus, erinnert mich an Schemaabbildungen zum Polarlicht (z.B. Abb.5 in https://www.mps.mpg.de/442044/…gnetosphaere-der-Erde.pdf). Ohne Quellen zu Kometen gelesen zu haben weiß ich aber nicht, ob da wirklich ein direkter Zusammenhang besteht. Nach Wirkung eines Magnetfeldes sieht es aber schon irgendwie aus. Danke auf jeden Fall für die tolle Animation!
    Heinz


    P.S.: Soeben habe ich in das Buch "Kometen - Eine Einführung für Hobby-Astronomen" von Uwe Pilz und Burkhard Leitner geschaut (das ich mir zwar letzthin gekauft, aber ich muss gestehen noch nicht wirklich gelesen habe). Darin wird im Abschnitt "Plasmaschweif" eine Wechselwirkung mit dem solaren Magnetfeld skizziert, die mir tatsächlich ähnlich erscheint wie die beim Polarlicht (bei Letzerem spielt auch das Erdmagnetfeld mit). Das motiviert mich jetzt das Buch wirklich bald mal komplett zu lesen.


    P.P.S: Die Thematik scheint durchaus ein aktuelles Gebiet zu sein, spontan finde ich per Suchmaschine z.B. https://www.lpi.usra.edu/books/CometsII/7028.pdf oder https://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/1908/1908.00377.pdf

  • Hallo noch einmal,


    in meinem Beitrag hatte ich ja eine Wehneltröhre und ein analoges Experiment erwähnt. Da habe ich wirklich noch Fotos gefunden, die in den 90er Jahren entstanden sein mussten.
    Dieses zeigt den Verlauf der Elektronenbahn im Fadenstrahlrohr auf einer Strecke von ca. 8cm Länge von einer senkrecht nach unten gerichteten Elektronenkanone (oben) bis zur Kolbenwand (unten), an der sich außen der Südpol eines Hufeisenmagneten befunden hat. Von dort wurden die Elektronen wieder nach oben reflektiert. Und das erfolgte in einer Schraubenbahn, die man dann auch wirklich in 3D betrachten konnte.







    Zu ergänzen wäre noch, dass man nicht die Elektronen selbst als blaue Spur sieht, sondern das Leuchten entsteht bei der Kollision der Elektronen mit Edelgasatomen, die sich im Inneren des Glaskolbens befinden. Das Wort "Pol" hätte ich besser in Grün schreiben sollen, weil es ein Südpol war. <font color="limegreen">Das ist inzwischen geschehen, das Foto ist ausgetauscht</font id="limegreen">


    Und die Form dieser Bahn ähnelt dem sehr, was in Ralfs Animation zu sehen ist, nur auf völlig natürliche Weise in zigfacher Vergrößerung. Einfach Klasse.


    Gruß,
    Manfred

  • Noch eine Ergänzung - Ralf, ich hoffe, das ist so in Ordnung: hier das Fadenstrahlrohr mit der Position des Magneten bei Tageslicht.Die Elektronenkanone ist überhalb des Südpols in der Röhre zu erkennen:







    Manfred

  • Hallo Leute,
    also, ich bin ja von den Reaktionen hier sehr begeistert. Vielen Dank. Natürlich hat sich (jetzt erst recht) die Arbeit gelohnt. Ich finde es auch überaus spannend und gut, dass hier jetzt ein Schritt weiter gegangen wird. Nicht nur "schöne Bilder" sondern die Frage, "was passiert da eigentlich" steht im Vordergrund. Ich gebe zu, dass ich die Papers nur überflogen habe, aber trotzdem, das hier ist ein echter Austausch an Informationen und Vieles ist für mich neu. Manfred, dein Experiment ist so anschaulich, besser kann man das nicht darstellen. Du gehst also davon aus, dass der Gasschweif "spiralisiert". Ähnliche Spiralen habe ich auch bei Protuberanzen im H-alpha-Licht gesehen, das würde sicher passen. Es könnte aber auch der Endlosschleife der Animation geschuldet sein, dass wir sozusagen das letzte wieder mit dem ersten Bild verknüpfen und so eine Rotation suggeriert wird. Wenn ich mich darauf konzentriere, dann könnte ich mir auch eine Zigarette im Aschenbecher vorstellen, deren Rauch sich im oberen Bereich chaotisch verwirbelt.
    Sehr viele Grüße,
    ralf

  • Hallo Ralf
    Allein der Gedanke so eine Ani zu erstellten ist schon aller Achtung wert.
    Das Resultat echt genial.
    Danke für die Mühe die du dir gemacht hast.
    Hab die Ani schon x mal laufen lassen.. Krass.
    Beste Grüße
    Andreas

  • Hallo Ralf
    Allein der Gedanke so eine Ani zu erstellten ist schon aller Achtung wert.
    Das Resultat echt genial.
    Danke für die Mühe die du dir gemacht hast.
    Hab die Ani schon x mal laufen lassen.. Krass.
    Beste Grüße
    Andreas

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