Im aktuellen Physikabitur Bayern findet man folgende Aufgabe:
<i>Unter Astronomen ist strittig, ob man aufgrund des in Teilaufgabe d (*) festgestellten Sachverhalts von Jahreszeiten auf Merkur sprechen kann. Stellen Sie diesbezüglich eine Hypothese auf und begründen Sie diese. Berücksichtigen Sie bei Ihren Überlegungen auch die Ursachen, die auf der Nordhalbkugel der Erde zur Entstehung der Jahreszeiten führen, sowie die Tatsache, dass die Rotationsachse des Merkur senkrecht zu seiner Bahnebene steht.</i>
(*) In Teilaufgabe die wird die stark exzentrische Bahn des Merkurs und die damit verbundene unterschiedliche Bestrahlungsstärke von der Sonne im Perihel und im Aphel thematisiert.
Das ganze Abitur kann man übrigens hier sehen.
http://www.isb.bayern.de/downl…hysik_2020_aufgaben_1.pdf
(Die Astronomieaufgaben sind auf den Seiten 10 - 13)
Ich frage mich, was ein Prüfling dazu schreiben soll.
Eine freche Stellungnahme wäre:
<i>"Die Aufgabe kann ich nicht bearbeiten, weil ich dazu eine präzise Definition des Begriffs 'Jahreszeiten' benötige."</i>
Man könnte darüber auch eine mehrseitige Erörterung schreiben, in der alle Aspekte beleuchtet werden. Darunter auch den in der Aufgabentext nicht thematisierten Aspekt, dass die Länge eines Tag-Nacht-Zyklus' im Verhältnis zur Umlaufperiode beim Merkur ganz anders ist als auf der Erde. Für eine solch ausführliche Erörterung fehlt aber im Abitur die Zeit.
Der Aufgabensteller erwartet deshalb vermutlich weder das eine noch das andere, sondern eine vergleichsweise kurze Stellungnahme von ein paar wenigen Sätzen.
Ich finde es ausgesprochen schwierig, eine für die Problemstellung angemessene Stellungnahme in wenigen Sätzen zu schreiben.
Die Aufgabe ist ein Beispiel für eine moderne Aufgabenkultur in Physik. Ich habe meine Zweifel, ob eine solche Aufgabenkultur das Schulfach Physik wirklich weiterbringt.