Beobachtungsbericht 21.04.2020, 22:30 Uhr – 04:00 Uhr
Wetter: extrem sehr klar, meist gutes Seeing; immer wieder Ostwind, der nach Mitternacht langsam einschlief; SQM anfangs 21.5, ab 2 Uhr morgen 21.79-21.84
Gerät: 14.5“ f/4.7 Dobson
Okulare: 24.5mm SWA (70x), 16mm Nagler (107x), 6mm Ethos (285x)
Wenn mal ein Wetterbericht positiv bestätigt wird, dann muss man das einfach ausnutzen. Die hohen Schichtwolken, die ein Südeuropatief über die Alpen und Frankreich nach Süddeutschland warf, und die trotz kaltem steifen Ostwind den ganzen Tag über den Himmel bedeckten, lösten sich abends immer mehr auf, oder zogen sich in den Westen zurück. Meteoblue hatte dies sogar auf die Stunde genau vorhergesagt – Respekt!
Ich wollte heute höher hinaus, um tief am südlichen Himmel zu fotografieren. Bei meinem normalen Platz am Hocheck ging das wegen der Bäume und Berge im Süden nicht, also fuhr ich auf meinen alten Platz am Schwarzenberg. Dort empfing mich oben ein kalter, steifer Ostwind, der meine Fotopläne sicherlich beeinflusst hätte. Also zog ich etwas nach unten, stellte mich in einer Kurve der Straße auf die Betonverlängerung, und schirmte die Montierung mit dem Auto gegen den Wind ab.
Der Himmel zeigte eine unglaubliche Transparenz, wie mein SQM sofort bestätigte. Und im Laufe der Nacht wurde es immer besser: keine Kondensstreifen (ich hab glaub ich kein einziges Flugzeug gesehen), keine Wolken, und auch wenig Licht in den Bergen südlich und den Dörfern im Tal.
Ich hatte mich diesmal akribisch auf die Beobachtung vorbereitet: einen Deklinationsstreifen der Uranometria (40°-27°) als NGC-Liste dabei, und von NGC-Objekten mit Begleitgalaxien oder Galaxiengruppen eine detaillierte Aufsuchkarte. So würden mir kleinere Galaxien nicht entgehen, die nicht in der Uranometria verzeichnet sind.
Los gings mit NGC 2683 im Luchs: ziemlich helle, sehr längliche Galaxie; steht wunderbar östlich von 2 hellen Sternen; hellerer, nicht sternförmiger Kern.
Ich erspare Euch die vielen kleinen Galaxien (60 persönliche Erstsichtungen), und beschränke mich bei der Beschreibung auf die Besonderheiten:
- NGC 2759: recht schwach, klein, rund, mit recht hellem Kern. Östlich davon steht IC 527: ziemlich schwach und klein, rund, mit leicht hellem Zentrum. Die südlich liegenden noch schwächeren Galaxien hab ich nicht sehen können.
- NGC 2783/2789: beide Galaxien passen bei 108x ins Gesichtsfeld; NGC 2783 ist ziemlich schwach und klein, leicht länglich, recht heller Kern; südwestlich stehen 2 recht helle Sterne, die gut als Aufsuchhilfe dienen; NGC 2789 ist heller, rund, aber auch ziemlich klein; sehr helles Zentrum.
- NGC 2965/2971: ein weiteres Galaxienpaar, wobei NGC 2965 die hellere ist; NGC 2971 ist schon ziemlich schwach.
- NGC 3003/3013/3021: eine Dreiergruppe, die von NGC 3003 dominiert wird: eine schöne dünne edge-on-Galaxie, die recht hell ist; NGC 3013 ist dagegen sehr schwach und klein, und steht nur etwa 2 Bogenminuten südlich eines Sterns 8m; NGC 3021 ist wieder einfacher, mit einem sehr hellen Kern; ein Stern 10m steht sehr dicht bei der Galaxie.
Dann wollte ich einen großen Schwenk nach Osten machen, da meine bisherige Region schon weit im Westen stand. Vorher schaute ich aber bei meinem Fotoobjekt der ersten Nachthälfte vorbei:
- NGC 5170: tief im Süden stehende edge-on-Galaxie sechs Grad südlich der Spica; eine lange, dünne Nadel, die ich mit 25° Höhe im Kulminationspunkt erwische. Würde diese Galaxie am Nordhimmel stehen, wäre sie gut besucht und oft fotografiert, so fristet sie ein südliches Mäusschen-Dasein. 2 Grad östlich die Spiralgalaxie NGC 5247: große, aber flächenschwache Galaxie, mit hellem nicht sternförmigen Zentrum. Die Galaxie ist unregelmäßig hell, aber von den beiden Spiralarmen ist leider nichts zu erkennen.
- NGC 5141/5142/5143: hübsche Dreiergruppe, wobei NGC 5143 sehr schwer zu sehen war: fast sternförmig, brauchte es die hohe Vergrößerung, um sie von einem Stern unterscheiden zu können. Als ich dann aber wusste, wo sie ist, konnte ich sie auch bei 108x erkennen. Südöstlich davon stehen mit NGC 5149 und NGC 5154 zwei weitere schwache Galaxien, sodass ich dann insgesamt 5 im Gesichtsfeld habe.
- NGC 5223/5228/5233: die schönste Dreiergruppe der Nacht; alle drei Galaxien sind einfach zu erkennen und bilden ein hübsches Ensemble; NGC 5223 und 5228 sind heller, NGC 5233 ziemlich schwach, aber dennoch sofort zu sehen.
- NGC 5273/5276: ein Brummerteil (NGC 5273), daneben ein kleines Fitzelchen (NGC 5276): ein großer Helligkeitsunterschied dieses netten Pärchens. NGC 5273 ist rund und recht groß, NGC 5276 dagegen klein, aber deutlich länglich.
- Nächste Galaxiengruppe: NGC 5312/5318/5319/5321. Die hellste der vier Galaxien ist NGC 5318, die schwächste die knapp darüber liegende 5319, um die ich bestimmt 10 Minuten trotz Aufsuchkarte gekämpft habe, bis ich sie sicher gesehen habe. Kein Wunder bei einer angegebenen visuellen Helligkeit von 15.m5. Auch die beiden anderen sind ziemlich schwach.
- NGC 5341/5349/5351: in dieser Gegend scheint es von Gruppen zu wimmeln. Auch hier gibt es eine dominierende Galaxie (NGC 5351), und mit NGC 5349 ein furchtbar schwaches Fitzelchen.
- NGC 5378/5380: endlich mal was zum Entspannen der Augen: hier muss man sich nicht den Augapfel verbiegen, um was zu sehen. Beide Galaxien sind einfach zu sehen, aber abgesehen von einem hellen Kern strukturlose runde Dinger. Neben NGC 5378 steht ein heller Stern, der manchmal bei der Beobachtung stört.
- NGC 5394/5395: sehr enges Galaxienpaar. NGC 5395 ist recht schwach, aber groß, deutlich länglich, mit einem kleinen Sternchen südlich der Galaxie. Für NGC 5394 muss ich rausvergrößern, diese sitzt knapp nördlich, und man sieht nur den kleinen schwachen Kern der Galaxie.
- NGC 5406/5407: letztes Pärchen für diese Nacht. Beide Galaxien werden durch einen Stern 7m voneinander getrennt, der genau zwischen den beiden steht. NGC 5406 ist deutlich heller als ihr Kollege nördlich, aber beide sind sofort zu sehen
Bevor ich dann abbaute, kamen noch 2 Augenschmankerl: M 51 und M 101.
M 51 war eine wirkliche Whirlpool-Galaxie, mit tollen Spiralarmen, die immer wieder hellere und schwächere Segmente zeigten.
M 101 war einfach nur monstermäßig: hell, groß, spiralig, mit sofort auffallenden flächigen Knoten. Kein Wunder, denn der Himmel war unglaublich transparent, und voller kleiner glitzernder Sterne in den ansonsten eher sternarmen Regionen Großer Wagen und Drachen. Ein Blick auf den SQM zeigte auch warum: mit 21.84 habe ich einen Wert gemessen, den ich seit ich den SQM habe noch nie auch nur annähernd erreicht habe.
Eine sensationelle Nacht !
CDS
Stefan