unbekanntes "Sternchen" nahe Porrima

  • Hallo ihr Lieben,


    auf der Suche nach der für mich mit fast Mag 14 schwachen Galaxie NGC 4629 ließ ich mir am sehr frühen 16.04. so gegen 2:00 Uhr MESZ von Stellarium ein Aufsuchkärtchen anzeigen, ohne später besagte Galaxie im Teleskop erspäht zu haben.
    Das Interesse en dem Galaxienfitzelchen erlahmte bei mir sowieso, weil der Teleskopanblick irritierenderweise von dem des Screens meines Laptops abwich, da sich ein sternförmiges Objekt 12ter Magnitude im Okular aufdrängte. Da sich die Situation im Tierkreiszeichen der Virgo darbot, ließ sich als erstes auf einen Asteroiden mutmaßen.
    Als erstes unternahm ich mit einem beleuchteten Doppelfadenkreuz und durch Subtraktion der Koordinaten von Nachbarsternen. Da ein Doppelfadenkreuz, an dem die Batterien natürlich pünktlich leer waren und man behelfsmäßig irgendwie anders hineinfunzeln musste, selbst eine gewisse Breite zwischen den Kreuzeslinien einnimmt und man zum Zentrieren immer wieder im Wechsel aus- und eingeschaltet beobachten muss, um die Sternchen noch eben zu sehen, dürft ihr keine exakten Bogensekunden genaue Angaben erwartet, auch wenn die digitalen Teilkreise am Display der Montierung Bogensekunden anzeigen:
    Rektazension: 12h 42` 36``
    Deklination: -1° 20` 9``
    Als nächstes versuchte ich eine Helligkeitsbestimmung, indem ich das Objekt mit einem Stern im Gesichtsfeld, der lt. Stellarium mit Mag. 11,7 angegeben wird, verglich, indem ich so lange die Beugungsscheibchen unscharf stellte. Mein Eindruck war schließlich, dass „dem Objekt“ etwas früher die Puste ausging, als dem Stern von Mag. 11,7. Mag 12 dürfte durchaus realistisch sein.
    So habe ich euch ein Screenshot mit Stellarium erstellt. Es geht um ein Objekt im Zentrum, also um die grüne Stelle unterhalb des eingekringelten Sterns:




    Am unteren Ende des Winkelmessinstruments zeigt der hellgrüne Fleck die Position. Seine Helligkeit entspricht etwa dem des Sternes Richtung Porrima auf 11 Uhr vom grünen Fleck aus. Die schwächsten Sternchen auf dem Screenshot sind heller als Mag. 16.
    Am Folgetag steuerte ich die Stelle nochmals an, allerdings bei ungünstigeren Witterungsbedingungen: Das Objekt zeigte sich in Rektazension auf der gleichen Position. Die Sternchen waren phasenweise trotz neuer Batterien im Fadenkreuzokular zum bequemen An- und Ausschalten, kaum zu erkenne und es schien, als habe ich mich in Deklination um fast 2` noch norden vermessen, bei mühevollen Wiederholungen (unter anderem, weil ich am Newton einen Meridianflip vollziehen musste) näherten sich die gemessenen Werte wieder etwas an.


    Was könnte es also sein: Einen Kleinplanet, der tatsächlich seine Position rein in der Deklination verändert, schließe ich aus. Innerhalb eines einzigen Tages war auch kein Helligkeitsunterschied zu bemerken. Veränderliche Sterne können einen gewohnten Anblick auch stören, doch Stellarium zeigt an der Stelle keine bekannten Sterne > Mag. 20 an. Uranometria und auch die umfangreichste Version des digitalen Triatlas kennt da nix. Mein Astrokollege Heiko Mehring hat auf einem fotografischen Online-Atlas an der Stelle auch nichts gefunden. Bliebe noch die Mutmaßung einer fernen Nova-Erscheinung oder schlicht ein Fehler in Stellarium.


    Falls ich bei gutem Wetter nächstes Wochenende wieder in meine Sternwarte fahren kann, wäre ich für eure Tipps dankbar, um nochmals nach zu schauen.


    CS.


    Hubertus

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