Ein 8“ Dobson-Spiegel wird zu Astrographen

  • Hallo zusammen.


    Da ich in der letzten Zeit der Astrofotografie fast komplett verfallen bin, habe ich mich entschlossen, diesem 8“ Dobson, den ich seit einer Ewigkeit nicht mehr benutzt habe, ein neues Astro-Leben zu geben.
    Dieser hat einen relativ guten Hauptspiegel, 8“ f/6, aus einer dunkelroten, undurchsichtigen Glaskeramik, welche damals als ULE (Ultra Low Expansion) verkauft wurde.


    Den Rest – Spiegelkiste, Rockerbox und Stahl Tubus - habe ich kurzer Hand entsorgt.


    Das Ziel ist ein 8“ f/4 Newton, welcher nur für Fotografie benutzt werden soll. Somit muss der Spiegel neu geschliffen, poliert und parabolisiert werden. Zu Beginn wurde der Spiegel tiefergelegt:



    Das ging extrem schnell; das Material schien ziemlich weich zu sein. Am Rand ist noch die alte Verspiegelung zu sehen.


    Dann habe ich das Schleiftool aus Zahnarzt-Gips gegossen und Hartsteinzeug Mosaiksteine draufgeklebt. Beim Gießen und danach beim Kleben lag das Tool, nur durch eine dünne Plastikfolie getrennt, auf dem Spiegel, so dass das Tool von Anfang an die richtige Form hatte. Ein Schnelltest zeigte, dass das Tool bis auf wenige Ausnahmen passte:



    Unter dem Tool ist eine 10kg Hantelscheibe, welche beim Schleifen zur Erhöhung der Anpresskraft eingesetzt wird.


    Nach 2 Stunden „Karbo 80“ war die grobe Sphäre erreicht. Es geht weiter …


    Hat jemand schon Poliererfahrung mit dem Material?


    Viele Grüße,
    Horia

  • Hallo Horia.


    f/4 schreit nach einem Komakorrektor. Manche Komakorrektoren verlangen einen hyperbolischen Primärspiegel, um die ihnen eigene Unterkorrektur auszugleichen. Hast du vor, einen Parobolspiegel herzustellen, oder eine Hyperbel?


    Viele Grüße, und viel Glück,
    Guntram

  • Hallo Guntram,


    klar, ein Komakorrektor ist Plicht. Ich habe auch gedacht, wie wäre es mit dem Baader MPCC – das ist ein Ross-Korrektor Derivat – und produziert, per Design, Unterkorrektur. Das Teil hätte den Vorteil, in Vergleich mit den 4-Linsigen Korrektoren (Paracorr, GPU, und so weiter) weniger zu vignettieren, weil kürzer.


    Anderseits, hat so ein Korrektor in den Ecken eines APSC-Chips schon Probleme die Farben noch zusammen zu bringen. Und ich müsste noch einige Messungen durchziehen, um die Richtige Überkorrektur zu ermitteln.


    Nach nicht zu langem Hin und Her habe ich mich für den 2“ ES-Korrektor entschlossen. Die Vignettierung soll noch akzeptabel sein. Laut Berechnung liegt die Ausleuchtung in den Ecken noch bei ca. 85%, was mit Flats gut zu korrigieren ist. Alternativ hätte ich hier noch einen Paracorr, den ich sowieso zum Vergleich probieren werde.


    Viele Grüße,
    Horia

  • Hallo Horia,


    Auweia, dem schönen Spiegel so mit Karbo 80 zu Leibe zu rücken!
    Einerseits hätte ich mir gewünscht, Du hättest dein komplettess Teleskop zum Preis eines 8" Rohlings vom Stathis an einen jugendlichen Einsteiger abgegeben. Aber ich verstehe, dass dich das spezielle Substratmaterial reizt.


    Den ES-Korrektor benutze ich an 18" f/4,3 visuell und finde ihn optisch sehr gut. Der beigegebene Fokussierer für Okulare ist halt nicht so dolle. Aber den wirst Du zum Fotografieren ja nicht brauchen.


    Viel Erfolg!


    Gruß,
    Martin

  • Hallo zusammen,


    nach einer Stunde Roh-Politur ein Problem zeigt sich: Das Schleifen hat viel zu tiefe Spuren auf der Oberfläche hierlassen, welche beim Polieren nicht gut weg zu bekommen sind.



    Die helleren Bereiche sind gar nicht auspoliert.


    Sehr wahrscheinlich, war das Hartsteinzeug zu hart für das ULE Material und hat sich nicht gut an der Spiegeloberfläche angepasst. Insbesondere die Pflugschneisen, die man am Rand des Spiegels gut sieht, scheinen sehr tief zu sein. Ich überlege jetzt, soll ich zurück zum Schleifen gehen, dieses Mal aber mit einem Fensterglas-Tool, oder soll ich einfach weiter machen. Von der notwendigen Gesamtzeit her ist das ziemlich gleich, eventuell wird das Weiterpolieren schneller gehen.


    Viele Grüße,
    Horia

  • Diesen Beitrag sehe ich jetzt erst


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Horia</i>
    <br />
    Zu Beginn wurde der Spiegel tiefergelegt:<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Du bist auf einen guten Spiegel mit K80 auf die Verspiegelung los geknirscht? Oh, ha, diese Spiegelschleifer schrecken vor nichts zurück [}:)].


    Ich kann mich an die Zeit erinnern, als diese ULE Fernost Spiegel vertrieben wurden. Erfahrungen habe ich damit keine. Wenn er genug poliert ist, würde mich der Fingerwärme Test im Foucault interessieren, um zu sehen, ob das wirklich "Ultra Low Expansion" ist.


    Fingerwärme Test: Auf hinreichend sphärischem Spiegel für mindestens 30 Sekunden die Finger auf den Spiegel halten. Damit es keine Fettflecken gibt, eine Alufolie zwischen Finger und Glas halten. Sofort anschießen ohne Zeitverlust im Foucault anschauen. Bei Borosilikatglas heben sich für kurze Zeit die Fingerkuppen als 5 kleine Hügel deutlich hervor. Bei Normalglas ist der Effekt viel stärker. Bei Zerodur und Sital konnte ich nichts davon erkennen, ist ja auch "Zero Expansion".


    Wie lange hast du bis jetzt poliert? Warum ist ausgerechnet ein Ring innen noch nicht poliert? Wie schaut die Oberfläche im Foucault aus?
    Zum Feinschliff zurück finde ich immer entmutigend.

  • Hallo Stathis,


    den Fingertest werde ich machen. Ist eine super Idee, da ich mich auch gefragt habe, wie „Ultra“ die Low Expansion in ULE ist.


    Die Ringzone in der Mitte ist durch das Ausholen entstanden: ich hatte eine Mini-Trennscheibe (ca 60mm Durchmesser) fürs Ausholen benutzt und ich müsste, um keine Splitter am Rand zu bekommen, die Amplitude der Bewegung stark limitieren:


    https://www.dropbox.com/s/b9igqjgvzbx9ak7/IMG_1187.MOV?dl=0


    Das heißt, die kleine Trennscheibe ist nicht richtig über die Mitte des Spiegels gefahren und hat dort einen Berg hinterlassen. Der Ring dürfte der Rand des Berges sein.


    Viele Grüße,
    Horia

  • Ich habe weiter poliert - nachschleifen wäre noch langwieriger gewesen. Nach weitere drei Stunden (es sind insgesamt 4 Stunden Roh-Politur) sieht die Lage nicht mehr so schlecht aus. Der innere Ring ist jetzt fast auspoliert und die nicht polierte stellen am Rand sind erheblich kleiner geworden. Ich schätze, es werden noch weitere zwei bis drei Stunden notwendig, um die gesamte Oberfläche sauber zu bekommen.


    Ich habe jetzt auch einige Bilder. Der Foucault-Test zeigt sowohl das Problem in der Mitte als auch die zurückgebliebene Randzone:



    Die Randzone sieht man am bestens im Ronchi. Intrafokal:



    Und auch Extrafokal:



    Beim Polieren hat sich eine ungewöhnliche Eigenschaft des Materials gezeigt: Es setzt sich sehr schnell an der Tool-Oberfläche und bildet dort, schon nach ca. 30min, eine glänzende Kruste.


    Viele Grüße,
    Horia

  • Hallo Horia,


    schöne "Saturnringe"! Aber ausreichend gut für den Fingerwärmetest


    Ich verstehe noch nicht, warum diese Ringzone so viel später poliert. Ok, die Mini-Trennscheibe zum aushöhlen hat keine gute Sphäre hinterlassen. Aber der anschließende Feinschliff auf den Fliesen hätte doch alles wieder glatt bügeln müssen? Hattest du den Edding Test gemacht? Ober waren vielleicht an diesen Stellen die Riefen so tief, dass sie im Laufe des Feinschliffs nicht gut genug ausgeschliffen wurden?


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Beim Polieren hat sich eine ungewöhnliche Eigenschaft des Materials gezeigt: Es setzt sich sehr schnell an der Tool-Oberfläche und bildet dort, schon nach ca. 30min, eine glänzende Kruste.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Interessant! Das ist ja bei Borosilikatglas auch so, allerdings erst nach viiiilen Stunden Politur. Wie machst du die Pechhaut wieder frisch? Ich kratze die oberste Schicht mit eine Rasierklinge ab.

  • Zwei Polierstunden später ist der Ring nicht mehr zu sehen. Nur im Foucault kann man noch die Spuren davon bewundern:



    Bei der Gelegenheit ist auch die Randzone erheblich besser geworden. Der Ronchi Test, intrafokal, sagt:



    Extrafokal:



    Habe dann den Fingertest gemacht: 60 sec mit drei Finger auf dem Spiegel gedruckt – eine dünne Alufolie lag noch dazwischen. Im Foucault kann ich keine Spuren sehen. Werde den Test noch mal auch interferometrisch durchziehen, eventuell mit etwas mehr Wärme, der Substrat scheint aber wirklich Low Expansion zu sein:



    Ich werde zur Sicherheit noch zwei Stunden die Sphäre polieren. Dadurch, dass der Spiegel nicht durchsichtig ist, kann man Pits auf der Oberfläche relativ schlecht sehen. Ich vermute, das ist auch der Grund warum ich beim Feinpolieren nicht bemerkt habe, dass eine Ring-Zone in der Mitte erheblich zurückgeblieben ist. Danach geht’s ans Parabolisieren.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">
    Wie machst du die Pechhaut wieder frisch? Ich kratze die oberste Schicht mit eine Rasierklinge ab.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ich nehme eine Stahlbürste:



    Viele Grüße,
    Horia

  • Hallo Horia,


    also die dunkelrote Farbe kenne ich eigentlich nur von dem russischen Astrositall. Zerodur von Schott ist eher gelblich und ULE von Corning kenne ich nur als weißliches, transluzentes Material. Daher denke ich, dass dein Substrat eher das Erstere ist. Qualitativ geben sich alle drei nichts. Einwandfrei. Da wirst du bestimmt viel Spaß mit haben.


    Grüße Markus

  • Hallo Tim,


    hmm, also ich habe/hatte schon recht viele Zerodurteile hier rumligen, teilweise direkt bei Schott gekauft (das Material), aber rot oder rötlich ist davon keines...
    Kann dir gerne auch Bilder machen, wenn du möchtest.
    Das kann bestimmt auch Matze, mein Haus- und Hofschleifer bestätigen [:D][:D]


    Grüße Markus

  • Horia beschreibt das Substrat als dunkelrot, undurchsichtig, weich und dass es recht schnell die Pechhaut zusetzt. Außerdem wurden diese Spiegel sehr günstig aus Fernost vertrieben.


    Zerodur ist honigfarben- gelb, Sital etwas stärker gefärbt, aber beide durchsichtig, hart und richtig teuer, sodass sie in der Regel nur für wissenschaftliche Instrumente verwendet werden.


    Horia, der Rand sieht jetzt sehr gut aus, gratulliere!

  • Woher weist du, dass der aus Fernost kommt? Ich kann das hier nicht lesen...


    Sollte es aber so sein, dann ist es eher keines der Drei, da gebe ich dir recht. Die Farbe erinnert mich auch etwas an die Ceran-Derivate welche für Kochfelder verwendet werden. Möglicherweise ist das dann so ein Material, da das glaube ich auch recht weich ist, zumindest, wenn ich die Kratzer in meinem Cerankochfeld so ansehe.


    Wie auch immer, ich wollte nur darauf hinweisen, dass es ganz sicher kein ULE (eingetragener Handelsname der Fa. Corning!) ist...


    Viel Spaß damit,
    Gruß Markus

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