Wer kennt dieses Teleskop

  • hallo Forum,


    Richard:
    sofort erkannt und gefunden:
    Das Fernrohr für Jedermann, H.Rohr,7.Auflage, S.150
    " 30cm Spiegel, geschliffen und gebaut von P.Weber,CH-Balgach
    (wegen Kinderlähmung dauernd an den Rollstuhl gefesselt)"


    Gruß
    Christian

  • Hallo Christian,


    Bingo! Da kennt man halt die Profis:-)

    Das Teil befindet sich derzeit in meiner Werkstatt. Habe schon begonnen es zu zerlegen und zu restaurieren. Vor ein paar Wochen war der Guntram Lampert bei mir zu Besuch. Zufälligerweise sind wir auf das Teleskop zu sprechen gekommen, weil ich es aus meiner Jugend in dem Buch von Rohr gesehen habe. Das Buch "Das Fernrohr für Jedermann" und auch etliche Selbstbauprojekte (darunter das Teleskop von Peter Weber) waren für mich die Inspiration, Teleskope selber zu bauen. Der Guntram hat mir im Zuge des Gespräches mitgeteilt, daß dieses Teleskop in der Garage vom leider vor kurzem verstorbenen Alois Ortner steht. Guntram war so nett, bei der Grete Ortner (Alois Gattin) nachzufragen deswegen. Und diese Woche konnte ich das Gerät in VLBG abholen.


    Ich werde es nun schön restaurieren und wieder in einen funktionsfähigen Zustand versetzen. Bei der einen oder anderen Bobachtungsnacht wird es dann auch wieder zum Einsatz kommen.



    Gruß
    Richard

  • Mensch Richard, das ist ja klasse das Ding nochmal zu sehen. Ich kenne nur das Foto und hätte nicht mal mehr sagen können woher, weil ich das Buch damals nur als Leihgabe von meinem Mathelehrer bekommen hatte. Aber dieser Einarm ist mir in Erinnerung geblieben. Nachdem ich jetzt selber ein paar Teleskope gebaut hab versteh ich auch das Design besser. Damals fand ich das eher exotisch. Teleskope hatten für mich weiß zu sein und auf einem wackeligen Dreibein zu stehen.[:0]
    Magst du noch mehr Fotos davon zeigen? Ich würde gerne sehen wie Fangspiegel, OAZ, Hauptspiegellagerung aussehen.


    VG und cs
    Kay

  • Kann das wahr sein?! Natürlich erkenne ich dieses Bild sofort.
    Ich war 15, als mir das Buch "Das Fernrohr für jedermann" in die Finger fiel. Ich hab es verschlungen und war daraufhin wie besessen von der Idee, einen Spiegel zu schleifen, wusste damals jedoch nicht, wie ich an die Materialien kommen sollte.


    Genau dieses Bild hat mich am meisten gefesselt. Reduziert auf das Wesentliche, minimalistisch wie ein Rennrad.
    Jahrzehnte später "erfand" ich die 2 Stangen Reisedobson Konstruktion mit OAZ/Fangspieglekopf:
    http://www.stathis-firstlight.de/atm/reise_dobson.htm
    http://www.stathis-firstlight.de/atm/reise_archimedes.htm
    Erkennt ihr die Ähnlichkeiten?


    Alois hat dieses Telekop nie erwähnt und ich habe es bei ihm nie gesehen. Wer war dieser Erbauer P. Weber mit Kinderlähmung? Hat Alois ihn gekannt? Balgach CH ist ja nicht weit weg von Dornbirn.
    Was ist das wohl für ein Spiegel? Ein Schott Duran Rohling? Hast du die Möglichkeit, ihn zu vermessen?

  • Absolut genial! Ich kenne das Teil auch vom Rohr-Buch. Haette nie gedacht, dass es noch existiert.


    Ich denke, es waere genial, es einem ebenfalls an den Rollstuhl gefesselten Sternfreund gehen zu lassen, wenn es erstmal restauriert ist.


    Ich denke oft an barrierefreie Teleskope und ich wundere mich, warum Coudeteleskope so aus der Mode gekommen sind trotz der Diskussion ueber Barrierefreiheit. Eine Kamera am Teleskop mit Live-Monitor ersetzt nicht den Eindruck, wirklich am Teleskop zu sein und die wirklichen Photonen mit dem eigenen Auge aufzusammeln.


    Es waere toll, wenn dieses Teleskop wiederum einem koerperlich Behinderten dazu dienen koennte, das Universum mit den eigenen Augen zu erkunden!

  • Hallo an Alle!


    (==>)Kay: Habe noch ein paar Bilder angehängt die ein paar Details zum Teleskop zeigen. Der Guntram Lampert liest hier ev. auch mit. Er kann sicher noch ein paar Details zu Peter Weber, dem Erbauer des Teleskops beisteuern. Denn Guntram hat dem P. Weber sogar persönlich gekannt.


    (==>)Stathis: Irgendwie unglaublich, welche Bücher und auch Bilder einen Einfluß auf ganze Generationen haben. Ich habe mir Deine Links angesehen, bzw. kenne ich einige Deiner Werke ja aus den Foren und diversen Berichten. Finde ich echt super, was Du aus dem Hobby Fernrohrbau gemacht hast. Ich war beim Fernrohrbau immer eher der technische Fernrohrbauer. Meine Teleskope hatten immer automatische Nachführungen, Antriebe und Computer;-) Den Spiegel habe ich bereits ausgebaut. Nachdem er eine schöne grüne Farbe hat, dürfte es nur gewöhnliches Fensterglas sein.


    (==>)JSchmoll: An sich eine gute Idee, es einem Rollstuhlfahrer zu überlassen. Aber da ich in meiner Sternwarte auch Führungen für Kinder und Schüler durchführe, werde ich es gelegentlich bei diesen Führungen einsetzen. Zudem habe ich zu dem Gerät eine besondere Beziehung, da es bei mir zum Teil der Brandstifter meiner Astronomischen Berufung war. Und so direkt Behindertentauglich ist dieses Instrument in der heutigen Zeit auch nicht mehr. Denn das Ding ist erstaunlich schwer.





    Gruß
    Richard
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  • Hallo,


    Guntram wird sich sicher auch noch einbringen, ich bin grad fasziniert, was das Teleskop für ein Echo findet, und bin jetzt noch mehr überzeugt, dass es bei Richard sehr gut aufgehoben ist.


    Soweit ich weiß haben Alois und Guntram mit diesem Teleskop recht gute Saturn Aufnahmen gemacht.


    Ich kenne das Teleskop von Alois, hier ein paar Bilder von der VAA Lange Nacht der Sterne 2015 am Furkajoch:







    Beim Betrachten der Bilder ist mir jetzt das Aluminiumteil aufgefallen, das im Keller von Alois (vermutlich immer noch, ich schau beim nächsten Besuch nach) herumliegt - jetzt weiß ich endlich, wo das hingehört, wir dachten es gehört zur Äquatorialplattform.


    schön, dass das Teleskop wieder in Betrieb genommen wird.


    liebe Grüße,


    Philipp

  • Hallo Philipp,


    danke für das einstellen der Bilder. Schön den Alois in Aktion zu sehen.


    Ich bin inzwischen schon voll beim restaurieren des Teleskops. Ich werde das Gerät aber in den Urzustand versetzen, so wie es ursprünglich vom Peter Weber gebaut wurde. Der Alois hat das Instrument mit Antrieben versehen. Die Teile habe ich alle entfernt. Es soll so werden, wie es der P. Weber eingesetzt hat. Die Holzteile des Teleskops sind allerdings schon ziemlich versifft. Das waren nur Presspannplatten, die mit einer Lasur gestrichen wurden. Die Teile werde ich aus Schichtholz nachbauen.


    Gruß
    Richard


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  • Hallo miteinander!


    Es freut mich, dass Richards Beitrag so viele Reaktionen auslöst. Ich möchte auch noch etwas dazu schreiben, zunächst zur Person von Peter Weber.


    Ich habe Peter seinerzeit als junges Mitglied der astronomischen Gesellschaft Rheintal kennengelernt und zunächst ein wenig gefürchtet. Er saß meist still an einem Tisch, umgeben von einigen Freunden, die ihn gut kannten. Sein konzentrierter, durchdringender Blick und Ernst fielen sofort auf. Erst im Sommer 1987 lernte ich ihn näher kennen, während etlicher Gespräche im Schatten der Kuppel der Sternwarte von Franz Kälin in Balgach. Diese Sternwarte ist mittlerweile abgerissen worden.
    Peter hatte eines seiner selbstgebauten Spiegelteleskope dabei; ein recht kleines, etwa 150mm Öffnung, verbaut ein einen minimalistischen und effizienten Holzleistentubus. Wir beobachteten ein wenig damit, und Peter stellte fest, dass die Justierung des Fangspiegels nicht ganz optimal war. Er ließ sich einen Schraubendreher geben, und begann zu justieren. Die Mechanik des Fangspiegels hatte er in jungen Jahren aus einem Metallbausatz für Kinder konstruiert. Ich bemerkte, wie schwer ihm die Arbeit mit seinen durch die Kinderlähmung beeinträchtigten Motorik fiel. Ich erbot mich, zu helfen, doch ich wurde nicht einmal ignoriert. Die folgenden Minuten des wortlosen, aber heftigen Kampfes mit den Justierschrauben werde ich mein Leben lang nicht mehr vergessen. Am Ende sank Peter heftig aufschnaufend völlig erschöpft und zitternd in den Rollstuhl zurück. Der Fangspiegel war perfekt justiert.


    Peter Weber wurde 1927 in der Schweiz geboren. Im Sommer 1945 wurde er mit Poliomyelitis infiziert. Nach einem Kampf auf Leben und Tod überwand er die dreitägige Krise, und konnte selbständig atmen. Nach einem Studium trat er in die damalige Firma WILD Heerbrugg ein. Mit den Worten von Erhard Bertele, dem Sohn von Ludwig Bertele: "Nach dem Aufruf einer Behindertenorganisation, bei der Anstellung doch auch vermehrt Menschen mit einem Handicap zu berücksichtigen, wurde einem jüngeren Mann, der aufgrund von Kinderlähmung Rollstuhlfahrer war, eine Anstellung versprochen. Nur als es darum ging, welche Abteilung ihn aufnehmen könnte, hatten alle ihre Vorbehalte. Ludwig Bertele nahm ihn in seine Abteilung, und bildete ihn im Bereich der Optikrechnung aus. Peter Weber nahm die Chance wahr, bewährte sich, und leitete später eigenständig die Abteilung für die Entwicklung von Mikroskopoptiken."
    Peter entwickelte zusammen mit Ludwig Bertele unter anderem planapochromatische Mikroskopobjektive, d.h. Apochromaten, bei denen die Feldkrümmung korrigiert war. Das WILD Plan-Fluotar hat heute noch einen legendären Ruf.
    Peter war auch bei der Entwicklung der zugehörigen Okulare beteiligt, und hat, wenn mich die Erinnerung nicht täuscht, auch am Super-Aviogon mitgearbeitet, einem Luftbildobjektiv von 120° Bildwinkel.
    Weitere Arbeitsgebiete waren die Entwicklung von Okularen (Okulardesign ist eine Kunst, kein Handwerk, hat er sinngemäß einmal gesagt), Fotomakroskope und Operationsmikroskope.
    Ich hatte das Glück, Peter näher kennenlernen zu dürfen, und denke heute noch gerne an einige Gespräche über Optik, und sonst alles mögliche, zurück. Sein Wissen über Optik war abgrundtief. Ich betrachte ihn als einen der drei Mentoren, die mich in diesem Hobby am meisten beeinflusst haben. Peter hat sich sehr für mein damals aufkeimendes Interesse an der Schiefspieglelei interessiert, und meine endlosen Fragen geduldig und genau beantwortet.
    Peter Weber verstarb im Januar 2005.
    Hier nun ein Bild aus einer schweizer Wochenschau von 1965, das ihn zeigt:



    Vorne, links: Franz Kälin, rechts: Peter Weber.


    In seiner Jugend hat Peter angefangen, Spiegel zu schleifen: Auf einem Brett, das so über seinem Bett befestigt war, dass er im Sitzen schleifen konnte. So entstand zumindest ein kleineres Teleskop (ich vermute, es war dasjenige, dessen Fangspiegeljustierung ich oben beschrieben habe). Später folgte ein 25cm Newton, den er später an ein Museum in Zürch (Technorama?)übergeben hat. Und dann der 300er, der im Thread diskutiert wird.
    Der Entstehungszeitpunkt ist mir unbekannt. Peter kannte die amerikanischen ATM Bücher, und hatte auch Sky and Telescope abonniert. Den Spiegel hat er selbst geschliffen. Unter welchen Mühen, kann ich mir nicht vorstellen. Aber er war stur, und unglaublich kreativ, wenn es um unkonventionelle Lösungen ging. So hat Peter auch Geige zu spielen gelernt: Mit Hilfe eines Anatomiebuches hat er jeden einzelnen Muskel aufgespürt, der für die Beweglichkeit der Hände und Finger zuständig ist, und dessen Funktionsfähigkeit geprüft. Am Ende dieser Selbstdiagnose kam er zum Schluss, dass sich das Geigenspiel machen lassen sollte. Später spielte er in einem Amateurquartett mit. Auch Stücke von J.S. Bach hatte er im Repertoire, "ein wenig arrangiert wegen gewisser Misslichkeiten, mit denen ich mich auseinandersetzen muss", wie er mit seinem knochentrockenen Humor hinzufügte. Musik war ihm sehr, sehr wichtig.


    Peter hat alle Freiheitsgrade genutzt.


    Der Hauptspiegel des 300ers dürfte einer der wenigen Amateurspiegel sein, der mittels einer Nullinse korrigiert wurde. Wie er zu der Linse kam, weiß ich nicht.
    Alois hat später den Spiegel getestet und kam auf einen Strehlwert von 92%, ein hervorragender Wert, wenn man bedenkt, dass der durchschnittliche Amateurspiegel damals ein 150mm f/8 war und schon bei einem 200mm f/5 die Diskussion um die hohe Schwierigkeit einer solchen Optik losging. Die unangenehmen thermischen Eigenschaften eines Fensterglas-Rohlings dieser Dimensionen erleichtern so ein Projekt auch nicht gerade, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Ich schätze, dass die mechanischen Arbeiten am 300er Teleskop von einem seiner langjährigen Freunde, Franz Kälin, einem Mechanikermeister, der ebenfalls bei WILD arbeitete, angefertigt wurden. Sichere Informationen dazu habe ich leider nicht. Vielleicht liest ein Sternfreund aus der Schweiz mit und kann etwas beitragen.
    Peter war jedenfalls richtig stolz auf das Teleskop, das er in seiner ebenerdig gelegenen Wohnung aufbewahrte. Wie er das schwere Teil in den Garten hinaustransportierte, entzieht sich meiner Kenntnis.


    Dieses Fernrohr war in der Selbstbauer-Szene in der Schweiz sehr bekannt und wurde, leicht modifiziert, in zumindest einer größeren Version gebaut, die ich während einer Beobachtungsnacht auf dem Säntis im Jahr 2001 selbst gesehen habe.


    Alois hat das Instrument ein wenig adaptiert: Es kam ein Sucherfernrohr aus Kohlefaser dazu, der Okularstutzen wurde auf das Standardmaß 2" verändert, und in den Boden der Spiegelzelle arbeitete er Lüftungslöcher ein. Die altazimutale Montierung hat er mit Feintrieben versehen, und das Ganze wurde auf eine EQ Plattform gesetzt. Bilder dazu sind im Beitrag von Philipp zu sehen.
    Mit dieser Gerätschaft nahmen Alois und ich Mond und Saturn auf. Die Bedingungen waren nicht optimal, aber hier nun die Ergebnisse:





    Es freut mich sehr, dass dieses Instrument, das seiner Zeit weit voraus war, nun von Richard Gierlinger fachkundig betreut wird und weiterlebt.



    Viele Grüße,


    Guntram

  • Grüß Dich Richard und Guntram,
    ich lese mit großem Interesse mit. Ich finde es auch schön, dass dieses Gerät wiederbelebt, renoviert und vorrausichtlich auch wieer benutzt wird. [:)]
    Eine Frage hätte ich. Warum soll die EQ Platform weg? So eine gute Optik wird durch eine EQ Platform vorraussichtlich profitieren, da man besser/leichter hohe Vergrößerungen nutzen kann. So stelle ich mir das zumindest vor.
    Gut, ich weiß natürlich nicht, wie schwierig die Nutzung dieser EQ Platform tatsächlich ist. Sind die EQ Platform und dieses Gerät nicht zwei unabhängige Teile, die man nacheinander aufeinander stellt?
    Ich bin auf jeden Fall gespannt wie es mit dem Gerät weitergeht.
    Viel Freude mit diesem Gerät.
    Servus,
    Roland

  • Philipp, Guntram, vielen dank für all die spannenden Infos und die schönen Bilder. Sogar mit Alois in Aktion in seiner Weinroten Jacke! Und Guntram hat Peter Weber persönlich gekannt, während ich als 15- jähriger nur immer wieder dieses Bild aus dem Buch anstarren musste.


    Das wird ja immer faszinierender.
    Ein 300 mm f/5 Spiegel der damaligen Zeit aus dickem Fensterglas, das vermutlich nicht mal richtig feingekühlt wurde und trotzdem am Teststand von Alois 92% Strehl erreicht! Diejenigen, die wissen, wie schonungslos Alois gemessen hatte, wissen, was das bedeutet. Nicht um sonst hat man damals eher 6" f/8 geschliffen.


    ==> Roland: Ich finde es standesgemäßer, wenn das Gerät möglichst ursprünglich und im Sinne des Erbauers bleibt. Das ist ja ein Stück Teleskopbaugeschichte. Richard wird sicher wissen, wie er das am besten umsetzt.


    Gibt es dieses Okular noch? Nachdem Peter Weber ein Optikprofi war, ist das vielleicht auch selbst entwickelt und gebaut?

  • Hallo an Alle!


    (==>)Guntram: Ist schon faszinierend was Du für ein Hintergrundwissen zu vielen Themen hast. Und ganz super finde ich, endlich mal ein Bild vom Peter Weber zu sehen. Da sich das ganze in der pre Internetzeit abspielte, findet man im Netz dazu überhaupt nichts. War für mich sehr faszinierend zu lesen, was der Peter Weber für ein Optikprofi war. Im Buch von Rohr wird er ja nur so nebenbei erwähnt, und diese Information mit keiner Zeile erwähnt.


    (==>)Roland: Von der EQ Plattform war praktisch eh nichts mehr vorhanden. Lediglich ein paar Anbauteile, die wahrscheinlich der Alois drangebt hat. Das habe ich alles entfernt. Das Sucherfernrohr vom Alois werde ich drauf lassen. Denn ein Telrad da draufzumachen schaut abartig aus.


    Gestern habe ich schon die Spiegellagerung zerlegt, gereinigt, lackiert und neu aufgebaut.
    Den Spiegel werde ich die nächsten Tage einer Reinigung unterziehen. Dann sieht man, ob die Schicht noch brauchbar ist oder erneuert werden muß.
    Heute werde ich mir einige Holzzuschnitte aus dem nächsten Baumarkt holen. Habe mich entschlossen, nun alle Holzteile neu zu machen. Die Presspannplattenteile schauten echt übel aus nach all den Jahrzehnten.
    Mal sehen, wenn es so flott weitergeht, und die Spiegelschicht OK ist, könnte es nächste Woche schon ein First Light geben für dieses schöne Stück der Teleskopbaugeschichte.


    Gruß
    Richard


    http://www.observatorium.at
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  • Hallo,


    ja, die EQ Plattform ist leider schon weg, die wurde von Alois separat vor ein paar Jahren angeschafft. Und ohne die Nachführung machen die Feintriebe keinen Sinn.


    Ich finde es gut, wenn das Teleskop in den Originalzustand versetzt wird, das wird der Bedeutung die dieses Teleskop offenbar für viele hat gerecht.


    (==>)Stathis: der Spiegel ist tatsächlich sehr dick, so um die 5-6cm schätze ich. Und damit natürlich auch sehr schwer.


    lg


    Philipp

  • Hallo Philipp, Stathis, Richard,
    ja, ich verstehe schon. Dann macht es wirklich Sinn den Originalzustand herzustellen.
    Servus,
    Roland

  • Hallo an Alle!


    Es gibt ein paar Neuigkeiten zu dem Teleskop. Die Restaurierung ist fast abgeschlossen.
    Bei dem Neuaufbau habe ich festgestellt, daß der Fangsspiegel auch aus Fensterglas besteht, und daher wahrscheinlich auch durch Peter Weber geschliffen wurde. Der Hauptspiegel ist auch aus Fensterglas und hat eine Randdicke von 42mm. Ein paar Kleinigkeiten habe ich modifiziert. Zum Beispiel waren die Rollauflage früher aus Hartholz. Diese habe ich auf Teflon umgestellt. Ein kleiner Tribut an neue Techniken.


    Aber nun ein paar Bilder dazu wie es jetzt aussieht:


    Ich habe das Originalbild von der Perspektive aus Rohrs Buch etwas nachgestellt, und den gleichen Blickwinkel für diese Aufnahme gewählt.











    Gruß
    Richard


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  • Hallo Richard,


    Gratulation zur Restauration. Das Teleskop kenne ich auch aus dem Buch von Hans Rohr. Das waren noch Zeiten als man in die Bibliothek ging, um in Sachen Astro was zu lernen. Leider habe ich mich aber nach der Lektüre nicht getraut einen Spiegel zu schleifen. Klang alles irgendwie einschüchternd.


    Das Fernrohr finde ich aber Klasse. Wozu dient das Loch in der Blende gegenüber dem OAZ? Gab es damals schon zur Zeit des Baus dieses Teleskops Dobson Teleskope? Eine unabhängige parallele Entwicklung? Tue mir schwer das mit Blick zum amerikanischen ATM einzuordnen. Würde gern wissen wollen, wann und wie die ersten Dobsons zu uns kamen und wie sich das ATM seit damals schrittweise bei uns gewandelt hat. Sehr spannend.


    Viele Grüße
    Gerhard

  • Hallo zusammen


    Aus meiner Zeit als Jungmitglied in der Sternwarte Bülach (das müsste so gegen Ende der 1980er Jahre gewesen sein), kann ich mich noch an ein Treffen mit Peter Weber und Franz Kälin als Gäste bei uns auf der Sternwarte erinnern. Es war ein schöner Tag und wir konnten damals zusammen die Sonne im H-alpha Licht beobachten. Ich leite euch nachfolgend eine Antwort von Jürg Alean weiter, der beide viel besser kannte. Leider gab es heute Probleme mit der Registrierung im astrotreff, daher poste ich dies für ihn.


    Beste Grüsse
    Stefan Meister



    ---


    Hallo zusammen


    Durch einen Kollegen von der Schul- und Volkssternwarte Bülach, Schweiz, wurde ich auf diese Konversation aufmerksam gemacht. Sie hat viele schöne Erinnerungen an Peter Weber und Franz Kälin geweckt. Während meiner Jugendzeit in Sennwald im St. Galler Rheintal stellte mein Vater den Kontakt her mit der Astronomischen Gesellschaft Rheintal, die damals von Franz Kälin präsidiert wurde. Vor dem Kauf eines eigenen Teleskops durfte ich die Beratung von Peter Weber in Anspruch nehmen, und bald entwickelte sich eine jahrelange Freundschaft. Zu deren Höhepunkten gehörte eine gemeinsame Reise nach Teneriffa, bei der ich für Peter den Mietwagen steuern konnte. Auch manövrierten wir in den Cañadas seinen Rollstuhl über allerhand holpriges Lavagelände bis hin zu den gesuchten Fotostandorten.


    Peter Weber war mein Mentor was sorgfältige und technisch anspruchsvolle Landschaftsfotografie anbelangt. Bisher im Blog nicht erwähnt ist dass er auch ein ausgezeichneter Maler war, der wunderschöne Aquarelle von Berglandschaften schuf. Diese Arbeiten boten ihm wohl einen gewissen Trost, nachdem er die in seiner Jugend geliebten Bergtouren nicht mehr unternehmen konnte.


    Wie im Blog bereits erwähnt wurde, war es für Peter Weber mit viel Aufwand verbunden, den 30er ins Freie zu befördern, oder er war auf Bekannte angewiesen. Gerade im Winter beobachtete er deshalb manchmal direkt aus dem Zimmer heraus, gelegentlich wegen der Luftunruhe auch durch das geschlossene Fenster, welches - gemäss seiner Aussage - gar nicht so schlechte optische Eigenschaften hatte. Er berichtete mir einmal, dass er den 30er vor allem wegen der Kugelsternhaufen gebaut hatte, denn nur bei dieser Öffnung vermöge er diese visuell aufzulösen.


    In lebhafter Erinnerung bleibt mir Peters Bericht zu seiner Beobachtung der Korona anlässlich einer tiefen, aber in Balgach nur partiellen Sonnenfinsternis. Er deckte die verbleibende Sonnensichel mit einer Dachkante ab und konnte so die Korona samt ihrer radialen Struktur bei klarem Himmel sehr gut sehen. Deshalb war es für mich ein berührender Moment, als ich am 20. März 2015 in Island diese Beobachtung bei unerwartet guten Wetterbedingungen zu wiederholen vermochte. Als «Abblendvorrichtung» diente mir in Ermangelung eines Hauses die Brücke über den Ausfluss des Gletschersees Jökullsarlon. Ohne Peters Hinweis wäre ich kaum auf die Idee gekommen, ausserhalb der Totaliätszone die Korona zu beobachten und zu fotografieren.


    Dass Peter Webers 30er bis heute gute astronomische Dienste leistet, freut mich sehr. Es wäre ganz in seinem Sinn gewesen, dass das Instrument - trotz Prominenz in der Fachliteratur - nicht in einem Museum verstaubt, sondern jüngeren und älteren Sternfreunden weiterhin den Himmel näherbringt.


    Eglisau, 2.2.2020, J. Alean

  • Hallo an Alle!


    (==>)Gerhard: Das Loch gegenüber dem Okular ist ebenfalls eine Möglichkeit das Okular dort anzubringen. Man muß dazu den Fangspiegel drehen und neu justieren. Einen Okularauszug im normalen Sinn gibt es bei diesem Teleskop nicht. Es wird der ganze vordere Teil mit Fangspiegel und Okular axial verschoben. Dazu dient der kleine Drehknopf ganz am vorderen Ende des Teleskops. Das war ein geniale Idee vom Peter Weber!
    Das Original hatte keine Teflonlager, sondern Hartholzauflagen. Ich habe mir erlaubt, dieses kleine Detail zu modifizieren.


    (==>)Stefan / Alean: Danke für die weiteren infos zum Thema. Freut mich, daß die Info zum wiederauferstandenen Teleskop bis in die Schweiz vorgedrungen ist. Peters Teleskop hat bei mir nun einen schönen Platz, wo es aufgrund der historischen Bedeutung entsprechend gepflegt und auch wieder verwendet wird. Bin mir auch sicher, daß das im Sinne des Erbauers ist.


    Gruß
    Richard

  • Hallo Richard,


    grossartig diese Restauration.Was mich noch interessierte,wie hat er die Friktion im Azimut gemacht? Holzplättchen auf einer Metallscheibe oder wie?


    Mich hat dieses Fernrohrbild im Rohr-Buch auch stark fasziniert, vor allem sls Kontrast zu den feinmechanischen Wunderwerken,die alle ausser Reichweite waren.In der Schweizer Amateurszene gaben immer dieFeinmechs und Profihandwerker den Ton an,nicht selten Mitglieder aus dem Industriebereich, man hatte keine Chance gegen die als Normalo...Da war der Dobson,aufkommend in den frühen 70er Jahren wirklich der Hoffnungsträger.


    Es gab aber immer Querschläger in der Schweizer Szene: Herr Uttiger aus Zürich machte schon damals einen 60cm Spiegel f3! aus dünnem Fensterglas und montierte ihn azimutal in einem ausgedienten Boiler.Oder Herr Küng aus Basel mit seinerin der Küche geschliffenen und polierten Schmidt-Optik. Aber diese Leute fanden nie Gehör, weil immer nur der gesellschaftliche Rang und Name zählten früher.


    Gruss Emil

  • Hallo miteinander.



    => Richard: Deine Restaurierung ist bestens geglückt. Danke für dein Engagement!


    => Stefan und Jürg: Es war mir neu, dass Peter auch gemalt hat. Das fügt seiner Persönlichkeit wieder eine Facette hinzu. Er hat auch mit dem Stift skizziert, und eine Bleistiftzeichnung ist mir nach all den Jahren in Erinnerung geblieben: Sie zeigte einen dem Betrachter halb zugewendeten Jugendlichen, der ihn abschätzend mit halb zugekniffenen Augen mustert.
    Peter hatte diese Skizze ganz minimalistisch, in einer einzigen Linie, ohne den Stift abzusetzen, gezeichnet.


    Er hatte die Fähigkeit, allem eine tiefere und reichere Bedeutung zu geben.



    Viele Grüße,


    Guntram

  • Hallo Emil,


    wie gewünscht noch Infos zur Azimut Friktion:


    Dieses Bild zeigt wie es funktioniert. Es sind 2 Metallscheiben mit einer ausgedrehten Rille. Da drin laufen 6 Kugellagerkugeln, die mit einer Holzplatte mit 6 Bohrungen auf Abstand gehalten werden.



    Das ist die unterste Scheibe, mit der Kugelrille und einem zentralen Gewindezapfen, der durch alle Scheiben durchging. Oben befindet sich eine Mutter, mit der man dann alles axial vorspannen kann. Damit kann man sehr feinfüllig die Reibung einstellen.



    Ohne jetzt John Dobson's Leistung schmälern zu wollen, aber ich vermute, die ersten "Dobson" wurden in der Schweiz gebaut. Man braucht sich nur das nachfolgende Bild anschauen, das sich auch in Hans Rohrs Buch befindet. Ist aber oft so, daß bestimmte "Erfindungen" fast zeitgleich an verschiedenen Orten gemacht werden.



    Gruß
    Richard

  • Hallo Richard,


    Interessant,habe angenommen, das sei der Schwachpunkt, dabei ist es ein Starkpunkt.Das schwere Metall gibt obendrein noch Standfestigkeit.


    Gruss und Dank Emil

  • Hallo Leute,
    das ist ja mal der Hit !
    Ich weis gar nicht wie oft ich als Jugendlicher im Buch vom Rohr geblättert habe und hin und her überlegt hatte ob und wie ich mir selbst ein Teleskop bauen könnte ,
    aber immer hab ich dann zu der Seite mit Peter Webers „Dobson“ geblättert und geträumt ....
    danke für den tollen Thread !
    CS Alex

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