Hype um Beteigeuze

  • Es sind solche spekulativen Statements, die es in die Medien schaffen. Ehrlich wäre die Aussage: Wir haben keine Ahnung und basta. Ich finde nicht, dass da irgendwas "Neues" zu dem Artikel, den Dominik verlinkt hat, dabei ist.


    Je nach Charakter des Wissenschaftlers sucht der eine oder andere mit medial "spannenden" aber wissenschaftlich uninteressanten Aussagen die Aufmerksamkeit, andere halten dann einfach die Klappe. Und oft macht der Journalist aus einer Mücke einen Elefant, sprich, er greift sich einen unbedachten Nebensatz aus dem Zusammenhang, setzt ein Fragezeichen dahinter (oder auch nicht) und macht daraus eine Pressemeldung. Und Hollywood macht daraus ein Einfrieren der Erdkern-Schmelze [:D].


    Physikalisch sehe ich keinen Zusammenhang zwischen einem Helligkeitsrückgang und einem möglichen Supernovaausbruch. Der wird ja durch einen Kernkollaps eingeleitet. Und schon dieser Kollaps setzt Energie frei (gravitative), sprich es wird dann heller. Alles was es an Schwankungen davor gibt, insbesondere die Abschwächungen haben damit somit nichts zu tun. Und bis die Energien strahlungstechnisch an die Oberfläche gelangen, dauert länger als ein paar Stunden, wenn es nicht der Ausbruch selbst ist. Da ist die Zunahme an Neutrinos, wenn im Kern was "Neues" passiert, schneller. Für mich bedeutet das, dass wir aufgrund von Helligkeitsschwankungen keine Aussage darüber machen können, was im Kern passiert, ob er gerade kollabiert oder nicht. Wenn er kollabiert, dann steigt die Helligkeit Stunden später als Zeichen des Ausbruchs um ganz andere Größenordnungen an und wir sehen die Supernova, egal ob er zuvor in einem Helligkeitsminimum war oder nicht. Äußere Hülle und Kern arbeiten da mehr oder weniger völlig unabhängig und nicht im Takt.


    In den Medien kommt das aktuell manchmal so rüber, als ob der Stern ein letztes Mal tief Luft holt, um damit seine Lunge zum Platzen zu bringen. Meines Erachtens eine völlig falsche Vorstellung.

  • Kalle hat vollkommen recht. Man weiß zu wenig, alles ist sehr spekulativ. Warten wir es doch einfach ab.
    Okay, das Ereignis mag für den einen oder anderen leider außerhalb der Lebenserwartung liegen, aber man kann nicht immer alles und sofort haben. Astronomie hat viel mit Geduld und Demut zu tun.

  • Hallo Kalle,


    woher willst du denn wissen, dass Beteigeuze mit Sicherheit innerhalb der nächsten 100000 Jahre zu einer Supernova wird. Es kann genauso gut morgen passieren oder auch erst in 350000 Jahren oder in 1 Mio Jahren. Kann man doch gar nicht mit Sicherheit sagen, wann es passieren wird. Eventuell gibt es für die Verdunkelung von Beteigeuze ja auch noch andere Gründe als das bevorstehende Ableben.

  • Hallo Zusammen,


    noch eine Frage, die mir seit gestern durch den Kopf geht: Wäre es theoretisch möglich, den Zeitraum für eine zu erwartende Super Nova über die Spektrallinien der gebildeten Elemente abzuschätzen?


    Grundüberlegung: Je schwerer die gebildeten Elemente werden, desto kürzer wird der darauf folgende Brennzyklus, bis dann beim Eisen alles endet und der Kern kollabiert. Beispiel: Heliumbrennen - 1 Mio Jahre, Kohlenstoffbrennen - 1000 Jahre, Sauerstoff - einige Monate, Silizium - 1 Tag.


    Basierend auf dieser Überlegung müsste es genau dann spannend werden, wenn nur noch die Spektrallinien von Sauerstoff nachweisbar sind. Oder ist das zu einfach gedacht?


    Viele Grüße,
    Marco

  • Hallo Ralf, hallo Hans,


    ich glaube ja, dass das messtechnisch schwierig oder vielleicht sogar unmöglich ist, aber eine genaue Begründung würde mich schon interessieren.


    Die Elemente sollten ja auch auf der Oberfläche des Kerns in einen angeregten Zustand versetzt werden oder bei dem Masseverlust in die äußeren Schichten des Überriesen gelangen, wenn auch mit einer vermutlich starken zeitlichen Verzögerung. Und bezüglich "Du bekommst nur Neutrinos": Dann wäre der Stern unsichtbar! :)


    Viele Grüße,
    Marco

  • ...und noch eine weitere Frage: Woher weiß man überhaupt, welche intermediären Elemente in einem Roten Überriesen entstehen. Das kann doch eigentlich auch nur über spektroskopische Methoden erfolgen.


    Ich frage wie gesagt nur aus Interesse. Bin Chemiker und kein Astrophysiker.

  • Hallo Marco, <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Woher weiß man überhaupt, welche intermediären Elemente in einem Roten Überriesen entstehen<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Ich denke, im Wesentlichen weiß man das von Modellrechnungen. Man kann dann versuchen, die entsprechenden Elemente im Sternspektrum tatsächlich nachzuweisen. Ob überhaupt und wie schnell Elemente aus dem Zentrum des Sterns oder inneren Fusionsschalen an die Oberfläche gelangen können, ist ein ganz anderes Thema. Bei unserer Sonne zum Beispiel bleibt das bei der Fusion entstehende Helium zumindest in der aktuellen Entwicklungsstufe wohl praktisch vollständig im Kern.


    Gruß,
    Martin

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: balu70</i>
    <br />Dadurch "sehen" wir nicht wirklich was im Stern vorgeht. Wir "sehen" nur die äußere Schale brennen. (Sehr grob beschrieben)
    Und die brennt die "ganze" Zeit mit Wasserstoff.


    Vg Ulf<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hi,


    ja schon, aber.... wir können doch auch die Metallizität von anderen Sternen spektroskopisch bestimmen. Kämen die Spektrallinien nicht durch Wasserstoff hindurch, wüßten wir es nicht. Wir messen das ja und behaupten es nicht nur.
    Wo befinden sich die schweren Elemente in einem Stern, der noch voll im Futter steht, zB unserer Sonne? Sind die nicht in der Mitte und damit innerhalb der Fusionszone, die diese umgeben müßte?
    Haben die Neutrinos eine spezifische Energie, die man einem bestimmten Prozess (syn. für Material, das fusioniert wird) zuordnen kann?


    Gruß Okke

  • Naja,
    was wir eigentlich vom Stern sehen, ist die Photosphäre. Diese ist nur eine dünne Haut und sie strahlt wie ein gewöhnlicher Wärmestrahler. Die Elemente in dieser obersten dünnen Schicht bewirken aber Absorptionslinien, welche wir detektieren können. Was in den Schalen oder im Kern passiert ist viel höherenergetischer, von Gamma- bis Röntgenstrahlung. Diese zu messen würden zwar Rückschlüsse auf die Fusionsprodukte erlauben, sind aber leider (oder besser glücklicherweise) von Außen messtechnisch nicht erreichbar. Wenn es Elemente aus dem Kern in die Photosphäre schaffen, dann nur durch sehr spezielle konvektive Vorgänge. Ich glaube bei Wolf-Rayet Sternen (Hülle ist bereits längst abgestossen) kann man bestimmte fusionierte Elemente in der Endphase sehen, hauptsächlich aufgrund einer starken Konvektion. Aber bei roten Riesen vermute ich, sieht man bis zum Schluss keine große chemische Veränderung.
    Aber lassen wir uns überraschen.
    Vg Tino

  • Woher weiß man, welche Kernfusionsprozesse wie stattfinden? ... ganz praktisch, von den Atombomben und den vielen Physikern, die sich damit beschäftigen. Eine Sonne ist eine Dauer-Wasserstoffbombe.


    Ansonsten ... bitte werft einen Blick auf folgenden Artikel:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Sternaufbau
    Der behandelt jetzt nicht Beteigeuze speziell, sondern ist mehr allgemein, aber das hilft beim Verständnis.
    Wenn in dem Artikel von "Hauptreihensternen" die Rede ist, dann bezieht sich das auf die Lebensphase eines Sterns. Beteigeuze ist kein "Hauptreihenstern" mehr, sonder befindet sich im Hertzsprung-Russell-Diagramm in der Klasse der "roten Überriesen". Eine Sternklasse, bei der sich im Kern bereits so viel Helium aus Wasserstofffusion angesammelt hat, dass es selbst schon wieder fusioniert. Sterne in diesem Stadium stehen vor ihrem Ende, denn Heliumbrennen, Kohlenstoffbrennen und was da folgt, ist so energiereich, dass eine Sonne das nicht gleichmäßig macht, sondern eher schubweise und dabei auch erhebliche Massen als Sternenwind abwirft. Die Zeitdauer, in der Menschen Beteigeuze beobachten ist zu kurz, um genaueres über die Schübe sagen zu können.

  • Also den Vergleich einer Sonne mit einer Wasserstoffbombe finde ich schon etwas gewagt. Mein Verständnis: Eine Wasserstoffbombe besteht typischerweise im Kern aus Lithiumdeuterid (besser zu handhaben als die Gase Deuterium oder das rasch zerfallende und äußerst seltene Tritium), einer Ummantelung mit U238 und einem chemischen Initialzünder wie TNT. Es entsteht also zunächst eine "normale" Atombombenexplosion durch die Kernspaltung des Urans (oder Plutoniums), durch die dann im Kern der Bombe die kaskadierende Deuteriumfusion gezündet wird. Mir ist auch nicht bekannt, dass das Deuterium während einer solchen Explosion zu schweren Elementen fusioniert. Just my 2 cents...

  • Hi Marco,
    es geht um Kernphysik. Atombomben und die kernphysikalischen Abläufe im Inneren sind in der Physik inzwischen sehr gut verstanden. So gut, dass Staaten wie die USA auf Tests inzwischen verzichten können, weil sie sie simulieren können. Das war in den Anfängen allerdings nicht immer der Fall. Der Test Castle Bravo (Wasserstoffbombe 1953) war z.B. viel stärker, als seinerzeit berechnet. Ich habe die militärischen Tests deshalb genannt, weil sehr sehr viel Geld dort in die Forschung investiert wird/wurde. Mehr als in die zivile Kernforschung. Es die Erkenntnisse dieser militärischen und zivilen Kernforschung, die heute das Verstehen der Fusionsprozesse im Sonneninneren (Stellarforschung) ermöglichen.


    Wenn Dich das Thema weitergehend interessiert, lies Dir die Artikel im Wiki zum Wasserstoffbrennen (Bethe-Weizsäcker-Zyklus, Proton-Proton-Reaktion, zum Heliumbrennen und zum Kohlenstoffbrennen durch.


    Interessant sind die Artikel vor allem wegen ihrer Weblinks (Einzelnachweise), wo es dann wirklich ins Eingemachte geht.

  • Das Drumherum um die Wasserstoffbombe ist so zusagen natürlich im Kern der Sonne dauerhaft vorhanden - daher "Dauer-Wasserstoffbombe".
    Was in der Sonne los ist, können wir ja nicht wissen, wir können nur rechnen und Modelle aufstellen.
    Wenn man sich die Sonne als einen Riesen Kochpott vorstellt, so stößt sie kontinuierlich eine ganze Menge Fusionsproduckte mit dem Sonnenwind ab ins All. In einem verdampfenden Kochpott sind ja auch Spuren anderer Elemente als nur Wasserdampf enthalten.
    Die einzigen Direktnachrichten aus dem Sonneninneren können uns nur die Neutrinos geben. Sonnenneutrinos werden heute detektiert und ein Supernovaausbruch wird auch detektiert, bevor wir überhaupt was von ihr sehen:
    "Supernova Neu­tri­nos
    Einige Sterne beenden ihr Leben in einer gigantischen Explosion, einer sogenannten Su­per­no­va, welche für kurze Zeit heller strahlt als eine ganze Galaxie. Dabei werden enorme Energiemengen frei­ge­setzt. Etwa 99% der frei werdenden Energie wird in Form von Neu­tri­nos emittiert. Im Fall einer galaktischen Supernova würden tausende Neu­tri­nos auf der Erde detektiert werden. Die Gruppe untersucht, was wir von solchen von einer Supernova stammenden Neu­tri­nos lernen können. Außerdem arbeitet die Gruppe an physikalischen Herausforderungen, die sich er­ge­ben, wenn Neu­tri­nos durch solch dichte Materie propagieren.
    Wir erwarten nur einige wenige galaktische Supernovae pro Jahrhundert. Da wir keine Möglichkeiten haben vorherzusagen, wann eine solche galaktische Supernova stattfinden wird, müssen wir möglichst gut vorbereitet sein, wenn sie stattfindet. Eine Möglichkeit besteht darin Neu­tri­nos als "Frühwarnsystem" bzw. Auslöser für optische Untersuchungen und Gra­vi­ta­tion­smes­sung­en zu nutzen."


    Läßt sich hier nachlesen:
    https://www.mpi-hd.mpg.de/lin/research_NU.de.html

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Okke Dillen</i>
    wir können doch auch die Metallizität von anderen Sternen spektroskopisch bestimmen. Kämen die Spektrallinien nicht durch Wasserstoff hindurch, wüßten wir es nicht. Wir messen das ja und behaupten es nicht nur.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Okke,


    danke für Deinen Beitrag. Das ist genau der Punkt, auf den ich hinaus wollte.


    Viele Grüße,
    Marco

  • Hallo Marco und Okke,
    der Wasserstoff aus dem der Stern entsteht ist "verunreinigt". Im frühen Universum wenig oder gar nicht, später mit immer mehr schwereren Elementen. Das kann man messen in den Absorptionslinien. Selbst wenn Helium oder noch schwerere Elemente durch Konvektion an die Oberfläche kämen, dieser Prozess dauerte tausende Jahre und wäre sicher nicht geeignet eine SN vorherzusagen. Soweit ich weiß gibt es diese Konvektion auch gar nicht. Und ganz nebenbei, wenn man den Zeitpunkt eines Ausbruchs auf 100000 Jahre eingrenzen kann, dann ist das für uns sicher lang, aus der Sicht eines Sterns ist das aber ein Wimpernschlag. Man darf auch nicht vergessen, es handelt sich um einen "Kipp-Prozess", dieser ist per se nicht präzise vorherzusagen.(siehe unser Wetter)
    Gruß,
    ralf

  • Hi Marco,


    ich könnte mir sonst nur noch vorstellen, daß die schweren Elemente ebenfalls in der Sonnenatmosphäre vorkommen und dann auch an der Oberfläche zu finden wären oder mindestens dort, wo sie das Schwarzkörperlicht um ihre jeweilige(n) Fraunhoferlinie(n) sichtbar abschwächen (Aufnahme des Photons -&gt; Anregung -&gt; Rückfall -&gt; Abgabe des P. in char. Wellenlänge in beliebiger (!) Richtung statt in jene, aus der das anregende P. gekommen ist und ohne solche "Behinderung" auf dem Sensor angekommen wäre).


    Beim Schalenbrennen brennt ja immer nur die äußerste Schale, weil weder Druck noch Temp ausreichen würden, um die nächstschwere zünden zu können. Auch hier würde ich dann erwarten, daß die Fusionsprodukte nicht nur Richtung Kern absinken, sondern auch nach außen gespült werden, wo sie Teil der Atmosphäre wären. Ok, beim roten Riesen ist es weit bis zur Oberfläche, wo man ihren Einfluß messen könnte. Aber Konvektion sollte auch hier dafür sorgen können. Dauert halt für menschliche Zeitmaßstäbe... könnte also sein, daß im Kern bereits das große "Theater" losgeht, bevor die Zwischenprodukte eine nachweisbare Höhe erreicht haben.


    Aus dieser Überlegung folgt eigentlich, daß wir den genauen Entwicklungsstand so nicht bestimmen können und Beteigeuze bleibt ein Überraschungsei [:D]


    Na mal schauen....... für Sterne mit um die 20 Sonnenmassen M0 heißt es:
    - 8 MioJ Wasserstoffbrennen
    - 1 MioJ Heliumbrennen
    - 1000 J Kohlenstoffbrennen
    - 1 J Neonbrennen
    - 1 J Sauerstoffbrennen
    - 1 T Siliziumbrennen [:0]
    - 670J Warten auf Godot (Lichtlaufzeit halt noch)
    =================================================================
    9.001.672,002739723 Jahre


    DAS ist doch jetzt mal ne präzise Angabe! Na also, geht doch! [:D][:D][:D]
    Achso, der doppelte Strich ist der Fehlerbalken...[;)]


    Oder so...


    Grüße
    Okke



    edit: ah, Ralf war schneller, danke für die Klärung!

  • Hi Okke, hi Ralf,


    danke für Eure Antworten. Ich finde das Thema super spannend, verstehe Eure Punkte und möchte halt nur hinterfragen, wo die spektroskopischen oder messtechnischen Grenzen liegen.


    (==&gt;)Okke: In dem Zusammenhang noch eine Frage zu dem folgenden Punkt: "Beim Schalenbrennen brennt ja immer nur die äußerste Schale, weil weder Druck noch Temp ausreichen würden, um die nächst schwerere zünden zu können."


    Bedeutet das, dass beim Zünden der nächst schwereren Schale die weiter außen liegenden erloschen sind?


    Viele Grüße,
    Marco

  • Die Metallizität (Elemente), die man in den Spektren misst, gibt vor allem Aufschluss über die Zusammensetzung des Gases, aus dem die Sonne sich bildete, also der Ausgangszusammensetzung. Sie gibt kaum bis keine Infos darüber, was alles im Stern schon verbrannt wurde, denn das findet im Kern statt und gerade die schwereren Abfall-Elemente (vor allem Helium, Sauerstoff, Kohlenstoff, viel schwerer wird ja nichts fusioniert) steigen nicht zur Hülle auf. Zum Vergleich mal die Masseverteilung in unserer eigenen Sonne: 50% der Masse befindet sich im Kern in einem 25% Radius (= ~1,5% des Gesamtvolumens). Da herrscht ein Druck von 200 Mrd. Bar und eine Dichte von 150 kg je Liter Volumen (Eisen, wie wir es kennen, hat nur 7,8 kg/l.) Ein Mensch würde da in eine Halbliterflasche passen, wenn man ihn so zusammenstaucht.


    Die Infos, was im Kern schon alles passiert ist (also die Altersbestimmung) geschieht über Kennlinien aus Sterngröße, Masse und absoluter Helligkeit und messbare Temperatur (Strahlungsfarbe), die sich im Hertzsprung-Russel-Diagramm (HR) wiederspiegeln. Das HR ist eine empirische Zusammenfassung vieler Beobachtungen.


    Größe, Farbtemperatur und Helligkeit stehen dabei ebenfalls in unmittelbaren Zusammenhang und geben Rückschluss über den Energieumsatz. Grundlage dafür ist die Theorie der Schwarzkörperstrahlung (https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzer_K%C3%B6rper)


    Masse ist bei Einzelsternen dagegen schlecht messbar, bei Doppelsternen oder extrasolaren Planeten hat man eine Chance durch die Keplerbahnen, mit denen sie sich umkreisen. Die Bahngeschwindigkeit kann man zumindest in Sichtlinie durch Rot-/Blauverschiebung (Dopplereffekt) gut messen, selbst wenn man die Querbewegungen nicht im Teleskop auflösen kann, eine Bahnumrundung durch die Periodendauer. Kennt man die Geschwindigkeiten beider Sterne, dann hat man auch deren Massenverhältnis (Schwerpunktlage). Der kleinere der beiden Sterne verbrennt zudem deutlich langsamer und entwickelt sich deshalb auch langsamer, worüber man wiederum Rückschlüsse auf Massenobergrenzen ziehen kann.


    Das HR-Diagramm ist so was wie eine eierlegende Wollmilchsau, ein Kataster aller Sternzustandsvarianten, denn hat man einen Stern dort erst mal sauber ins Diagramm platziert, kann man via scheinbarer Helligkeit auf seine wahre Helligkeit und damit auf seine Entfernung Rückschlüsse ziehen. Das heißt, man kennt dann andere Sterne mit gleichen Eigenschaften und wendet deren gewonnene Daten auf den neuen Stern mit an und umgekehrt. Dabei wird dann auch das HR-Diagramm (und die dahinter stehende Klassifikation) ständig verfeinert.



    (==&gt;)Marco:
    Beim Schalenbrennen interessiert sich die Kernschale nicht darum, ob weiter außen noch ein Wasserstoffbrennen läuft oder nicht. Was zählt ist einzig und allein, ob Druck, Temperatur und Dichte z.B. fürs Heliumbrennen (oder in weiterer Folge fürs Kohlenstoffbrennen) ausreichen. Es muss sich nur genug Helium im Kern als Abfall des Wasserstoffbrennens abgelagert haben und durch die Sonnenmasse dort genug Druck und Temperatur aufbauen können. Fazit: Es können mehrere Schalen gleichzeitig "brennen", zumindest übergangsweise. Denn das Starten des Heliumbrennens liefert dann Energie, die die äußeren Schalen und die Hülle aufblähen und damit das Wasserstoffschalenbrennen weiter draußen stören. Da landet man dann bei einer dynamischen Betrachtungsweise. Von innen kommt plötzlich ein neuer Schub, intensiviert kurz das Wasserstoffbrennen, bis dessen Schale so weit aufgebläht wird, dass es teilweise zusammenbricht. Das Heliumbrennen selbst ist auch nicht stabil, 5% Temperaturerhöhung im Kern intensiviert das Brennen um den Faktor 3 und umgekehrt, wenn der Heliumbreich zu wenig Nachschub aus dem Wasserstoffbrennen bekommt, lässt es auch schlagartig wieder nach. Das sind genau die Gründe, warum der Stern in den letzten 100.000 Jahren so "pumpt".


    PS: Bis sich das in der Hülle selbst bemerkbar macht, vergehen nochmals tausende Jahre. Schon in unserer Sonne braucht Licht/Energie aus dem aktiven Kern 100.000 Jahre, bis es für uns auf deren Oberfläche sichtbar wird. Fazit: Was wir auf der Oberfläche sehen, ist Ergebnis von Prozessen, die schon tausende Jahre zurück liegen.


    Das ändert sich erst beim Kernkollaps, dem Beginn der Supernova. Die Kernmitte selbst kollabiert da in Millisekunden, hinterlässt mitten in der Sonne dann eine Art Vakuum, wenn die nachfolgende Materie nicht schnell genug hinterher fällt, äußere Schalen fallen dann ungebremst auf diesen neuen "entarteten" Neutronenstern, prallen dort auf wie auf eine Mauer, der Stoß wird dann nach außen reflektiert und zerfetzt alles, was noch weiter draußen ist. Dabei entstehen Schockwellen, in denen die wirklich schweren Elemente dann erbrütet werden. Besser könnte man eine Atombombe nicht bauen, mit spiegelnder Kugel in der Mitte, die die Wirkung nach außen erhöht.

  • Vllt dazu noch schnell ergänzend<blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: mag16</i>
    <br />Bedeutet das, dass beim Zünden der nächst schwereren Schale die weiter außen liegenden erloschen sind?


    Viele Grüße,
    Marco


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    jau, sie muß sogar (mindestens fast) erlöschen, damit der Strahlungsdruck nachläßt, der das aufgeblähte Äußere am Kolabieren hinderte. Sobald der nachläßt, können diese wieder der Schwerkraft folgen und auf den Kern drücken. Dabei schrumpft der Stern. Druck und Temperatur steigen daraufhin an und wenn die Zündbedingung fürs nächst schwerere Element erreicht wird - sofern genügend Masse vorhanden ist, passiert das auch - fängt jene an zu brennen. Der Strahlungsdruck nimmt wieder zu bis sich wieder ein Gleichgewicht einstellt zwischen nach innen gerichteter Schwerkraft und nach außen gerichtetem Strahlungsdruck. Das ist ein Einschwingvorgang, der sich in Pumpen und damit auch Helligkeitsschwankungen äußert.
    Wenn dabei die Zündbedingungen für weiter innenliegende Schalen schwererer Elemente erreicht werden (eher nicht), zünden auch diese. Eher aber Reste der vorigen Schale, die nochmal nachzünden. Dann sind auch mehrere Schalen am brennen. Aber dadurch steigt der Strahlungsdruck wieder, und schiebt wieder nach außen.


    Wenn aktuell tatsächlich der dunkelste Wert seit dem Heliumbrennen erreicht wurde (und womöglich noch weiter fällt), könnte es nicht nur ein Pumpen sein, sondern Brennschluß beim Helium. Oder Kohlenstoff... Könnte! Muß aber nicht!
    Oder er wird einfach wieder heller als ob nix gewesen wäre...
    Aber wenn doch, dann sind jetzt die kurzlebigen Zyklen dran.
    Leider kann man auch bei noch so guten Modellrechnungen den StatusQuo nicht zuverlässig genug erfassen, sodaß nur bleibt, gut zu schätzen. Oder abzuwarten (bleibt uns wohl auch nix anderes übrig) [:D]


    Vllt liefert Super-Kamiokande ja bald mehr Aufschluß.


    Wie auch immer, Beteigeuze bietet uns mit seinem Finale einen fantastischen Einblick (oder unseren Enkeln, Urenkeln...) bei all den Mitteln, die uns heute zur Verfügung stehen. Wenn man überlegt, daß der noch nicht einmal die Dinosaurier "gesehen" hat...


    Guts Nächtle,
    Okke

  • Hallo Kalle, hallo Okke,


    danke für die detaillierten und sehr interessanten Informationen. Das hat mir und sicherlich auch anderen Mitlesenden geholfen, die Vorgänge im Inneren des Sterns besser zu verstehen.


    Viel Grüße,
    Marco

  • Okke,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">au, sie muß sogar (mindestens fast) erlöschen, damit der Strahlungsdruck nachläßt, der das aufgeblähte Äußere am Kolabieren hinderte. ... <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    wie kommst du darauf?
    Das Heliumbrennen findet innerhallb der Schale des Wasserstoffbrennens statt. Das Schalenbrennen mindert nicht den Druck auf den Heliumkern, denn der ist von der Gesamtmasse abhängig. Eine brennende Schale ist kein Stützgewölbe, welches den Druck auf den Kern abschirmt. Kannst du dir bei einer Brücke ein Stützbogen aus Gas vorstellen?


    Der Wirkungszusammenhang kommt umgekehrt von innen. Brennt das Helium, schiebt es die Wasserstoffschale nach außen, durch Sternenwind findet sogar ein Massenverlust des Sterns statt. Das hat Auswirkungen auf die Bedingungen der Wasserstoffschale. Die Intensität des Schalenbrennens ist ja auch von der Temperatur und dem dort herrschenden Druck abhängig. Der Druck ist umso kleiner, je weiter die Schale von der Sternmitte entfernt ist und je weniger Masse der Stern hat. Andererseits heizt ein brennender Heliumkern die Schale auf und die Intensität ist auch abhängig von der Schalenfläche (Durchmesser). Je mehr Fläche als Brennraum zur Verfügung steht, desto mehr kann gleichzeitig brennen. Letztendlich kommt man an einer dynamischen Betrachtungsweise nicht vorbei.

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