Sphärochromasie im C8 im Violett

  • Hallo zusammen.


    Bekanntlich zeigen SCTs auf Grund der Schmidtplatte Sphärochromasie.
    Heute habe ich im guten alten Telescope Optics von Rutte/van Venrooij den Plot dazu für ein 200mm SCT betrachtet. Dabei sieht man, dass die Sphärochromasie im Violetten stark zunimmt.


    Im Zusammenhang mit der Verwendung von SCTs für die Fotografie der Venus im Violetten, habe ich mir die Frage gestellt, wie sich die Sphärochromasie, auch Gaussfehler genannt, bei diesem Entwurf auswirkt.


    Ich habe das Programm PointSpread von Hans-Jürgen Busack verwendet. Läuft auch unter Win 10!


    Für die Wellenlänge 365 nm und das mitgelieferte Design Schmidt-Cassegrain 200 f/10 fand ich als besten Strehlwert etwa 0,2 (aufgerundet). Er ergibt sich, wenn etwa 0,6 mm extrafokal fokussiert wird.


    Nun ist ein Strehlwert von 0,2 ja wegen der Näherungsformeln nicht für bare Münze zu nehmen, sonder sagt nur aus, dass die Abbildungsleistung keinesfalls mehr im beugungsbegrenzten Bereich liegt.


    Kann dieses Ergebnis ungefähr hinkommen? Hat jemand von Euch solche Berechnungen schon angestellt, vielleicht auch an Entwürfen, die näher an den tatsächlichen Entwürfen von Celestron/Meade liegen?



    Vielen Dank,


    Guntram

  • Hallo Guntram,
    rechnen kann ich nicht so gut, aber ich kann ganz gut sehen. Deshalb habe ich mich von der anderen Seite dem Problem genähert. Dass SCT´s im Blauen nicht gerade gut abschneiden ist bekannt. Aus diesem Grund, ich wollte auch Venus im UV belichten, justierte ich die Optik (C11)am Abend zuvor an einem Stern. Bei gutem Seeing und Rotfilter war das Airyscheibchen und der erste Beugungsring gut zu trennen. Im Grünen traten kleinste Asymmetrien stärker hervor, der Beugungsring lag auch näher am Airyscheibchen, und dieses selber war ein wenig kleiner.( schön war für mich, dass die Abbildungsregeln auch wirklich gesehen werden konnten) Dann der UV Filter: du kannst es dir denken. Kein Beugungsring, stattdessen ein asymmetrischer Wattebausch. Das Seeing war gleich geblieben und meine Belichtungszeit musste auch nicht über 15ms hinaus erhöht werden. Diese Sternabbildung habe ich dann brutal geschärft, und zwar auf das helle Zentrum hin, das funktionierte. Im Umkehrschluss sagte ich mir, dass ich bei genügend Material und bestem SNR auf diese "Spitze" hin schärfen könnte und die Auflösung nicht grundsätzlich unbrauchbar war. Ohne das jemals aufgeschrieben oder gesagt zu haben, hatte ich das Gefühl, dass nur ca. 20% des Lichtes "ordentlich fokussiert" war. Von daher habe ich ganz genau die selbe Beobachtung gemacht wie du und ich freue mich, dass es nun auch eine rechnerisch bestätigte Aussage dazu gibt.
    Viele Grüße,
    ralf

  • Guten Abend Guntram,


    hatte vor Jahren ein SCT Design in OSLO probiert.


    Die Daten: D=250mm, HS sphärisch mit f/2, gesamt f/10, Sekundärspiegel leicht asphärisch.


    Bei 365nm ergibt das einen Strehl von 0,13 - also das wird schon so stimmen wie Du das berechnet hast.


    Wobei ein Strehl in diesem Bereich nicht unbedingt der begrenzende Faktor ist. Man braucht schon außergewöhnlich gutes Seeing um auf der tiefstehenden Venus überhaupt etwas zu erkennen.
    Weiterhin hat das Seeing eine, wenn auch schwache, Wellenlängenabhängigkeit - je kürzer desto schlechter.


    Viele Grüße
    Kai

  • "Weiterhin hat das Seeing eine, wenn auch schwache, Wellenlängenabhängigkeit - je kürzer desto schlechter."


    Hallo Kai,
    nein, nicht schwach, sehr markant. Es kommt in der 3 Potenz daher. Halbe Wellenlänge, 16 mal schlechteres Seeing. Aus diesem Grunde belichten die meisten Planetenfotografen im Roten oder im IR. Geht es um Venus, so sollte man am Tage, wenn sie hoch steht, eine besonders gute Luftruhe abwarten. Nur dumm, dass man das erst weiß, wenn man schon belichtet :)
    Gruß,
    ralf

  • Hallo zusammen.


    Kai, danke für deinen Beitrag. Ja, das hört sich plausibel an! Ich stehe mit dem Rechnen ohnehin auf Kriegsfuß. Dyskalkulie und acht Jahre existenzieller Mathe-Überlebenskampf in der Schule haben ihre Spuren hinterlassen. In OSLO habe ich mich nie hineingefunden, und so bin ich froh, dass PointSpread immer noch zur Verfügung steht.


    Ralf, danke für die Verbindung zur wirklichen Welt durch deine Fotos und Beobachtungen.


    Ich möchte keineswegs das C8 (oder irgend ein anderes SCT) schlecht machen. Der Gaussfehler ist ohne zusätzliche Maßnahmen, sprich einen völlig anderen Entwurf, nicht zu verbessern. Und, hochauflösende Fotografie im UV war bei der Entwicklung dieses Gerätetyps in den späten 1960er Jahren garantiert nicht im Lastenheft verzeichnet. Deshalb muss man damit leben, was SCTs unter den gegebenen Umständen leisten können. Und das ist beachtlich, wie du schon gezeigt hast.



    Viele Grüße,


    Guntram

  • Hallo Guntram,
    das ist schon interessant. 350nm und 365 nm sind natürlich schon heftig.
    Wie ist es denn mit Schiefspiegler und Newton bei diesen Wellenlängen. Da braucht man vermutlich eine bestimmte Verspiegelung, oder?
    Wäre dann mit entsprechender Verspiegelung ein Newton besser für Venus geeignet und wie würde sich der Unterschied zwischen SCT und Newton im UV z.B. an der Venus auswirken?
    Servus,
    Roland

  • Hallo Niklo.


    Normale Alu-Verspiegelungen sind bei diesen Wellenlängen noch gut zu gebrauchen. Zumindest bei Systemen mit zwei Reflexionen gibt es da nichts zu meckern. Eventuell bei drei oder mehr Reflexionen.
    Yolos sind für UV sehr gut geeignet, ebenso der Newton (mit geeigneter Brennweitenverlängerung, aber bei modernen Kameras mit 2,4µm Pixeln tut es auch ein f/8 Parabolspiegel). Auch Cassegrains und Abkömmlinge sind geeignet.


    Viele Grüße,


    Guntram

  • Hallo,
    ich habe kürzlich die 12" Meade ACF f/10 Version mit ZEMAX simuliert und hier ist der Strehl im Bereich um 365nm (+-30nm) nicht so schlecht, etwa 0,6. Natürlich muss man idealerweise auf 365nm nachfokussieren und die anderen Wellenlängen mit dem Filter blocken. Wenn man im Grünen fokussiert, ist natürlich das Violette komplette aus dem Fokus und der Strehl ziemlich unterirdisch. Das ACF ist zwar ein etwas spezielleres SCT-Design, da es aplanatisch korrigiert ist. Der Hauptspiegel ist asphärisch (Konik etwa -1,2), der Fangspiegel ist sphärisch, sodass die Schmidtplatte etwas weniger stark korrigieren muss, im Gegensatz zu einem normalen SCT mit zwei sphärischen Spiegeln. Ich denke aber, dass es auch hier kein riesen Problem sein sollte. Ich vermute eher, dass das Seeing im UV sich einfach viel extremer auswirkt.
    Vg Tino

  • Hallo Tino.


    Ja, das ist eben das Problem mit den SCTs, die zwei sphärische Spiegel haben. Da muss die Schmidtplatte ordentlich ranklotzen, um die SA aufzuheben. Und deren vergleichsweise hohen Brechkräfte äussern sich in der entsprechend ausgeprägten Sphärochromasie in diesem Spektralbereich.
    So stelle ich mir das laienhaft vor.


    Viele Grüße,


    Guntram

  • Hallo Guntram,
    hab nochmal schnell ein normales 8" SCT-Design rausgesucht und ausprobiert. Du hast recht, der Strehl geht bei 365nm (+-30nm) auf 0,2 runter. Die ACFs sind also im Violetten doch etwas spezieller.
    Vg Tino

  • Guten Morgen,


    Ralf schrieb zur Wellenlängen-Abhängigkeit des Seeings:
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">nein, nicht schwach, sehr markant. Es kommt in der 3 Potenz daher. Halbe Wellenlänge, 16 mal schlechteres Seeing.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Das ist so nicht richtig.
    Der Exponent ist nur 1.2
    Anderseits wird die Airy-Disk bei Verürzung der Wellenlänge entsprechend kleiner. (Auflösung steigt!)
    Zusammen bleibt ein Exponent von 0.2 für die Spotgröße.


    Sehr viel einflussreicher ist die Winkelabhängigkeit.
    Besonders unter 30° Horizontdistanz.
    Das muss man bei einem Vergleich unbedingt berücksichtigen.
    Aber ich gebe zu, daß ich als visueller Beobachter weder im IR noch im UV Beriech mit praktischen Erfahrungen dazu aufwarten kann. [8D]



    Tino Schrieb:
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">... im Gegensatz zu einem normalen SCT mit zwei sphärischen Spiegeln.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Im Buch "Telescope Optic" von Rutten & van Venrooij steht, daß die wahrscheinlichste Lösung für käufliche SCT's ein asphärischer Sekundärspiegel + sphärischer HS ist.
    Zwei sphärische Spiegel ergeben sehr starke Off-Axis Coma.
    Kann natürlich sein, daß die Chinesen die komplett sphärische Auslegung favorisieren, und sich stattdessen auf das äußere Design konzentrieren. Kannt man ja von vielen Kopien, die ihren Originalen auf den ersten Blick sehr ähnlich sind [;)]


    Schönen Tag!
    Kai

  • Hallo Kai,
    ich gebe zu, dass ich den Wert nur irgendwo aufgeschnappt habe und ihn plausibel fand, da sich das Bild ja in 3 Dimensionen bewegt. Ich weiß auch nicht, wie man "doppelt so schlecht" definiert, sicher nicht so, dass sich der FWHM-Wert verdoppelt. Fakt ist aber, dass ich kein einziges gutes B(RGB) Bild kenne und das hätte bei gutem Seeing ja eine höhere Auflösung als R(RGB) oder oder IR(RGB). Aber vielleicht schließt sich hier auch der Kreis, denn viele guten Planetenfotos entstehen mit SCTs.
    Solltest du zu der Thematik ´wellenlängenabhängiges Seeing´ weitere Infos haben würden die mich sehr interessieren, passt allerdings nur wenig in das Thema hier rein,
    viele Grüße,
    ralf

  • Hallo Kai,
    das Seeing hat wie du schreibst eine recht kleine Wellenlängenabhängigkeit, aber für die Auswirkung auf die optische Abbildung hat die Verkürzung der Wellenlänge mehrerer negative Auswirkungen. Das Seeing bewirkt ja bekanntlich eine Deformation der Wellenfront, da das Licht im Weg durch die Atmosphäre Luftblasen und Wirbel mit veränderter Brechzahl durchläuft. Bezogen auf die Wellenlänge entspricht dann eine Deformation der Wellenfront von lambda/14 (rms) bei 550nm (was einem Strehl von etwa 0,8 entspricht) einer Wellenfrontdeformation von lambda/9 (rms) (Strehl=0,6) bei 365nm. Entsprechendes gilt für die optischen Fehler des Teleskops bei den kürzeren Wellenlängen, was geometrisch addiert zu einer weiteren Verschlechterung der Abbildungsqualität führt.
    Wie man die eigentliche Qualität der optischen Abbildung definiert, ist dabei auch eine vieldiskutierte Frage. Wie groß der eigentliche Spot ist, oder wie viel in einem Kamerapixel landet, beschreibt dann wohl eher die Encircled Energy, bzw die Ensquared Energy, wobei diese extrem vereinfacht mit dem Quadrat des Strehls skaliert (ich hoffe ich öffne jetzt nicht die Büchse der Pandora).
    Gruß Tino


    Ed. Rechtschreibfehler korrigiert

  • Guten Morgen Ralf,


    es gibt eine Menge Infos unter dem Suchbegriffen:
    Seeing wavelength dependence


    Teilweise ist das schwerverdauliche mathematische Kost.
    Anderseits zeigen die Praktiker an der vordersten Front was geht und was nicht geht.
    Ich kann mich noch sehr gut an Deinen spektakulären Katzenaugennebel erinnern:
    http://www.astrotreff.de/topic…HIVE=true&TOPIC_ID=121220



    Guten Morgen Tino,


    nein, die Büchse der Pandora machen wir jetzt nicht auf[;)]
    Für die gedachte Anwendung (extrem helles Objekt) kommen sicher sehr kurze Belichtungszeiten zur Anwendung.
    In diesem Fall wirkt sich der Seeing-Einfluss primär auf den Anteil der "guten" Frames aus.
    Dieser Anteil sinkt nun dummerweise <font color="red">exponentiell</font id="red"> wenn das Seeing schlechter wird.
    Also zb von 1:100 auf 1:100000
    Deshalb kann man den Eindruck gewinnen, daß plötzlich gar nichts mehr geht.


    Vor Jahren habe ich das Seeing öfters gemessen:
    http://www.astrotreff.de/topic…HIVE=true&TOPIC_ID=132847


    Ich kann mich noch gut erinnern, daß an einigen Objekten die Grenze zwischen "geht so" und "spektakulär" bei nicht einmal 30% besserem Seeing lag. Also knapp unter 1" ist eine ganz andere Welt als 1,2".
    Wie gesagt, je nach Objekt!


    Schönen Tag!
    Kai

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