Andromedas Fallschirm und etwas mehr ...

  • Bericht vom 24.02.2019; 20.20h – 21.50h
    Ausrüstung: Newton-Teleskop, Öffnung 428mm, Brennweite 1830mm, (f/4,25) Adler
    Dobsonmontierung


    verwendete Okulare: 21mm Ethos (87-fach); 13mm Ethos (141fach), 10mm Ethos (183fach), 8mm Ethos (229fach), 6mm Ethos (305fach), 5mm Nagler Typ 6 (366-fach,
    Ort: Freies Feld, ca. 800m SSW von Beerbach, ca. 395m ÜNN
    Temperatur: 20.10h + 1 C ; 22.00h 0 C
    Seeing: 2


    Wetter: überwiegend wolkenlos, tags teils Schleierwolken, meist durch Kondensstreifen verursacht die sich mit der Dämmerung auflösen
    Quasare: J014709+463037
    Planeten: -
    Plantetarische Nebel: M42/42, NGC2372
    Galaxien: UMA: M81, M82
    Kugelsternhaufen: -


    Ich war die Nacht zuvor schon an gleicher Stelle, wollte unbedingt den erst in 2017 entdeckten Mehrfachquasar beobachten. Gleiche Stelle bedeutet einen Beobachtungsplatz, den ich seit Herbst anfahre; nur gut 15 Autominuten von zu Hause entfernt, auf einer Anhöhe mit 0 Grad-Horizont in S und W, im Nord durch Bäume auf ~ 20 Grad eingeschränkt, im O auf ca. 15 Grad, windgeschützter als mein alter Platz.
    Am Tag zuvor gab es in der 2. Tageshälfte flächendeckend Schleierwolken, die sich nicht völlig auflösten, auch war das Seeing eher bescheiden, da war die QSO-Sichtung grenzwertig möglich, diese Nacht war besser …
    Aufbauen ging zügig, justieren ebenfalls. Das Teleskop war den ganzen Tag schon im Holzschuppen gestanden, trotzdem wollte ich nicht gleich auf den QSO, die Justage am Stern hatte noch leichtes ‚Nachdampfen’gezeigt. Vor dem Lichtfuzzelchen daher auf ein Paradeobjekt im Süden, den Orion-Komplex:


    M42 - GN – ORI - (mag 4,0 - sbr ?; 85‘ * 60‘) SQM20,90
    Wow. Nochmals Wow. Das Seeing ist gut. Mit dem 21er kann der Sturmvogel nahezu komplett überblickt werden. Die Dunkelwolken markant, deutlich akzentuiert. Das Trapez nadelfein. Der Nebelkomplex nicht diffus, vielmehr deutlich strukturiert, gerade südlich des Sternenvierecks ‚flockig‘ mit erstaunlich kräftigen Kontrasten. Im 13er sind die E- und F-Komponente dauerhaft und leicht auszumachen, ein gutes Omen. Erstaunlich: alle 4 Hauptkomponenten sind Mehrfachsysteme, A,C und D 3-fach, B sogar 6-fach, A und B Bedeckungsveränderliche. Komponente E erschien deutlich orange. Schöner Kontrast zu den blau-weißen anderen. Komponente F relativ nahe an C, aber mit viel Platz dazwischen. Eine recht aktive astronomische Kinderstube.


    Da mein Hauptziel ‚auf dem Absteigenden Ast‘ ist will ich nicht zu viel Zeit hier verbringen, schwenke nach WNW, in Grenzregion Andromeda/Perseus. Noch knapp 40 Grad über dem Horizont steht


    J014709+463037 - QSO – AND - (mag 15,2; z = 2,377) SQM20,95
    Andromedas Fallschirm. Ein extremes Objekt. Durch eine nicht sichtbare Vordergrundgalaxie (bei z = 0,53) wird das Licht eines Quasars gebündelt, es kommt zu einer Mehrfachabbildung. Auf 3 Bogensekunden wird das Objekt 4-fach abgebildet, Auf hochauflösenden Aufnahmen erscheint das Objekt wie ein Fallschirm (die 3 hellsten Abbildungen bilden den Schirm mit Last (die 4. Abbildung darunter, merklich schwächer). Von solchen visuellen Eindrücken bleibe ich weit entfernt.
    Startpunkt für den Starhop ist Phi Persei. Da rund um dieses Objekt moderat helle Sterne eine markante Gruppe bilden ist dort die Orientierung einfach. Im 8*50 Sucher ist dies gut sichtbar, ebenfalls eine 4 Grad lange gebogene Kette welche das Auffinden des Mag8 hellen Sterns HD10712 vereinfachen. Nun im Teleskop erfolgt der finale Hop. Der Mag8 Stern bildet den Fuß einer Y-förmigen auf dem Kopf stehenden Sternengruppe, nun sind es nur noch ca. 1/2 Grad zum Ziel. Ein Parallelogramm mit um Mag11-Sterne hilft beim letzten Schritt, einem Mag12-Stern in unmittelbarer Nähe des Quasars. Nun wird vergrößert. Verglichen zur Nacht davor wird es einfach. Im 8er bei 230-fach blitzt es ab und an auf, im 6er dann zu 30% indirekt haltbar, eine eindeutige Sichtung. Ich nehme mir Zeit, lasse das Objekt immer wieder durchlaufen, nehme dann noch das 5er. Nicht ständig, doch blickweise erscheint ein Mini-Strichlein, kein Punkt. In meiner Skizze wird dieser eingezeichnet. In der Nachbereitung zeigt sich: Die Orientierung passt zur Lage des ‚Schirms‘ – super!. Mit dem QSO und dem 12er Feldstern einen ~ 90 Grad bildenden Winkel ist noch ein Mag15 Feldstern auszumachen. Bei höherem Stand und dunklerem Himmel könnte der QSO mit 14 Zoll, evtl. auch mit 12 Zoll machbar sein. Das Objekt hat eine Gesamthelligkeit von Mag 15,2, da diese nicht auf einen Punkt fokussiert ist wird das Auffinden schwieriger als bei einem Mag 15,2 Feldstern. Der QSO kommt in mein High-Redshift-Projekt (http://www.strnad-emskirchen.de/qso_beobachtungen.html) wird dort eines der einfacheren Objekte.
    Mit z=2.377 wird das Kriterium für die Liste auch leicht erfüllt. Die Lichtlaufzeit bis die Photonen meine Netzhaut erreichten war ca. 10,7 Mrd Jahre!
    Hier ein Link zum Paper über den QSO https://arxiv.org/pdf/1707.05873.pdf


    Das hat Spass gemacht, der Blick schweift, ich will das gute Seeing nutzen und Peile hoch in Gemini, wechsle wieder die Objektgruppe.


    NGC2371/72 - PN – GEM - (mag 11,2 - sbr 11,0; 1,2‘ * 0,9‘) SQM20,98
    grob auf einer Linie zischen Castor und Lota Gem gelegen. Ich versuche es gleich mit dem 13er, bin beim Aufsuchen aber etwas eingerostet und muss doch zurück zum 21er Okular um fündig zu werden. Auch in diesem dann sofort und einfach der PN erkennbar. Zunächst fallen zwei auf den ersten Blick rundliche Aufhellungen auf. Bei höheren Vergrößerungen gibt es mehr und mehr an Details. Zunächst wirken die beiden Nebelteile wie gegengleich angeordnete Komata um den mag 14,8 Zentralstern, der ab dem 10er für mich sichtbar wurde. Auch das 6er Oku mit 305-fach bringt merklichen Gewinn. Vor allem der im GF unteren Teil zeigt mir einige Lichtknötchen. Sehr reizvoll. Der Bipolare Nebel ist ca. 4300 LJ von unserer Heimat entfernt. Ich hatte es versäumt mit Filter zu arbeiten. In der Nachbereitung auf Fotos erkennbare weiter außen liegende schwache Aufhellungen waren mir nicht aufgefallen.


    Ich beschließe die Beobachtungsnacht mit M81 und vor allem M82, diese GX war so deutlich strukturiert und auch im 10 hell, dass ich 10 Minuten für eine Skizze investieren musste. Hat Spass gemacht!
    Viele Grüße von Achim


    … seit 8 Jahren mein erster Beobachtungsbericht auf Foren …

  • Servus Achim


    Sehr schön hier wieder von dir zu hören. Und dann mir einem super interessanten Objekt J014709+463037 - QSO – AND! Absolut super Beobachtung Achim!Da werde mich mal selbst dahinterklemmen!
    Danke für dein Bericht und bis bald beim Deep Sky Meeting!


    Viele Grüße
    Hajü
    http://www.astromerk.de

  • Hallo Achim,


    ein schöner Bericht mit toller Objektauswahl. Gerade die Berichte zum Fallschirm sind immer interessant zu lesen.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Durch eine nicht sichtbare Vordergrundgalaxie (bei z = 0,53) wird das Licht eines Quasars gebündelt, [...]<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Doch eher gestreut? [:)]


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Bei höherem Stand und dunklerem Himmel könnte der QSO mit 14 Zoll, evtl. auch mit 12 Zoll machbar sein.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ja, Norman hier im Forum hat den Quasar mit 12" in den Alpen erwischt und ich werde ihn dieses Jahr mal im Bayerischen Wald mit 14" angehen.


    Vielen Dank für den Bericht und gerne mehr davon (nicht dass du nochmal 8 Jahre wartest [:D]).


    Viele Grüße
    Dominik

  • Hallo Achim,


    eine schöne Überraschung, von Dir hier zu lesen. Vielen Dank für Deinen Bericht!


    Dominik hat´s schon angesprochen (Danke [:)]), ich hab den Parachute wie Du als länglich wahrnehmen können:


    http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=229894


    Bei dem Erdnussnebel geht die hellere der beiden äußeren Haloschalen auch mit 12" ohne Filter. Ohne Wissen der genauen Position konnte ich dies bei super Alpenhimmel so dingfest machen.


    Ich bin nach wie vor an Deiner Quasarliste dran, vielen Dank an dieser Stelle nochmal für die tolle Zusammenstellung!


    LG und CS
    Norman

  • Hallo,


    vielen Dank für die freundlichen Rückmeldungen.


    (==&gt;) HaJü: freue mich auch schon aufs DSM - Vielen Dank ans Orga-Team für euren unermüdlichen Einsatz.
    (==&gt;) Dominik: es ist tatsächlich ein bündeln (Gravitationslinse), elektromagnetische Wellen (Licht) wird durch ein starkes Gravitationsfeld gebeugt, Lichtstrahlen, die sonst uns nicht erreichen werden wei von einer konvexen Linse gebündelt.
    (==&gt;) Norman: es geht nichts über einen dunklen Himmel (und sehr guten Augen) :) Mein Himmel war knapp SQM21 (das alte, ohne Linse) und damit für den Standort bestenfalls durchschnittlich, mit Alpenhimmel nicht zu vergleichen.


    Viele Grüße


    Achim

  • Hallo Achim,


    vielen Dank, aber die guten Augen hast wohl eher Du als ich, wenn Du bei solchen Bedingungen Erfolg hast mit dem Schirmchen ;)


    Wird auch nicht mein letzter Besuch gewesen sein - mit EQ-Plattform eröffnen sich da teils auch neue Möglichkeiten und die Grenzen werden nochmal bissel gedehnt.


    Schöne Grüße und CS
    Norman

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