Ein Gitterrohr-Newton...mein erster Selbstbau

  • Hallo zusammen,


    es ist schon lange her, seit ich meinen letzten Beitrag hier geschrieben habe. Jetzt, wo ich wieder mehr Zeit für Freizeit und Hobby habe, das Wetter nicht wirklich mitspielt, habe ich mich entschlossen, einen kleinen Bericht über mein erstes Selbstbau-Projekt zu verfassen.


    Alles begann vor ca. 3 Jahren, als ich den Wunsch nach mehr Öffnung entwickelt hatte, um zu besseren und detailreicheren Ergebnissen in der Planeten Fotografie zu gelangen. Irgendwie hat sich der Wunsch nach 14" Öffnung in mir manifestiert. Also musste ein 14" Teleskop her, welches sich jedoch in der Gewichtsklasse meiner Montierung, einer EQ6, bewegte. Irgendwie drehte ich mich im Kreis und konnte keine glückliche und erschwingliche Lösung für mich finden. Zu der Zeit hat ein Freund von mir gerade ein Spiegel-Schleif-Projekt begonnen und das war der Moment, wo ich das erste Mal mit dem Thema konfrontiert wurde. Hier entstand die Idee ein Teleskop nach eigenen Vorstellungen selbst zu bauen.
    Also begann ich, mich mit dem Thema zu befassen und kaufte mir ein Buch. Dann folgte die Suche nach mehr Infos im Internet usw.


    Zunächst war ich sehr eingeschüchtert. Denn ich habe bis dahin noch nie etwas mit Optik-Bau bzw. Feinmechanik etc. zu tun gehabt.
    [:I]


    ...also entstand folgender Verwegener Plan[:)] ...


    Meine Vorüberlegung war einen Prototypen zu Schleifen, Polieren, Vermessen und Konstruieren, um an Hand dessen zu lernen und erfahren, ob ich mit meiner geringen Vorerfahrung grundsätzlich in der Lage bin, einen 14" Gitterrohr-Newton selbst herzustellen. Ich entschied mich für einen 8" Rohling, den ich mit einem Öffnungsverhältnis von f10 schleifen wollte. Der Gedanke war, trotzdem einen hinreichend guten Spiegel zu erhalten, selbst wenn ich beim parabolisieren gescheitert wäre und er sphärisch geblieben wäre.


    Also startete ich dieses Projekt, um anschließend zu entscheiden, ein 14" Teleskop selbst herzustellen oder nicht.



    so ging Alles los, ein gebraucht gekaufter alter Holztisch mit Drehteller aus Holz und eine vom Steinmetz auf die richtige Größe gebrachter Granitstein aus dem Baumarkt


    dann begann der Grobschliff



    von der Idee des Drehtellers habe ich mich relativ schnell wieder verabschiedet, er war innerhalb kürzester Zeit verzogen, ich arbeitete ab dann einfach ohne und drehte und bewegte das Tool, bzw. den Spiegel einfach so


    mit einem selbstgebauten Balkensphärometer kontrollierte ich die Pfeiltiefe und arbeitete beim Grobschliff MOT und TOT im Wechsel


    hier der gereinigte Arbeitsplatz nach dem Grobschliff



    langsam wurde es Zeit einen Foucault-Tester zu bauen



    Mein Sphärometer habe ich einfach direkt hier verbaut


    hier meine ersten Pechhaut Versuche


    und dann ging es an die Politur




    bis ich an diesem Punkt angelangt war, verging ca. ein Jahr mit teilweise sehr intensiven Phasen, gefolgt von einigen Wochen Stillstand. Insgesant musste ich 2 Mal zurück zur Sphäre polieren, da ich jedesmal hoffnungslos überkorriegiert habe. Die anschließenden Versuche gegenzusteuern dauerten immer frustrane 2 bis 4 Stunden. Doch mit dem Ergebnis des dritten Anlaufs war ich dann sehr zufrieden.


    Nun folgte der Beginn der Konstruktion des Gitter-Rohr-Tubus.
    Ich fing mit der Konstruktion der Spiegelzelle an, da ich mir diesen Teil am kompliziertesten vorgestellt habe.


    hier die fast fertige 18 Punkt Spiegelzelle


    als ich mich jetzt an den Tubus machte, begann ich zu ahnen auf was ich mich da eingelassen habe...8" f10... 2000mm Brennweite



    [B)][:)]




    und schließlich der komplette Tubus das erste Mal auf der EQ6 montiert


    dann kam der belegte Spiegel und der große Tag des Einbaus



    Abschließend nach knapp 2 Jahren bin ich sehr glücklich. Es gab immer wieder Situationen, in denen ich mich fast entmutigen lassen habe. Das Gefühl ist wirklich unbeschreiblich, nach so lange Zeit sein fertiges Werk bestaunen zu können. Ob ich mich allerdings an mein eigentliches Projekt heran wage, den 14" Gitter-Rohr Newton zu bauen, weiß ich momentan noch nicht.


    Hier noch zwei Bilder von den ersten Einsätzen





    Ich hoffe mein kleiner Bericht hat Euch gefallen.


    Gruß,


    Thomas

  • Hallo Thomas,


    Danke für den Bericht. Habe ich gerne gelesen und mir wieder etwas Motivation für den ersten eigenen Selbstschliff heraus gezogen.


    Sieht doch sehr gut aus. Viel Spaß beim durchschauen :)


    Wolf

  • Schönes Projekt Thomas!
    Gleicht das leichte Gewicht des Truss bei Dir eigentlich den Hebel der 2m Konstruktion aus, so dass die EQ6 noch normal laufen kann?
    Gut, dass Du während der Jahre nicht das Handtuch geschmissen hast. Persönlich habe ich größten Respekt vor solchen Projekten, gerade auch aus zeitlichen Gründen. Bin gespannt ob nun bei Dir der 14" noch folgen wird.


    Für den 8" wünsche ich ordentlich viel CS und Spaß.


    Beste Grüße,
    Sven

  • Toll. Ganz toll. Ganz ganz toll. Sogar im Wohnzimmer, nix Werkraum mit Pipapo.
    Ich lese solche DIY-Berichte unheimlich gerne.
    Herzlichen Glückwunsch zur Fertigstellung Deines Megaprojekts!

  • Hallo Wolf, Sven und Silver,


    ganz herzlichen Dank für Eure netten Kommentare! Für mich war es in der Tat ein Mega Projekt. Nun wünsche ich mir Zeit und klaren Himmel, um es auch mehr nutzen zu können.


    In der Tat ist die Hebelwirkung extrem klein. Das gesamte Instrument wiegt übrigens 6,2 kg inkl. Spiegel. Wind anfällig ist es auf Grund der Gitter Konstruktion auch nur erstaunlich gering.


    Allerdings sind die Stangen für die Länge des Instruments etwas unterdimensioniert. In Folge dessen, biegt es sich je nach Lage etwas durch und muss je nach Himmels-Position kollimiert werden.


    Gruß,


    Thomas

  • Hallo Thomas,
    herzlichen Glückwunsch zu deinem Selbstbau!
    Ich baue gerade einen 16" und stecke mittendrin in den komplizierten Sachen! Allerdings werde ich die Spiegel kaufen!
    Trotzdem weiß ich jetzt jede Selbstbauarbeit ganz anders zu schätzen!
    Gruß
    Udo

  • Hallo Thomas,


    Auch von mir Herzlichen Glückwunsch zum Selbstbau!
    Du hast es geschafft, mit sehr viel Eigenleistung ein funktionierendes Teleskop fertig zu stellen, einschließlich selbst hergestelltem Hauptspiegel. Nicht viele Menschen bringen die Zielstrebigkeit und den Durchhaltewillen dazu auf. Darauf kannst Du stolz sein! Und es ist ein echtes Unikat geworden, etwas das praktisch alle Mitleser sofort erkennen werden, falls Du mal auf einem Teleskoptreffen damit auftauchst (was ich hoffe).


    Bevor Du dich in das 14" Projekt stürzt (ich bin mir übrigens zu mindestens 80% sicher, dass Du das tun wirst[8D]), ist nun erst mal Teleskop benutzen und Erfahrung sammeln angesagt. Du wirst vermutlich beim zweiten Projekt aus Erfahrung einiges besser machen können als beim ersten. Mal ein paar Kommentare von mir dazu:


    Die Konstruktion der Spiegelzelle ist für 8" natürlich viel aufwändiger als nötig, aber für einen "Vierzehner" ist sie genau richtig.


    Der Fangspiegel erscheint mir etwas klein für einen 2" Okularauszug. Welchen Durchmesser hat er, und wie viel zu 100% ausgeleuchtete Feld gibt es?
    Die FS-Aufhängung erscheint mir etwas verbesserungsfähig. Ein Punkt ist, sie hat offenbar mehr Durchmesser als der Fangspiegel selbst. Da verschenkt man natürlich ausgeleuchtetes Feld bzw. die Obstruktion ist größer als nötig. Auch sollte die Masse des Fangspiegels möglichst nahe an der Spinne liegen, um elastische Verbiegung bei Positionswechsel gering zu halten.
    Zur Verbiegung des ganzen Teleskops trägt bei, dass Du einen 2" OAZ und offenbar auch schwere 2" Okulare verwendest. Aber auch das Gitterwerk selbst ist bei der Länge des Tubus nur schwer steif genug zu bekommen.


    Das soll jetzt kein schlechtreden deines Teleskops sein, sondern nur eine Nennung von Möglichkeiten, wo es noch was zu verbessern gäbe.
    Dass es optisch sehr ordentlich geworden ist, zeigt ja die kontrastreiche und scharfe Mondaufnahme.


    Gruß,
    Martin

  • Hallo Thomas


    Dein Bericht hat mir sehr gefallen .
    Ungewöhnliche Teleskope gefallen mir besonder gut .
    So ein langes Teleskop leicht und steif genug zu bauen ist nicht einfach . Die Konstruktion als Serrurier auszuführen ist sinnvoll .
    Wenn Du es für nötig oder sinnvoll ansiehst sehe ich noch Verbesserungspotential .


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Allerdings sind die Stangen für die Länge des Instruments etwas unterdimensioniert. In Folge dessen, biegt es sich je nach Lage etwas durch und muss je nach Himmels-Position kollimiert werden.


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Die Stangen selber sind sicher nicht unterdimensioniert , die Befestigung an den Ringen mit den Winkeln macht die Verbindung weich . Das kann man so lösen das die Zug/Druckkräfte mittig ohne Biegemoment durch die Stangen gehen .




    In einer Fachwerkkonstruktion sollte man gebogene Stangen (Ringe) vermeiden . Wenn Biegung auftritt wird es weich oder halt schwer .
    Ein Viereck wie bei einem Kranarm und man hat diese unötigen Probleme nicht .


    Die Kräfte der 3 Punkte der Spiegelzelle , die 3 Aussteifungarme und die 4 Punkte des 8 Stangen Truss greifen an unterschiedlichen Punkten des untersten Ringes an . Hier gibt es steifere Lösungen .


    Die Befestigung der unteren Drähte der Spinne erfolgt an nachgiebiger Stelle der Stangen .


    Wenn Du einen der genannten Punkte verändern willst können wir gerne im Detail darüber schreiben .
    Ich wünsche Dir viel Spaß mit diesem tollen Teleskop .


    Viele Grüße Rainer

  • Hallo Thomas,


    auch von mir allen Respekt für deine Hingabe an dieses Projekt. Danke für deinen sehr aufschlussreichen Bericht darüber. Bezüglich der Biegung der Stangen: Vielleicht könntest du ja noch 1-2 zusätzliche Ringe einbauen, um das Ganze zu versteifen. Nach dem was Rainer schreibt, liege ich da aber wohl eher falsch und im Gegensatz zu ihm habe ich keinerlei Selbstbau-Erfahrung bezüglich Teleskopen.


    Wie bereits erwähnt wurde, ist f/10 beim 8“ Newton halt auch ne riesige Hausnummer. Wie auch immer, nochmals Hut ab, besonders da es dein erstes Projekt ist. Die Erfahrungen, die du dabei gemacht hast, wären dir beim Bau eines 14-Zöllers sicher eine größere Hilfe als alles Andere #128513;


    cs
    Jörg

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