Hallo in die Runde,
wie neulich unter "Klassiker-Angebote im Netz" erwaehnt, bin ich nun Besitzer eines Bausch&Lomb Dynamax 8000 professional. Haben wollte ich schon immer so ein Teil, um es endlich zu erleben. Ueber die Jahre seines Daseins hat dieses Teleskop verschiedene Stadien durchlaufen, die sich auesserlich (hell/dunkelgrau, dann hell/dunkelblau "Klosettfarben", dann mattschwarz) und innerlich (Gurke, Vollgurke, Albtraum, bloss nicht, manche sind nicht so uebel, eigentlich ganz passabel, wirklich sehr gut) vollzogen. Generell haengt ueber diesem Teleskop der Mythos einer Gurke, die optisch und mechanisch den Lokalmatadoren Celestron und Meade nicht das Wasser reichen konnte.
Irgendwie stehe ich auf solche "Underdogs". Vor einiger Zeit fielen mir zwei Criterion 4000 in die Haende, eines davon die Astroversion in Gabel. Und die waren durchaus brauchbar, wenngleich der Kontrast ein wenig zu wuenschen uebrig liess. Dann wieder - was ist normal bei einer obstruierten 100mm-Optik, und wie verwoehnt ist man durch groessere Aperturen? Ich wollte es wissen, und habe immer wieder nach den Achtzoellern geschielt. Aber immer wieder zu teuer, nur Selbstabholer und so weiter. Bis ich kurz vor Sylvester die Anzeige eines Hollaendischen Sternfreundes hier auf dem Astrotreff sah. Kurzentschlossen schrieb ich "Liefern Sie auch nach England?" und ich erwartete keine Reaktion, da es ja auch viele Scammer gibt, die vortaeuschen, in England zu leben. Auch wenn ich das wirklich tue. [:D]
Und ich bekam eine sehr kooperative Antwort, und der versicherte Versand war gar nicht mal so teuer. Ich gab mir einen Ruck ... und beichtete es meiner Frau ein paar Tage spaeter. Sie war sehr verstandnisvoll ... vielleicht, weil sie sich jetzt auch was goennen darf.
Ich bekam auch die PN eines Astrotrefflers, der mich vorwarnte, nicht zu viel zu erwarten. Ohne Genaueres zu wissen, blieb es "Schroedinger's Gurke".
Okay, heute kam das Paket an. Erste Ueberraschung: Es ist die Serie "Professional, enhanced optical coatings". Laut Recherchen auf Cloudy Nights liess dies hoffen, denn diese Voegel gehoeren neben den der allerletzten Serie (gelabled "8001") zu den besten Geraeten.
Zuhause war erstmal Schrauben angesagt. Der Sucher, Standard 8x50(!), wirkt sehr massiv. Das ganze Instrument ist trotz "Gittermastgabel" deutlich schwerer als ein orangenes Celestron 8.
Ich hatte Glueck, denn draussen war es zwar windig, aber klar. Leider war meine einzige Plattform ein wackliger Gartentisch, auf dem ich das Geraet azimutal aufstellte. Polhoehenwiege und Stativ waren nicht dabei, da muss ich was basteln. Ich habe ja zwei EQ6-Stative ...
Auf dem Tisch angekommen, habe ich erstmal Mars mit dem 30mm-Okular (70x) angepeilt und die schlimmsten Befuerchtungen schienen sich zu bewahrheiten. Ausserhalb des Fokus ziemlich deformierte Abbilder. Aber man konnte am Fangspiegelschatten erkennen, das das Geraet seine Kollimation eingebuesst hat. Zum Glueck hatte ich zoellige Inbusschluessel parat. Wobei das Geraet die Tendenz hat, dass die Inbusschluessel stecken bleiben und sich schwer wieder herausziehen lassen und dass sich anstelle der Madenschraube gleich die ganze Fangspiegelzelle dreht - schon bei meinen Vierzoellern beobachtet!
Dann zeigte sich auch, dass das Geraet noch heftigst am auskuehlen war. Typische Warmluftseesignaturen im Pupillenabbild.
Die Klemmungen der Montierung lassen sich sachte anziehen, und dann habe ich einen Dobson. Plus Feintriebe, wie bei den kontemporaeren Gabeln von Celestron und Meade den sehr groben Feintrieb in Stunde und den sehr feinen endlichen Trieb im Gabelholm fuer Deklination.
Erstmal den Sucher justieren ... der macht ueber das ganze Bildfeld ein knackscharfes Bild. Die Stellschrauben wecken Erinnerungen an meinen einstigen 150/1300er Criterion RV6-Newten, den ich Anfang der 1990er Jahre mal hatte. Noch eine Beobachtung: Kein Shifting! Selbst spaeter, als ich mit ueberkandidelten 600x zur Sache ging, konnte ich kein Shifting feststellen. Der Fokusknopf ist sehr feinfuehlig, was wohl auch seiner Groesse zu verdanken ist. Deutlich griffiger als die Knopfe der orangen oder blauen Konkurrenz.
Der Tubus kuehlte langsam aus. Der Wackeltisch und der Wind waren weniger hilfreich. Dennoch, ich konnte die Optik eingermassen gut kollimieren. Und ich sah Castor locker getrennt, nur mit etwas Streulicht zwischen den Sternen. Derzeit kann das am Korrekturzustand der Optik, der suboptimalen Auskuehlung, Kollimations-Restfehlern oder dem Seeing gelegen haben. Wenn ich Stativ, Wiege und Nachfuehrung habe, weiss ich mehr.
Abgeschlossen habe ich dann mit dem Orion- und Crabnebel. Beide sehr aesthetisch, obwohl ich in Hausnaehe war und meine Nachbarin unbedingt eine paffen musste (ja, sie hat ein PIR-Flutlicht).
Was soll ich sagen? Ich bin extrem positiv ueberrascht von dem Teil, und ich werde es wohl regelmaessig benutzen. In seinem Pelicase-artigen Koffer laesst es sich gut transportieren, und das Instrument hat eine Chance, mein Begleiter fuer oeffentliche Beobachtungstouren zu werden.
Bilder wird es hier auch noch geben. Ich warte derzeit auf die Freischaltung.