Hallo Deep-Sky-Freunde,
das wird jetzt viel Text, sorry, aber ihr dürft das auch gerne überschlagen. Für mich persönlich ist diese Präsentation hier im Treff der letzte Akt, der die ganze Arbeit zu diesem Bild irgendwie abrundet und das ganze Gelaber ist sozusagen ein zusammenfassender Rückblick für dieses Foto.
Als erstes muss ich euch unbedingt die technischen Daten des „Teleskops“ zu diesem Bild nennen. Öffnung 67 mm! Brennweite 135 mm! Hört auf den Namen ´Samyang´oder ´Walimex Pro´. Ich muss mir das immer wieder vergegenwärtigen: 135 mm Brennweite, das ist ein gewöhnliches Portrait-Objektiv. Ja, damit kann man schöne Sternfeldaufnahmen machen, soweit mein bisheriges Verständnis. Aber, mit einem kleinen Chip, und wenn dieser noch mit sehr kleinen Sensor-Pixeln (ASI178 mit 2,4 µm)bestückt ist, und wenn das Tele dann auch wirklich die Schärfe rüber bringt, die theoretisch möglich wäre, ...ja dann geht fast alles damit.
Es gibt ein kleines Doppelsternchen im Bild das ganz sauber getrennt ist. 150% Darstellung.
Der Abstand beträgt 7“. Laut Rayleigh-Kriterium dürfen sich die Sternscheibchen aber ca. 1/3 bis 1/2 überschneiden. Das macht eine Auflösung von ca. 3,5“ bis 4,7“ Bogensekunden im Bild. Das theor. Auflösungsvermögen bei 67 mm Öffnung wären ca. 2,5“. Dann kommen noch Seeing und Wind, Nachführfehler und nicht zuletzt 11 Linsen mit 22 Oberflächen dazu, die eine Punktquelle sicher nicht noch punktförmiger machen. Will sagen: Das Objektiv in Verbindung mit sehr kleinen Pixeln ist die perfekte Fotomaschine für normales (mieses) Seeing. Ich hatte das ja schon mal geschrieben und auch schon Bilder gezeigt, aber (s.o.) ich muss mir das immer wieder vergegenwärtigen. (Nein, ich bekomme keine Boni von Samyang ;-))
Bei solchen Projekten wie dieses mit einer Gesamtbelichtung von 89 Std. sammelt man nicht nur Licht, sondern auch Erfahrungen, die im besten Fall zu einer Erkenntnis werden. Zwei will ich euch unbedingt mitteilen.
Das Tele hat Blende 2. Zur besseren Abbildung habe ich es auf 2,8 abgeblendet. Das Bild wird dunkler, ja, aber die erreichte Grenzgröße bleibt gleich! Bei Offenblende ist das Sternenlicht auf mehreren Pixeln verteilt, bei 2,8 würde ich schätzen fällt bis zu 70-80% des Lichtes auf nur einen Pixel, wenn der richtig steht. Also: Abblenden bringt nicht automatisch weniger Tiefe.
Und noch etwas anderes. Oft wird die Blende bei der Teleskop-Beurteilung heran gezogen. Ein f/4er ist natürlich heller als ein f/5er, oder? Sind genügend Photonen vorhanden, dann stimmt das sicher. Wir aber in der Astrofotografie sammeln ja die recht wenigen Photonen in der Nacht und dabei spielt die Öffnung eine viel wesentlichere Rolle als das Öffnungsverhältnis. Also, meine Erkenntnis (leider zu Ungunsten der Tele-Fotografie): Die f/2, die das Samyang mitbringt entsprechen nicht einem 20 cm f/2 Gerät, eher f/4 oder so.
Trotzdem ist das natürlich sehr lichtstark und ich wollte hier mal die Grenzen bei meinem Himmel ausloten.(SQM Wert bei 19,5 bis max. 20,3 vis. ~5,0-5,5 mag) M81/82 mit NGC3077 (und vielen Freunden im Hintergrund) ist bekannt für den galaktischen Zirrus im Vordergrund bzw. im Bild-Hintergrund. Übrigens gibt es weit helleren Zirrus an anderen Stellen, aber hier hat man halt so schöne Objekte versammelt. Bildbearbeitungstechnisch ist das eine Herausforderung, denn die Gx sind ordentlich hell und der Zirrus sehr schwach. Das wollte ich auch so darstellen, also sollten keine Bereiche in den Gx dunkler sein als die hellen Bereiche im Zirrus. Natürlich muss man überall Kompromisse machen, aber ich will damit sagen, dass mir die Art der Darstellung eines Astrofotos mittlerweile gleich viel wert ist, wie das Dargestellte selber.
Und dann ist noch etwas komisches passiert: Wenn ich die Farbe mit der Farbkamera aufnehme, dann sollte das doch recht einfach sein. Mir ist aber aufgefallen, dass die hellen Sterne alle irgendwie rötlich waren. Ein kurzer Blick auf die Farbindizes sagte mir, dass ein blauer Stern rot dargestellt wurde. Warum? In den dunkleren Bereichen war die Farbe o.k., es waren nur die hellen Sterne betroffen, die schon in der Einzelbelichtung überbelichtet waren. Mich hat das alles an die Anfänge der Digitalfotografie erinnert. War die Sonne im Bild, dann war der Himmel gerne mal rosa oder lila. Das Cyan bzw. Blau war schon gesättigt, während die roten Pixel (bei blauem Himmel) noch nicht gesättigt waren. In der RGB Verrechnung blieb also ein roter Überhang übrig. Heutige DSLRs haben da kein Problem mehr mit aber vllt. bei so einer ASI? Ich weiß es nicht. Möglich ist auch, dass der Rotkanal einfach unschärfer ist (sieht auch so aus im Bild). Und klar, wir modifizieren unsere DSLRs, damit sie rotempfindlicher werden. Aber, weiß jemand warum die überhaupt das Rot abschneiden? Das hat ja sicher einen Grund.
Das Problem habe ich aber ganz elegant in den Griff bekommen indem ich einige wenige Bilder unscharf fotografiert habe. Hier waren selbst die hellen Sterne nicht ausgebrannt und zeigten ihre wahre Farbe. Der Durchmesser war jetzt natürlich sehr groß, aber das machte ja nichts, denn die hellen Sterne sind ja auch im Bild recht aufgebläht. Ich habe die Farbe einfach über eine Maske ersetzt in der ich nur die ausgebrannten Stellen markiert hatte und die Umgebung ein paar Pixel breit mit einbezogen hatte.
Da es jetzt auch schon egal ist, wie lang das hier alles wird zeige ich euch auch noch die komplette Entwicklung.
Ein Rohbild, 32 s belichtet f/2,8 ASI178MM mit IR-Sperrfilter, Gain 310. 100% Darstellung als Ausschnitt.
60 dieser Rohbilder gestackt. Autostakkert. 150% Darstellung.
Dieses dann ordentlich (linear) gesteckt. Schon hier, nach 32 min. lassen sich erste Anzeichen des Zirrus´ erkennen.
Von diesen Bildern wiederum ca. 30 gestackt. Zentrum schon ersetzt.
...und gestreckt:
Von denen hatte ich am Ende 4 Stk. Dazu kam die Farbe und ein H-alpha Bild mit dem ich die roten Regionen in M82 betonen wollte. Im L war aber viel mehr zu sehen, weil eben viel länger belichtet. Schön auch, wer´s mag,(ich normalerweise eigentlich nicht) die roten ´Pickel´ in M81. Hier das reine Ha-Bild als 2 Ausschnitte, je 150% Darstellung
Und hier das fertige Bild, ausgearbeitet in 150%iger Darstellungsgröße.
http://www.astrofototeam-niede…fotografien/99955_7_g.jpg
Die Belichtungszeiten:
Farbe ASI178 MC: 23 std. bei z.T. 4 mag Himmel
H(a) ASI178MM: 9 std. fast immer bei Mondschein
L ASI178MM: 57 std.
89 std. sind eine Menge Holz, ich weiß. Es waren aber auch wirklich miese Nächte dabei. Aber, Kleinvieh macht auch Mist, und wenn ich bei Mondschein und Dunst 10 Std. zusammen bekommen habe, dann war das immerhin so viel wie 2 Std. bei guter Durchsicht und ohne Mond. (ungefähr)
Das alles lief natürlich ohne Guiding auf meiner alten EQ6. Eine Zeitschaltuhr beendete am morgen die Belichtung bzw. die Teleskopbewegung. Damit will ich sagen, im Grunde sind die Bilder „nebenbei“ entstanden, und wenn ich mich zurückerinnere, wenn ich am morgen die Daten gesichtet hatte, die letzten Bilder in den Ordnern angeschaut hatte, und ja, alles noch da und alles noch scharf. Das war ein cooler Moment, zu wissen, jepp und wieder 6 std. oben drauf.
Für alle, die es bis hier her ausgehalten haben: Danke fürs lesen und anschauen.
Und viele Grüße,
ralf