Unsere Okulartipps

  • Okulare oder die Qual der Wahl


    Okulare sind das wichtigste Zubehör in der visuellen Astronomie und wohl auch die Ausrüstung, für die das meiste Geld investiert wird. Dieser Bericht soll dir helfen, die richtigen Okulare für dich und dein Teleskop zu finden.



    Brennweite, AP


    Die wichtigste Kenngrösse bei einem Okular ist die Brennweite. Die Teleskopbrennweite / Okularbrennweite ergibt die Vergrösserung. Diese gibt an, um wieviel näher das Beobachtungsobjekt im Teleskop erscheint. Wenn der Mond einen Abstand von 380000 km hat und im Teleskop bei 100-facher Vergrösserung beobachtet wird, so scheint er dort nur 3800 km entfernt zu sein.


    Daraus ergibt sich (zusammen mit der Öffnungszahl) eine weitere wichtige Kenngrösse für die Okularauswahl, die Austrittspupille AP. Die AP ist ein Mass für die Bildhelligkeit und wird folgendermassen berechnet:
    AP = Teleskopdurchmesser / Vergrösserung oder auch AP = Okuklarbrennweite / Öffnungzahl
    Die AP sollte nicht grösser werden als der maximale Durchmesser der Pupille, da sonst nicht das gesamte Licht, welches das Teleskop liefert, auf der Netzhaut landet. Der Pupillendurchmesser ist individuell verschieden und wird mit dem Alter kleiner. Eine Studie der Uni Tübingen ermittelte für 20-Jährige einen maximalen Durchmesser von 4,5 bis 8,5 mm und für 70-Jährige einen Bereich von 2,5 bis 7 mm.
    Kleiner als 0,5 mm sollte die AP nicht werden, weil dann die Vergrösserung so hoch ist, dass alle Details, welche das Teleskop auflösen kann, problemlos zu erkennen sind. Dazu reicht bei den meisten Menschen auch schon eine AP von 0,7 mm. Wird noch mehr vergrössert, so spricht man von leerer Vergrösserung, weil keine neuen Details mehr sichtbar werden, dafür das Bild aber dunkler und 'matschiger'.
    Daraus ergibt in etwa ein sinnvoller AP-Bereich von 0,6 bis 6mm.


    Umgerechnet ist das Öffnungszahl * 0,6 bis Öffnungszahl * 6 mm Okularbrennweite.



    Brennweiten-Staffelung


    Nun gilt es, diesen Bereich mit 4-6 Brennweiten zu füllen. Die errechneten Brennweiten teilen den Bereich so auf, dass die prozentualen Brennweitensprünge mgl. konstant sind.
    Als Beispiel wird noch die Umsetzung dieser Werte auf die bekannten Hyperionokulare gezeigt, die es in 3.5, 5, 8, 10, 13, 17, 21, 24, 31 und 36 mm gibt. Es konnen natürlich auch Okulare unterschiedlicher Hersteller und Serien kombiniert werden, die dann aber wahrscheinlich nicht mehr parfokal (siehe Kapitel Sonstiges) sein werden.


    Beispiel für ein f/5-Teleskop und 6 Okulare, die jeweils (gerundete) kürzere Brennweite soll 2/3 der nächst Längeren betragen:
    30 mm Übersichtsokular als Startbrennweite
    20 mm
    13 mm
    9 mm
    6 mm
    4 mm
    Beispiel Hyperion: 31, 21, 13, 8, 5, 3.5 mm


    Beispiel für ein f/5-Teleskop und 5 Okulare, die jeweils (gerundete) kürzere Brennweite soll 0,57x der nächst Längeren betragen:
    30 mm Übersichtsokular als Startbrennweite
    17 mm
    10 mm
    6 mm
    3 mm (genau 3,36 mm, 4 mm passen auch gut)
    Beispiel Hyperion: 31, 17, 10, 5, 3.5 mm


    Beispiel für ein f/6-Teleskop und 5 Okulare, die jeweils (gerundete) kürzere Brennweite soll 0,57x der nächst Längeren betragen:
    35 mm Übersichtsokular als Startbrennweite
    20 mm
    12 mm
    7 mm
    4 mm
    Beispiel Hyperion: 36, 21, 13, 8, 5 mm


    Beispiel für ein f/5-Teleskop und 4 Okulare, die jeweils (gerundete) kürzere Brennweite soll 0,48x der nächst Längeren betragen:
    30 mm Übersichtsokular als Startbrennweite
    14 mm
    7 mm
    3 mm
    Beispiel Hyperion: 31, 13, 8, 3.5 mm


    Die vorgeschlagenen Brennweiten teilen den sinnvollen Bereich gleichmässig auf und sind eine grobe Richtlinie für die Brennweitenauswahl. Es gibt nun mal nicht jedes Wunschokular in genau dieser Brennweite.
    Generall können die Sprünge bei den langen Brennweiten noch etwas grösser ausfallen und bei den kurzen Brennweiten etwas enger. So kann man die Vergrösserung feiner an das jeweilige Seeing anpassen.


    Die Mathematik dahinter ist kein Hexenwerk:
    (Anzahl Okulare - 1). Wurzel aus (längste Brennweite / kürzeste Brennweite) ergibt den Divisor für die Umrechnung auf die nächst kleinere Brennweite bzw. den Multiplikator für die nächst grössere Brennweite.
    Beispiel: f/10 Mak mit 1.25" OAZ, 32mm Plössl als Übersichtsokular, 4 Okulare insgesamt
    Wegen dem 1.25"-OAZ wird als längste Brennweite nicht 60mm sondern 32mm genommen.
    (4-1). Wurzel aus (32/6)
    3. Wurzel aus 5,33 = 1,75


    32mm /1,75 18,28mm /1,75 10,45mm /1,75 5,97mm



    Scheinbares Gesichtsfeld, Feldblende, 1.25" und 2"


    Neben der Brennweite ist oft eine zweite Zahl auf dem Okular aufgedruckt. Wenn es sich dabei um eine Gradzahl handelt, ist dies das scheinbare Gesichtsfeld oder Eigengesichtsfeld des Okulars. Gängige Abkürzungen sind SGF, EGF oder englisch AFOV. Es gibt an, welchen scheinbaren Bildwinkel das Okular zeigt.
    Ab einem SGF von etwa 65° spricht man von einem Weitwinkelokular. Dies ist etwas mehr, als ein 35mm Kleinbildobjektiv auf der langen Bildseite zeigt. Bei Okularen mit einem SGF von 40° oder weniger spricht man von einem Tunnelblick.
    Je grösser das SGF, um so grösser die Himmelsfläche, die ein Okular bei gleicher Brennweite zeigt.
    Die Grösse des gezeigten Bildausschnitts wird durch die Feldblende (field stop), einem scharfkantigen Ring in der Steckhülse, begrenzt.


    Gesichtfelder.jpg
    Das Bild zeigt die Plejaden in einem Teleskop mit 1000mm Brenweite und verschiedenen Okularen.
    Das Okular oben links hat einen Feldblendendurchmesser von 40 mm und hat darum eine 2" (50,8 mm) Steckhülse. Alle anderen gezeigten Okulare haben eine Feldblende mit 27 mm Durchmesser, mehr echtes Gesichtfeld kann in einer 1.25" (31,7 mm) Steckhülse nicht erreicht werden.


    Da kurzbrennweitige Okulare nur einen kleinen Himmelsausschnitt zeigen, können diese auch mit einem grossen SGF in 1.25" untergebracht werden. Das ist der Grund warum 2"-Okulare immer recht langbrennweitig sind.
    Die häufig gestellte Frage, ob 2" besser als 1.25" sei, ist also Unsinn. Es geht nur darum, wieviel Platz ein bestimmter Okularaufbau benötigt.


    Das obige Bild zeigt zwar gut den Unterschied zwischen den Okularen, aber nicht den Bildeindruck, den die verschiedenen Eigengesichtsfelder vermitteln. Dazu ist die Darstellung auf einem Monitor zu klein. Es gibt aber eine einfache Simulation, die einen realistischen Eindruck vermittelt: Gesichtsfeld eines Okulares



    Augenabstand und Brille


    Der Augenabstand (Pupillenschnittweite, ER, eye relief) ist vor allem für Brillenträger ein wichtiges Kriterium. Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob überhaupt mit Brille beobachtet werden muss. Wer nur einen Dioptrienfehler hat, also eine reine Kurz-, Weit- oder Alterssichtigkeit, kann ohne Sehhilfe beobachten und den Sehfehler mit den Fokusräder kompensieren.
    Bei einer Hornhautkrümmung, die in Zylinder oder Cyl. angegeben wird, ist eine Korrektur mit dem Teleskop nicht möglich. Es kann aber sein, dass dieser Fehler bei der Beobachtung mit einer kleinen AP, also relativ hohen Vergrösserung, nicht mehr störend ist.
    Falls mit Brille beobachtet wird, so ist ein <font color="yellow">Augenabstand</font id="yellow"> von <font color="yellow">ca. 20 mm</font id="yellow"> optimal. Bei Okularen mit deutlich kleinerem Augenabstand kann nicht mehr das ganze Gesichtsfeld mit Brille auf einmal überblickt werden.
    Hier zeigt sich der Nachteil einfacher Standardokulare wie Huygens, Kellner, Plössl, (Abbe-)Orthos oder Erfle. Diese Okulare haben einen festen optischen Aufbau und die Grösse der Linsen ändert sich ebenso wie der Augenabstand proportional zur Brennweite. Haben Brennweiten um die 25 mm noch einen für Brillenträger ausreichenden Augenabstand, so ist dieser nur noch 1/5 dessen bei 5 mm Brennweite. Da muss man dann auch ohne Brille unangenehm nah mit dem Auge ans Okular.
    Viele moderne Okulare sind hingegen so konstruiert, dass die gesamte Serie bei allen Brennweiten einen ähnlichen Augenabstand besitzt. Einige Okulare haben sogar eine in der Höhe einstellbare Augenmuschel.
    Wenn in der Gruppe beobachtet wird und die Benutzer am Teleskop ständig wechseln, kann es auch bei einem reinen Dioptrienfehler sinnvoll sein, die Brille aufzulassen. So wird verhindert, das ständig neu fokussiert werden muss.
    Bis auf wenige Ausnahmen sind Okulare ab etwa 80° SGF für Brillenträger schlecht nutzbar, da zum Erreichen des Bildfeldrandes das gesamte Auge über dem Okular bewegt werden muss.
    Je mehr SGF und Augenabstand ein Okular hat, um so grösser ist der Durchmesser der augenseitigen Linse. Ist diese höchstens so gross wie ein Centstück, so dürfte das Okular nicht brillentauglich sein.



    Sonstiges

    Okulare sind eine individuelle Sache. Besonders das Einblickverhalten wird recht unterschiedlich beurteilt, nicht jeder kommt mit jedem Okular gleich gut zurecht. Darum sind Empfehlungen von Okularen immer etwas problematisch.


    Nicht mehr zeitgemäss sind einfachste zweilinsige Okularekonstruktionen wie Huygens (H) oder Ramsden (R, SR).
    Die Untergrenze sollten heute dreilinsige Okulare wie Kellner (K, KE) oder reversed Kellner (RK, RKE) sein. Diese funktionieren an langsamen Teleskopen mit grosser Öffnungszahl gut.
    Die vierlinsigen Plössl (P, Pl, SP) kommen auch mit etwas schnelleren Teleskopen, also kleineren Öffnungszahlen, als Kellner zurecht und haben etwas mehr Gesichtsfeld.
    Der Einstieg in die Klasse der Weitwinkelokulare beginnt mit dem Typ Erfle, der in 2" für unter 100 Euro zu bekommen ist.
    Für Teleskope mit Öffnungszahlen unter 5 sollten moderne Okularkonstruktionen verwendet werden, die für solch schnelle Optiken geeignet sind. Auch wenn viel SGF und Augenabstand gefordert sind, besonders bei kurzen Brennweiten, haben die alten Standardokulartypen ausgedient.



    Zoomokulare mit ihrer stufenlos verstellbaren Brennweite scheinen im Vergleich zu Festbrennweiten sehr vorteilhaft zu sein. Die meisten Zoomokulare im Astrobereich haben einen drefachen Brennweitenbereich (typisch 8-24 mm). Damit deckt so ein Okular etwa den halben Brennweitenbereich eines Teleskops ab und ersetzt 3 Festbrennweiten bei einer 1,7-Staffelung, bestehend aus 5 Okularen für den gesamten Brennweitenbereich. Diese Flexibilität hat Vor- und Nachteile, verglichen am Beispiel der bekannten Baader Hyperions:
    + kleiner und leichter als 3 Festbennweiten (wichtig bei Flugreisen)
    + nicht so teuer wie 3 Festbbrennweiten
    + Zoomen ist schneller als Okularwechsel
    - kleineres Gesichtsfeld, besonders bei den langen Brennweiten
    - Bildquallität, besonders die Helligkeit, ist geringer


    Wenn bei einer Okularserie angeben wird, dass diese <b>parfokal</b> oder <b>homofokal</b> ist, so muss beim Okularwechsel nur wenig oder gar nicht nachfokussiert werden. Bei Zoomokularen bezieht sich diese Angabe auf das Verstellen der Brennweite.


    Oft befinden sich auf dem Okular noch Hinweise zur Vergütung:
    FC oder fully coated: jede Glas/Luftfläche ist antireflexbeschichtet
    MC oder multi coated: mindestens eine Glas/Luftfläche ist mehrlagig antireflexbeschichtet
    FMC oder fully multi coated: jede Glas/Luftfläche ist mehrlagig antireflexbeschichtet
    Unbeschichtetes Glas reflektiert etwa 4,25% des Lichts bei senkrechtem Einfall. (29% Verlust bei 8 Oberflächen)
    Glas mit einer einfachen MgF²-Antireflexschicht reflektiert etwa 1,5% des Lichts bei senkrechtem Einfall. Diese Vergütung schimmert schwach blau. (11% Verlust bei 8 Oberflächen)
    Glas mit einer modernen Mehrschichtvergütung reflektiert etwa 0.35% des Lichts bei senkrechtem Einfall. Diese Vergütung schimmert oft grün oder braun, kann aber auch andere Farben haben. (3% Verlust bei 8 Oberflächen)



    Dobsonbesitzer sollten Okulare mit einem grossen, gut überschaubaren Gesichtsfeld verwenden. So bleibt das Beobachtungsobjekt mgl. lange sichtbar, ohne dass nachgeführt werden muss.
    Achtet darauf, dass die Okulare mgl. wenig Gewichtsdifferenz haben. Dann bleibt das Teleskop auch in Horizontnähe beim Okularwechsel im Gleichgewicht.


    Als Übersichtsokular wenn nur ein 1.25" OAZ vorhanden ist, empfehle ich ab einer Öffnungszahl von 5 ein 32 mm (Super)Plössl, auch bei langsamen Teleskopen wie einem Maksutov. Zwar hat ein 40 mm Plössl das hellere Bild (25% grössere AP als beim 32 mm), aber durch die höhere Vergrößerung ist die Detailerkennbarkeit beim 32 mm besser. Und der Tunnelblick beim 40'er ist schon ziemlich ausgeprägt.


    Auch wenn es viele Einsteiger reizt, die sinnvolle Maximalvergrösserung des Teleskops auszuprobieren, empfehle ich, dieses Okular als Letztes anzuschaffen, zumindest bei Teleskopen mit mehr als 5" Öffnung. Vergrößerungen über 200-fach sind bedingt durch das Seeing (Luftunruhe) oft nicht sinnvoll anwendbar. Je höher die Vergrößerung, um so seltener wird man diese nutzen können.

  • matss

    Hat das Thema geschlossen.
  • Für alle, die sich fragen, wie man Okulare reinigt, verweise ich auf folgenden Artikel.

    Zeiss: Das saubere Mikroskop


    Kleiner Hinweis am Rande:

    Die Spiegel in Spiegelteleskopen können ganz unterschiedliche Maßnahmen erforderlich machen bzw. bestimmte dürfen nicht angewendet werden. Das steht und fällt mit der Art der Verspiegelung, ob mit Schutzschicht oder ohne Schutzschicht. Wer sich da nicht sicher ist, probiert es an einer kleinen Ecke, die von den Halteklammern abgedeckt werden.

    Allgemein gilt: Weniger ist mehr, auf der Spiegeloberfläche wird nicht gewischt.


    Und noch ein Hinweis:

    Normale Kompressorluft aus der Werkstatt ist zum Abblasen von Optiken nicht geeignet, da sie Ölrückstände aus der Pumpenschmierung enthält.

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