Hallo Freunde der klaren Nächte,
ja, seit hundert Jahren hat es im April nicht mehr so viel geregnet wie in dieses Jahr.
Deshalb gab es nur fünf klare Nächte bei unserem Besuch auf Hotties Astrofarm. Die anderen acht Nächte waren bewölkt, davon fünf Tage und Nächte mit viel Regen.
Wir waren diesmal zu fünft: Stefan mit seiner Regine und Walter als Neulinge, Patrice zum 8. Mal und ich schon zum 13. oder 14. Mal. [?]
Ich komme schon langsam nicht mehr nach mit dem Zählen!
Nach ruhigem Flug mit LH572, wo Regine und Stefan sich eine ganze Mittelreihe teilten und so gut schlafen konnten, kamen wir frühmorgens in Johannesburg an.
Hottie holte uns wie immer mit seinem Bulli ab und brachte uns sicher zur 400km entfernten Farm.
Nach dem obligatorischen Grillabend bauten wir unsere Dobsons auf und konnten gleich die Sahnestückchen des Südhimmels genießen.
Als erfahrener Südhimmelspechtler konnte ich den Neulingen gleich zum Anfang erst ein Staunen und dann ein Grinsen ins Gesicht zaubern. [8D]
Damit: der Orionnebel und der Pferdekopfnebel, dann Eta Carinae und Tarantelnebel, gefolgt von Omega Centauri und 47 Tuc.
Dann M83 und Centaurus A und gleich darauf M104 mit dem nahe stehenden Stargate.
Es folgten noch viele andere Objekte, die in kunterbunter Reihenfolge abgegrast wurden.
Das waren der Spiral Planetary NGC 5189, Jupiters Ghost NGC3342, NGC3132, der Eight Burst Nebula, Thors Helm NGC2359, Sirius A und B,
NGC2451 am Rand von M46 und das Leo Triplet und viele der Galaxien im Virgohaufen. Auch NGC3521 (Objekt des Monats April) wurde schnell gefunden
und bei hoher Vergrößerung konnte man viele Strukturen erkennen. Besonders aufgefallen war mir eine dunkle Kante nahe beim Kern und Andeutungen von Spiralarmen.
Es gab aber auch schöne Sternhaufen zu sehen, wie etwa das Schmuckkästchen oder NGC3532 mit seiner auffälligen Teilung in Pfeilform.
Mit Aufgang des Mondes ging erste Abend zu Ende und alle, müde von der Reise und den vielen neuen Eindrücken, fielen noch vor Mitternacht ins Bett.
Die Beobachtungen in der zweiten Nacht waren auch nicht schlecht, wurde aber mehrmals von durchziehenden Wolken unterbrochen.
Für die nächsten Tage drohte der Wetterbericht mit dicken Wolken, Gewittern und sogar mit Regen.
Leider sagten auch alle anderen Wetterberichte nichts Besseres voraus und wir wendeten nun Plan B an.
Eine Reise nach Namibia! Das hört sich nicht ungewöhnlich an, heißt aber im Einzelnen viele, viele Kilometer zu fahren.
Zuerst 540km nach Augrabis zu den Oranje-Wasserfällen, dann mehr als 500km auf Sandpisten nach Ai Ais in Namibia, dann 90 km zum Fishriver Canyon
und wieder zurück nach Augrabis und weiter zur Farm. Mit drei Übernachtungen sollte das gut zu schaffen sein und das Wetter auch sollte wieder astrotauglich sein.
Es kam aber etwas anders als gewünscht! Hotties VW-Bulli machte Zicken: gleichzeitig einen Plattfuß und ein Warnton wegen zu wenig Kühlwasser.
Das alles 60 km vor Ai Ais und mindestens 60km von jeder anderen menschlichen Behausung entfernt.
Mit einer Ausnahme: eine Farm etwa einen Kilometer weiter, zu der wir mit ausgeschaltetem Motor gerade noch hinrollen konnten.
Dort stellten wir fest, dass die Wasserpumpe den Geist aufgegeben hatte. Das nachgefüllte Kühlwasser kam unter dem Bulli gleich wieder heraus geflossen.
Der nette namibische Farmer lieh Hottie seinen zweisitzigen Pickup und so kamen wir, einer bei Hottie vorne und vier hinten auf der Ladefläche doch noch in Ai Ais an.
Das ist ein staatliches Resort mit absoluter Alleinlage und mindestens 100km von Ortschaften entfernt.
Eine heiße Quelle mit Heilwasser, das in einem großen Schwimmbecken auf Badewannentemperatur herunter gekühlt wird, lädt zu angenehmen Aufenthalt ein.
Man hält es locker eine halbe Stunde oder noch länger aus! Angeblich hat man danach keine Gliederschmerzen mehr!
Hottie fuhr den Pickup zurück, übernachtete bei dem netten Farmer und ließ am nächsten Tag von einem Notdienst die per Nachtexpress gelieferte Wasserpumpe einbauen.
So kam Hottie am Nachmittag mit repariertem VW-Bulli in Ai Ais an. Da der Tag noch lang war, fuhren wir zum Fishriver Canyon und konnten dieses Naturwunder sehr gut bewundern.
Ein Abendessen im legendärem Conyon Roadhouse beendete den aufregenden Tag.
Noch eine Übernachtung in Ai Ais und wir machten uns auf den Heimweg.
Die nächste Übernachtung war wieder in Augrabis, wo wir am nächsten Morgen feststellen mussten, dass die neue Wasserpumpe nicht viel besser war als die alte!
Es piepste, Wasser wurde nachgefüllt und nach hundert kilometern piepste es wieder, Wasser wurde nachgefüllt und nach weiteren 100 km piepste es wieder, Wasser wurde nachgefüllt.
Die nächstgrößere Stadt mit VW-Werkstatt war Upington. Dort wurde etwas an der Pumpe herumgeschraubt und so schafften wir den Rest der Strecke bis zur Farm.
Das Wetter war leider immer noch nicht gut für uns Astronomen und so planten wir noch einmal um.
Regine, Stefan und Patrice wollten noch eine Pilanesberg-Safari machen und das hat sich auch gelohnt!
Unglaublich viele Tiere und sogar ein Leopard konnten gesichtet werden, während die Zurückgebliebenen sich auf der Farm im Regen die Zeit mit Astroliteratur vertreiben mussten.
Der Wettergott hatte nun ein Einsehen und der Farmer genug Wasser von oben, so dass er richtig happy war.
<b>Des Farmers Freud ist des Spechtlers Leid!</b>
Die letzten drei Nächte waren dann so schön, dass wir auch richtig gut beobachten konnten. Seeing sehr gut, Durchsicht sehr gut, kein Wind aber leider etwas feucht,
was nach dem vielen Regen kein Wunder ist!
Der Mond war weg und so konnten wir die gesamte Nacht auch nützen. Manche mehr, manche weniger...
Nach Mitternacht standen nun Skorpion und Schütze fast im Zenith, so dass man optimale Bedingungen für das Beobachten in der Mitte unserer Galaxis hatte.
Wir zappten uns durch dutzende von Kugelhaufen, schwelgten in Mitte der Milchstraße in Myriaden von Sternen, Sternhaufen, Dunkelnebeln und planetarischen Nebeln.
Natürlich wurde auch der "Eiffelturm" wiedergefunden, der in der Sternwolke M24 zu sehen ist. Ein Asterismus, den ich im letzten Oktober zufällig gefunden hatte.
Die Planeten Jupiter und Saturn waren jetzt die Favoriten und bei gutem seeing konnte man unglaublich viele Detais erkennen.
Mars stand auch sehr hoch, war aber mit unter 10" Durchmesser noch viel zu klein, um Details gut zu erkennen.
Die letzen Nächte waren dann so schön, dass die Aufregungen und Regentage schnell vergessen waren.
Und schon im Juli sind Patrice und ich mit anderen Spechtlern wieder bei Hottie. [8D]
Dann aber bitte mit klaren Nächten ohne Ende!
cs
Timm