Hartnäckiger Asti in Traditionsnewton

  • Hallo Freunde,


    ich habe seit geraumer Zeit ein Problem mit meinem altehrwürdigen 250x1500er Newton, den ich einst mobil betrieb, dann vor 10 - 7 Jahren in meiner Sternwarte stehen hatte, bis er durch einen größeren ersetzt wurde.


    Nun steht er, montiert auf einem rollenden Dreibein und einer ebenfalls aus der Sternwarte ausgewechselten Selbstbau-Montierung von Richard Bünder daheim in der Garage und sollte mir als Teleskop für "unter der Woche" dienen.


    Noch mobil getrieben, konnte ich mit Schülern meiner Astro-AG Christi-Himmelfahrt 2003 unter anderem Pluto (damals noch Planet!) beobachten. Pluto war deshalb leicht zu identifizieren, weil er mit seinen Mag 13,8 damals zwischen einem Mag 13 und 5 halbkreisförmig angeordneten Mag 15 Sternchen stand. Letztere waren bei Anwendung der Methode "absurd hohe Vergrößerung" ausnahmslos alle zu erblinzeln gewesen, so dass der "recht helle Stern", der in der Gegend zu viel war, helligkeitsmäßig mehr dem Mag 13 Stern entsprach und relativ zu allen Umgebungssternchen auf der laut Kartenmaterial exakt vorbestimmten Position stand eindeutig Pluto war. Der Spiegel definierte also Mag 15 Sterne zwischen 300-400fach noch als kleine feine Sterne und streute sie noch nicht zu so breiten Beugungsflatschen, die man nicht mehr hätte wahrnehmen können. Am Ende der gleichen Nacht in der Dämmerung zeigte der Spiegel uns noch einen verblüffend kontrastreichen Mars (es war das Jahr, als gut drei Monate später im August die "Jahrsechzigtausendmarsopposition" war).


    Ich stelle das voran um zu illustrieren, dass es sich also um einen Newton handelt, dem am Planeten einiges zuzutrauen war und das schreibe ich als jemand, der Planeten zu 95%, nee, eher 98% lieber mit Refraktoren beobachtet. Die Hauptoptik stammt noch aus dem Hause Opticon (damals noch ansässig in Groningen /NL), als dies Unternehmen noch für den Amateur- oder Volkssternwartenbereich fertigte bis ostasiatischen Fertigungen es preislich für sie unwirtschaftlich machte. Gemäß damaliger Fertigungsweise, hat der Spiegel bei 25 cm Durchmesser eine Dicke zwischen fast 5 cm und erhielt keine X-Punkte-Lagerung (der Glasklotz hat an den Seiten und der Rückseite die Form des gegossenen Rohlings behalten und wurde nirgends matt abgeschliffen.) Ich durfte das Teleskop Anfang der 2000er Ben Dambacher aus Venlo abkaufen.


    Jetzt zur aktuellen Leidensgeschichte:
    Wann immer ich mit dem einst tollen Instrument nach seiner Verbannung aus der Sternwarte daheim unter der Woche beobachten wollte, zeigte es mir einen, für mich bisher unausrottbaren Astigmatismus, der mir früher unbekannt war. Beobachtungen zwischen 150-200fach sind schon kein Genuss mehr. Meine bisherigen Maßnahmen dagegen waren:
    - Entspannung der Halteklammern des Hauptspiegels
    - Da der Asti auffällig infra- bzw- extrafokal entweder senkrecht bzw. parallel zur den Achsen des Fangspiegels auftrat, habe ich auch diesen im Verdacht gehabt und entspannt: Der "historischen" Bauweise gemäß ist dieser noch in einer Kapsel angebracht mit drei Halteklammern, gegen die er von innen mit einer Art Tamponage sanft gedrückt wird. Die habe ich zuerst verringert, um den Druck zu senken und schließlich ganz entfernt und den Fangspiegel von hinten in der Kapsel mit Silikon verklebt, welches man ggf. zum Reinigen des Spiegels wieder herausknibbeln kann. Die altmodische Bauweise wollte ich aber beibehalten.


    Was will ich weiter tun:
    -Als nächstes denke ich, dass ich den Hauptspiegel mal um 45° verdrehen werde, um zu sehen, ob die Asti-Erscheinungen sich mit drehen. Wäre das nicht der Fall, so würde ich annehmen, dass der Fangspiegel eindeutig der Schuldige ist und ausgewechselt gehört.


    Nun bitte ich um eure Meinung zu folgendem Problem:
    Damals bei den oben geschilderten mobilen Beobachtungen war der Spiegel viele Stunden ausgekühlt. In den Jahren auf der Sternwarte war er immer auf die aktuelle Außentemperatur vorgekühlt gewesen (allenfalls + 2°C). Nun habe ich den Tubus leider in einer Blechgarage und die Glasmasse benötigt selbstverständlich ihre Zeit, um vollständig abzukühlen, bis das Volltubus-Teleskop scharfe Bilder zeigt. Einen saugenden Lüfter habe ich mittlerweile auch schon in die geschlossene Rückwand eingebaut.
    Können denn Temperaturunterschiede eures Wissens nach auch für Astigmatismus verantwortlich gemacht werden. Dann müsste ich mich zumindest für den optischen Tubus um eine kühlere Lagerstätte umsehen.


    Ich weiß im Moment langsam keinen Rat mehr und wäre für eure Vorschläge äußerst dankbar. Wie gerne würde ich die mittlerweile von hinten teils schon durchsichtig gewordene Verspiegelung erneuern lassen. Doch wäre ich vorher gern sicher, das hartnäckige Asti-Problem in den Griff zu kriegen.


    Für eure sachdienlichen Hinweise schon mal vorab schönen Dank und


    CS.


    Hubertus

  • Hallo Hubertus,


    Du hast ja selbst schon überlegt den HS mal um 45 Grad zu drehen. Das half mir damals nach dem (Gebraucht)Kauf meiner 12" Lightbridge auch zu erkennen, dass der HS selbst den Asti hatte und nicht der von mir zu Unrecht verdächtigte FS ...


    Was das Auskühlen betrifft kann ich nur vermuten ... Wenn der Tubus senkrecht gelagert würde (vermutlich nicht), dann dürfte der Glasklotz wohl gleichmäßig temperiert sein - also von der verspiegelten Fläche zur Rückseite. Wird der Tubus liegend gelagert könnte ich mir schon vorstellen, dass er bei nicht kompletter Anpassung an die Umgebungstemperatur einen Asti "vortäuscht". Ist aber NUR EINE VERMUTUNG!!


    Gruß und klaren Himmel
    Heiko

  • Hallo Hubertus,


    jaaa, Pluto visuell zu erwischen finde ich auch immer wieder spannend, auch nach der Degradierung in die zweite Planetenliga.


    Zum Astigmatismus: Es könnte sich um verspanntes Glas halten. Durch eventuell unsymmetrisch verteilte interne Spannungen, könnte sich das Substrat bei der Temperaturanpassung unsymmetrisch ausdehnen und schrumpfen und somit zu temporärem Asti sorgen.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">der Glasklotz hat an den Seiten und der Rückseite die Form des gegossenen Rohlings behalten und wurde nirgends matt abgeschliffen<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote"> Hat er genau 250 mm Durchmesser?
    Die Schott Duran 50 Rohlinge aus der alten Zeit hatten 255 mm Durchmesser und ich glaube ca. 45 mm Dicke.
    Hier mein 10" Duranier bei der Herstellung:
    http://www.stathis-firstlight.…r/archimedes_polieren.jpg
    Weitere Bilder hier:
    http://www.stathis-firstlight.de/atm/reise_archimedes.htm


    Die alten Duran Rohlinge zeigen leichte Spannungen im Polfiltertest. Probleme bei der Herstellung und Benutzung sind mir jedoch nicht bekannt.


    Ein Polfiltertest geht jedoch mit aufgedampfter Spiegelschicht nur bedingt. Ich hatte das mal hier beschrieben: http://www.astrotreff.de/topic…RCHIVE=true&TOPIC_ID=5631


    Um der Sache auf dem Grund zu gehen, müsstest du beobachten, ob der Asti sich während der Nacht verändert. Das Spiegel drehen ist auch eine gute Methode, um den Hauptspiegel als Schuldigen zu identifizieren.


    Noch sichererer wäre natürlich ein Labor Test, aber ich vermute dass du kein Interferometer zur Verfügung hast?


    Bin gespannt, was du heraus bekommst.

  • Hallo dem lieben Heiko und Statis,


    jetzt muss erst mal das Wetter es erlauben, den Newton längere Zeit im Freien auskühlen zu lassen, um den 45°-Drehtrick auszuprobieren.


    Ja Statis, genau so wie der von dir verlinkte Rohling, so sieht mein Spiegel an der Kante auch aus, hat aber 250mm Durchmesser, das mit den 45mm Dicke wie bei den Schotts könnte sogar ziemlich hinkommen. Das Glas ist etwas grünlich. Ich werde, wenn ich ihn in seiner Fassung drehe, noch mal genau messen.


    Danke für eure schnellen Rückmeldungen nochmal!


    CS,


    Hubertus

  • Hallo Hubertus,


    So eine Blechgarage wird natürlich tagsüber recht warm - und der Inhalt auch. Dadurch verlängert sich der Abkühlvorgang natürlich deutlich(st).
    Vielleicht besteht ja die Möglichkeit, bei Aussicht auf klaren Himmel das Rohr so früh wie möglich schattig draußen aufzustellen. Rollendes Dreibein ist eine gute Voraussetzung.


    Zur grünlichen Farbe: Bei Duran/Pyrex kenne ich nur Spiegel, die weiß oder leicht gelblich sind. Wird doch wohl kein Fenster - oder Spiegelglas sein..............


    Gruß & CS Franjo

  • Hallo Franjo, hallo Hubertus,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Zur grünlichen Farbe: Bei Duran/Pyrex kenne ich nur Spiegel, die weiß oder leicht gelblich sind. Wird doch wohl kein Fenster - oder Spiegelglas sein..............
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    hab schon Duran/Pyrex- Rohlinge (= Borsilikatglas) gesehen die eher grünlich aussahen. Die Dichte dieser Gläser liegt bei 2,25 g/cm³, die von Fensterglas bei 2,5 g/cm³. Man kann also über die Dichtebestimmung zuverlässig herausbekommen ob Fensterglas oder nicht.


    Das mit dem Auskühlen ist so eine Sache, insbesondere wenn die Optik in eine üblicherweise viel zu engen Röhre eingebaut und der HS nach heutigen (Amateur)- Maßstäben viel dick ist. Dagegen hilft nur eine thermische Isolierung des Tubus mit saugender Zwangsbelüftung.


    Gruß Kurt

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