Entscheidung SC oder RC bei 10 bis 11 Zoll?

  • Guten Abend,


    nachdem jahrelang mein Apo, d = 140 mm, mein Arbeitsgerät war, möchte ich etwas mehr Öffnung haben, um beim Photographieren von Deep-Sky-Objekten mehr Möglichkeiten zu haben. Ich denke an 10..11 Zoll, nicht mehr, denn ich möchte mobil bleiben und mehr als 15, 16, 17 kg auf die Montierung zu heben geht mir zu sehr aufs Kreuz. Nun stehe ich vor der Wahl, welche Teleskop-Bauart mir besser taugen würde: ein flat-field-korrigiertes SC-System wie das Celestron Edge oder eher ein RC-System. Die RCs von GSO, TS und andere haben d/f = 1/8, ein Celestron Edge mit Reducer hat 1/7, da ist kein grundlegender Unterschied. Von meinem Apo her bin ich f/7 gewohnt und Belichtungszeiten von 3 Stunden aufwärts folglich auch (kürzer wäre freilich schöner). Es gibt natürlich noch Newtons in verschiedenen Bauformen. Aber ein f/4-Gerät suche ich im Moment nicht, denn für Galaxien, PN und Kugelsternhaufen (von M31 und M33 mal abgesehen) möchte ich 1,5..2 m Brennweite schon haben.


    Meine eigentliche Frage ist nun: Wie sieht es mit der Abbildungsqualität aus? Celestron wirbt mit punktfeiner Sternabbildung bis in die Bildfeldecken bei Vollformat. Bei Astrobin findet man Beispiele, denen nach man das glauben kann. Bei RCs bin ich auf derart fein gezeichnete Bilder weniger gestoßen (von hochpreisigen Optiken wie denen von Officina Stellare u.a. abgesehen). Das mag aber daran liegen, dass die C-11-er häufiger im Einsatz sind.


    Mir ist klar, dass bei minutenlanger Belichtung ein gutes Seeing für kleine Sterndurchmesser wichtiger ist als die PSF des Teleskops an sich. Aber visuell macht es einfach mehr Spaß, wenn die Sterne feine Punkte sind. Und eine fein abbildende Optik in einer exzellenten Nacht einsetzen zu können ist halt auch ein schönes Gefühl.


    Auch andere Gesichtspunkte sind zu berücksichtigen: Das thermische Verhalten, Auskühlzeiten, Justierstabilität und Kollimationsbedarf, Nachrüsten eines OAZs beim Celestron, und wahrscheinlich noch viel mehr, was mir jetzt nicht einfällt.


    Wer könnte mir bei der Entscheidung bitte etwas helfen?


    Gruß von Heinrich

    TEC Apo 140/980 mm, GSO 10" RC, Takahashi Epsilon 160ED, QHYCCD268M, QHYCCD178M, Canon EOS 70D, Losmandy G11

  • Ich hatte ein Celestron 9.25 und jetzt habe ich ein GSO RC 250/2000mm. Beide Geraete machen gute Bilder, wenn das Seeing stimmt und sie gut ausgekuehlt sind. Bei der Auskuehlung hat der RC den Vorteil des offenen Tubus, waehrend die Luftschlieren beim SCT noch laenger herumwabern koennen. Auf der anderen Seite macht das SCT keine Spikes.


    Bei gutem Seeing nutze ich mein RC mit voller Brennweite, wobei ich allerdings nur Halbformat (Canon EOS 40D) habe. Laut TS braucht man fuer Vollformat bereits einen Bildfeldebner.


    Ist das Seeing schlechter oder das Objekt groesser, nutze ich den 0.67x-Reduzierer von Astrophysics, wie er von TS fuer das RC empfohlen wird. Damit wird das RC zum f/5.4-Astrografen mit 1.34m Brennweite, und zumindest im Halbformat ist alles randscharf. Auch visuell ueberzeugt mich der RC trotz grosser Obstruktion, selbst am Planeten macht er ein gutes Bild, obwohl hier natuerlich andere Geraete mit kleinerer Obstruktion kontrastmaessig die Nase vorn haben sollten.


    Ich bin mit dem RC sehr zufrieden und es wird wohl noch lange in Dienst bleiben. Einziger "Feind" ist ein groesserer RC, so ein 12" oder 14" waere nicht schlecht. Aber das ist dann nichts mehr fuer die EQ6 und auch nicht mehr wirklich transportabel. Fuer die EQ6 ist das 10" RC mit einem Zenitstar66 als Leitrohr die Obergrenze. Ich habe im transportablen Einsatz mit schwerem Holzstativ schon Naechte gehabt, wo es aufgrund des Windes trotz Autoguiders zu eirigen Abbildern hellerer Sterne kam und diese Kombination versagte.


    Die einzigen Wermutstropfen beim RC sind das "computeroptimierte Blendensystem", das noch Himmelslicht in die Fokalebene laesst; und der standardmaessige Fokussierer.


    Das Streulichtproblem habe ich mit einem Plastikring geloest, der in das Hauptspiegelblendrohr gesteckt wird und den Durchmesser des Blendrohrendes um ein paar Millimeter verkleinert. Natuerlich handelt man sich damit eine Vignette ein, die allerdings bei meiner Kamera noch nicht auffaellt. Die Alternative waere eine Blende am Fangspiegel, die nicht die Randvignettierung verstaerkt, dafuer aber die Zentralabschattung.


    Der Fokussierer (TS Monorail) geht etwas schwammig und das Teil, das die meiste Last traegt, ist aus Plastik. Es brach beim ersten Einsatz, als ich die Stellschraube gegen Durchrutschen fester zog. TS sendete mir sofort ein Ersatzteil zu. Ich habe das alte Teil mit Zweikomponentenkleber ausgegossen, seitdem laeuft es. Das Ersatzteil habe ich verlegt [;)] ... sollte ich es wiederfinden, werde ich die Plastik-Verstaerkungsrippen ausfraesen und eine Metallplatte implantieren. An den Fokussierer kann man sich gewoehnen, aber wenn man hoehere Ansprueche hat, sollte man gleich ein Upgrade waehlen.


    Bei SCT gibt es definitiv keine Tagblindheit, hier ist das Blendensystem ausgereifter. Allerdings hat der RC Randblenden, die das SCT nicht hat. Hier koennen streifende Reflexionen entstehen, und das ist auch der Grund, weshalb manche Nutzer das Geraet mit einer Texturfolie auskleiden. Auch hat das SCT Spiegelshifting, das bei laengerer Belichtung trotz Autoguiding Sterne verziehen kann, sofern man keinen Off-Axis-Guider verwendet. Allerdings war das beim meinem C9.25 nie ein Problem. Vielleicht, weil die Belichtungszeiten kurz genug waren. Zu Zeiten der Analogfotografie mit stundenlangen Belichtungen war dieses Problem signifikant.


    Was mich vom SC wechseln liess, war der geschlossene Tubus. Ich habe das SCT erst durch einen Orion Optics OMC250 (Orion UK, Subaperturmaksutov) ersetzt. Trotz angeblichem Strehl in den 0.9ern war das Geraet eine Vollgurke, optisch wie mechanisch und ich habe ueber den "Service" dieser Firma viel gelernt (und viel Lehrgeld in den Sand gesetzt). Der RC brachte dann trotz einiger oben beschriebenenn Nickeligkeiten das Happy End.

  • Hallo Heinrich,
    ich stand vor ein paar Jahren auch vor der Entscheidung und hab mich für einen GSO 10" RC von TS entschieden.


    Für mich war damals das wichtigst Argument, dass ein RC keinen Korrektor benötigt und ein reines Spiegelsystem ist. Bildfeldebnung benötigt man bei jeder Optik sobald man größere CCD-Chips benutzt.
    Wie Jürgen schrieb ist der Okularauszug (TS Monorail) gewöhnungsbedürfig, wahrscheinlich werd ich mir irgendwann mal ein Upgrade holen, spätestens dann wenn der Jetzige eine CCD nicht gescheid tragen kann.


    Visuell bin ich noch nicht glücklich mit dem RC, meistens ist schon mit dem 9mm 100° Okular von ES ein zu matschiges Bild. Ob es an einer Justierung liegt oder an dem Hinweis von Jürgen mit dem Blendensystem oder ob es einfach das Seeing ist, hab ich noch nicht rausbekommen. Dadurch haben mit die Planeten noch keinen Spass gemacht.


    Montierungsmäßig bin ich kürzlich von der CGEM-DX auf die EQ8 umgestiegen, da mit Doppelbefestigung und Leitrohr 80/910mm die CGEM-DX meiner Meinung nach fotografisch überlastet war.


    An was du auch denken solltest, durch die höheren Brennweiten auch mit Reduzer, benötigst du am sinnvollsten CCD-Kameras mit größeren Pixel die teurer sind als z.B- eine ASI1600.
    Ich hab mir auch den Reducer von AstroPhysics 0,67 dazu gekauft und bin mit f/5,3 beeindruckt wie lichtstark das System wird und was hier auch mit kürzeren Belichtungszeiten geht.


    http://www.astrotreff.de/objektdetail.asp?file_id=114571


    Die Spikes finde ich sehr gut da sie eine super Fokusierhilfe an hellen Sternen darstellen.


    Viele Grüße
    Markus

    Skywatcher EQ8 mit GSO RC 10" mit Leitrohr Vixen 80/910 mm, ZWO ASI1600MMC mit Baader Filtersatz, Software: N.I.N.A., PHD2 und PixInsight

  • Hi Markus,



    danke fuer Deinen Beitrag. Mein RC bildet die Planeten scharf und kontrastreich ab, auch bei hoeheren Vergroesserungen. Deine beobachtete Unschaerfe kann nicht mit dem Blendensystem zu tun haben, da dieses nur Streulicht erzeugt aber keine Unschaerfe. Ich vermute, dass Dein RC justiert werden muss. Das ist allgemein das Problem mit Teleskopen Cassegrain'scher Bauart, wo der Fangspiegel aufgrund seines Vergroesserungsfaktors bereits bei minimaler Dejustage das Bild beeintraechtigt.


    Ich mag die Spikes uebrigens auch, als Fokussierhilfe und im Bild. Nur manchmal stoeren sie, wenn man einen hellen Stern gerade ausserhalb des Bildfeldes hat und auf einmal ein Strich durchs Bild geht. Mein Flammennebel wurde zum Beispiel durch die Spikes von Alnitak "verziert".

  • Hallo Jürgen,
    Danke für deine Hilfe, ich habe auch die Justierung in Verdacht! Ich hab meinen RC im März mit einem Laser auf die Achse justiert, was nicht so einfach war, da ich im OAZ 2", Reduzierung auf 1,25" und dann den 1,25" Justierlaser viel Spiel hatte. Ich hab leider seit dem Justieren nicht mehr visuell Beobachtet, ob es jetzt schon besser ist.
    +++lustig+++ bin gerade meinen Alnitak am hochladen, den hab ich nach der Justierung fotografiert, genau so wie den M51.


    http://www.astrotreff.de/objektdetail.asp?file_id=115734


    Welche Justierungshilfen /-werkzeuge benutzt du?


    Viele Grüße
    Markus

    Skywatcher EQ8 mit GSO RC 10" mit Leitrohr Vixen 80/910 mm, ZWO ASI1600MMC mit Baader Filtersatz, Software: N.I.N.A., PHD2 und PixInsight

  • Hi Markus,


    Laserjustage des Fangspiegels beim Cassegrain sehe ich kritisch. Ich habe damit schon erfolgreich Teleskope dejustiert, die ich dann am Stern wieder justieren musste. Kleinste Abweichungen durch den Passfehler der Huelsen (Winkel und Achsabstand) und Fehler darin, den Fangspiegel auch wirklich mittig zu treffen, lassen mich diese Methode inzwischen nur noch zur Grobjustage komplett dejustierter Systeme zum Einsatz bringen.


    Ich justiere immer am Stern. In der Regel kann man davon ausgehen, dass der Fangspiegel zur Justage ausreicht. Nur wenn man damit nicht weiterkommt, waere der Hauptspiegel ein weiterer Freiheitsgrad. Ich begutachte das Sternabbild intra/extrafokal und auch im Fokus, und benutze kleine (!) Verstellungen an den Halteschrauben des Fangspiegels, um diesen zu verkippen. Meist kann man erkennen, dass die Bildqualitaet im Feld einen Gradienten aufweist. Und nun heisst es, den Fangspiegel so zu verkippen, dass der Punkt minimaler Aberration (im Englischen gern als "Sweet Spot" bezeichnet) in der Gesichtsfeldmitte landet.


    Wichtig ist, kleine Drehungen zu verwenden. Wenn man vorher einen Newton hatte, schiesst man gern uebers Ziel hinaus, weil der Fangspiegel beim Cassegrain die Aequivalentbrennweite vergroessert.


    Zum Beispiel "Schraube 1 30 Grad Uhrzeigersinn)" und sich das merken. Ist das Bild danach besser, macht man weiter und sonst gehts in die Gegenrichtung. Laeuft der "Sweet Spot" an der Bildmitte vorbei, muss eine der beiden anderen Schrauben betaetigt werden.

  • Hi Jürgen,
    danke für die Info!
    (==>)Heinrich: Diese Thematik hast du am C11 in der Art nicht!


    Viele Grüße
    Markus

    Skywatcher EQ8 mit GSO RC 10" mit Leitrohr Vixen 80/910 mm, ZWO ASI1600MMC mit Baader Filtersatz, Software: N.I.N.A., PHD2 und PixInsight

  • Hallo Markus, Jürgen, Heinrich,


    Ich habe ein SC 11" Edge und bin sehr zufrieden mit dem System.
    Hab mir für dieses System entscheiden weil ich 3 Systeme in einem habe.
    Einmal ein f/10 für Planeten &Co und zum anderen ein f/7 bzw. F/6,2 für DeepSky und f/2 für die Übersicht (Nebeln & Co.).


    Momentan habe ich f/6,2 von Optec's eingebaut für mein M81 bei 1764mm Brennweite.
    f/6,2 finde ich am besten für ein SC-System.


    Ich hoffe ich habe einen Anreiz für ein SC-System gegeben.


    Viele Grüße und CS
    Hans

  • Hallo Heinrich,


    visuell hab ich schon durch ziemlich viele Geräten geschaut, nur nicht durch RCs mit 50% Obstruktion. Ich schätze aber, da ist nix mehr mit nadelpunktfeiner Sternabbildung. Probier es doch an deinem Refraktor mit einer zentralen Blende aus [8D]


    Gruß Kurt

  • Hallo Heinrich
    Ich habe auch einen GSO 10". Der Monorail liegt in der Krabbelkiste und wurde durch einen 3" FT mit Stellmotor ersetzt. Da ich bisher nur mit der Atik 460 oder 314 gearbeitet habe wäre ein 2" Auszug auch ausreichend. Da ich aber den Auszug auch an meinem 600 Apo mit der ALCCD 6C benutzen kann ist der Nutzwert etwas größer. Dummerweise ist da mein 2" Flattner der Engpass. Bei der Original Brennweite habe ich noch nicht fotografiert sondern ich habe einen Intes 0,8 Reducer standardmäßig drin. Justage mache ich mit einem Tak Justierokular. Mit Dem Laser richte ich nur den Auszug aus. Hauptnachteil vom RC ist das Gewicht. Nicht für die EQ6, das ging noch ganz gut, sondern für den Rücken. Ich hänge das RC immer mit einem Haken auf die Befestigungsschiene und habe dann beide Hände frei.
    Das mit dem Streulicht war mir nicht bekannt. Ich wollte schon mal die Blenden wegen Tubusseeing und Gewicht ausbauen und den Tubus mit Folie auskleiden, aber TS hat mir da abgeraten.


    Grüße
    Karl

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