75. Geburtstag - Stephen Hawking

  • Herzlichen Glückwunsch auch von mir. [:)]


    Steven Hawking hat nicht nur die Physik um wichtige Schritte voran gebracht, sondern auch einiges zur Popularisierung von Kosmologie und Teilchenphysik geleistet. Die von ihm geschriebenen Bücher sind nicht nur sehr informativ, sondern auch wirklich kurzweilig zu lesen.


    Alles Gute und mögen ihm noch viele Jahre bei bestmöglicher Gesundheit beschert sein.


    Bis dann:
    Marcus

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  • Auch ich wünsche Stephen Hawking alles Gute zum 75. Geburtstag.


    Ich frage mich schon länger, worin seine enorme Popularität wohl gründet. Die FAZ zitiert aus Anlaß seines Geburtstags sehr kritisch den Wissenschaftssoziologen Harry Collins, der gesagt haben soll, Stephen Hawkings „vollständig unverständlicher“ Bestseller „Eine kurze Geschichte der Zeit“ werde vom gemeinen Volk verehrt wie einst die lateinische Bibel.
    (http://www.faz.net/aktuell/feu…rakelmensch-14607612.html)
    So weit muß man mit der Kritik vielleicht nicht gehen. Aber die Idee der imaginären Zeit, die den Kern von Hawkings Bestseller „Eine kurze Geschichte der Zeit“ (1988) ausmacht, ist schon sehr problematisch. Demnach gibt es eine imaginäre (= komplexwertige) Zeit, die sich wie eine vierte Raumdimension verhält, so daß man in ihr hin- und her gehen kann. In Wahrheit, so vermutet Hawking, ist die imaginäre Zeit sogar die wirkliche Zeit, während die uns bekannte reelle Zeit in Wirklichkeit gar nicht existiert. Wenn Hawkings These wahr wäre, könnte man sagen, der Kosmos existiere erst seit endlicher Zeit und doch habe er keinen zeitlichen Anfang („no-boundary condition“). Doch leider gibt Hawking weder eine zureichende Begründung für seine These, noch erklärt er, was es bedeuten soll, daß Ereignis A zwei imaginäre Sekunden vor Ereignis B eintritt. In seinem neueren populärwissenschaftlichen Buch „Der große Entwurf“ (The Grand Design, 2010), also 22 Jahre nach „Eine kurze Geschichte der Zeit“, wiederholt Hawking seine These bloß, lediglich noch komprimierter vorgetragen und auf Hochglanzpapier gedruckt. Auf die seit den achtziger Jahren reichlich vorgetragene Kritik nimmt er leider mit keinem Wort Bezug.
    Teilweise erklärt sich seine Popularität vielleicht dadurch, daß er wie kaum ein anderer Physiker meint, weltanschauliche und existenzielle Fragen wie: „Warum gibt es etwas und nicht einfach nichts?“ „Warum existieren wir?“ „Gibt es einen Schöpfer?“ (Der große Entwurf, S. 16) unmittelbar physikalisch beantworten zu können.


    Viele Grüße
    Johannes

  • Hallo Johannes,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Teilweise erklärt sich seine Popularität vielleicht dadurch, daß er wie kaum ein anderer Physiker meint, weltanschauliche und existenzielle Fragen wie: „Warum gibt es etwas und nicht einfach nichts?“ „Warum existieren wir?“ „Gibt es einen Schöpfer?“ (Der große Entwurf, S. 16) unmittelbar physikalisch beantworten zu können.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    was meinst Du mit "unmittelbar physikalisch"?

  • Hallo Hans,


    die Domäne der Physik, das sind meines Erachtens die vorletzten Fragen. Die Physik beschreibt die zeitliche Entwicklung physischer Systeme – im Falle der Kosmologie eben des physischen Kosmos im Ganzen: Aus welchem Anfangszustand heraus entwickelt sich ein System gemäß welchen Gesetzmäßigkeiten zu welchem späteren Zustand? Weitergehende Fragen wie: Warum dieser Anfangszustand des Kosmos und kein anderer? Warum diese Gesetzmäßigkeiten und keine anderen? Und vor allem: Warum überhaupt ein Kosmos und nicht vielmehr nichts? – solche letzten Warumfragen gehen über die Physik hinaus. Hawking will sie aber als Physiker beantworten, und er beansprucht, daß sein spezieller quantenkosmologischer Ansatz letzte Welterklärungen geben könne. Das meine ich mit "unmittelbar physikalisch". (Allerdings muß man einräumen, daß Hawking bezüglich seiner Erklärungsansprüche manchmal schwankt.)


    Die Rezeption solcher Theorien geht in der Fachwelt und beim Laienpublikum weit auseinander. In der akademischen Physik ist es nach meiner Erfahrung schwer, überhaupt jemanden zu finden, der bereit ist sich mit solchen Konzepten zu befassen. Die meisten Physiker lehnen das ab, weil sie darin einem Mißbrauch der Physik sehen. Ich hatte sogar mal Gelegenheit mit Harald Lesch darüber zu sprechen. Als ich ihn nach seinem Meinung zur Eliminierung der Zeit in den Theorien der Quantengravitation fragte, war seine Auskunft sehr kurz: experimentell nicht überprüfbar und daher physikalisch bedeutungslos! Ich hatte mir mehr erhofft.


    Beim Laienpublikum ist es eher umgekehrt. Dort meint man: Da Hawking ein berühmter Physiker ist und da die Physik eine harte Wissenschaft ist, müssen seine Thesen wohl wissenschaftlich bewiesen sein. Deshalb glaubt man gern, daß er tiefe Wahrheiten ausspricht, wenn man auch nicht ganz versteht, was er sagt. Und dieser Einstellung kommt Hawking sehr entgegen, indem er mehr noch als andere spekulative Physiker (z.B. Lee Smolin, Brian Greene, Max Tegmark) seine Thesen explizit als Antworten auf die letzten Warumfragen stilisiert, die viele Menschen nun mal mit sich herum tragen.


    Viele Grüße
    Johannes

  • Hallo Johannes,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">die Domäne der Physik, das sind meines Erachtens die vorletzten Fragen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    da stimme ich Dir voll und ganz zu. Die letzten Fragen könnte man z.Zt. noch mit dem Begriff Metaphysik benennen. Ob daraus jemals Physik wird, ist IMHO fraglich (Stichwort "Ignorabimus"). Ohne den Physiker Hawking herabsetzen zu wollen kann man daraus ableiten, dass Antworten zu diesen Fragen von niemanden gegeben werden können, egal welcher Profession. Man muss Hawking allerdings zu gute halten, dass er seine Berühmtheit sicher nicht aktiv herbeigeführt hat. Er ist halt auch aufgrund seiner Krankheit in den Medienrummel geraten.

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