vor 17 + 5 Jahren: Totale Sofi in Deutschland -Wdh

  • Guten Tag allerseits,


    vor jetzt mittlerweile 18 Jahren begann etwa um diese Zeit, kurz nach 11 Uhr MESZ, begann die Sonnenfinsternis über Süddeutschland, und die Erinnerung daran ist noch immer sehr präsent.
    Zur Feier des Tages trage ich wieder das T-Shirt, das damals vom Verlag Bild der Wissenschaft, wenn ich mich richtig erinnere, herausgegeben wurde:





    Und daneben liegt eins der Bilder, die damals analog entstanden sind, teilweise mit vor Aufregung zittrigen Händen, auch wegen der heranziehenden Wolken, die man erkennen kann. So hatte ich z.B. erst nach der Entwicklung gemerkt, dass in der Kamera, mit der Übersichtsaufnahmen gemacht werden sollten, der Film nach dem Einlegen nicht transportiert worden war. Ein einziges etwas überbelichtetes Dia war das Ergebnis.


    Heute ist hier wieder Finsternis, feinster Nieselregen ....


    Viele Grüße
    Manfred

  • Ja das war der 11. August 1999, was soll ich sagen. Totale SoFi und das vor der eigenen Haustüre.


    So ein Ereignis kann man sich als Sterngucker nicht entgehen lassen.


    Also vom Bodensee nicht allzu weit auf der A7 Richtung Zentralzone nach Ulm. Mit Sack und Pack, meine Frau und zwei Kinder 4 und 2 Jahre alt. Nördlich von Ulm runter von der Autobahn gleich aufs Feld. Oh, da stehen ja schon ca. 20 Leute. Scheint ein beliebtes Feld zu sein.


    Was ich an Equipment dabei hatte, weiß ich nicht mehr genau. Auf jeden Fall eine Videokamera mit Sonnenfolie und meinen alten 114er Newton auch mit Filter.


    Das Wetter war zunächst bescheiden, es hat auf dem Hinweg sogar mal geregnet. Den ersten Kontakt haben wir nicht mitbekommen. Dann bis zur Totalität immer öfter Wolkenlücken oder dünne Wolken, durch die man die Sonne ganz gut sehen konnte. Während der Totalität war die Sonne meistens frei und ich konnte ein schönes Video aufnehmen, das ich mir schon lange nicht mehr angesehen habe. Am Newton standen die Leute Schlange.


    Interessant waren auch die fliegenden Schatten und der auffrischende Wind während der Totalität.


    Ein tolles und einprägendes Erlebnis. Danke für den Thread und euere Erinnerungen


    Grüße Robert

  • Hallo liebe Leute,


    die SoFi 1999 war wohl für jeden ein bleibendes Ereignis, der dieses miterleben konnte. Bei mir war es zu meiner Zivildienstzeit im Krankenhaus im Bergischen Land. Zur SoFi stand das Krankenhaus praktisch still: Patienten, Ärzte, Pflegepersonal und Besucher, die die Möglichkeit hatten / ergriffen, standen im Krankenhauspark und schauten mit ihren Brillen gen Sonne. Toll war das. Vor allem für Patienten, die dadurch für den Moment von ihrem Leid abgelenkt waren.


    Ein guter Freund von mir (US Amerikaner) wohnt in Denver und freut sich riesig auf die SoFi am 21.08. in den Vereingten Staaten. Ich finde es schon sehr schade, nicht zu diesem Zeitpunkt vor Ort sein zu können, vor allem, da ich zwei Wochen später mit meiner Familie in San Francisco bin, aber dann ist der Spuk ja schon lange vorbei....


    Nächstes Jahr können wir ja wenigstens eine MoFi genießen.


    Viele Grüße und danke für den schönen Fred,
    Sven

  • Da sind ja wieder einige interessante Berichte dazu gekommen, und jeder ruft das eigene Erleben mit in Erinnerung. Und ich habe auch jetzt erst gemerkt, dass ich Franjos und Peters Beiträge vom April nicht wahrgenommen hatte; in der Zeit konnte ich aus gesundheitlichen Gründen nicht am PC arbeiten.


    In neun Tagen findet ja das nächste Großereignis statt, und als ich die Informationen darüber im Kosmos Himmelsjahr noch einmal nachgelesen hatte, war ich doch sehr erstaunt, dass man im äußersten Nordwesten unseres Landes den Beginn der Finsternis miterleben können soll: in Aachen geht die Sonne beim ersten Kontakt unter, in Emden findet der Untergang ganze 4 Minuten nach dem ersten Kontakt statt, bei einem Bedeckungsgrad von 2,2%. Da wird man wohl nur an der Nordseeküste eine Chance haben. Bin gespannt.


    Viele Grüße
    Manfred

  • Hallo allerseits,


    zur Erinnerung an ein sehr seltenes Ereignis hier im Land, das erst in 61 Jahren so wieder in Erscheinung treten wird, wenn viele von uns es sich wohl nicht mehr ansehen können.


    Sonnige Grüße
    Manfred

  • Hallo allerseits,



    heute jährt sich dieses Ereignis wieder, und es bereitet immer noch Freude, die Beiträge zu diesem Ereignis hier durchzulesen.



    In diesem Sinne -


    Sonnige Grüße

    Manfred

  • mmpgb

    Hat den Titel des Themas von „vor 17 + 4 Jahren: Totale Sofi in Deutschland -Wdh“ zu „vor 17 + 5 Jahren: Totale Sofi in Deutschland -Wdh“ geändert.
  • Als fast am Kernschatten im mittleren Schwarzwald wohnend wollten wir (ich + Familie + astronomische Freunde) diese Sonnenfinsternis natürlich in der Zentralzone beobachten, dazu mussten wir kaum mehr als 50 km fahren und bezogen auf einem Weinberg in der Nähe von Bühl (Baden) Position. Nachdem der Tag zuvor noch recht sonnig war, zeigte sich der Himmel am Morgen des 11. schon ziemlich wolkenverhangen und verhieß nicht gerade gutes. Bei der Fahrt zum Beobachtungsplatz gabs zudem einen kräftigen Platzregen. Dort angekommen wars wenigstens wieder niederschlagsfrei. Doch die lästigen Wolken wollten nicht weichen und von der Hornisgrinde her hörten wir auch donnern. Der erste Kontakt verlief hinter den Wolken und die Hoffnung schwand zusehends. Eine viertel Stunde vor der Totalität riß die Wolkendecke dann etwas auf und schüchtern lugte die schmale Sonnensichel durch die Wolkenpampe. Durfte man nun doch noch die Sicht auf die totale Sofi erwarten? Es hätte klappen können, wäre da nicht eine fiese kleine Wolke direkt vor die Sonne gezogen, so blieb uns nur der Anblick der mitten am Tage einbrechenden Dunkelheit. Genau zum Ende der Totalität verzog sich das Miststück und gab kurz den Blick auf die Sonne frei als die ersten Strahlen durch die Täler des Mondes brachen. Wenn wir auch einen schönen Nachmittag mit den Freunden verbrachten, war die Enttäuschung doch spürbar.

    So richtig kam die aber erst in den Tagen und Wochen danach. Und auch all die Jahre, wo wie heute am 11. August ein schöner sonniger Tag zu erleben ist, kann man sich nur schwer damit abfinden, dass ausgerechnet dieser Tag vor 22 Jahren für viele begeisterte Hobbyfreunde so daneben ging.

    Ich konnte dieses "Trauma" durch einen kurzfristig möglichen Flug in die Türkei 2006 etwas vergessen lassen, gab uns doch jene Sofi das Erlebnis was uns 1999 versagt blieb.


    Gruß Franz

  • Hallo Franz,


    danke für Deinen Beitrag. Einige Deiner Erfahurngen kann ich gut nachvollziehen:

    Damals hatte ich in Waldkirch übernachtet und auf der Anreise aus dem Norden schon einen Beobachtungsplatz irgendwo nördlich von Offenburg nahe der A7 ausgeguckt. Dorthin wollte ich wieder fahren und alles in Ruhe aufbauen. Was passierte? An der Auffahrt zur A7 war ein Stau, man konnte in der Kurve nicht sehen, wo und weshalb. Aber nach der Kurve war es klar: die Autobahn war komplett dicht, bis zur nächsten Abfahrt dauerte es, teilweise im Platzregen, etwa eine Stunde. Also abgefahren Richtung Rhein; dort sollte es eine Straße nach Norden geben, am Europapark vorbei. Die gab es auch, aber es wurde, wenn überhaupt, im Schrittempo gefahren. Einmal stiegen Leute aus dem Auto vor uns aus, gingen zu Fuß in den ca. 500m entfernten Ort und kamen mit einer Brötchentüte zurück ....

    Irgendwo stand ein Polizist auf einer Kreuziung und winke die Fahrzeuge in Richtung Autobahn zurück. Glücklicherweise gab es vorher einen Feldweg, und so fuhren wir durch endlose Maisfelder, einfach nur gen Norden. Zeitlimit war 11 Uhr, dann sollte, egal wo, aufgebaut werden. Und wie ein Zeichen des Himmels war da auf einmal zwischen Meißenheim und Ichenheim ein Hügel mit einer einsamen Kastanie drauf, beste Rundumsicht. Nur die Wolken dort oben ... Nach der Totalität hielt irgendwann ein VW-Bus, kam aus Richtung Norden, überall nochregennass: "War hier denn was zu sehen?" ... Der Rest der Geschichte - siehe oben.


    Aber- und das sollte jetzt eigentlich meine Botschaft sein: vor der Hinfahrt spukte immer der Gedanke durch den Kopf: "Jetzt sollst du alles in allem ca. 1600km fahren, und dann sind die Wolken da .... ?" Das wurde jedoch erfolgreich ersetzt durch die Vorstellung, dass abends in der Tagesschau zu hören gewesen wäre: "Bei bestem Wetter verfolgten Millionen von Menschen im Süden des Landes den Verlauf ..... " Und ich wollte mir dann sagen können:


    "Du hast es wenigstens versucht. Mehr ging nicht. Punkt."


    Genauso geht es mir bei anderen Beobachtungen oder Fotos von Objekten oder Ereignissen, die jenseits des für mich Machbaren angesiedelt sind. Ich freue mich dann einfach, sie hier im Forum miterleben zu können.


    Beste Grüße

    Manfred

  • Claudia Johannsen und Dietrich Ehmann

    Stegenkamp 4

    D - 28857 Syke


    Die Reise zur totalen Sonnenfinsternis am 11. August 1999






    8. August 1999, französische Atlantikküste bei Bordeaux: Am Morgen zeigt sich der Himmel in strahlendem Blau, auch tagsüber ein prächtiger Hochsommertag, aber gegen Abend verdichten sich heraufziehende Wolken. Kurz vor Sonnenuntergang erste Regenschauer.

    Wir beobachten das vom Atlantik heranziehende Wetter seit Tagen. In immer kürzeren Abständen kommen regengeladene Wolkenfronten aus dem Westen. Denkbar schlechte Aussichten die letzte totale Sonnenfinsternis des Jahrtausends bei gutem Wetter verfolgen zu können.




    Wir hatten nach eingehenden Studien der typischen Wetterlagen in Europa, geplant die totale Sonnenfinsternis 1999 in Lothringen zu beobachten. Im langjährigen Durchschnitt ist hier in August mit ungewöhnlich sonnigem Wetter zu rechnen. Ganz im Gegensatz zu Gebieten weiter nördlich und westlich.

    In diesem Jahr schienen sich die Verhältnisse aber umgekehrt zu haben.

    Météo France, das französische Wetteramt, verbreitet seit Tagen Wetterprognosen für den 11.8., den Tag der Sonnenfinsternis. Wenn wir denen Glauben schenken, werden wir uns morgen in die Normandie aufmachen, für die es noch die günstigste Wettervorhersage gibt.

    Wie wird wohl die nächste Nacht werden? Wir wollen gegen Mittag unsere Station nahe Bordeaux aufgeben und nach Nordosten abreisen. Hoffentlich müssen wir nicht im Regen aufbrechen.

    Am Nachthimmel ziehen Wolken über die dunkle Sternenpracht und ab und zu werden sie von zuckenden Blitzen beleuchtet.

    Die Entscheidung nach Nord-Frankreich zu fahren, opfert wertvolle Beobachtungs-Sekunden der besseren Wetterprognose. Die Totalität auf der Zentrallinie gewinnt nach Osten an Dauer. Jetzt zwingt uns das Wetter in die entgegengesetzte Richtung.


    Die Nacht war stürmisch, aber trocken. Der Tag bot gutes Abreisewetter: Wir brachen jetzt unseren Urlaub am Strand des Atlantischen Ozean ab, um die Sonnenfinsternis zu sehen.


    Immer wieder wechselten blauer Himmel und dichte Wolken einander ab.


    Heute, am 9. August gibt Météo France eine einheitliche Prognose für die französischen Finsternisgebiete ab: Einheitlich schlecht!

    Am nächsten Morgen erreichten wir Beauvais, 25 km nördlich von Paris, von wo aus wir entscheiden wollten, ob wir uns mehr nach Norden oder doch noch auf die geplante Gegend in der Nähe von Metz zu bewegen.

    Die Wetterprognose stagniert auf dem Stand des Vortages. Radiosendungen aus Deutschland vertreiben jeden Zweifel. Es wird sogar überlegt, ob man die Regenwolken über Stuttgart mit Silberjodid zum Abregnen bringen kann. Voraussichtlich lohnt es sich also nicht, die südöstliche Richtung einzuschlagen.

    Flucht nach vorn! Da alles Wetter aus dem Westen kommt, kann auch Wetterbesserung nur aus dem Westen kommen. Die Würfel sind gefallen.


    Seit dem Mittag des 10. August stand unser Beobachtungsort für die Sonnenfinsternis 1999 fest.

    Unsere Wahl war auf Brombos, 25 km nordwestlich von Beauvais, gefallen. Ein kleines Dorf an der Grenze zwischen Picardie und Normandie, gerade noch in der Michelin-Karte verzeichnet. Hier, wo auf großen Flächen Getreide angebaut und jetzt Anfang August schon abgeerntet war, fand sich der ideale Beobachtungsplatz. Eine Hochebene mit ringsum freier Horizontsicht - direkt auf der zeitlich optimalen Beobachtungslinie. Von hier aus würden sich alle Phänomene der Sonnenfinsternis beobachten lassen: Die partiellen Phasen, das Kommen des Mondschattens, der Strahlenkranz der Sonnenatmosphäre hoch am Himmel, das Schwinden des Schattens und das Vergehen der Finsternis.

    Wasser in den Wein der günstigen Lage war allerdings das Wasser, das vom Himmel fiel.

    Der Abend des 10. August war, zurückhaltend beschrieben, eher regnerisch. Regen auch in der folgenden Nacht.

    Ein auffrischender Wind ließ dennoch auf Wetteränderung - gleichbedeutend mit: Besserung! -hoffen.


    Erfüllt sich unsere Hoffnung?



    11. August 1999


    Gegen 6 Uhr morgens hört der Regen auf.

    7 Uhr: kleine Wolkenlücken lassen blauen Himmel durchscheinen.

    8 Uhr 6 Minuten: der erste direkte Sonnenstrahl dringt durch die sich ständig in südliche Richtung bewegende Wolkenschicht.




    Sonnenfinsternisse zu beobachten bedeutet immer auch das Wetter zu beobachten.

    Ich hatte am Vortag Müllsäcke gekauft, um die mitgebrachten Kameras, mit denen ich den Verlauf der Sonnenfinsternis dokumentieren wollte, vor Regen zu schützen.

    Ab 8 Uhr 30 baute ich die Geräte auf und jedes bekam zuerst einmal einen Müllsack übergestülpt.

    Auf vier Stative verteilte ich fünf Kameras. Die Plastiksäcke flatterten im Wind.

    Nun war es Zeit für ein Frühstück.

    9 Uhr 30, noch eine knappe Stunde bis es losgeht. Wenn das Wetter jetzt nicht besser wird, wann dann?

    Es wurde besser!



    Nach dem Frühstück wurden zuerst einmal die Müllsäcke, die der Präzisionsoptik gar nicht würdig waren, abgezogen. Die Regenwahrscheinlichkeit war jetzt auf Null gesunken. Der Himmel bot das Bild typischer Schönwetter-Bewölkung. Der Sonne, der in den nächsten Stunden unser Hauptinteresse galt, verschwand nur noch für jeweils wenige Augenblicke hinter vorüberziehenden Wolken.

    Die Zeit bis zum ersten Kontakt des Mondes mit der Sonnenscheibe verging wie im Fluge.

    Jetzt war es soweit: Unaufhaltsam würde sich der Mond vor die Sonne schieben, bis kein direktes Licht mehr zu uns dringt.


    Wann immer sich die Gelegenheit bot, hatte ich in den vergangenen Tagen die Sonne mit einem mit Spezialfiltern ausgestatteten Fernglas bei achtfacher Vergrößerung beobachtet.

    Nahe am Höhepunkt der in elfjährigen Zyklen schwankenden Sonnenaktivität waren jeden Tag beeindruckende Sonnenflecken auf der leuchtenden Scheibe zu sehen. Jetzt wurden sie zu Stationen der Bedeckung.


    Im Vergleich zu der 1998 von Guadeloupe aus beobachteten Sonnenfinsternis spürten wir die bedrohliche Atmosphäre, ausgelöst durch den Rückzug des Lichts, der die Landschaft in einen düsteren Schatten tauchte, recht früh.

    Noch verbot die Helligkeit der Sonne jeden ungefilterten Blick auf das Tagesgestirn und der Grund für diese Merkwürdigkeit blieb verborgen. Die durch die Wetterbesserung auf 24 Grad Celsius gestiegene Temperatur, fiel bis zur Totalität während einer halben Stunde um zehn Grad, auf 14 Grad Celsius ab.


    Die letzten Minuten vor der Totalität vergehen erfahrungsgemäß immer besonders schnell. Also eiligst noch die Kameras auf die neue Situation eingestellt. Wie hakelig doch die Mechanik irdischer Gerätschaft funktioniert. Die Aufregung wird spürbar!



    Jetzt kommt der Mondschatten über den Westhorizont.

    Eine Weitwinkel-Kamera ist auf ihn gerichtet. Von der tausendstel Sekunde fällt die Belichtungszeit auf eine volle Sekunde ab. Der nachtblaue Mondschatten erzeugt eine eigentümliche Rundum-Dämmerung am Horizont wähend über uns helle Sterne sichtbar werden.

    Ich drehe mich um. Aaah! Ein runder voller Strahlenkranz!


    Da das Sonnenflecken-Maximum noch nicht eindeutig erreicht war, hatte ich Zweifel, ob schon eine voll entwickelter rund umlaufender Strahlenkranz zu erwarten war.

    Doch hier iwar er!

    Ein geschlossener Kreis aus strahlendem Licht steht hoch am Himmel. Ein Anblick der Herz und Seele auf die kosmische Harmonie einschwört. Im Land der Kathedralen optische Hochgotik, flamboyant!


    Der Blick durch die 1000mm Tele-Kamera gibt ein überzeugendes Bild:

    Dies ist die Sonnenfinsternis, die durch ihre Protuberanzen besticht!


    1995 in Indien zündelte die Chromosphäre rot durch die Mondrandgebirge und eine spitzbärtige Protuberanz wurde zu ihrem Erkennungszeichen.

    1998: Immer noch eine vom Sonnenflecken-Minimum regierte Sonnenfinsternis. Eindrucksvolle Strukturen der Sonnenatmosphäre: Nach links eine, nach rechts zwei kräftige Flammenstrukturen.

    Heute aber ist die Sonnenatmosphäre ein Garten, in dem die Protuberanzen blühen. Mächtige Eruptionen aus glühendem Wasserstoff. Ihre Farbe tanzt auf dem Grat zwischen pink und feuerrot. Flammend aus der abgedeckten Sonnenscheibe und schwebend darüber. Hier wird die elektromagnetische Kraft der Sonne demonstriert. Rund um die Scheibe Ausbrüche in wasserstoff-rot.

    Und diese eine Protuberanz! Völlig abgelöst schwebt sie über der Sonnenoberfläche!


    Zwei Minuten und dreizehn Sekunden totale Sonnenfinstenis geben auch den Blick in das innere Sonnensystem frei. Die Planeten Merkur und Venus werden in unmittelbarer Nähe der abgedunkelten Sonnenscheibe sichtbar.


    Der Augenblick - er verweilt nie. Und viel zu schnell schneidet das strahlende Diamantlicht die Finsternis entzwei. Wie ein quellender Lichttropfen dringt das weiße Sonnenlicht hinter der schwarzen Scheibe des Mondes hervor, läßt die Sonnenatmosphäre in Sekundenschnelle verblassen und der Himmel erhält seine tagesblaue Färbung zurück. Wir sehen dem Schatten hinterher, wie er innerhalb weniger Sekunden am östlichen Horizont verschwindet und ich spüre wieder Sonnenwärme im Gesicht.


    Die Totale Sonnenfinsternis ist vorüber.

    Eine knappe Stunde läßt sich noch der Rückzug des Mondes von der Sonnenscheibe verfolgen, bis die Bewölkung wieder zunimmt und der letzte Mondkontakt unbeobachtbar hinter dichten Wolken stattfindet. Wir hatten das seltene Glück einen Ort gefunden zu haben, von dem aus wir die Höhepunkte der Sonnenfinsternis verfolgen konnten.

    Und wie mit einer kosmischen Nachspeise, verwöhnte uns der Himmel in der Nacht vom 12. auf den 13. August mit dem Sternschnuppen-Feuerwerk der Perseiden.


    Vielleicht wird unser Wunsch wahr und wir finden uns am 21.Juni 2001 zum nächsten Rendezvous mit dem Mondschatten ein. An der Westküste von Madagaskar!


    Dieser Wunsch wurde wahr.





    Nachwort:

    Ich halte es derzeit nicht für angemessen, mich über die Form und Struktur der Sonnenatmosphäre zu äußern und explizite Bilder zu zeigen. Egal ob mit K oder C geschrieben, gesprochen wird das Wort gleichklingend. Es ist derzeit nicht mit freudvollen Ereignissen verbunden.

  • Hallo Dietrich,


    es ist beeindruckend, mit wieviel Herzblut jede Zeile Deines so detaillierten Beitrags geschrieben ist. All Deine Eindrücke sind so plastisch dargestellt, und an vielen Stellen klingt es wegen der mit Bedacht gewählten Formulierungen schon nach Poesie. So macht es das Lesen auch richtig spannend.


    Bleibt nur noch, Dir weitere Erlebnisse dieser Art zu wünschen, aber ich bin sicher, Du kannst Dich auch für einen simplen Regenbogen über dem Hohen Berg oder dem heimischen Garten freuen.


    Beste Grüße

    Manfred

  • 1999 war ich noch kein aktiver Hobbyastronom, aber zu Besuch in der Pfalz bei meinen Eltern. Wir planten extra ein Mittagessen in einem Restaurant in der südlichen Pfalz zwischen Neustadt/Weinstraße und Landau, knapp in der Totalitätszone, und hatten extra eine Sofibrille besorgt.
    Leider machten uns die Wolken einen Strich durch die Rechnung. Wir merkten nur, wie es kurz deutlich dunkler wurde.

  • Da ich die Erscheinung der totalen Verfinsterung der Sonne durch den Mond in meinen Berichten hier nur mit Worten beschrieben habe, kann ich heute auch ein Foto dieses magischen Moments zeigen. Ich vermeide den hierzulande üblichen Begriff anzuwenden. Die mir vorliegende Literatur ist englischsprachig (u.a. Leon Golub + Jay M. Pasachoff) und verwendet einen Begriff der auch für ein Virus steht, das derzeit weltweit für Tod und Krankheit sorgt.


    Die Atmosphäre der Sonne hat einen großen Helligkeitsgradienten, der mit einer Einzelaufnahme auf dem damals verwendeten chemischen Film kaum abgebildet werden konnte. Bis zum Jahr2003 verwendete ich zur Aufzeichnung Negativ-Filme, die enen größeren Helligkeitsgradienten wiedergeben konnten, als Umkehr(Dia)filme. Außerdem konnten durch Umkopieren der Negative auf unmaskiertem Negativfilm, Diapositive hergestellt werden, die unterschiedliche Helligkeitsbereiche darstellten.

    Diese hätte man dann scannen und mit dem Larson-Sekanina Filter filtern und in Ebenen montieren können und wäre in etwa auf eine dem Augeneindruck ähnliche Abbildung gekommen.

    Diesen Aufwand habe ich aber erst mit Bildern ab 2006 getrieben, die dann schon digital entstanden.

    1999 entstanden Bilder der ausgedehnten Sonnenatmosphäre mit einem 500mm-Spiegellinsen-Objektiv auf Negativ-Film. Da ich keine motorisierte Nachführung für diese Kamera hatte, waren nur kurze Belichtungszeiten unter 1 Sekunde möglich. Dennoch hatte ich mich bemüht, einigermaßen detailreiche Diapositve zu erzeugen.

    Vielleicht finde ich eines Tages mal Zeit, um LSF-verarbeitete Bilder zu erzeugen...



    Grüße

    Dietrich

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