Hallo allerseits,
Einige haben es schon mitbekommen: Bei den Münchner Spiegelschleifern und Teleskopbauern ist mal wieder was los!
Wer nur an der Technik interessiert ist, lese bitte beim nächsten Beitrag "Das Projekt" weiter.
Die Vorgeschichte
Angefangen hat alles beim letzten Tag der Offenen Tür auf der Volkssternwarte München.
Dort stellten die Spiegelschleifer und Teleskopbauer wieder mal ihre Aktivitäten vor und einige Instrumente aus, unter anderem mein superleichtes 180mm Reiseteleskop und den 10-Zöller von Stathis mit seinem ersten selbst fertig geschliffenen Spiegel - der ist nun schon ca. 25 Jahre alt.
StefanSLS war auch mit dabei.
Mein 180mm Reisescope ist von der Handhabung und der Mechanik her nahezu perfekt, nur die optische Qualität ist mäßig und das Packmaß nicht ganz optimal. Außerdem lassen die 180mm Öffnung doch manchmal etwas Lichtleistung vermissen.
Aus diesen Gründen war ich mental bereits auf einen Neubau eingestellt.
Es wurde heftig untereinander gefachsimpelt und zwischendrin die Teleskope immer wieder den Besuchern erklärt. Auch das Spiegel schleifen und die optische Vermessung wurden vorgeführt.
Einige Besucher waren komplette Laien, die noch nie davon gehört hatten, dass man sich eine Teleskopoptik selbst herstellen kann.
Andere waren erfahrene Selbstbauer, z.B. Alfredo, mit dem ich ein interessantes Gespräch hatte.
Stefan schien auch nicht abgeneigt, noch ein weiteres Reiseteleskop zu bauen. Sein derzeitiges Instrument hat 13" Öffnung und wiegt etwas über 10kg, wenn ich mich richtig erinnere.
Der komplette Aufbau aus dem Reisezustand ist wohl relativ komplex.
Er interessierte sich daher für ein deutlich kleineres und leichteres Instrument. Unsere Vorstellungen ähnelten sich so stark, dass wir sofort über ein Gemeinschaftsprojekt nachdachten.
Eine Besucherin, die in München studiert, bekundete Interesse an einem eigenen Teleskop. Schnell stellten wir fest, dass ein leichtes Reiseteleskop mit "vernünftiger" Öffnung auch für sie eigentlich die beste Lösung wäre, der für sie unerschwingliche Preis einer guten "Fertiglösung" aber dagegen spräche. Schnell war aber auch klar, dass das für sie ein zu anspruchsvolles Projekt wäre, um es als erstes Teleskop allein zu bauen.
Spontan boten wir an "Hey, Du könntest dich uns anschließen, dann ziehen wir das gemeinsam durch". Das Angebot war durchaus ernst gemeint, aber ich schätzte die Wahrscheinlichkeit deutlich kleiner als 50%...
Mittlerweile überlegte auch Stathis, er bräuchte mal wieder ein handliches Reisescope, das technisch auf dem aktuellen Stand ist.
Unser Vorhaben gefiel ihm. Seine Ansage: "Ich baue eins mit".
Als wir gegen Mitternacht unsere Instrumente transportfertig machten, hatten Stathis, Stefan und ich uns schon mehr oder weniger geeinigt, wie ein optimales Reiseteleskop aussehen könnte, das noch leicht per Rucksack transportabel sein sollte und trotzdem genug Öffnung hat, um viel Spaß beim Beobachten zu bieten.
Am folgenden Dienstag beim regulären Treffen wurde die Sache weiter gesponnen, und zu unserer Überraschung war die Besucherin vom letzten Samstag auch mit dabei und bekundete ihre klare Absicht, unser Angebot zum Mitbauen anzunehmen.
Schnell stellte sich heraus, dass sie als einzige von uns mit einem 3D CAD-Programm umgehen konnte. Bisher hatte ich meine Teleskope mit Bleistift, Geodreieck und Papier konstruiert oder bestenfalls per CorelDraw in 2D am PC. Ich wusste, für dieses Projekt war das nicht die optimale Methode.
Nach weiteren intensiven Diskussionen kristallisierten sich dann die endgültigen Daten der Optik heraus.
Zwischenzeitlich besuchte ich das ITV, und anschließend war ich mit meinem Münchner Vereinskameraden BenN noch eine Nacht auf der Hohen Geba. Ben ist kein begnadeter Selbstbauer, aber ein sehr aktiver und erfahrener visueller Beobachter.
Ben hatte seinen schon fast historischen 10" Coulter dabei, ein Direktimport aus den USA, den er sich vor 30 Jahren angeschafft hat. Dieses Teleskop ist von der Konstruktion her ein echter Dobson, komplett mit Tailgate, und die Holzteile sind aus OSB-Platten. Mit ca. 30kg aber nicht wirklich leicht transportabel.
Mein superleichtes 180mm Instrument hatte ich direkt daneben stehen. Natürlich erzählte ich Ben von unserem Projekt.
Unser Gespräch verlief sinngemäß so:
Ich: "Bald habe ich ein Teleskop mit der Leistung von deinem, das nicht viel mehr Packmaß haben wird als mein kleines Reisescope hier".
Er:"Tolles Projekt. So ein leichtes Teleskop erschließt Beobachtungsplätze, die man mit so einer großen und schweren Kiste wie meiner nicht erreichen kann. Das wär auch was für mich, man wird ja auch nicht jünger."
Spontan beschloss ich, gleich zwei Exemplare zu bauen, falls er eins wollte.
Er wollte. Schnell wurde Stathis informiert, einen Spiegelrohling mehr zu bestellen. Gerade noch rechtzeitig, er hatte die Bestellung schon fast abgeschickt.