Kurze Belichtungszeiten in der Astrofotografie am Beispiel des Ringnebels M57
Hallo Zusammen,
ich möchte euch hier einmal meine neueste Arbeit vorstellen.
Vor einigen Jahren habe ich meine Deep-Sky-Fotografie mit kurzen Einzelbelichtungszeiten angefangen. Ich wählte 30 s, weil das mit der DSLR und Automatik sehr einfach funktionierte. Auf diese Weise konnte ich aufs Guiding verzichten. Der Verlust in der Tiefe war verkraftbar und die Bilder wurden nicht unschärfer als gewöhnliche geguidete Bilder.
In einer 2. Phase belichtete ich dann mit einer Planetenkamera noch kürzer. In der Regel etwa 6 s. Diese Bilder wurden deutlich schärfer als gewöhnliche geguidete Astrofotos. Einen eindeutigen Grund dafür konnte ich nie festmachen. Allerdings erkannte ich, das Kollegen mit guten Montierungen ´trotz´ langer Einzelbelichtungen gleich scharfe Bilder produzierten. Vermutlich wurden durch die kurzen Einzelbelichtungen mehrere kleinere Fehlerquellen umgangen. Der Verlust in der Tiefe war deutlicher spürbar, allerdings nicht so deutlich, wie man das erwartet hätte. Der Grund lag wohl in der erhöhten Schärfe selber. Wurde ein Sternchen zuvor vielleicht durch 16 Pixel dargestellt, so wurde es jetzt vielleicht nur durch 9 Px dargestellt, was die Anzahl der Photonen pro Pixel fast verdoppelte.
Mit diesem Beitrag möchte ich nun ein (für mich) neues Kapitel aufschlagen, indem ich noch kürzer belichte um noch schärfere Bilder zu produzieren. Bei Belichtungszeiten ab etwa 1 s lassen sich tatsächlich Seeing-Effekte verringern. Meine Erfahrungen zeigen, dass ein bestimmtes bodennahes Seeing kompensiert werden kann. Hierbei „zappelt“ das Sternchen viel herum. Eine andere Art des Seeings bleibt aber nach wie vor erhalten, hierbei ist das Sternchen aufgebläht. Es gibt also, nach wie vor, gute und schlechte Seeingtage.
Auch wenn jetzt ein Sternchen vielleicht nur noch durch 4 Pixel dargestellt wird, und dadurch die Beleuchtungsstärke wieder verdoppelt wird, ist der Verlust in der Tiefe nun sehr deutlich zu spüren. Der Grund hierfür ist wohl das Ausleserauschen des Kamerasensors.
An insgesamt 11 Abenden belichtete ich den Ringnebel M57. Jeweils zwischen 0,5 und 1,3 s Belichtungszeit. Jeweils 1000 Bilder. Es sind 21 gute Filmchen zusammen gekommen. Manchmal habe ich auch abgebrochen, weil das Seeing nichts mehr her gab. Die Farbe habe ich (bei längeren Belichtungszeiten, etwa 2-3 s) an eher schlechten Tagen belichtet. Das Teleskop war ein C11, das mit einem Reducer auf f/5 also etwa 1400 mm Brennweite reduziert wurde. Die Montierung war eine EQ6. Die Kamera eine ASI 120 MM ( mono) und eine Farbkamera ASI 120 MC.
So sieht nun eines der besten Einzelbilder aus. (incl. Darkabzug)
...und so eines, das ich noch verwendet habe, aber geringer gewichtet wurde. Der Unterschied in der Tiefe ist schon sehr deutlich, wie ich finde, dabei waren die Bedingungen eher gleich bzw. ähnlich.
Das ist nun der Rohstack eines der besten Videos, 1000 mal 1,3 s, völlig unbearbeitet (150% Darstellung). Das Bild zeigt im Grunde, was mit einer „perfekten“ Kamera in 1,3 s möglich wäre. Es gibt also noch Luft nach oben
In der Bildbearbeitung bin ich dann einen (für mich) völlig neuen Weg gegangen. Ich habe das Foto nur leicht gestreckt, und das auch nur linear. Das restlich SNR habe ich genutzt um zu schärfen. Mir war klar, dass ich schwächere Detail dabei verlieren würde und dass die Sterne ausbrennen würden. Der Gewinn lag aber in einer gleichmäßigeren Schärfeverteilung und darin, dass der Ringnebel irgendwie „leuchtender“, bzw. „authentischer“ aussah. Geschärft habe ich mit der iterativen PSF Schärfung in Fitswork. Man kann gut sehen, dass die ausgebrannten Sterne deutlich Artefakte aufweisen und der Hintergrund etwas abgeschnitten ist. Die hellsten Sterne wurden später durch weniger stark geschärfte ersetzt.
21 solcher Bildchen wurden dann in PS per Hand gestackt und dabei (subjektiv) gewichtet.
Dann noch die Farbe dazu und das kam dabei heraus.(150% Darstellung)
(klappt leider nicht, wird automatisch verkleinert, incl. Qualitätsverlust), dann bitte hier:
http://www.astrofototeam-niede…nzel.php?FOTO=99946&KAT=6
kleiner:
Ich hoffe euch gefällt das Ergebnis, ich war auf jeden Fall hin und weg, und auch jetzt noch habe ich das Gefühl, dass das Gas regelrecht aus sich heraus leuchtet. (Je nach Bildschirm sieht das aber auch verschieden aus, und das Bildbetrachtungsprogramm scheint auch eine groß Rolle in den Tiefen zu spielen. (Um das beurteilen zu können habe ich die ersten 5 Graustufen links markiert).
Die Farbe selber ist ein wenig ungewöhnlich. Ein älteres DSLR Bild zeigt den Innenteil deutlich grüner, und das scheint auch so realistischer zu sein. Die ASI 120 MM ist aber im Roten (und IR) sehr empfindlich, was zu Luminanzverschiebungen führt, zudem ist die Bayermaske der ASI 120 MC sicher nicht mit fotometrischen Filtern gleichzusetzen. Es scheint so, als wäre sie gerade im [OIII] besonders unempfindlich.(zumindest ist es laut Lichtkurve bei der ASI_034 so.)
...und die Tiefe?
Es hat mir keine Ruhe gelassen heraus zu finden, wie tief ich denn nun auf diese Weise trotzdem noch gekommen bin. Das Ergebnis einiger weiterer Abende der Bildbearbeitung seht ihr hier. Wieder linear gestreckt, nun aber auf den unteren Bereich des Histogramms konzentriert. Immerhin, die äußere Hülle von M57 wird sichtbar, und das bei durchschnittlich 0,8 s Belichtungszeit pro Bild. Nun gut, das waren auch 4,6 Std. Gesamtbelichtungszeit.
Natürlich versuche ich meine Objekte immer mit Referenzaufnahmen zu vergleichen. Gerne hätte ich euch jetzt gesagt, dass es keine schärfere Amateuraufnahme von M57 gibt, aber das stimmt leider nicht. Zumindest eine Aufnahme aus dem Jahre 2006 des Capella-Teams zeigt noch mehr Details. (andere vielleicht auch). 2006, das ist lange her. So lange, dass man sogar die Ausdehnung des Ringnebels nachweisen kann. In dieser Animation sind beide Bilder „geblinkt“ und besonders links unten gibt es deutliche Verschiebungen....und das zappelnde Sternchen innerhalb des Nebels scheint ein echter Schnellläufer zu sein. Dem PPMXL-Katalog (Eigenbewegung der Sterne) ist dieser nicht bekannt. Vermutlich, weil dieses Sternchen direkt vor (oder hinter) dem Ringnebel steht.
Natürlich werde ich weitere Objekte auf diese Weise belichten. Viele werden es aber vermutlich nicht werden, denn nicht nur die Schärfe, sondern auch der Aufwand ist enorm hoch. Eine Erleichterung wird vermutlich eine zukünftige Kamerageneration bringen, die ein deutlich geringeres Ausleserauschen aufweist. Mit der ASI 224 MC ist der Anfang gemacht. Ich warte sehnsüchtig auf eine Mono-Version
...und dann möchte ich irgendwann einmal so eine Billigkamera hinter einen 8 m Spiegel hängen. Mist, vermutlich gibt es da keinen T2 Anschluss...
Viele Grüße,
ralf