Billigschrott für Einsteiger...muss das sein?

  • Moin,


    da Ulrich meinte meine Frage würde in den AS vs. TS Thread nicht reinpassen und das Thema kuzerhand in den Orkus geschickt hat, hier nochmal meine renitente Frage...müsst ihr Händler wirklich mit solchen "Einsteigersets" die Leute über den Tisch ziehen?
    Kann man denen denn nicht was halbwegs brauchbares anbieten oder könnt ihr ohne den Verkauf dieser unsäglich schlechten Teleskop-Montierungssets nicht überleben, wenn das so ist solltet ihr euch wenigstens nicht als Fachhändler bezeichnen.


    Andreas


    P.S. Ulrich schau mal die Foren durch da kannste noch etliches dichtmachen, wenn schon dann richtig konsequent alles andere ist Willkür. [;)]

  • Hallo,


    mit der Frage habe ich mich auch oft beschäftigt... ich fürchte: Ja, sie müssen. Der Anteil an in unseren Augen "gescheiten" Geräten ist mit hoher Wahrscheinlichkeit verschwindend gering... auf jeden Tak werden 5000 Billigheimer verkauft, auf jeden Feld-Wald-Wiesen-Dobson wahrscheinlich immer noch 500...


    Genauso wenig wie ein REWE ohne ja! Produkte, Eigenmarken und 89 Ct Wein aus dem Tetrapak überleben könnte... da musst du dann eben zum Weinhändler [:o)] - und die gibt es ja auch unter den Astrohändlern.


    Schaut man sich an in wievielen deutschen Haushalten Teleskop stehen und was das für welche sind wird das schon plausibel - wer die Schwelle: "Vorher bei erfahrenen Leuten informieren" überwunden hat, der kann ja durch Vereine, enagierte Privatpersonen und eben die Foren auf den "rechten Weg" gebracht werden - ein Teleskop bleibt aber wie ein Radiowecker auch ein Unterhaltungsprodukt was eben auch im Vorbeigehen bestellt und gekauft wird - nicht umsonst gibts das Zeug auch immer wieder beim Discounter neben Sandalen und Salami[;)]


    CS Benny

  • Ich schließe mich Benny an...


    Einfach mal aus meiner Historie: Angefangen vor 15 Jahren mit irgend so einem Meade DS-keine Ahnung. Eine Einarm-Goto-Montierung mit einem Pluto mit sphärischem Spiegel etc. Hat natürlich so gut wie gar nicht funktioniert.


    Dann zuerst die Montierung getauscht, danach die Optik. Da war ich dann bei einem gebrauchten C8 auf einer HEQ5 (schwarz). Hat auch nicht funktioniert.


    Dann einen 10" Billig-Newton auf die HEQ5. War auch nix.


    Nun ja - dann über Jahre immer wieder neue Montierungen und Optiken (und natürlich Kameras, Filter, etc.). Zunächst immer größer - mittlerweile wieder immer kleiner (für Flugreisen).


    Langer Rede kurzer Sinn: Ohne das völlig bescheuerte Anfänger-Müll-Teleskop hätte ich wohl niemals Blut geleckt. Und hätte mir von Anfang an jemand verraten, dass ich mit der Zeit mehrere Kleinwagen in die Astronomie versenke - ich hätte es nie angefangen.


    Traurig aber war[8D]


    Gruß
    Klaus

  • Hallo,


    ist der Billigschrott nicht vielleicht doch je nach Anspruch auch für einen Einstieg geeignet? Haben wir wegen der immer besseren Teleskope das wesentliche dabei vergessen? Meinen 1. Wow Effekt hatte ich als ich mit meinem Tchibo 76/700 Newton Jupiter das 1. Mal gesehen habe. Das Teil kostete damals ca. 150.-DM. Es war aber ein längerer Lernprozess bis ich nach dem Mond Jupiter gefunden hatte. Für einen Einsteiger war die Bedienung schon etwas schwer, aber es ging. Das Tchiboscope benutzt mitlerweile mein kleiner Neffe, und auch er ist fasziniert.


    Die Händler hatte damit sicherlich auch Ihr Ziel erreicht, ich war mit der Astrodroge angefixt.


    Als die Lernkurve nach oben ging und ich endlich realisierte, dass ich mit der Öffnung nicht das sehen konnte, was ich wollte kam ein Skywatcher 150/750 auf NEQ3 nach. Diese Kombi wird gerne als Mogelpackung bezeichnet, ist aber für den weiteren Aufstieg hervorragend geeignet. Der Schwachpunkt an der Kombi ist nur dieses wackelige ALU-Stativ. Das Restliche Zubehör ist durchaus brauchbar, den Newton fand ich sogar sehr gut. Dazu einige Goldkanten und ein 2" Erfle und ich war damit lange glücklich.


    Mittlerweile ist auch der Newton weg (war ein Fehler) und andere, dem jeweiligen Einsatzzweck entsprechende Optiken mit entsprechendem Zubehör sind da. Das sind ein Dobson 300/1500, ein APO 80/480, ein Lunt LS35, ein C8, eine HEQ5 und dazu passende Okulare von ES, TV und TS zusätzlich noch einige Filter von Astronomik und Baader. Nach wie vor bin ich fasziniert, und die Lernkurve geht immer weiter nach oben. Videos und Bilder von Planeten und Sonne werden gemacht und die Einarbeitung in die Fotografie erfolgt trotz knapper Zeit gerade.


    Für mich war es also kein Fehler, den sog. "Astroschrott" zu kaufen. Alles hat seinen Markt.

  • Es ist schwierig, aus all dem Billigmuell die paar Perlen herauszufiltern.


    Ich habe gerade ein LIDLscope neuester Generation zuhause stehen. Eine Mutter mit ihrem 12-jaehrigen Sohn brachte es ins Planetarium, da ihr Sohn nicht damit umgehen koenne. Ich war erstaunt, wie schlecht dieses einst gepriesene preiswerte Einstiegsinstrument gemacht wurde, das ich selbst mehrmals kaufte um es weiterzuverschenken:


    2004: 70/700 mit 6x30 achro-Sucher, parallaktische Montierung mit Metallgetriebe, einigermassen sinnvolle Kellnerokulare. 49.95 Pfund.


    2007: Aehnlich wie zuvor, andere Montierung aber durchaus brauchbar, sogar Stahlrohrstativ, 49.95 Pfund.


    2014: 70/700 optischer Tubus unveraendert, 5x24-Einlinsersucher auf Wackelhalterung (dessen Federdruckbolzen 1mm Verfahrweg hat - schon im nagelneuen Zustand 100% unbrauchbar, hat das denn niemand ausprobiert ?!). Billige Huygensokulare. Ich habe das Teil erstmal mit einem Skywatcher 6x30 und drei Ploessls getunt. Der Hit kam aber erst, die neue "Montierung" ist azimutal mit Feintrieben. In Azimut ist der Feintrieb ein Metallzahnrad mit Schnecke, in Hoehe ein Plastikzahnrad mit Schnecke. Da das Teleskop nicht in der Drehachse montiert ist, entsteht eine Unwucht, die von dem bereits ausgeleierten Plastikzahnrad aufgefangen werden muss. Oeffnet man die Hoehenklemmung, faellt einem das Rohr entgegen, da es ja nicht im Schwerpunkt ist. Wenig troestlich, dass man diese Montierung mit einer Verkippung "parallaktisieren" kann. Das Stativ ist Kategorie billigstes Fotostativ, mit duennen Alubeinen und Plastik-Anlenkstuecken. In meinen Augen hat man alles, was an dem Geraet mal sinnvoll erschien, weggelassen und das Geraet kostet jetzt 69.95 Pfund.


    Vielleicht kommt es in der naechsten Runde mit nichtachromatischer Frontlinse und Blende daher, dann fuer 99.99 Pfund ?



    Doch nun zu den Perlen - es gibt sie!


    Waehrend mein meistempfohlenes Einsteigergeraet hier in England knapp 300 Pfund kostet (Skywatcher 150/750 auf EQ3-2), gibt es z.B. als Einstiegsgeraet fuer Kinder, wo man nicht gleich so viel Geld ausgeben kann, einen Dobson 100/400 (Heritage 100P) mit Parabolspiegel und brauchbaren Okularen. Das ist, was ich derzeit im unteren Preissegment empfehle, kostet in England 89 Pfund.



    Das Problem ist, dass solche Perlen nicht beim Discounter angeboten werden. Aldi hatte neulich einen 76/300er Dobson mit Kugelspiegel, was soll das ? Da werden selbst die Saturnringe schon zur Herausforderung.


    Wir hatten hier vor etwa einem Jahr mal die Diskussion ueber ein optimales Einsteigerteleskop. In meinen Augen waere das ein kleiner Dobson mit spartanischer aber solider Ausstattung. Etwa 100/900 (dann muss er nicht parabolisch sein), mit Crayford-Metallfokussierer, mindestens Kellnerokularen und einem achromatischen 6x30-Sucher in solider Fassung. Das Heritage 100P kommt dem schon recht nahe, der Rotlichtsucher ist deutlich besser als der 5x24 in Weingummihalterung.

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