Nikolaus Kopernikus - ein Pole oder ein Deutscher

  • hallo zusammen,


    ich nutze das neue Forum (Danke Matthias) um euch meinen Namensväter kurz vorzustellen (wer wenn nicht ich sollte dies tun[:D]) und evtl. damit eine kleine Gesprächsrunde zu initieren.


    Nicolaus Kopernikus (1473 - 1543), Astronom. Begründete das "Kopernikanische Weltbild", nach dem die Erde ein Körper sei, der um die Sonne kreise und sich dabei um seine eigene Achse drehe. Er löste damit die mittelalterliche Vorstellung ab, daß die Erde der unbewegliche Mittelpunkt des Universums sei. (s. "Ptolemäisches Welt-bild".)
    Diese Auffassung wurde anfänglich von der Kirche nicht abgelehnt. Erst als die Kirchen beider Konfessionen erkannten, welche Auswirkungen eine solche Weltsicht für die überlieferten Glaubenssätze des Christentums hat, wurde das Kopernikanische Weltbild unterdrückt. <u>Die Nachfolger </u>des Kopernikus, Johannes Kepler, Galileo Galilei und Giorda-no Bruno, sollten das zu spüren kriegen.


    War er ein Pole oder ein Deutscher - diese Frage wird oft gestellt und führt oft zu hitzigen Debatten (glaubt mir [;)]) - um so schwiriger ist die Antwort darauf.
    "Pommern (Thorn oder Torun), wo er geboren wurde und den größten Teil seines Lebens verbrachte, gehörte damals und gehört heute wieder zu Polen. Gleichzeitig war es vom Deutschen Orden "beherrscht" und gehörte zwischendurch mal zu Deutschland. Seine astronomischen Theorien entwickelte er in Italien. (Soweit man von der Existenz dieses Landes zu der damaligen Zeit überhaupt sprechen kann. Italien war wie Deutschland zersplittert.) Die Nationalitäten spielten damals auch bei weitem nicht die Rolle, die sie später leider mal spielen sollten.
    In der Literatur findet man die Bezeichnungen deutsch, polnisch, deutsch-polnisch und der Brockhaus verzichtet auf die Angabe einer Nationalität."


    Ob Kopernikus Deutscher oder Pole war, ist meiner Meinung nach gemessen an seiner Bedeutung für das moderne Weltbild letztlich unwichtig (wobei ich muss ehrlicherweise zugeben dass ich, wenn ich mich entscheiden müsste - ihm den polnischen Pass ausstellen würde - bitte schlagt mich nicht deswegen sofort zusammen[8D] - schliesslich bin ich vorbelastet da ich aud Ostpreussen komme) - was wirklich zählt war sein Mut gegen den Strom zu schwimmen - das imponiert mir.


    und wie denkt ihr darüber ?


    Gruß vom Kopernikus

  • Hi Kopernikus II,


    vielleicht sollte in diesem Zusammenhang auch nochmal auf das Lexikon hier im Astrotreff hingewiesen werden:


    http://www.astrotreff.de/lexikon.asp?Startseite=&Menu=6


    Wenn du dich hier anmeldest:


    http://www.astrotreff.de/lexikon.asp?Benutzereinstellungen


    kannst du unter "Kopernikus" einen neuen Beitrag anlegen (Copy & Paste) und wird auch jeder sehen wer diesen Artikel angelegt hat.


    Gruß und bis bald auf der ATH,


    Maurice

  • Hallo Kopernikus,


    wenn man es genau nimmt, war er Ermländer, denn das Ermland gehörte zu seiner Zeit noch nicht zu Ostpreußen. Dazu kam es erst viel später im Zuge von Gebietsneuordnungen bei den polnischen Teilungen. (Nachdem man Polen erst passend zurechgestutzt hatte, konnte man dort Grenzziehungen verändern und Gebiete zwischen Ost- und Westpreußen austauschen.)


    Dieses Hin- und Her der Gebietszugehörigkeit ist natürlich auch ein Grund für den überflüssigen Streit um Kopernikus' Nationalität. Eine wichtigere Rolle spielt das aber in konfessioneller Hinsicht: Das Ermland war als polnisches Gebiet natürlich streng katholisch, während das umgebende damalige Ostpreußen als kurfürstliches Gebiet schon ziemlich seit Beginn der Reformation protestantisch war.


    Nur der "Zufall", daß Kopernikus Ermländer war, ermöglichte ihm eine gesicherte Existenz aus seine Einkünften als, wie man heute sagen würde, leitender kirchlicher Verwaltungsbeamter, eben als Domherr in Frauenburg/Frambork. (Allerdings heißt es, dieses Amt sei vor allem sein finanzielles Ruhepolster gewesen und er habe nicht übermäßig viel Engagement hineingesteckt.)


    Während Kepler als Protestant zwar beträchtlich unter der Gegenreformation in Österreich zu leiden hatte, konnte er wenigstens den Mund aufmachen und war nicht von der Inquisition bedroht. Kopernikus stand da ganz anderes da. Damit hängt es sicher zusammen, daß Kopernikus über zehn Jahre zögerte, sein Buch ("De revolutionibus ...") herauszugeben.


    Aber das ist ein eigener Krimi. Da tauchen Namen wie Melanchthon und Osiander auf. Und schließlich steht im in Nürnberg gedruckten Buch ein Vorwort, das von Kopernikus gar nicht autorisiert war und den ganzen Inhalt relativiert. Jürgen Hamel hat eine Koopenikus-Biographie geschrieben, welche die Details dazu darlegt. ("Nicolaus Copernicus: Leben, Werk und Wirkung")


    Die hab' ich mal gelesen. All' die anderen noch nicht. Zum Vergleich werde ich mir irgendwann nochmal eine der schönen Darstellungen aus der Nazizeit reinziehen, die ihn sicher ganz im Gegenteil zu Hamel als deutschen Helden darstellen, der mutig der Kurie trotzte und wohl so gar nicht in seine klerikale Umgebung paßte. (Solche Helden hatten die Nazis manche bei den Ostpreußen: "Reichsbischof" Müller war auch einer.)


    Gruß, mike

  • Hi Kopernikus,


    in dem schönen Büchlein "Nikolaus Kopernikus im öffentlichen Leben Polens" steht am Ende folgender Schlussabsatz:
    <u>Zitat:</u>
    "Zu den bekannten Eigenschaften des Großen Copernicus soll also noch diese eine immer wieder hinzugefügt werden: er war ein guter Bürger seiner engeren Heimat -- Königlich-Preußens, damit also auch der gesamten Respublica Polonica."


    Also ist doch alles über dich gesagt, oder?[;)]

    VG Frank

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    Ein Blick in die Tiefen des Weltalls, ist immer ein Blick in die Vergangenheit.

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  • Hallo Kopernikus,


    zur Zugehörigkeit der Stadt Thorn/Torun ist hier schon geschrieben wurden. Ich möchte als Historiker noch dazu anmerken, dass die Frage der Nationalität mitunter sogar unbeantwortbar bleiben muss. Wir wenden heute völlig falsche Kriterien an, um diese Frage zu beantworten, nämlich unsere heutigen: Wir leben in einem Territorialstaat, in dem das Gebiet des Staates in der Regel deren Bewohner als Mitglieder einer Nationalität ausmachen. Im ausgehenden Mittelalter definierten sich Staaten nicht über ihr Hoheitsgebiet(weshalb historische Atlanten eigentlich unzulässige historische Hilfsmittel sind), sondern über Personalverbände; d. h. man gehörte als freier Mensch dem Personenverbandsstaat an, dessen Herren man den (Lehns-)Treueeid geleistet hatte und das Konnte man ohne weiteres gegenüber mehreren Herren tun, so das doppelte, dreifache oder x-fache "Staatsbürgerschaften" (im modernen Sinne) völlig Gang und Gebe waren. Schon die Frage zu stellen, ob Kopernikus Deutscher oder Pole war, bedeutet aus meiner Sicht, Äpfel mit Birnen zu verwechseln.


    Tschüss


    Hubertus

  • Hallo Hubertus, Astrofan, Grack, Mike, Maurice,


    vielen Dank für eure Beiträge (auch für die Literaturverweise & link´s) - die Resonanz auf meine unortodoxe Frage hat mich sehr positiv überrascht.
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Schon die Frage zu stellen, ob Kopernikus Deutscher oder Pole war, bedeutet aus meiner Sicht, Äpfel mit Birnen zu verwechseln.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    (==&gt;) Hubertus - zugegeben es ist eine ketzerische Frage (war auch Absicht[8D]) sie ist aber eher als ein Ansporn/Motivation und Einladung zu einer Diskussion zu werten

  • Da haben wir im Astrotreff ja wirklich Glück, daß "Vertriebene" und andere Ewiggestrige keine Beiträge posten. Wenn's nach denen geht, ist die Frage eindeutig und ohne jeden Zweifel zu Ungunsten Polens zu beantworten.

  • Ey ey ey!!! Rüediger,


    wenn auch ich mit meinen 40 Lenzen nicht selbst, so stamme ich doch beiderseits von Vertriebenen ab, allerdings solchen, die stets gute Kontakte noch Polen pflegten. Vertriebener zu sein bedeutet noch ja noch nicht (und ich denke, das weißt du auch), per se "einer bestimmmten" politischen Gesinnung anzugehören.


    Hubertus

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