Öffnungsverhältnis im Laufe der Zeit?

  • Hallo,


    mich würde mal interessieren, warum im Laufe der Zeit, die Öffnungsverhältnisse immer schneller geworden sind.


    Wenn ich mir alte Astronomiebücher meines Vaters aus den 60er und 70er Jahren anschaue, dann wurden dort im Wesentlichen 3 Gruppen von Teleskopen beschrieben. Achromatische Refraktoren um f/15, (Newton-)Reflektoren um f/10 und sogenannte Kometensucher, also Refraktoren mit schnellen Öffnungsverhältnis. Als Begründung für die Notwendigkeit von Kometensuchern wurde angegeben, Spiegelteleskope seien für diesen Zweck nicht geeignet, weil deren Öffnungsverhältnis zu langsam sei.


    Apochromaten und ED Gläser waren damals zwar schon bekannt, aber sündhaft teuer, weshalb sich die Vorliebe für langsame Achromatische Refraktoren erklären lässt.


    Die Familie der Kometensucher scheint heutzutage komplett verschwunden zu sein. Das letzte Mal fand ich diesen Begriff Anfang der 90er in einer Astrozeitschrift.


    Was mich allerdings wundert, das Newtonteleskope im Laufe der Zeit immer schneller wurden. In den alten Büchern wurde ein f/8 Newton als etwas außergewöhnlich schnelles dargestellt. Heute scheint ein f/6 Newton hingegen schon eine außergewöhnlich langsame Optik zu sein. Wie kam es dazu?


    Lag es an den damaligen Fertigungsmethoden? Der Focault-Test wurde doch damals wie heute bei selbstschleifprojekten verwendet.


    Irgendwo las ich mal, der Trend habe sich so entwickelt, weil Astrofotografie heute viel beliebter sei. Allerdings habe ich noch keine Sternwarte besichtigt, die nicht auch ein Fotolabor hatte. Und bei den Damaligen im Vergleich zu heutigen Halbleitersensoren relativ unempfindlichen Photoemulsionen, wäre doch ein schnelles Öffnungsverhältnis damals viel wichtiger gewesen, als heutzutage.


    Oder war es damals noch nicht möglich Komakorrektoren herzustellen, wie sie heute in der Astrofotografie mit schnellen Newtons eingesetzt werden?


    Viele Grüße,
    Roland

  • Hallo Roland,
    ein Grund ist wohl die,für Amateure, immer preiswerter zu bekommenden Großteleskope.Wer hätte vor 30-40 Jahren,ernsthaft damit gerechnet,nen 30 Zöller,transportabel,für den Feldeinsatz nutzen zu können.Aber bei f 10,also über 5m Brennweite,wirds sehr groß,schwer und unhandlich.Ne Leiter muß mit usw.
    Außerdem waren solche Teile fast nur in Sternwarten drin,mit gewaltigen,parallaktischen Montierungen.
    Dank John Dobson hat sich das geändert.
    Da ist ne deutlich schnellere Öffnung sehr hilfreich.
    Auch bei Refraktoren,war ja f15 Standard.Die heutigen,kurzen Apos,gibts hauptsächlich der Gewichtseinsparung wegen.Der positive Nebeneffekt,ist das schnellere Durchbelichten von Aufnahmen.
    Nachteilig ist der teure Einsatz von Okularen mit entsprechend kleinen Brennweiten bei visuellem Gebrauch.
    Gruß Armin

  • Hallo Roland,


    ich sehe mehrere Gründe für diese Entwicklung. Zum einen gibt es eine grössere Auswahl tauglicher Okulare für schnelle Optiken erst seit den 80'zigern, zum anderen sind wegen der Lichtverschmutzung immer mehr Sternfreunde auf eine mobile Ausrüstung angewiesen. Ausserdem ermöglicht der Preisverfall immer mehr Amateuren mit einer grossen Optik einzusteigen und die wird bei langsamen Geräten schnell zu unhandlich und wegen der benötigten Montierung auch wieder teuer.


    Celestron verwendet den Begriff Kometengeräte auch heute noch: http://www.celestron.de/category.php?CatID=292 .


    Gruss Heinz

  • Hallo,


    mit tauglichen Okularen sind Naglers gemeint? Die klassischen Okularbauformen gab es ja schon lange vorher.


    Der Preisverfall durh Großserienferigung ist in der Tat beeindruckend gewesen. Sind eigentlich auch Glasrohlinge preiswerter geworden? Irgendwie habe ich den Eindruck, das auch Eigenbauten früher bescheidenere Dimensionen hatten.


    Die Dobson Bauform stammt doch auch schon aus den 50ern des letzten Jahrhunderts. Allerdings zum ersten mal darüber gelesen hatte ich erst in den 90ern.


    Viele Grüße,
    Roland

  • Hallo Roland,


    Soweit ich das sehe sind die Preise für Rohlinge ziemlich stabil. Da gibt's aber berufenere Aussagen. Zu den schon genanten Gründen kommt sicher auch, dass viele Glaubenssätze widerlegt wurden. Früher waren die Spiegel deutlich dicker und man hat auf teure Gläser geschworen. Quarz war hier neben Pyrex das absolute muss.
    Diese Gläser sind sehr teuer. Durch mutige Sebstschleifer und aufwändigere Spiegelzellen würden die Spiegelträger immer dünner.
    Noch Anfang der 90er hätte keiner geglaubt, dass man einen 16" nur 25mm dünn überhaupt herstellen kann.
    Dazu kommen enorme Fortschritte in der Messtechnik. Und auch hier wieder Leute die den Satz "Das geht nicht" einfach ignorieren und machen.
    Diese Fortschritte sind alle durch Amateure gemacht worden. Die ehemals großen Hersteller haben diesen Trend praktisch vollständig verpennt und haben den Herstellern aus Fernost das Feld überlassen. Die legendären Namen existieren praktisch nur noch als Markennamen.


    Gruß Dirk

  • Hallo Roland,


    Warum sind im Lauf der Zeit die Autos immer schneller geworden[;)]?


    Schnelle fotografische Systeme haben sich schon vor 60-70 Jahren schnell verbreitet, nachdem Bernhard Schmidt seinen Korrekor erfunden hatte. Damit waren Optiken schneller als f/1 und mehreren Winkelgrad Bildfeld bei sehr guter Abbildung möglich. Der sphärische Hauptspiegel eines Schmidt-Teleskops lässt sich ziemlich einfach mit beliebigem Öffnungsverhältnis in guter Qualität herstellen.


    Solche Systeme könnte man mit einem Korrektor auch mit großen CCD-Sensoren verwenden, aber das macht unter anderem wegen der Lichtverschmutzung nicht viel Sinn - bei Belichtungszeiten von einer Minute kann der Hintergrund schon Sättigung verursachen.


    Durch heutige Glassorten sowie Fertigungs- und Prüfmethoden sind die technologischen Grenzen für die Fertigung von Optiken sowohl bei Spitzenoptiken als auch bei Massenware in den letzten Jahrzehnten weit hinausgeschoben worden.
    Das Argument der "langsamen" Spiegelteleskope mag daher rühren, dass Amateuroptiken früher aus Kostengründen oft nicht parabolisiert waren. Dann ist halt bei 115mm f/8 Schluss (bzw mit Einschränkungen bei 150mm f/10).


    Bei den heutigen günstigen Preisen sind wohl auch mehr Leute bereit, mit nicht ganz perfekter Abbildung zu leben, wie Farbfehler beim schnellen Achromaten und Koma beim schnellen Newton. Für letztere gibts sogar bezahlbare wirksame Korrektoren.


    Gruß,
    Martin

  • Moin,


    Die Korrekturen sind heute einfacher/billiger zu berechnen und umzusetzen. Da kann dann auch der Amateur es sich leisten, Optiken zu verwenden, die ein großes Öffnungsverhältnis haben.
    So Optikzeuch per Hand durchzurechnen dauert etwas, seit es Rechner und Software zu guten Preisen dafür gibt, sind auch Korrekturen höherer Ordnung im Bereich des ökonomisch möglichen. Das gepaart mit Serienfertigung, bei der sich die Inverstition in Maschinen lohnt, die das umsetzen können, und bam hat man seine schnellen Optiken zu Amateurpreisen.

  • Moin,
    hinsichtlich der refraktiven Elemente (u.a. Okulare) wäre ich vorsichtig in der Beurteilung. Es gab schon vor 30 Jahren Okulare mit integrierten Coma-Korrektoren. Der größte Unterschied - neben der Möglichkeit der numerischen Berechnung - ist die Vergütung/Entspiegelung der Oberflächen. Dadurch können mehr optische Elemente verbaut werden, ohne dass interne Reflexionen die Qualität "versauen".


    Früher galt ein Erfle mit seinen 5-Elementen als "geiles Weitwinkel" mit "miserablen Kontrast". Mancher Newtonbesitzer hat ein Steinheil-Dreilinser (verkittet) bevorzugt. Da stimmte die Abbildung an einem f/8-Newton.


    Gruß

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