Mittelprächtiges La Palma

  • Hallo Freunde,


    es war mal wieder soweit: high-end-Spechteln auf La Palma!
    Im Gegensatz zu letztem Jahr konnten wir immerhin dreimal so viele Nächte nutzen, nämlich drei!
    Vier Nächte waren eher zum Grillen oder Quatschen geeignet, da der Wind endlose Wolckenschichten über die Insel drückte.
    Trotzdem war der Spechtelurlaub im Großen und Ganzen befriedigend.



    Es ging schon gut los, denn der frühe Flug, vorbei an Teneriffa, bedeutete stressfreie Anreise zur Ferienwohnung in Puntagorda.




    Ein Garten Eden...


    Nun konnten wir (Herbert, Dietmar, Horia und ich) gemütlich unsere Zimmer beziehen und die Teleskope aufbauen.



    Die erste Beobachtungsnacht nutzen wir sofort aus und beobachteten direkt von der windgeschützen Terrasse aus.
    Der 18-Zöller zeigte sein ganzes Potential bei SQM-Werten über 21,50.
    Der Abend fing schon gut an, denn ich konnte den Mitbeobachtern den etwas schwierigen Zugang zum Pferdekopfnebel erklären.
    Wenn man erst einmal weiß, wo genau und wie groß der Dunkelnebel ist, erkennt man ihn auf Anhieb.
    Mit den so eindrucksvollen Astrofotos hat das aber nichts zu tun.
    Beim Pferdekopf ist das nämlich ganz einfach: man sieht nichts... und genau das ist der Pferdekopf!
    Recht schwach und am Besten mit dem H-Beta-Filter.
    Ganz zart erkennt man eine scharf abgegrnzte Aufhellung in die der dunkle Pferdekopf hinein ragt.


    Daneben gab es eine Reihe von Erstsichtungen im Orion, wie z.B. J320.
    Das ist ein winziger Planetary, der mit Starhopping einfach zu finden, aber schwer zu ekennen ist.
    Mit Filterblinken springt er dann sofort ins Auge, obwohl er nur 7" groß ist.
    M42, M78 und der Flammennebel waren eine Augenweide und sogar NGC2022 war schön zu sehen.


    Beim Blick zum hochstehenden großen Wagen fallen einem sofort die high-lights ein: M81 und M82, in dem man immer noch deutlich
    die Supernova erkennen konnte.
    Bei M81 konnte man die äußeren Spiralarme erkennen und zwischen einem schwachen Sterntrapez war sogar Holmberg 9 indirekt zu erahnen.
    Dann folgten M97 mit Zentralstern und Augen, die langgestreckte M108 mit deutlichen Strukturen, M101 mit Spiralarmen und
    unglaublich kontrastreich der Star der Nacht: M51.
    Dietmar meinte, dass er diese schöne Spirale noch nie so deutlich sehen konnte. Ich gebe ihm da Recht!


    Es ging weiter über M63 und M94 zu den Jagdhunden und in der Coma Berenices: leicht zu finden, neben beta CVN, NGC4490, die Cocoon Galaxis.
    Begleitet wird sie von der winzigen NGC4485.
    Über die kugelrunde NGC4369 mit hellem Zentrum weiter zur Galaxis NGC4244, einer sehr schönen edge-on Galaxis, genannt Silbernadel.
    Von dort zur noch schöneren NGC4565, meiner Lieblingsgalaxis!
    Diese Nadel zieht sich durch das gesamte Gesichtsfeld des 10mmn Ethos und zeigt dabei ein deutliches Staubband.


    Mein Gott, wie viele Objekte sind an diesem Abend alle gesehen worden!
    Ich zähle mal einige auf, die mir im Gedächtnis gebleiben sind:
    M64, die Black Eye Galaxis, die Heringsgalaxis NGC4631, daneben die Angelhakengalaxis NGC4656 mit Begleiter,
    dann die Balkenspirale NGC4395, bei der ein länglicher Balken erkennbar ist und zwei zarte Aufhellungen.
    Weiter zum Leo: die Standards folgten mit der stark struktuierten NGC2903, M95 und M96, M65,M66 und NGC3628, dem Triplett.
    Natürlich auch jede Menge der kleineren, schwächeren Galaxien wie etwa Hickson 44, der Gruppe um 3367 (mit angedeuteten Spiralarmen?),
    weiter zu den Gruppen um NGC3608 und NGC3684. Da tummeln sich die schwachen Fuzzies zu Hauf!
    Es gab auch viele Sichtungen von Kugelhaufen: allen voran M3, der jetzt auch vom Herbert sicher aufzufinden ist.
    Natürlich auch jede Menge Planetaries: der Eskimonebel, Jupiters Geist NGC3242 und NGC 4361 im Corvus.
    Dann dutzende Galaxien in der Jungfrau, wie Markarians Kette, beginnend bei M86 bis M88 und weiter hin zum Sombreronebel M104.
    Weiter im Süden konnten Omega Centauri, NGC5158/CentaurusA und M83 gesehen werden.
    Bei M83 gut erkennbar die Spiralarme, bei NGC5128 das dunkle Band in der Mitte.
    Erst weit nach Mitternacht brachen wir den langen Tag ab und gönnten uns noch einen Schluck Rotwein.


    Die nächste Nacht sollte die schönste werden. Wir bauten nach Abzug der Nebelschwaden unsere Dobsons oberhalb des Hauses auf einer Pferdekoppel auf.




    Dazu gesellte sich Perry Black, genannt Perry Schwoaz, mit seinem 16-Zoll Hubble-Dobson.




    Der Spiegel ist eine interessante Konstruktion aus zwei Glasscheiben, die mit runden Glasstückchen verklebt sind.
    Die Abbildung des Spiegels war erstaunlich gut!


    Diese Nacht brachte sehr gutes seeing und eine gute Durchsicht mit SQM Werten um 21,65. Wieder wurde nach Gutdünken der Himmel abgegrast
    und alle bekannten Objekte von dem Tag davor wiederholt... jetzt natürlich aus dem Gedächtnis!
    Viele neue NGC-Objekte kamen dazu, die meist aber klein oder schwach waren.
    Nach einem kleinen Schlummertrunk beendeten wir den Tag.



    Auch die angenehme andere Seite der Insel wurde erkundet:
    z.B. drei Besuche bei der Mama im Jardin de los naranjos bei gutem Essen und Trinken.




    Natürlich beobachteten wir auch ganz oben am Roque!
    Der Himmel in Puntagaorda war von niedrigen Wolken bedeckt, aber darüber war es klar.
    Schon die Anfahrt über viele enge Kurven und der Blick auf die Landschaft war beeindruckend!







    Der Blick in die Caldera, den größten Einbruchkrater der Welt, zum Glück diesmal ohne Wolken!


    Diese Nacht war etwas feucht und windig, aber direkt auf der Straße vor dem Krater fanden wir einen windgeschützten Platz.
    Erst weit nach Mitternacht und Dutzenden von Objekten brachen wir ab.
    Nach einer dreiviertel Stunde und leichtem Unwohlsein (1000 gefühlte Kurven) waren wir wieder in Puntagorda.


    Die Woche verging wie im Fluge und an einem sehr windigen Tag (verdächtig... das kannten wir vom Vorjahr) mussten wir abreisen.



    Schon beim Mittagessen in Porto Tazacorte kamen böse Gedanken, ob denn die Condor überhaupt landen könne.
    Also erst einmal zum Airport auf der anderen Seite der Insel und die Koffer ausgeladen:



    Dann einchecken und warten, warten, warten...



    Auf dem iPhone mit der App Flightradar sahen wir die Maschine anfliegen, überfliegen und abfliegen! Die Maschine landete nun auf Gran Canaria. Nix mit Einsteigen und heimfliegen!
    Nach einiger Zeit und Ratlosigkeit mussten wir das gesamte Gepäck wieder vom Band abholen und in einem Bus verstauen,
    der uns wieder zurück auf die andere Seite der Insel brachte.



    Im Örtchen Puerto Naos am Meer konnten wir im Hotel Sol La Palma ein Zimmer bekommen.
    Das ist ein in die Jahre gekommenes Hotel, in dem weit über 1000 Leute Platz haben.



    Das Essen und das Frühstück waren sehr gut und es ging mit dem Bus zurück zum Flughafen.
    Das Wetter hatte sich beruhigt und endlich konnte die Maschine landen!



    Nach langem, angenehmen Flug landeten wir gegen 22 Uhr 20 in Frankfurt. Puh, eine anstrengende Heimreise!
    Insgesamt hat es aber Spaß gemacht und nächstes Jahr versuche ich es wieder... [:p]
    cs
    Timm


    Edit: Tippveeler wech...

  • Hallo Timm,


    das war ja schon wieder mal eine etwas problematische La Palma-Reise, die sich aber unterm Strich anscheinend gelohnt hat. Gerätemässig war ihr ja gut ausgestattet, vor allem der Hubble-Dobson sieht interessant aus.
    Bei mir hat dein Bericht jedenfalls Erinnerungen geweckt. Vor allem das Foto vom Jardin de los Naranjos ist mir beim Freischalten sofort aufgefallen. Schmeisst Mama den Laden jetzt alleine oder ist Sonja auch noch da?
    Die Badesaison scheint ja noch nicht im Gange gewesen zu sein. Oder war es einfach noch nicht die richtige Tageszeit, als du die Fotos in Puerto Naos gemacht hast? Bei meinem letzten Besuch im April war der Stand recht gut besucht, so weit ich mich erinnere.


    Gruss Heinz

  • Hallo Heinz,


    ja, unter dem Strich hat sich die Reise schon gelohnt!
    Die Mama scheint das alleine zu schmeissen, denn eine Sonja habe ich nicht erlebt.
    Die Badesaison hat in der Zeit unseres Aufenthaltes wohl eine Pause eingelegt,
    denn bei allen Besuchen am Meer war die rote Fahne gehisst.
    Bei fünf Meter hohen Wellen mit Felsen im Meer würde ich auch nicht reingehen wollen...
    cs
    Timm

  • Hallo Timm!
    Vielen Dank für den Reisebericht nach "la isla bonita"! Starke Bilder, traumhafte Landschaft, super beschrieben. Genau der richtige Lesestoff an diesem trüben, verregneten Tag. Das lässt grad ganz, ganz, ganz stark Fernweh aufkommen [:)]
    Dass ihr 'nen 18"er mitgenommen hattet, wahnsinn. Das ging sicher nicht ohne Übergepäck-Draufschlag, oder?
    Auf welcher Höhe lag die Finca? Ist der Wind da "unten", in den niedrigeren Lagen, auch schon mal ein Problem? Du erwähnst ja explizit die "windgeschützte Terrasse".
    Also nochmal, vielen Dank fürs Berichten [:)]
    Schönes Wochenende! - Anne

  • Die Casa liegt auf 950m Höhe und wenn es Wind hat, dann ist er fast überall deutlich zu spüren.
    .
    Auf dem Roque konnten wir uns in einem kuriosen Windschatten platzieren:


    Die Straße verläuft beim Auslug in die Caldera wie auf einem Grat und wir standen


    unter dem "Windbogen" Hangaufwind und -abwind mitten auf der Straße im Ruhigen.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: WaWi</i>
    <br />Hallo Timm!


    Dass ihr 'nen 18"er mitgenommen hattet, wahnsinn. Das ging sicher nicht ohne Übergepäck-Draufschlag, oder?


    Schönes Wochenende! - Anne
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Anne,


    nein, kein Übergepäck!
    Das ist ein "Klosedobson", also ein sehr leichter Dobson.
    Wir waren ja vier Männer, die nicht viel mitnehmen für eine Woche. Der Dobson wurde aufgeteilt, so dass das Gewichtslimit nicht überschritten wurde.
    cs
    Timm

  • Guten Tag - schön Dich (Sie) zu sehen!e...Timm,


    Super Bericht! Lasse die letzten Tage das ganze noch mal Revue passieren. Sehr schön, dass wir uns dort getroffen haben und zusammen auch die letzte Sturmnacht verbracht haben ;) wenn ihr das nächste Mal dort hin wollt, dann sagt am besten auch Bescheid. Ihr scheint ja das schlechte Wetter quasi magisch anzuziehen ;)


    Nochmals Gruß an alle


    Oliver


    P.S.: arbeite auch am eigenen Bericht. Werde ihn in Kürze hier posten.

  • Hallo Tim und die andren Jungs,


    danke für die Impressionen! Da blüht ja alles wie irre - toll!


    Ich hätte da auch noch eine Frage - wie verhält es sich denn mit der Luftfeuchte auf 1000 m und am Roque wo ihr ward? Habt ihr die mal gemessen? Ach so, habt ihr signifikante Unterschiede in der Himmelsgüte festgestellt bei den unterschiedlichen Höhen? Normal würde ich das ja annehmen...


    Danke und Schöne Grüße


    Norman

  • Hallo Norman,


    Es kommt drauf an ;) hol dir schon mal eine Tüte Chips...


    Nein, mal im Ernst. Die Bedingungen sind häufig genauso gut wie auf dem Roque selbst. Aber leider nicht immer. Das erkennt man aber in der Regel recht einfach: hat die Sonne beim Abdecken mit einem Finger einen großen Hof, dann hat man häufig Luftfeuchtigkeit oder Saharastaub in der Luft. In diesen Fällen muss man dann quasi auf den Roque, da dann die Luftfeuchtigkeit und auch der Staub in der Regel abnehmen. Ausnahme: Zirren. Die erkennt man in der Regel recht einfach. Dann ist es wurscht.
    Ich fahre gerne auf dem Roque, da ich die Umgebung und insbesondere die Höhe und damit in bestimmten Bereichen sehr gute Sicht unter den mathematischen Horizont toll finde. Bestimmte Phänomene, wie zum Beispiel das Horizontnahe Airglow oder die Lichtbrücke sind hier einfacher zu erkennen. Letzte Woche hatten wir auf 1000 m eine Nacht, die war so trocken, dass beim Berühren von Folien oder beim Ausziehen von Kleidungsstücken Funken sprühten. Das passiert in der Regel erst ab einer Luftfeuchtigkeit deutlich kleiner 20 %. Messen konnte ich das leider nicht, da das Messgerät bei der letzten La Palma-Reise leider geschrottet wurde. Das gestaltet sich dann recht kurios, dazu Beginn in der Nacht häufig die Luft feucht riecht, wie man es auch aus Deutschland kennt. Später dann nach ein 1-2 Stunden wird die Luft häufig deutlich trockener.
    Am ersten Tag/Nacht habe ich die Himmelsqualität im Zenit auch mal mit dem SQM-L vermessen: auf dem Roque hatte ich 21,62 im Mittel und eine halbe Stunde später auf fast 1200 m niedriger, am Haus (1050m üNN), 21.58. Der Unterschied ist aus meiner Sicht vernachlässigbar.
    In manchen Nächten allerdings, insbesondere zum Beispiel im Herbst, ist es möglich dass nachts auch Wolken, ähnlich wie bei uns in Deutschland auch, in Form von Nebel aufkommen kann. Die Wettervorhersage des spanischen Wetterdienstes ist in der Stundenvorhersage mittlerweile so genau, dass man dies im Voraus mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit weiß und sich darauf einstellen kann.



    Gruß


    Oliver

  • Hallo Freunde des dunkeln Himmels,


    es waren sehr schöne und sehr windige Tage und Nächte dabei. Die spektakulärste Sichtung war für mich das Kreuz des Südens am zweiten Tag auf der Koppel. Hier einige Bilder:


    Auf dem Weg zu unsere Residenz, die obligatorische Pause mit Kaffee und Kuchen bei El Time, in nette Runde:




    Der Blick über den Atlantik, in Richtung Westen, aus unserem Garten:



    Vorbereitung auf der Koppel (das wird die beste Nacht sein):



    Der Polsucher:



    Flugstunde auf dem Vulkan:



    Bei Regen haben wir Zimmerastronomie praktiziert:



    Meine astrofotografische Versuche waren zum größten Teil ein permanenter Kampf mit der Technik: leere Batterien, nicht funktionierende Montierung, falscher Himmelsausschnitt. Das einzig vorzeigbares Bild ist eine Probeaufnahme (1 x 180sec, ISO 1600) für den Seagull-Nebel:



    Viele Grüße
    Horia

  • Hallo Timm, Dietmar, Horia


    Dankeschön für Euren schönen Bericht.
    Wenn ich Eure Bilder sehe zwickt es mich ziemlich auch bald wieder auf die Insel zu fliegen.
    Das Sol war bisher 2 mal mein Stützpunkt auf La Palma.
    Es wohnt sich dort gut und günstig aber auf den Roque hoch ist es weit.
    Deshalb habe ich letztes Mal auch in Puntagorda gewohnt.


    Oliver, schön auch mal wieder was von Dir zu hören.:-)
    Freue mich auf Deine Zeilen....

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!