Messstrecke isolieren! Wie?

  • Hallo,


    ich habe aktuell einen Spiegel in Arbeit, bei dem ich demnächst mit der Politur beginnen werde.
    Bei meinem letzten Spiegel hatte ich zum Ende hin mit einem PDI gearbeitet. Dabei war es ein großes Problem, hinreichend ruhige Luft zu haben. Dies war bei mir praktisch nur sehr früh morgens gegeben.


    In diversen Threads zur interferometrischen Vermessung wurde es als sehr hilfreich, wenn nicht sogar bei größeren Spiegeln (längerer Messstrecke) zwingend erforderlich, beschrieben, mit einer thermisch isolierten Messstrecke zu arbeiten.


    Ich frage mich nun, womit ich eine solche Isolation am besten herstellen kann. Auf Grund beschränkter Platzverhältnisse muss es möglich sein, den Tunnel einigermaßen platzsparend bei Seite räumen zu können.


    Die einfachste, sehr platzsparende Variante wären textile Spiel- oder Hunde-Tunnel. Diese bestehen aber nur aus einer einfachen dünnen Stofflage. Diese Variante könnte also sicher nur die Luftströmungen durch die Messtrecke reduzieren. Eine wirksame Wärmeisolierung ist hier sicher nicht gegeben.


    Am preisgünstigsten ist vermutlich die Verwendung einfacher Styropor-Platten. Hier lässt sich recht einfach ein Tunnel mit knapp 50 cm Kantenlänge realisieren. Für hinreichende Stabilität würde ich vermutlich 20mm Platten verwenden.


    Deutlich teurer wäre die Verwendung von PE-Schaum-Matten (Plastazote). Diese würden sicher nicht so gut isolieren (im sinnvoll bezahlbaren Rahmen sind höchstens 10mm Dicke möglich). Dafür kann hier nichts krümeln und die Matten sind dunkel gefärbt.



    Was ich nicht einschätzen kann ist:
    - Wie dick sollten die Platten sein?
    - Ist Streulicht in einem weißen Styropor Messtunnel ein Problem?
    - Ist ein Abstand vom Spiegelrand zur Tunnelwand von nur ca. 3cm ausreichend?


    Über Tips und Hinweise zu eigenen Lösungen und Erfahrungen würde ich mich sehr freuen.


    CS
    Harold

  • Hallo


    bei den im Raum üblichen 2-3° Temperaturabweichung ist eigentlich keine dicke Isolierung erforderlich.
    vielleicht kannst du schwarzes Moosgummi auf Presspappe oder besser isolierend Pappelsperholz kleben und so eine faltbare Version bauen.
    Vorteil innen schwarz und zusammengelegt Platzsparender. Wäre ja dann zusammengelegt mit 2cmx2m hinter den Schrank stellbar, längere Stücken mit zweitem Segment.


    Gruß Frank

  • Hallo Harold,


    erzähl erst mal welche Maße dein Spiegel hat und wie die Temperaturverteilung (Wand- Decken- Bodentemperaturen!) in deinem Raum aussieht. Danach kann ich dir wahrscheinlich sagen welche Schutzmaßnahmen sinnvoll sind.


    Gruß Kurt

  • Hallo Harold,
    ich denke ein Isoliertunnel aus Styropor ist so ziemlich die einfachste Lösung. Die Platten brauchen nicht dick sein, da sie ja nur die Konvektion im Raum aufhalten sollen. Das dürften Temperaturunterschiede in der Größenordnung von 4-3°C sein.
    Zu Deinen Fragen:
    Streulicht sollte kein Problem sein. Abstand ist in erster Linie auch egal, Hauptsache der Prüfling wird nicht abgeschattet/verdeckt.


    Da Du schreibst, dass Frühmorgens die Bedingungen am besten sind, noch eine Frage/Hinweis von mir. Bist Du sicher, dass es sich um Störungen durch Konvektion handelt? Ein viel größeres Problem habe ich bei mir nämlich durch Erschütterungen. Es reicht z.B. schon wenn bei mir vor der Wohnung viel Verkehr ist. An vernünftige Messungen kann ich daher in der Regel nur ab 21:00 Uhr denken und ich messe im Keller! Eine Störung durch Konvektion muss ich fast schon mutwillig provozieren, wie z.B. durch Tür offen lassen oder direkt neben der Heizung messen[;)]
    Bei Erschütterungen springt das gesamte Igramm wild hin und her, während bei Konvektion Schlieren durch das Igramm ziehen und einzelne Streifen verziehen können.
    CS und viel Erfolg, Matze
    Edit: Tipp- und Schreibfehler korrigiert

  • Moin,
    je nach Situation ...
    Tunnelvorhang aus Dachlatten (für Rahmen) und schwarzer Baufolie/Silofolie oder
    Styropor oder EPS-40 (bzw. Styrodur ... das grüne Zeugs) Dämmplatten oder mit verbesserter Wärmedämmung EPS-32/35 (graue Platten aus silbrigen Grundgranulat, dass IR-Strahlung besser dämmt) ... qm-Preise bewegen sich da bei 10mm bis 20mm Stärke so ab ein bis fünf Euro.
    Teurer sind sog. PUR-Platten.


    Wenn der Fußboden Estrich und normale Trittschalldämmung hat, braucht man den idR nicht extra mit zu isolieren ... dann sind vergleichbare Platten ja schon im Boden verbaut. Ich empfehle bei Platten möglichst dünne bis 10mm ... die haben den geringsten Platzbedarf. Styropor krümelt, Styrodor weniger, PUR praktisch nicht. Tunnelbefestigung einfach z.B. mit Panzertape/Klebeband oder Nägeln, mit denen man die Platten "auf Kante" bei Eckverbindungen oder überlappend zusammensteckt ... das sollte für den Hausgebrauch reichen. Zuschneiden mit einem Brotmesser (Wellenschliff).
    Das so meine Heimwerker-Erfahrungen [;)]



    Streulicht dürfte Dein geringstes Problem sein ...


    Für einen 12"-Spiegel kam ich in meiner Wohnung für einen Foucualttest mit einfacher Tunnelvorrichtung aus Folie zurecht. Interferometrisch wurde es haarig, aber mehr, weil die Beton-Geschossdecke halt "schwingt".


    Gruß




    *EPS = expandiertes Polystyrol (Markennamen u.a. Styropor,), XPS = extrudiertes Polysyrol (u.a. Styrodur, stabiler als Styropor)
    *PUR = Polyurethan-Schaumstoff (gibt es vom Polsterschaumstoff bis zu Hartschaumstoff (z.B. Plastikstossfänger am Auto)
    Varianten sind mit Alu kaschiert (welches IR reflektiert).


    Die Zahlen sind WLG-Werte (Wärmeleitgruppe, welche ~der spez. Wärmeleitfähigkeit je mm Materialstärke entspricht ... je kleiner desto mehr Dämmung/mm-Materialstärke, desto dünner die Platten für eine bestimmte Dämmung)

  • Hallo,


    Danke für die schnellen Reaktionen. Es ist schon einmal gut zu wissen, dass Streulicht durch helles Tunnelmaterial nicht zu größeren Problemen führen wird und dass vermutlich relativ dünne Isolierschichten ausreichen werden.


    (==>)Kurt:


    Der Spiegel hat netto 425mm Ø. Die Ziel-Brennweite liegt bei 1860mm also knapp F/4,4.


    Die Temperatursituation kann ich leider nicht sehr exakt abschätzen, da ich kein IR-Strahlungsthermometer besitze. Ich habe ein einfaches klassisches Flüssigkeitsthermometer verwendet, um die Werte grob einzugrenzen. Ich habe das Thermometer dazu auf die zu messende Oberfläche gelegt bzw. dort angedrückt. Rückseitig habe ich es mit einigen Lagen Schaumstoff isoliert. Am Fenster lag noch ein Blatt Papier vor dem Thermometer, um Effekte direkter Einstrahlung zu minimieren. Ich habe je Fläche ca. 15 Minuten Zeit zur Temperaturanpassung gegeben.


    Raumtemperatur: 19°
    Bodentemperatur: 17°
    Wandtemperatur: 18°
    Deckentemperatur: 20°
    Fenstertemperatur: 17,5°



    (==>) Matze


    Erschütterungen durch äußere Einwirkung kann ich weitestgehend ausschließen. Die wenig befahrene Straße ist rund 20m von der Wohnung enfernt. Die größten Erschütterungen habe ich selber verursacht. Bei den Aufnahmen per Fernauslöser war still sitzen angesagt.
    Die Störungen waren sicher Schlieren durch Konvektion. Die Bewegung war visuell leicht zu verfolgen. Nach einschalten der Heizkörper ist binnen weniger als einer Minute so viel Luftbewegung da, dass jede Messung vollkommen ausgeschlossen ist. Das ist sicher so ausgeprägt, da es sich um einen sehr mäßig (=nicht) isolierten Bau aus der Nachkriegszeit handelt. Die Fenster sind isolierverglast aber nicht wirklich dicht, so dass hier auch immer ein gewisser Luftaustausch/Luftzug gegeben ist. Der Boden der EG-Wohnung ist lediglich durch einen Teppichboden über dem alten PVC-Bodenbelag "isoliert".



    (==>) Kalle


    Danke für die Tips zur Ausführung.
    Wie es sich bei dem größeren Spiegel und der längeren Brennweite (der letzte hatte 327mm bei 1590mm Brennweite) hinsichtlich der Erschütterungen/Schwingungen verhalten wird, bleibt abzuwarten. Die Durchbiegung des Bodens (mit einer Maschinenwasserwage 1/100mm je m bei Änderung der Position im Raum direkt zu beobachten !) ist in der Tat ein Problem. Eventuell werde ich den Messplatz im Türrahmen aufbauen und den Spiegel auf einem Ständer im passenden Abstand platzieren. Nachteilig ist hier natürlich wieder die durch die offene Tür vermehrte Luftbewegung.


    CS
    Harold

  • Hallo Harold,


    Ein Strahlungsthermometer gehört nach meiner Erfahrung zur Grundausstattung, wenn man


    A) relativ große Spiegel ordentlich korrigieren will und
    B) der dafür notwendige Klimaraum nicht vorhanden ist.


    So konnte ich z.B. in meinen Prüfraum im Winter einen 12“ Spiegel nur ordentlich vermessen nachdem ich zusätzlich zu Styroporplatten das Ganze rundherum mit Alufolie eingewickelt hatte. Bei einem anderen 12“ Spiegel hab ich Alu- kaschierte Styroportapete verwendet. Wichtig ist immer dass auch die Rückseite des Prüfkanals thermisch isoliert wird.


    Siehe auch:
    http://marty-atm.de/RoundRobin…chreckling/RBericht2.html
    dort Abb. 1 und Kap. 5.1 Temperierung der Prüfstrecke.


    Ganz "lustig" mit dem Temperaturproblem war es auch in
    http://www.astrotreff.de/topic…CHIVE=true&TOPIC_ID=17555


    Wenn im Sommerhalbjahr die Außentemperatur i. a. höher liegt als die RT in meinem Prüfbunker gibt es weit weniger Probleme. Da kann ich auch einen 16“ frei aufbauen und reproduzierbar vermessen. Mein noch nicht vollständig korrigierter 16“ f/4 wartet deshalb auf wärmere Tage.


    Viel Erfolg
    wünscht dir


    Kurt

  • Hallo Kurt,


    vielen Dank für die Links zu den beiden sehr interessanten Beiträgen. Ich hätte nicht erwartet dass der Temperaturgradient im Prüfling sowie der Messtrecke so großen Einfluss hat. Wenn man weiß, worauf zu achten ist, und auch für die nötige Messtechnik gesorgt ist, ist sicher schon etwas gewonnen.


    CS
    Harold

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