Abstandsbestimmung

  • Hallo nochmal,


    beim Nachdenken über diesen Thread ist mir noch eine neue Idee in den Sinn gekommen:


    In die Rechnung zu Apophis geht die Höhe von Apophis über dem lokalen astronomischen Horizont ohne irgendwelche athmosphärische Korrketuren ein. Diesen Wert habe ich bisher aus den Datei-Headern der Bilder entnommen.


    Aber eigentlich: mit genauen (gezentrisch oder geografisch??) Daten für den Teleskopstandort müsste man doch die von uns bestimmten Himmelskoordinaten in Rek und Dek in Alt und Az umrechnen können.


    Wie macht man des?


    Grüße!!


    Matthias

  • Matthias,
    erklärs mir bitte auch nochmal, warum DK unrecht hat...inwiefern ist die Näherung korrekt, das Parallaxen-Parallelogramm, dessen eine parallele Seite die beiden Teleskope verbindet und dessen andere parallele Seite das Objekt durchstößt, durch ein Dreieck zu ersetzen? Dass die beiden nahezu parallelen Seiten dazu führen, dass kleine Abweichungen im Winkel (oder der Basislänge) zu erheblich größeren Abweichungen beim Abstand sorgen ist unbestritten - aber 160m auf der einen oder anderen Seite tun das gleichermaßen.
    DS, Holger

  • Moin Matthias,
    Du hast nicht verstanden, was Dominik und ich meinten. Insofern reden wir aneinander vorbei.



    Der Nichtberücksichtigung des Objektdurchmessers führt zu Fehlern, die mindestens so groß sind, als ob man die Basislänge der Triangulation um eben diesen Durchmesser falsch einmessen würde. D.h. umgekehrt, es lohnt sich nicht, die Einmessung um mehr als diese Ungenauigkeit betreiben zu wollen.


    Gruß

  • Hallo Kalle,


    dann meint ihr eine Strecke, die nicht interessiert. Die rote Strecke interessiert nicht. Es interessiert, um wieviel der Abstand zu Apophis falsch wird, wenn die Basisstrecke um 160m vergrößert wird. Diese Strecke ist die Strecke von der alten Spitze des Dreiecks bis zur neuen, die grüne Verlängerung der linken schwarzen Geraden. Ich kann ausrechnen wie lang diese Strecke ist. Sie ist 300km lang und das ist 1000 mal soviel wie der Durchmesser von Apophis. Danke für die Zeichnung, mit der man so gut erklären kann, worauf es ankommt!


    ;)


    Matthias

  • Hallo zusammen,


    bei der Skizze ändert sich bei den Winkeln nichts. In Wirklichkeit wird ein Winkel an der Basis etwas größer, der andere etwas kleiner, wenn ich von einem Ende des Asteroiden zu seinem anderen Ende wechsle. Das ist wohl der Unterschied. Meinst Du das Matthias?


    Grüße


    Kurt

  • Hallo Matthias,


    Kalle und starrookie haben Recht.


    Ich versuchs aber auch nochmal anders zu erklären: Der Durchmesser von Apophis dient als absolut sicheres _Minimum_ des aus der Astrometrie resultierenden Fehlers in absoluten Längeneinheiten (also Kilometern, nicht Bogensekunden) der Position von Apophis im Raum. Den Durchmesser nahm ich deshalb, weil es eine bekannte Zahl ist und wir 100% sicher wissen dass Apophis in Deinen Beobachtungen nicht räumlich aufgelöst ist. Du kannst also _sicher_ sein dass Du die Position von Apophis nicht genauer als seinen Durchmesser (und in Wahrheit ein Vielfaches davon) kennst.


    Der Rest geht eineindeutig aus Kalles Skizze hervor. Lichtwege sind in dem Fall umkehrbar, auch das hat starrookie ja oben schon geschrieben: Egal ob Fehler im Abstand der Teleskope oder Fehler in der Position, beides schlägt sich gleichermassen in (ausgedrückt in Kilometern, nicht Prozenten!) grossen Fehlern bei der Abstandsbestimmung durch, eben wegen der kleinen Winkel. Da kann man nicht viel machen, ausser eben viel öfter als zweimal messen, dann schält sich nach und nach die Bahn korrekt heraus...


    Was den Abstand der Teleskope aber angeht: Rechne doch einfach mal aus den Daten beim MPC zurück in Länge/Breite und vergleiche das jeweils mit den Angaben auf der Faulkes-Website, und lass das vielleicht auch mal von google maps darstellen. Eventuelle kann man dann schonmal abschätzen ein wie grosser Anteil der 160m ganz einfach GPS Fehler ist (der wird wie oben aufgeführt sicherlich nicht kleiner als ~Dekameter).


    Viele Grüsse,
    DK

  • ...oder, noch ein ganz anderer Versuch es zu erklären:


    Stell Dir mal vor Du kennst einen absolut exakten(!) Wert für den Abstand der beiden Teleskope. Aber Du sitzt nun auf Apophis, und darfst diese Strecke (für das Gedankenexperiment lassen wir sie mal knallrot hell im Raum leuchten) anschauen. Damit es absolut gleich wird nehmen wir nun auch noch an auf Apophis gäbe es das gleiche Seeing wie auf der Erde, und Du hättest ein 2m-Teleskop.


    Theoretisch kannst Du aus der bekannten Länge der Strecke in km und Deiner Messung der Länge in Grad/Minuten unter der Dir diese Strecke von Apophis aus erscheint den Abstand Erde-Apophis bestimmen. Das ist soweit nur die exakte Umkehrung Deiner eigentlichen Messung!


    Nun, wie genau könntest Du den Winkel unter dem die Strecke erscheint aber bestimmen? Bestenfalls mit einer Unsicherheit die dem Seeinglimit entspricht, und das sind wieder zurück gerechnet viele Kilometer. Und das schlüge sich genauso in hunderte und tausende von Kilometern Fehler im Abstand Erde-Apophis durch!


    So, nun gedanklich alles wieder auf den Kopf drehen, dann sieht man doch dass beide Fehler gleichwertig sind!


    Aber, natürlich heisst das nicht dass es nicht noch irgendwo _anders_ in Deinen Rechnungen einen _anderen_ Fehler geben kann, der mit den 160m nichts zu tun hat.

  • ...ich kanns nicht lassen: Restfehler: Nehmen wir mal superduperoptimistisch an, Deine astrometrischen Positionsmessungen seien auf 0,1" genau. In der Entfernung von Apophis zum Zeitpunkt Deiner Beobachtungen entsprechen diese 0,1" in etwa 7km. Ich nehme jetzt mal Deine obige Aussage, dass 160m Basislängendifferenz sich in nur 300km Fehler in der Entfernung durchschlagen -> dann kommen aus dem astrometrischen Fehler nochmal deutlich über 10 000km Fehler in der Entfernungsbestimmung! Absolut unvermeidlich, oder?

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">[...] dass man einmal sagen kann, dass man eine Fläche gleicher Erdanziehung (längs derer sich die Wasseroberfläche verteilt modulo Mond und Sonne) festlegen kann, oder man legt schier nach der Form der festen Erdoberfläche ein Ellipsoid in die Erde. Daher hat man zwei verschiedene Erdmittelpunkte und zwei verschiedene Koordinatensysteme.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Nochmal zusammengefasst für den Überblick:


    Geographische (auch: geodätische) Breite:
    Man betrachtet eine Gerade, die senkrecht auf dem Referenzellipsoid steht und durch den gesuchten Punkt geht (der Punkt wird meistens etwas oberhalb oder unterhalb der Ellipsoidfläche liegen). Der Winkel, unter dem diese Gerade die Äquatorebene schneidet, ist die geographische Breite. Der Schnittpunkt fällt in der Regel nicht mit dem Erdmittelpunkt zusammen.


    Astronomische Breite:
    Wie oben, aber Referenzrichtung ist hier nicht die Senkrechte auf dem Ellipsoid, sondern die lokale an der Erdoberfläche gemessene Schwererichtung - also die Richtung, in die ein Lot zeigt ("Schwere" ist die Vektorsumme aus Gravitation und Fliehkraft). Der Schnittwinkel dieser Geraden mit der Äquatorebene ist die astronomische Breite, der Schnittpunkt fällt wieder in der Regel nicht mit dem Erdmittelpunkt zusammen.
    Der Unterschied zwischen der Senkrechten auf dem Ellipsoid und der Lotrichtung ist die "Lotabweichung". Sie muß berücksichtigt werden, wenn geodätisch (also vermessungstechnisch) und astronomisch bestimmte Koordinaten ineinander umgerechnet werden sollen. Sie beträgt in der Regel einige Bogensekunden, kann im Gebirge aber auch schon mal 60 Bogensekunden erreichen.


    Die astronomische Breite kann unmittelbar beobachtet werden. Ein Winkelmesser, der mit der lokalen Lotrichtung als Referenz ausgerichtet worden ist, wird benutzt, um die Höhe des Himmelspoles über der lokalen Horizontebene (die senkrecht auf der lokalen Lotrichtung steht) zu messen. Die so bestimmte Polhöhe ist identisch mit der astronomischen Breite.


    Geozentrische Breite:
    Der Winkel, den der vom Erdmittelpunkt zum betrachteten Ort gezogene Radiusvektor mit der Äquatorebene einschließt. Ist nicht unmittelbar messbar, erlaubt aber einfachere Rechnung (unter Verwendung kugelgeometrischer Formeln anstelle ellipsoidischer Formeln).


    (Mit unterschiedlichen Erdmittelpunkten haben diese verschiedenen Definitionen eigentlich nichts zu tun.)


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Lieber Thomas, ich verstehe Dich so, dass Dein allerletztes Ergebnis aus den Daten beim MPC, also die 7640,910km das genaueste ist was wir haben. Zuvor hattest Du 7641,058km gepostet. Ich schicke 7640,910km nach England? Weißt Du, woher diese letzte Differenz stammt?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Über die jeweilige Genauigkeit habe ich eigentlich gar nichts gesagt, ich habe lediglich verschiedene Rechenwege durchexerziert. Die Daten aus der MPC-Liste müssen keineswegs die genaueren sein. Dort werden wohl einfach die Angaben der verschiedenen Observatorien gesammelt, ohne größere Qualitätsprüfung. Und wie gut die einzelnen Observatorien ihre Koordinaten kennen, steht auch in den Sternen. Als abschreckendes Beispiel:


    <font color="yellow">
    E.E. Mamajek:
    Accurate Geodetic Coordinates for Observatories on Cerro Tololo and Cerro Pachon
    <font color="yellow">arXiv:1210.1616v3 [astro-ph.IM]</font id="yellow">
    "[...] the author was surprised to learn that the published latitude and longitude for CTIO in the Astronomical Almanac and iraf observatory database appears to differ from modern GPS-measured geodetic positions by nearly a kilometer. [...] The source of the discrepancy appears to be due to the ~30" difference between the astronomical and geodetic positions."
    </font id="yellow">


    Woher die verbliebene Differenz stammt, weiß ich nicht. Jedenfalls, wenn man den Abstand so genau wie möglich bestimmen will, sollte man Folgendes klären:


    Beruhen die Koordinaten auf vermessungstechnischen oder auf astronomischen Beobachtungen? Heutzutage wohl eher ersteres, aber vielleicht wurde ja auch einfach ein traditioneller Wert aus dem letzten Jahrhundert weiterbenutzt.


    Falls vermessungstechnisch: auf welches Ellipsoid beziehen sie sich? Falls mit GPS vermessen, dann vermutlich auf WGS84. Falls die Position des Observatoriums vom einem Vermarkungspunkt abgeleitet wurde, den ein Vermessungstrupp hinterlassen hat, kann sie sich aber auch auf ein örtlich übliches anderes Ellipsoid beziehen (in den USA könnte das z.B. das "Nordamerikanische Datum" von 1927 (NAD27) oder 1983 (NAD83) sein. Ich weiß aber nicht, ob das auch für Hawaii benutzt wird, wo Faulkes North steht). In einem solchen Fall müsste erst auf ein gemeinsames Ellipsoid umgerechnet werden.


    WICHTIG vor allem: beziehen sich die Höhenangaben auf das Ellipsoid oder auf Meereshöhe? Auch wenn mit GPS vermessen wurde, welches zunächst einmal die Höhe über dem Ellipsoid bestimmt, kann möglicherweise eine Umrechnung auf Meereshöhe vorgenommen worden sein (die handelsüblichen Outdoor-GPSe tun das zum Beispiel automatisch).


    Wenn diese Umstände klar sind und die Koordinaten der beiden Observatorien mit entsprechender Genauigkeit gemessen wurden (und sich auch auf einander entsprechende Punkte der Observatorien oder gar der Teleskope selbst beziehen), dann sollte auf diesem Weg zumindest prinzipiell eine Genauigkeit von einigen Metern erreichbar sein. Falls die Koordinaten sich nicht explizit auf die Teleskope sondern einfach auf "die Observatorien" allgemein beziehen, wird die dadurch bestimmte Unsicherheit im Ergebnis dominieren.


    Ich muss Dominik übrigens widersprechen, was die Genauigkeit von GPS angeht. Eine Einzelmessung mit einem handelsüblichen Outdoor-Gerät hat unter guten Empfangsbedingungen eine Genauigkeit von ein paar Metern. Durch Mittelwertbildung über eine geeignete Messreihe lässt sich der Fehler auch mit einem solchen einfachen Gerät ohne große Probleme in den Meterbereich oder sogar darunter herabdrücken. Ein anderes Problem ist natürlich, dass man in einer Observatoriumskuppel wohl schlechten Empfang hat und daher außerhalb des Gebäudes gemessene Koordinaten auf angemessene Weise mit Punkten im Gebäude abgleichen muss.


    Tschau,
    Thomas

  • Hallo Thomas,


    Dein ausführliches Posting ist interessant für mich!


    Wenn unklar ist, woher die 160m Differenz kommen, möchte ich Deine Rechnungen folgendermaßen zusammenfassen: "Aus den Angaben auf der Website von LCOGT wie aus den Koordinaten beim MPC folgt ein Abstand der Teleskope von 7641km". Nun verstehe ich dich so, dass die Abweichung zwischen den beiden Zahlen, die Du berechnet hast, keine Aussage über die Genauigkeit der 7641km ist. Solange man die Fragen, die Du stellst, nicht beantwortet, könnte der berechnete Abstand zwischen den Teleskopen auch um Kilometer falsch sein? Dann würden wir den Bereich der Diskussionen, die wir aus rein sportlichem Interesse führen, verlassen und an eine Stelle kommen, wo ein für die Genauigkeit der Abstandsmessung von Caro, Martin Metzendorf, Lothar Kurtze und mir wesentlicher Fehler auftaucht. Ich werde den Verdacht nicht los, das es gut wäre, wenn die von Dir gestellten Fragen zumindest teilweise von England her beantwortet würden. Falls Du das auch so siehst, würde ich tatsächlich versuchen, genauere Aussagen über die Herkunft der Koordinaten zu bekommen.


    Eine einfache Idee hatte ich noch: Man kann per Google Maps die Teleskope finden und die dort angezeigten Koordinaten mit den Werten von LCOGT und MPC nach einer geeigneten Umrechnung ins jeweilige KS vergleichen? Weiß man bei Google in nachvollziehbarer Weise, auf welches Koordinatensystem sich die Werte beziehen? Kann man aus Google Daten dann den genauen Abstand ausrechnen? Nur eine Idee, du bist mir in diesen Dingen haushoch überlegen, weil Du so ausführlich und präzis antwortest, traue ich mich, noch ein weiteres mal nachzufragen. Jedenfalls sieht man in Google-Bildern ja Abstände im Bereich von Metern locker vom Hocker. Gibt Google irgendwelche Höhen an?


    Tschau!


    Matthias

  • (==&gt;)Kurt (maul-wurf)
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Hallo zusammen,
    bei der Skizze ändert sich bei den Winkeln nichts. In Wirklichkeit wird ein Winkel an der Basis etwas größer, der andere etwas kleiner, wenn ich von einem Ende des Asteroiden zu seinem anderen Ende wechsle. Das ist wohl der Unterschied. Meinst Du das Matthias?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Die Winkel sind deshalb unverändert, weil es sich nur um eine unterschiedliche Interpretation der GLEICHEN Messung handelt. Man weiß es ja nicht, ob bei der Messung von den Teleskopen die gleiche Kanten oder unterschiedliche Kanten des Objekts herangezogen werden. Dadurch ergibt sich ein Unsicherheitsintervall in der Abstandstandsbestimmung, das in der Messung nicht unterschritten werden kann.
    Ich habe in meiner Darstellung bewusst auf weitere Fehler wie Seeing, Ablesegenauigkeit der fotometrischen Auswertung etc. verzichtet und mich darauf beschränkt, dass das Zielobjekt zwar als Punkt bei der Messung ausgelesen wird, dieser Punkt allerdings eine Ausdehnung hat. Allein daraus ergibt sich ein Unsicherheitsintervall in der Abstandsbestimmung (Schwarze Entfernung- vs. grüne Entfernungslinie).


    (==&gt;)DK:
    Apropos Messwiederholung
    Da diese dann zu anderen Zeiten stattfinden und man die Auswertung auch noch mit den Ergebnissen der ersten Messung vergleichen kann, wird die Basislinie fast bedeutungslos im Vergleich zur Erdbewegung im All (und nebenbei Erdrotation). Zwei Bilder vom gleichen Teleskop haben - im 24h-Abstand gemacht - eine Basislänge von ca. 29,78km/s*86400s= 2,573 Mio km. Zwar wandert auch Apophis in der Zeit, aber auch das kann man via Bahndaten (Sollposition) vorwegnehmen. Abweichungen kann man in eine Verfeinerung der Bahndaten umdeuten. So eine Auswertung könnte um Zehnerpotenzen genauer sein.


    (==&gt;)Matthias
    Da fällt mir noch ein, dass allein die Erdbewegung im All während der Belichtungszeit vermutlich deutlich größer ist, das die Genauigkeit der Basislänge.

  • Hallo Thomas, hallo zusammen, ich bin´s nochmal.


    Ich möchte verschiedene Dinge sagen, die für manche Leser des Threads selbstverständlich sind, für andere nicht.


    Nennen wir die Ecken des Dreiecks aus Apophis, Faulkes North und Faulkes South A und N und S. Nennen wir den Innenwinkel bei A Phi, bei N beta und bei S alpha. Phi ist also die Parallaxe. Die Strecke von S nach N ist die hier viel diskutierte Basislänge R, ich habe, rein willkürlich, immer die Entfernung von A zu S ausgerechnet, N wäre genauso denkbar. Ich verwende den Sinussatz:


    x/sin(beta)=R/sin(Phi) oder aufgelöst nach der letzlich gesuchten Entfernung:


    x=sin(beta)/sin(Phi)*R


    Man sieht sofort, dass x proportional zu R ist und daher ein relativer Fehler in R sich als relativer Fehler der gleichen Größe in x auswirkt.


    Die Ausgangslage vor Eröffnung dieses Threads war für mich so: Ich hatte beim Büro von Faulkes in England nachgefragt, ob man den Abstand der Teleskope kennt. Es kam ein Wordfile einer anderen Schülergruppe zurück, die mit für Schule, vor allem in der Mittelstufe, angebrachten Mitteln berechnet hatten (kugelrunde Erde, Näherungsformeln für den Winkel zwischen den Teleskopen), dass die Teleskope einen Abstand von 7662km. Gegenüber den 7641km ist das ein Fehler von 0,3%


    Seit einem Vormittag mit Martin Metzendorf und Caro am Haus der Astronomie ist klar, dass wir aus unseren 12 Aufnahmen von Hawai aus und den vier Aufnahmen von Australien aus (manche Menschen hier wissen nicht, dass wir 16 Aufnahmen in einen Wert für die Parallaxe hinein auswerten!) einen Wert von 0,030096° für die Parallaxe ausrechnen, aus der Ephemeridenrechnung für Apophis des MPC, in die ja noch viel mehr Aufnahmen eingehen als nur die unsrigen, folgt 0,030114°. Unsere Parallaxe weicht vom wahren Wert um 0,06 Bogensekunden ab. Das ist nicht superoptimistisch sondern einfach das Ergebnis vieler guter Aufnahmen und einer sehr genauen Auswertung derselben durch Lothar Kurtze, Martin Metzendorf, Caro und mich.


    Jedenfalls wäre ein Fehler von 0,3% in der Basisstrecke überflüssig wie ein Kropf angesichts der Präzision unserer Parallaxemessung und es war klar, dass es lohnt, einen besseren Wert für diese Zahl an Land zu ziehen. Das hat Thomas getan und das ist mir wirklich sehr wichtig, denn ich bin nicht gut in all diesen verschiedenen Koordinatensystemen etc. ein Phsiklehrer weiß so etwas ausbildungstechnisch einfach nicht und holt sich kompetente Hilfe, wenn er so Zeug doch braucht.


    Sehen wir es doch so herum: wir sollten die Basisstrecke zwischen den Teleskopen eine Größenordnung genauer kennen als unsere Parallaxe, damit das Endergebnis durch eine Zahl, die man heutzutage kennen kann, nicht unnötig unsicher wird. Die Parallaxe kennen wir auf 0,06%. 0,06% von 7641km sind 4,6km. Wir sollten also zufrieden sein, wenn wir den Abstand genauer als 500m kennen. Danach beginnt der Bereich der Diskussionen, die aus sportlicher Diskussionslust geführt werden.
    Ich denke eigentlich, dass Thomas Zahl dieses Kriterium erfüllt und habe angefangen, mit Google, den MPC-Koordinaten und Thomas Rechenwegen ein wenig herumzuspielen, um das endgültig abzusichern. Thomas ist offensichtlich ein vorsichtiger Mensch und hatte gewarnt, er weiß nicht, woher 160m Differenz und in anderen Fällen ist es mehr als das gewesen.
    Mal schauen, ich spiele noch ein wenig weiter mit den Zahlen und melde mich wieder, ich wollte einfach nur den Kontext erläutern, der mich dazu bringt, wie Thomas vorsichtig zu sein.


    Grüße!


    Matthias

  • ...dann sind ja eigentlich alle Fragen geklärt. Die 160m sind in der Praxis irrelevant, und es bleibt der astrometrische Fehler. Bitte aber bedenken, dass man den Wert der MPC Datenbank nicht als absolute, unfehlbare Referenz ansehen darf. Wäre er das, dann könnte man sich das Melden eigener Beobachtungen ja sparen!


    Ob nun 0.1" oder 0.06", es bleiben halt tausende Kilometer Unsicherheit beim Abstand. Dennoch natürlich ein schönes Ergebnis!


    DK

  • Hallo zusammen!


    Caro sagt, sie schaltet an langen Wochenenden nicht alle 2 Minuten unsere Postings frei. Das sollten wir verstehen und wissen. Mein letztes Posting wurde geschrieben, als Kalles letztes Posting auch noch nicht freigeschaltet war. Mein letztes Posting enthält Null Reaktion auf Kalle, weil ich sein Posting nicht sehen konnte.


    Andere Dinge machen die Kommunikation ebenfalls schwierig. Niemand kennt die konkreten Zahlen besser als ich. Wie man sie zu lesen hat, da bin ich für profesionelle Hilfe aus diesem Forum jederzeit dankbar. Die Profis kennen aber unter Umständen die Zahlen und von uns vorgenommenen Schritte der Auswertung nicht im Detail. Das zwingt uns alle dazu, trotz lockerer Forensprechweise (die ich mag) sorgfältig zu lesen und sorgfältig zu formulieren, sonst entstehen Reibungsverluste.


    Um diese zu vermeiden, möchte ich weiter beschreiben, wie wir konkret vorgegangen sind.


    Wir haben beide Teleskope in der gleichen halben Stunde gebucht und einfach soviel Aufnahmen wie möglich gemacht. Martin Metzendorf hatte halbgares Wetter und konnte nur vier brauchbare Aufnahmen bekommen, ich hatte einfach Glück, daher 12 Aufnahmen.


    Filme könnt ihr unter:


    http://www.julian-goeltz.de


    dann weiter zu "Astrofilme", ansehen.


    Man sieht die Bewegung von Apophis trotz Nachführung aufgrund der Erdbewegung und der Bewegung von Apophis. Aber diese erfolgt versetzt gegen das Sternmuster aufgrund der Parallaxe.


    Nun hat Lothar Kurtze alle Bilder noch am Tag der Aufnahme (8.1.2013) in Astrometrica eingeworfen und aus jedem Bild subpixelgenaue Himmelskoordinaten bestimmt. Dabei werden Gausskurven auf das "Brockenscheibchen" gelegt und anhand einer sehr großen Zahl von Referenzsternen, welche Astrometrica aus einem Sternkatalog heraus erkennt, Rek und Dek mit zwei Nachkommastellen in den Sekunden berechnet.


    Durch diese Koordinaten lassen sich perfekt mit winzigen Abweichungen lineare Geraden legen. Markus Pössel hat am HdA gefragt: wie groß sind die Abweichungen zwischen Gerade und einzelnem Messwert? Schon für die Einzelaufnahmen selten mehr als eine Zehntelbogensekunde! Das erfasst allerding nicht Messfehler, die zum Beispiel durch systematische Verformungen des "Brockenscheibchens" erzeugt werden könnten.


    Sodann wurden für einen fiktiven Zeitpunkt, der in der Mitte von Martins leider kürzerem Beobachtungsfenster liegt, aus den Geraden Himmelskoordinaten berechnet. Aus diesen kann man dann mit Kugelgeometrie den Parallaxewinkel ausrechnen.


    Auf diese Weise wird erreicht, dass wir nur von der Parallaxe um 11.50Uhr UTC reden, obwohl es da kein einziges Bild gibt und insgesamt 16 Aufnahmen ausgewertet wurden. Wir sind so genau, weil wir die Zeitabhängigkeit der Parallaxe berücksichtigen müssen und können.


    Daher macht die von mir zuvor skizzierte Auswertung mit punktförmigen Teleskopen und einem punktförmigen Asteroiden genau so Sinn. Es wäre schade, wenn ein schlechter Wert für die Basisstrecke die gute Parallaxemessung kaputt machen würde.


    Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob bezüglich der Basisstrecke wirklich alles gut ist, dies ist der Punkt, weshalb ich diesen Thread angefangen habe.


    Dazu später mehr.


    Grüße!


    Matthias

  • Speziell zu Kalles Vorschlag, vom gleichen Teleskop aus im Tagesabstand einen Brocken einzumessen und dann die Entfernung zum Brocken zu bestimmen:


    Das Foto, dass Du auswerten willst, hat Jost Jahn schon gemacht.


    http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=143792


    Du musst es nur noch auswerten. Das fände ich wirklich spannend, wenn du das hinbekommst, auch wenn du nicht Zehnerpotenzen genauer wirst als wir mit Apophis.


    Grüße!


    Matthias

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!