Wie erkennt man Pyrex!

  • Hallo Sternfreunde


    Im Zusammenhang mit Fernost- bzw. Taiwan-Dobsons wurde in letzter Zeit
    gelegentlich über die Eigenschaften der verschiedenen Glassorten diskutiert
    und darüber, wie man die Materialien erkennen kann.


    In diesem Posting möchten wir erläutern, wie man gängige Materialien
    erkennt. Speziell geht es darum, wie man einen Pyrexspiegel von anderen
    Spiegelträgern unterscheiden kann.


    <b>Es ist ganz einfach, Pyrex von anderen Glassorten wie BK7 oder Fensterglas
    zu unterscheiden. wenn ein Spiegel eine Dichte (spezifisches Gewicht) von
    rund 2,5 hat, ist es mit Sicherheit kein Pyrex. Wenn ein 25 Millimeter
    dicker Spiegel mit 200mm Durchmesser mehr als 1800 Gramm wiegt, ist es mit
    Sicherheit kein Pyrex.</b>


    <i>
    Pyrex ist blass grünlich-gelb-bräunlich.
    BK7 ist glasklar und völlig farblos.
    Fensterglas ist kräftig grün.
    </i>


    Farbe: BK7 ist glasklar und völlig transparent - BK7 wird auch als
    Frontelement in Fraunhofer-Objektiven verwendet! Pyrex ist blass grünlich
    mit einem Stich Richtung gelblich-bräunlich. Fensterglas (Float Glass) ist
    ebenfalls grün, allerdings wesentlich kräftiger als Pyrex und mit einem
    Stich Richtung bläulich. Im direkten Vergleich ist die Färbung von Pyrex
    deutlich wärmer als das kühle, blaugrüne Fensterglas. Ein weiteres,
    gelegentlich verwendetes Material - manchmal als Plate Glass, Sodium oder
    UltraPlex bezeichnet - sieht auf den ersten Blick wie BK7 klar
    aus, hat bei näherem Hinsehen jedoch keine völlige Transparenz sondern
    wirkt bei 20cm Glasweg wie ein leichter Graufilter.


    Wichtig ist, den Spiegel gegen eine weiße Fläche zu halten, um die Farben
    besser unterscheiden zu können.


    Fotos finden Sie unter http://www.intercon-spacetec.de/ratgeber/spiegelsorten.html


    Die Dichte ("spezifisches Gewicht") vom Spiegelmaterial ist eine praktisch
    sichere Methode, um Pyrex von anderen Glassorten zu unterscheiden. Die
    Dichte von Pyrex ist 2,23; die von BK7, Fensterglas und Plate Glass ist
    2,50. Das ist ein Unterschied von 12% - eine Verwechselung ist somit
    praktisch ausgeschlossen. Sie brauchen nur ein Lineal und eine Waage, um
    die Dichte eines Spiegels zu bestimmen.


    Bei den uns bekannten Taiwan-Spiegeln hat der Spiegel (nicht die
    verspiegelte Fläche!) fast immer einen Durchmesser von genau 200 mm; die
    meisten sind genau 25 mm dick. Ein Pyrex-Spiegel mit diesen Maßen wiegt
    etwa 1680 Gramm, ein Spiegel aus BK7, Fensterglas oder Plate Glass wiegt
    etwa 1890 Gramm.


    Weitere Informationen, und einen Rechner, mit dem Sie die Dichte eines
    Spiegels genau ausrechnen können, finden Sie auf unseren Seiten
    http://www.intercon-spacetec.de/ratgeber/index.html


    Die Vorteile von Pyrex gegenüber BK7 und billigen Spiegelträgern finden Sie übrigens dort auch.


    Stefan Schuchhardt
    Intercon Spacetec

  • Lieber Stefan,


    die Frage nach dem Spiegelträger-Substrat ist eine in Deutschland lang
    gepflegte Diskussion, zu der erst kürzlich der Feinoptiker Alois Ort-
    ner einen Beitrag aus astronomie.de abgeliefert hatte mit dem bekann-
    ten Bild.


    Nun gibt es aber in der Rangordnung der Qualitätskriterien bei einem
    Newton-Spiegel folgende Reihenfolge:


    Das Wichtigste ist die Genauigkeit und Glattheit der optisch wirk-
    samen Spiegel-Oberfläche.
    Das Zweitwichtigste danach ist die Art der Beschichtung dieses opt.
    perfekten Spiegels. Und wenn das stimmen sollte, wovon wir beide
    wissen, daß es eher seltener der Fall ist, dann erst ist eine Diskus- sion über das Spiegelträgermaterial sinnvoll, also die Frage BK7 oder
    Pyrex oder Plateglas oder Zerodur oder Sital oder was noch immer.


    Warum enthält Deine Info nicht die naheliegenden Ausdehnungs-Koeffitienten der jeweiligen Glassorte?


    Aus eigenem Interesse habe ich diese Diskussion dem Hersteller der
    GSO-Spiegel, dem Jim Sheng, vorgelegt, zu dem ich seit vielen Jahren
    guten Kontakt pflege:


    Der mailed mir auf meine Anfrage u.a. folgendes zurück, siehe
    angefügtes email. Nachdem die GSO-Spiegel von hoher Qualität sind
    und auch bei Händlern gerne verkauft werden, sollten wir im Interesse
    aller übrigen Spielgelhersteller nicht zu viel Werbung für diesen
    Spiegellieferanten machen.


    Mit spiegelfreundlichen Grüßen


    Wolfgang Rohr




    Hi Wolfgang,

    Good to hearing from you again. As you know many people are talking about the mirror material at this moment, here is my comment as follow:

    As my opinion, the mirror surface quality is most important for the newtonian telescope and the mirror coated will be second. The plate glass material is much easy to get in anywhere and 8% cheaper than BK7, but it is much difficulties to polish and hard to control quality during the production. The BK7 is one kind optical glass, we usually use this material for Refractor telescope, it is much easy to polish but the scrape will much easy during the production because it is very soft. All of these mirrors material will be the same level, we always talk to end user, the Pyrex is not everything, the quality and coated will most important for telescope. The Pyrex only reduce the cold down time about 25~30minutes sooner, that's all.

    In our standard for the mirror quality, we offer at less 1/8 wave to 1/12wave for 8" mirror or any smaller optics, but we offer 1/10wave to 1/16wave for 10" and 12" mirror at our factory. Of course, 96% reflecting for all of our mirrors.

    In Germany market, we always delivery the Pyrex or BK7 mirror blank for our customers, because people would to have these kind of mirror, but it is difference in US, they don't care the mirror material, everything is ok.


    Best Regards,

    Jim

  • Hallo,


    lese ich jetzt aus der Antwort des GSO-Mannes nicht das heraus, was ich auch von vielen ATM Spiegelschleifern schon gehört habe?!?


    Nämlich daß das Material des Spiegels auch einen sehr grossen Einfluß auf dessen Schleifbarkeit hat. Diese würde ja bedeuten, daß - völlig jenseits von Ausdehnungskoeffizienten und Abkühlverhalten - das Material letzlich auch Einfluß auf den wichtigsten Punkt, nämlich die Oberfläche (Form, Rauhigkeit) haben sollte.


    Wenn ein guter Spiegel dadurch so teuer wird, weil ihn ein Optikmeister von Hand trimmen muß, dann wäre es doch klar, daß wir alle Spiegel bevorzugen sollten, die der Optikmeister gut bearbeiten kann! Die sollten dann ja bei gleichem Zeitaufwand und gleichen Kosten im Schnitt weniger Oberflächenfehler haben...


    Was wäre das dann? Sital? Pyrex? Plateglass?

  • Liebe Sternfreunde,


    zur Mail vom 12. 11. einige Anmerkungen und Ergänzungen.


    Wolfgang, Martin:
    Ich finde, Ihr habt beide recht. Es gibt m. E. zwei Dinge, die nichts
    miteinander zu tun haben:


    - Die Oberfläche ist das wichtigste. Wenn die Oberfläche stimmt, ist
    das Material zwar nicht völlig egal, aber zweitrangig.


    - Wer das teure Material bezahlt, möchte gerne wissen, ob er das
    teure Material auch geliefert bekommen hat. Nur darum geht es in
    meiner Mail.



    Wolfgang:
    Sehr schön ist die Seite:


    http://www.minerals.sk.ca/atm_design/mirror_substrate.html


    Dort stehen eine Reihe von Eigenschaften aller denkbaren
    Spiegelträger von Fensterglas bis Beryllium. (Danke Stathis für den
    Tip) Aufschlußreich ist auch die Seite der Firma
    http://www.pgo-online.com.


    Tom:
    Eigenschaften von Sital siehe oben. Die für die Astronomie relevanten
    thermischen Eigenschaften sind praktisch identisch mit denen von
    Zerodur. Die Dichten unterscheiden sich um ein paar Prozent.
    Zumindest genug, um die Materialien über die Dichte unterscheiden zu
    können. Wie Sital aussieht, weiß ich nicht.


    Abkühlzeit: Es wird immer und immer wieder behauptet, Pyrex kühle
    schneller ab als BK7. Das ist zwar richtig, der Unterschied ist aber
    gering und für die Praxis kaum relevant. Die Wärmeleitfähigkeit
    beider Materialien ist gleich, die Wärmekapazität von BK7 rund 14%
    größer als die von Pyrex, die Dichte 12% größer. Die Abkühlzeiten
    unterscheiden sich daher um 27%. Ob ein Spiegel 30 oder 38 Minuten
    braucht, um eine bestimmte Temperaturdifferenz zu durchlaufen, ist
    für die Praxis kaum relevant, da andere Dinge, z. B. Spiegeldicke,
    Belüftung oder ob das Teleskop Richtung Zenit oder Richtung Horizont
    gerichtet ist, eine wesentlich größere Rolle spielen. Nur der
    Wärmeausdehnungskoeffizient ist um einen Faktor 2,2 verschieden.


    Übrigens: Das grünliche Monster, auf dem der Stathis da so locker
    rumlungert, das ist...dreimal dürft Ihr raten.



    Clear Skies
    Stefan Schuchhardt

  • die vielfache qualitative Heraustellung von
    Geräten mit verbautem Pyrex mag zwar berechtigt, stellt aber nicht den noch vorhandenen, eindeutigen Qualitätssprung zu
    Geräten mit höherwertigem Spiegel/Mechanikmaterial dar.
    Wie sonst wäre der Einsatz von Zerodur/Sital
    mit entsprechender Mechanik in Geräten der
    absoluten Spitzenklasse zu erklären, der sich natürlich in den Kosten für Anschaffung niederschlägt.


    Oder anders gesagt, ein Zerodurgerät von
    etwa 150 mm mir lieber als 200 mm Pyrex.
    Oder sollte die Einstufung grundverkehrt sein? Wie sieht die Beurteilung durch einen
    Profiastron. aus?


    U.Hennecke

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Oder anders gesagt, ein Zerodurgerät von
    etwa 150 mm mir lieber als 200 mm Pyrex.
    Oder sollte die Einstufung grundverkehrt sein? Wie sieht die Beurteilung durch einen
    Profiastron. aus?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hallo Ullrich,
    die "Profis" werden sich wohl kaum mit 6" oder 8" Spiegelteleskopen abgeben. Diese Größen sind aber als Planspiegel in komplexen Geräten durchaus gefragt. Da wird man sich mit dem relativ geringen Mehrpreis für das Material Glaskeramik nicht befassen, weil die Herstellung eines bestmöglichen Spiegels damit wesentlich vereinfacht wird.


    Als Amateur wäre mir ein 8" Pyrex lieber als ein 6" Zerodur. Die Praxis ziegt, man kann diese Größem sowohl als Amateur als auch professionell mit genügend hoher Qualität herstellen. Es ist nun mal so, ein 8" mit kleinen Fehlern (z. B. etwas höhere Rauhigkeit, nicht ganz perfekte Parabel) zeigt bei gutem seeing mehr Details am Himmel als ein perfekter 6- Zöller gleicher Bauart. Bei größeren Kalibern ist der Materilalpreis für Selbstschleifer ein wichtiges Kriterium. Man kann aber auch bei 12" und mehr durch höheren Zeitaufwand bei der Politur und Korrektur sehr gute Duran/Pyrex Parabolspiegel machen. In wie weit die ungünstigere Temperaturanpassung beim Gebrauch im Vergleich zu Glaskeramik wiklich stört, ist nicht mit einem Satz zu beantworten.
    Gruß Kurt

  • Danke Kurt, aber eine Frage noch


    würdest Du ein 8 Zoll Pyrex einem 6 Zoll Zerodur uneingeschränkt vorziehen, wenn es darum geht ein Höchstmaß an Definition, schärfe des Bildes zu erreichen. Vom größeren
    Lichtsammelvermögen mal abgesehen.



    Viele Grüße, Ulrich

  • [quote würdest Du ein 8 Zoll Pyrex einem 6 Zoll Zerodur uneingeschränkt vorziehen, wenn es darum geht ein Höchstmaß an Definition, schärfe des Bildes zu erreichen. Vom größeren
    Lichtsammelvermögen mal abgesehen.
    [/quote]


    Hallo Ulrich,


    ein Praxisbeispiel beim fotografischen Einsatz von Teleobjektiven:


    Man kauft sich ein lichtstarkes Objektiv. D.h., der Öffnungsdurchmesser ist grösser als bei der gleichen Brennweite eines anderen Objektives.


    Nun stellt man fest, daß es nur abgeblendet wirklich scharf wird. D.h, man wirft einen Teil des Lichtes (Aussenbereich der Linsen) weg, um eine bessere Abbildung zu bekommen. Oder in anderen Worten: Mittelmässige 8" sind in allem ausser der theoretischen Auflösung schlechter als sehr gute 6". Es kommt ja vorallem auf Kontrast und Definition an und nicht auf blosse Lichtmenge.


    Um bei den Besipielen zu bleiben: Die meisten Zeiss Objektive sind voll aufgeblendet besser als die nominal schnelleren abgeblendet auf die gleiche Blende! Viel Licht ist also definitiv nicht alles.


    Allerdings darf man eben nicht ohne weiteres 6" Zerodur mit sehr guter Spiegel gleich setzen. Es besteht wohl die Hoffnung, daß ein Optikmeister, der teurere Spiegelmaterialien einsetzt, diese auch zu besserer Form und Rauhigkeit bringt. Aber das ist eben nur eine Hoffnung. Und es wird wohl auch Sital oder Zerodur Gurken geben.

  • Hallo Tom,


    ich gehe immer davon aus, der Optikmeister
    der ein Meisterstück ein Meisterfernrohr
    fertigt nur die besten Materialien einsetzt
    und all sein Wissen und Können einbringt.
    Dafür nehme ich auch höhere Kosten in kauf,
    Wenn das Geld nicht reicht dann wähle ich ein
    kleineres Instrument.


    [:)]


    U.Hennecke

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Ulrich_Hennecke</i>
    <br />Danke Kurt, aber eine Frage noch


    würdest Du ein 8 Zoll Pyrex einem 6 Zoll Zerodur uneingeschränkt vorziehen, wenn es darum geht ein Höchstmaß an Definition, schärfe des Bildes zu erreichen. Vom größeren
    Lichtsammelvermögen mal abgesehen.



    Viele Grüße, Ulrich
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hallo Ullrich,
    "uneingeschränkt" natürlich nicht. Ich gehe mal davon aus, dass man 200 mm- Pyrex- Spiegel mit besser als lambda/8 Wellenfrontfehler problemlos herstellen kann. Das gilt auch für professionell gefertigte Spiegel. Wenn z. B. obiger Fehler im Wesentlichen durch sphärisache Abberation verursacht wird, hat dieser Spiegel einen Strehl- Wert von 0,95. Nehmen wir den klassischen Fall Planetenbeobachtung, wo es ja ganz wesentlich auf die Kontrastübertragung ankommt. Dieser 200 mm wäre hier deutlich überlegen gegenüber einem fehlerfreien 150 mm- Spiegel. Das kann man sogar an Hand der Modulationsübertragungsfunktion (MTF) in Zahlen ausdrücken.
    Der 6- Zöller hat ein theoretischen Auflösungsvermögen von 0,9". Bei Details in diesem Abstand ist der Kontrast fast null. Deshalb betrachten wir den Bereich für Details zwischen 1,5" bis 3". Der Spiegel überträgt hier 30% bis. 63% des Objektkontrastes. Bei dem leicht fehlerhaften 200mm- Spiegel sind es aber 42% bis 69% Des Objektkontrastes. Bei Ojektabständen von 0,9" liefert dieser Spiegel immer noch 15% 0,9". Das Beispiel zeigt, dass kleinere Fehler der optischen Fläche durch mehr Öffnung durchaus mehr als ausgeglichen werden können.

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