Studium

  • Hallo zusammen,
    ich mach gerade mein Abitur und wollte mal fragen, ob ihr zufällig wisst, ob man bei dem Studiengang Astrophysik:
    1. einen Numerus Clausus braucht,
    2. was man dann genau arbeiten kann
    3. ob es sehr schwer ist und
    4. wie überfüllt die Vorlesungen sind.
    LG Dominic

  • Hallo Dominic,


    zunächst mal: Es gibt keinen Studiengang Astrophysik. Du studierst - zumindest in Deutschland (in Österreich zum Beispiel ist das anders) - immer Physik und spezialisierst dich dann erst später auf die Astronomie.


    Physik hat keinen Numerus Clausus. Aber irgendwie bist du ziemlich spät dran, findest du nicht? Bei den meisten Unis ist die Bewerbungsfrist fürs kommende Wintersemester längst abgelaufen.


    Mit Physik "arbeitest" du alles mögliche, das ist unabhängig von Astronomie oder nicht. Von der Grundlagenforschung an Universitäten und Forschungsinstituten über die Entwicklungsabteilungen von Firmen bis hin zur Unternehmensberatung. Astrophysikern, die wirklich in der Astronomie bleiben wollen, bleibt natürlich nur ersteres, mit Ausnahme von Leuten, die zum Beispiel bei Firmen anfangen die Software für Teleskope und Datenauswertung programmieren oder Komponenten für Instrumente entwickeln.


    Ob es für dich schwer ist, können wir nur schwer beurteilen. Astronomie ist eben Physik. Wenn dir das liegt, dann bist du zumindest nicht ganz verkehrt dort. Da spielt natürlich auch jede Menge Mathematik mit ein. Außerdem ist man heutzutage ohne Computerkenntnisse (und zwar welche die deutlich über das Schreiben von Worddokumenten und Exceltabellen hinausgehen) aufgeschmissen. Auch Englisch ist gefragt, denn spätestenns nach dem Bachelor sind die Bücher auf Englisch, mal ganz abgesehen davon daß die Fachsprache der Wissenschaft Englisch ist.


    Wie überfüllt die Vorlesungen sind, hängt davon ab, wo du studieren willst und wie dort der Andrang ist [;)] Gerade in diesem Jahr wirds aber überall ziemlich voll, weil zum Beispiel Baden-Württemberg in diesem Jahr den doppelten Abiturjahrgang G8/G9 hat.


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Dominic,


    Caro hat ja schon sehr viel gesagt, in Deutschland musst du Physik studieren um was mit Astronomie zu tun zu haben.


    zu:


    1) Es gibt keinen Numerus Clausus.
    3) Ich bin Physikstudent und ich glaube auch, dass man das nicht so sagen kann ob es schwer ist. Es gibt welche denen fällt es leicht und welche denen fällt es schwer. Mir fällt es schwer- sehr schwer manchmal- je nach Fach. Du solltest Spaß an Mathematik haben, Durchhaltevermögen besitzen und dich damit anfreunden können, dass du eine sehr hohe Arbeitsbelastung hast. Viel mit Feiern, Freizeit, Sport, Partys ist da nicht. Das hängt natürlich wieder davon ab ob es dir leicht fällt. Gerade in den ersten drei Semestern ist man ganz gut ausgelastet.
    4)Ob das überfüllt ist kann man so auch nicht sagen, kommt auf die Uni an. Am Anfang ist es etwas voller, gerade wenn es ein Fach ist was mehrere Studiengänge belegen (z.B Lineare Algebra und Geometrie I). Am Ende wird es recht leer. Wir waren am Anfang etwa 100 Leute im Matrikel und jetzt noch knapp 40. Man kennt sich also mit Namen und in den Vorlesungen könnte jeder in einer eigenen Reihe sitzen [;)].


    Ich weiß nicht, ob an jeder Uni astrophysikalische Fächer belegbar sind. Da solltest du dich vorher informieren.
    Hier in Jena, wo ich studiere, ist Astronomie in Lehre und Forschung vertreten.


    Astrophysik ist sehr mathematiklastig, dummerweise hat diese Mathematik wenig mit Schulmathe zutun, sodass man schlecht sagen kann ob einem das liegt, bis man es probiert hat.


    Wenn es dich interessiert (Und das ist glaube ich das Wichtigste überhaupt in diesem Studiengang.) dann probiere es ruhig mal, man merkt schnell ob das das richtige Fach ist.


    Grüße

  • Hi,


    ich studiere auch Physik.
    Dir muss klar sein, dass du (so wars zumindest bei mir) in den ersten beiden Semestern die gleichen Vorlesungen hörst, wie die Mathematiker. (Mathe an der Uni ist aber wirklich Mathem nicht wie "Rechnen" an der Schule: Die Anwendung (die du als Physiker brauchst) steht nicht im Vordergrund, sondern der abstrakte Beweis von Sätzen. Das heißt die Vorlesungen bestehen zu 99% aus Definitionen, Sätzen, Korollaren, Lemmata und Propositionen sowie den zugehörigen Beweisen. Als Physiker weißt du nicht, wofür du die Beweise jemals brauchen sollst.) Da musst du Durchhaltevermögen beweisen, wofür du aber auch später am Arbeitsmarkt geschätzt wirst. Wer Physiker ist, hat neben abstraktem und problemorientierten Denken auch bewiesen, dass er nicht so schnell aufgibt.
    Zusätzlich hast du dann natürlich noch Physikvorlesungen.
    Das wichtigste ist, dass dir die Physik Spaß macht und dich interessiert, denn dann kannst du dich immer wieder motivieren.
    Die Vorlesungen sind (bei mir) nicht überfüllt, in den Mathevorlesungen sind aber schon ziemlich viele, aber nach jedem Semester werden es weniger [8D]
    Das soll dir keine Angst machen, aber es ist einfach so.


    Zu den Mythen gehört allerdings, dass du in der Schule Mathe-LK gehabt haben musst: Völliger Blödsinn, wie gesagt, an de Uni ist Mathe was völlig anderes (ich hatte z.B. nur Mathe GK und war einer der wenigen, der alle Mathe Prüfungen beim ersten Mal bestanden hat).
    Genauso heißt es oft, dass du keine Freizeit mehr hast und bis in die Nacht aufgaben machen musst. Ebenfalls Quatsch. Das ist individuell einfach zu verschieden. Vielleicht machen das manche, ich mit Sicherheit nicht, und es hat mir bis jetzt nicht geschadet. Die Belastung mit Übungsaufgaben solltest du aber auch nicht unterschätzen, aber zumindest wenn du die Mathevorlesungen geschafft hast wird's spürbar weniger. (Und bei den Physikaufgaben kann man normalerweise auch noch den Sinn darin erkennen, bei den Matheaufgaben meistens nicht [xx(])


    Alles in allem ein sehr interessantes Studium, aber am Anfang muss man sich durchbeißen. Da wird halt gnadenlos ausgesiept. Aber dann wirds mit jedem Semester interessanter und angenehmer [:)]


    Was ich bisher gelernt habe: Lass dich nicht abschrecken, wenn du Physik studieren willst, dann tu es! Und wenn du am Anfang von Leuten aus höheren Semestern bzw. aus der Fachschaft hörst, dass du die Mathevorlesungen 10x hören musst bis du sie verstehst und die Klausur schaffst, oder dass man die Klausur bei Prof. xy eh nicht schaffen kann, dann denk dir deinen Teil und versuch es trotzdem. (Meisten sind die Leute, die dir solche Horrorgeschichten erzählen die größten Idioten, die dann oft ganz schnell weg vom Fenster sind).


    All das beziht sich auf den Diplomstudiengang Physik, wies bei Bachelor/Master ist weiß ich nicht.


    Gruß


    Enduro

  • Hi Dominic
    bei mir ist's schon eine Weile her, dass ich mal Physik studiert habe. Dabei wollte ich immer Teilchenphysiker werden und am CERN das Higgs-Boson entdecken. Meinen Abschluss habe ich dann in theoretischer Festkörperphysik gemacht und arbeite jetzt als IT-ler bei einer großen Firma mit 3 Buchstaben...so kanns auch laufen. Bereut habe ich bis heute keinen einzigen Schritt dieser Laufbahn (aka 'Karriere')- und zur Astronomie habe ich nach 10 Jahren Abstinenz wieder durch meine Kinder gefunden.


    Wenn Dich Physik interessiert und Du keine Angst vor der Gehirnwäsche durch naturwissenschaftliches Denken hast, wenn Dir außerdem richtig schräge mathematische Berechnungen und die praktischen Schlussfolgerungen daraus liegen, dann ist Physik genau das Richtige für Dich. Dein Vorstellungsvermögen wird dabei ziemlich gedehnt werden - und Dein Realitätssinn geschärft.


    Da Du Astronomie schon als Hobby hast, sei aber auf der Hut, Deinen Studienschwerpunkt auch auf Astrophysik zu legen. Es kann gut sein, sein Hobby zum Beruf zu machen, es kann aber auch den Spass am Hobby verderben.


    DS, Holger

  • Hallo Dominic,


    ich möchte mich meinen Vorredner gern anschließen. Das Studium ist nicht leicht und am Anfang hat die eher "theoretische" Mathematik einen hohen Stellenwert. Das muß man mögen.


    Ich möchte aber etwas zu den Berufaussichten eines Astrophysikers sagen. Wie Caro schon gesagt hat, kannst Du als Astrophysiker nur an Universitäten und Forschungsinstituten arbeiten. Bei Firmen der astrophysikalischen Zulieferindustrie sind die potentiellen Arbeitsfelder für Astrophysiker eher rar. Diese Firmen suchen eher Spezialisten aus der Elektronik, Informatik etc.. Ein Astrophysiker ist hier in der Regel zu breit aufgestellt.
    Wenn Du als Astrophysiker nach Deinem Studium arbeiten willst, dann erwartet Dich eine Zeit mit unsicheren und befristeten Arbeitsverhältnissen. Dur wirst ein "Wanderabreiter" der von Forschungsprojekt zu Forschungsprojekt international wandert. Diese Zeit kann durchaus rund 10 Jahre dauern bis Du dich irgendwo etabliert hast. Reich wirst Du in dieser Zeit garantiert nicht. Oft bekommst Du nur eine halbe Stelle. An Familienngründung, Kinder, Haus etc. brauchst Du bis Mitte 30 nicht zu denken.
    Das ist jetzt mal eine ganz pauschale Einschätzung, die individuell bei Dir nicht Zutreffen braucht. Ein gutes anderes Beispiel ist hier Caro.
    Ich hatte in Deinem Alter genau die gleiche Entscheidung zu treffen. Habe mich damals gegen die Physik (mit Schwerpunkt Astronomie) und für ein Ingenieurstudium entschieden. Bereue diese Entscheidung nicht. Astronomie als Hobby zu betreiben ist schön. Du kannst hier machen wozu DU Lust hast. Das ist beim Berufsastronom ganz anders ;)

  • Hallo Dominic,


    ich kann mich den Anderen anschliessen.


    - Kein NC.
    - Grundstudium hart - hoher "Eingangswiderstand", bis man sich an die Herangehensweisen und das Lerntempo gewoehnt hat.
    - Erst Physik (evtl. mit Astronomie als Nebenfach), dann Astronomie


    Selber habe ich 1991 das Studium angefangen (mannomann, schon 21 Jahre her!) - deshalb kann es insbesondere wegen der Studienreform (Batchelor, Master) heute anders sein. Aber die Grundanforderungen sollten sich nicht signifikant geaendert haben: Sehr abstrakt und theoretisch, lockert es im Hauptstudium etwas auf. Vielleicht auch, weil man sich spezialisieren kann.


    Wenn man den Nachrichten glaubt, haben MINT-Faecher (Mathe/Informatik/Naturwissenschaft/Technik) eine gute Zukunft, sofern man nicht starr in der Forschung bleiben will.


    Ich habe mit drei Freunden (zwei davon Amateurastronomen) das Studium angefangen. Mich hat es in die Instrumentenentwicklung verschlagen, meine Freunde in die theretische Mittelenergiephysik, wo sie ueber das relativistische Quarkmodell promoviert haben, bevor sie in der Forschung keine Alternative mehr sahen. Einer wurde Lehrer (Mathe/Physik), die anderen beiden gingen in die Industrie. Alle drei haben einen guten Job, wenngleich dieser nichts mehr mit ihrer eigentlichen Spezialisierung zu tun hat.


    Mich selbst hat es nach England verschlagen, wo ich nach wie vor in der (groesstenteils) astronomischen Instrumentenentwicklung arbeite. Dabei sind meine Aufgaben breit gefaechert: Optisches und optomechanisches Design, Messungen von Komponenten, Integration von komplexen Systemen bis zur Abnahme beispielsweise an einem Grossteleskop. Vieles, was ich heute mache, ist eher Ingenieurskunst (bin sogar des Oefteren an der Drehbank zu finden), waehrend die eigentliche Astronomie hintenuebergefallen ist. Die Astronomie ist zu breit gefaechert, um alles abdecken zu koennen. Aber die Arbeit macht mir Spass und ist eigentlich genau das, was ich schon immer machen wollte.


    Zum Glueck gibt es hier in England kein "Hochschulrahmengesetz" (das den Braindrain vermeiden sollte, aber dazu gefuehrt hat, dass viele Wissenschafter Deutschland den Ruecken kehren mussten - inklusive meiner selbst), und die Anstellung an meiner Uni ist eher mit einer Industrieanstellung zu vergleichen. Unbefristet aber nicht verbeamtet - solange der Laden laeuft, sicher.


    Irgendwann nach dem Doktorstudium und der einen oder anderen Postdocstelle wirst Du die Entscheidung faellen muessen, in der Rolle des "Wanderarbeiters" zu bleiben oder Dich mit Kompromissen irgendwo niederzulassen. Aber ich habe keinen meiner Kommillitonen erlebt, der das Physikstudium durchgestanden und hinterher keine Stelle bekommen hat. Von daher - vor allem wegen der Vielseitigkeit des Berufsbildes "Physiker", kann ich das naturwissenschaftliche Studium nur empfehlen.

  • Hallo Dominic,


    es wurde - glaube ich - schon alles zum Thema gesagt, was gesagt werden muss. Ich kann nur meine Sicht der Dinge wiedergeben.


    Ich selbst wollte früher auch unbedingt Astronomie, d.h. Physik studieren. Noch lange vor dem Studium habe ich dann mit Leuten gesprochen, die Physik studiert haben und längst im Berufsleben angekommen sind. Erstaunt hat mich damals, dass die ganzen Leute überhaupt nichts mehr mit Physik am Hut haben, d.h. in anderen Branchen gelandet sind. Der eine ist Softwareentwickler geworden, der andere arbeitet in ner Müllzerkleinerungsfabrik. Und ein weiterer Bekannter hat nach seinem Physikstudium alles über den Haufen geschmissen und ist Polizist geworden.
    Da war ich ganz schön baff, weil ich bis dahin immer gelaubt hatte, dass man später mal in der Richtung arbeitet, in die das Studium ging. Aber irgendwann habe ich dann verstanden, dass das eben nicht so ist oder nicht unbedingt sein muss. Danach habe ich mich vom Traum eines Physikstudiums erstmal verabschiedet. Studiert habe ich dann später tatsächlich Mathematik und danach dann noch Informatik. Jetzt arbeite ich im Bereich des Operations Research und bin eigentlich nicht zufrieden [:o)] Deshalb habe ich mich häufig gefragt...hätte ich doch Physik studieren sollen? Ich weiß es nicht.
    Jedenfalls hätte ich jetzt auch Bammel davor, Astrohpysik zu studieren, denn es wäre wirklich möglich, dass man nicht "sein Hobby zum Beruf macht", sondern die Freude an der Astronomie völlig verliert. Und das ist für mich ein ganz ganz mieser Gedanke [B)]
    Von daher muss sich jeder genau überlegen, was er macht. Aber selbst nach erfolgreicher Studienwahl und Studium kann man meist wo ganz anders landen.


    Empfehlen kann ich ein MINT-Studium auf jeden Fall. Damit hast du wohl auch in Zukunft deutlich bessere Chancen als mit einem geisteswissenschaftlichen Studium.


    CS Marcel

  • Hallo,


    was Marcel geschrieben hat kann man auch positiv sehen: Nach dem Studium stehen dir (fast) alle Wege offen. Wenn man aber wirklich noch möglichst viel mit Physik zu tun haben will, bleibt nur, in die Forschung zu gehen.


    Gruß
    Enduro

  • Hart kann aber irgendwie nicht sein - ein Kommilitone, der an der FH im ersten Semester (Studiengang physikalische Technik) gescheitert (!) ist, schaffte dann das Physikstudium fast in Regelzeit....liegt vielleicht an der UNI Hamburg und den Möglichkeiten an div. Instituten direkt arbeiten zu können. Ansonsten ist *schwer* immer eine Frage der eigenen Qualifikation und des Talents bzw Fähigkeiten.

  • Hi Ullrich,


    FHs als "Ingenieursschulen" haben da eine andere Herangehensweise, die dem Kommillitonen vielleicht nicht passte. Ich denke schon, dass ein Physikstudium zu den "schwierigen" Faechern gehoert, wobei "schwierig" natuerlich ein dehnbarer Begriff ist. Theologie kann auch "schwierig" sein, die muessen hebraeisch lernen ... alles eine Sache des Standpunkts.


    Vielleicht ein Indikator: Viele meiner Freunde, die etwas anderes studierten, berichteten vom "lustigen Studentenleben". Fuer Parties, Kino oder Kneipe hatten wir dagegen unter der Woche gar keine Zeit. Auch die Stereotype vom Studenten, der erst um 10 Uhr aufsteht, war uns fremd - viel zu viele Vorlesungen !


    Also als "Betroffener" kann ich nur davor warnen, die Ansprueche ans Physikstudium auf die leichte Schulter zu nehmen. Gerade im Grundstudium (Universitaet Bonn, Anfang 1990er Jahre) wurde hart gesiebt, und ich kann mich auch an teils militaerische Zuege in den Praktika erinnern - es durfte halt keinen Spass machen.


    Vom Aufstehen um 6 Uhr um die Mathevorlesung um 8 Uhr nicht zu verpassen, bis zum Hausaufgabenterror bis in die zweite Nachthaelfte war die Woche angefuellt. Ein Lichtblick war dabei die Astronomie-Grundvorlesung ...


    Erst spaeter im Hauptstudium wurde es etwas lockerer, weil man sich auch auf Dinge spezialisieren konnte, die einem lagen. Und das Diplomandenjahr kann eine schoene Zeit sein, wenn man in einer Arbeitsgruppe "mitforschen" darf. In diese Zeit fiel bei mir auch, am 1m-Teleskop des Observatorium Hoher List an Wochenenden den "Nachtassistenten" zu machen. Umso schmerzhafter fuer mich deshalb die Schliessung dieser Sternwarte.


    Das Astronomiestudium ist bewusst abgestuft in Physik (mit Spezialisierung Astronomie) und dann Astronomie in der Doktorarbeit. So hat man einen Physikerabschluss, mit dem man auch in die Industrie gehen kann. Als Diplom-Astronom haette man da schlechte Karten.


    Und im Physikstudium wird man interdisziplinaer ausgebildet:


    - Experimentalphysik (mit Grundlagen in Elektronik, Vakuumtechnik, Atomphysik, Kernphysik, Teilchenphysik, Digitaltechnik, Hochfrequenztechnik EDIT: OPTIK ! Wie konnte ich das vergessen ?)


    - Theoretische Physik (Mechanik, Elektrodynamik, Quantenmechanik, Thermodynamik)


    Hinzu kommt der Umgang mit Rechnern: Programmiersprachen und Betriebssysteme. UNIX beziehungsweise LINUX ist in den meisten astronomischen Forschungsstaetten Standard. Grundkenntnisse hierin sind auch ein Plus auf einer Industriebewerbung.


    Diese Ausbildung ist ein guter Einstieg in etliche Industriezweige. Die Breitbandigkeit - uebrigens wesentlich breiter und tiefer als im englischen System - hilft mir auch heute noch, mich in neue Fragestellungen einzuarbeiten. Von daher kann ich ein Physikstudium empfehlen.


    Ich habe nach dem Diplom auch gedacht, eine "industrienahe" Promotion anzustreben. Eine anvisierte Promotion an einem optischen Institut im Ruhrgebiet kam nicht zustande, und so ging ich das "Wagnis" ein, an einem astrophysikalischen Institut zu promovieren. Es hat sich gelohnt - das optische Institut ging ein halbes Jahr spaeter den Bach runter. Ich denke daher, dass es besser ist, das zu machen was man will. Ein "Absprung" in die Industrie ist immer noch zu schaffen.

  • Hallo Ulrich,


    vieles haben die Kollegen ja schon gesagt, daher nur ein paar kleine Ergänzungen.


    früher konnte man mal direkt Astronomie studieren. Es wurde allerdings schon damals dringend empfohlen "nebenbei" eine Physik-Diplom-Prüfung abzulegen. Habe ich dann auch brav gemacht. In der Industrie sieht ein PhysikDiplom immer noch besser aus, als "nur" eine Promotion in Astronomie. Heute geht das so nicht mehr. Es gibt auch formal nur noch den Weg, sich für Physik einzuschreiben. Allerdings kann man zumindest in Bonn noch einen Master in Astrophysik machen.


    Ich hatte später nach meiner Forschungszeit die Gelegenheit einige Jahre als Dozent an einer FH zu unterrichten. Ich kenne daher beide UniTypen aus eigener Erfahrung. Mathe, Physik und Projektmanagement habe ich unterrichtet. Der Fokus liegt an einer FH mehr auf dem Lernen für praktische ANwendungen. An einer Uni geht es mehr um Erfassen und Durchdringen eines Themengebietes.


    Ich hatte den Vorteil, vor meinem Astro-Studium schon ein anderes Studium abgeschlossen zu haben. Ich war daher schon gut 23 Jahre und wusste, was ein Studium bedeutet. Insofern waren die warnenden Worte der Tutoren von einer 70 Stunden Woche nicht mehr soooo abschreckend. Richtig ist schon, dass man etwas tun muss. Manches fällt leichter, da muss man weniger tun, anderes fällt schwerer, da muss man halt mehr tun. Wichtig ist, dass man einen oder zwei Kollegen hat, mit denen man systematisch zusammenarbeitet. Aber das alles gilt nicht nur für Physik/Astronomie, sondern für jedes Studium.


    Seit 20 Jahren mache ich Astronomie mehr als Hobby, und ich kenne da, wo ich heute arbeite, eine ganze Menge Physiker, die überwiegend nichts mehr mit Grundlagenforschung zu tun haben. Aber das kann auch jeder selbst entscheiden. Und vor allem kannst du heute noch nicht wissen, wie es in 5-7 Jahren auf dem ARbeitsmarkt aussieht.


    Mein Fazit: Lass dich nicht entmutigen. Wenn du Spass am lernen und am Rechnen hast und auch noch gerne tüftelst, dann ist Naturwissenschaften für dich richtig. Wer allerdings Mathe und Physik in der Schule abgewählt hatte, weil ihm das zu schwer war und jetzt glaubt, Astronomie hätte etwas mit "pretty pictures" zu tun, der irrt gewaltig und sollte vielleicht besser Kunstgeschichte (nicht dass ich dagegen etwas hätte - ist auch interessant, braucht aber andere Talente...) oder "irgendwas mit Medien" machen.


    Im übrigen kannst du ja nach ein oder zwei Semestern - falls du doch keinen Spass dran hast - das Fach wechseln. Das ist immer noch besser, als sich durch ein ungeliebtes Fach zu quälen......


    Lass dich nicht irre machen. Du hast hier ja schon viele gute Hinweise bekommen. und ansonsten gilt: Versuch macht kluch. auch andere haben das Studium geschafft!


    Viel Spass daran!


    Heinrich

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