Beobachtungen im südafrikanischen Winter

  • Hallo Freunde,

    das war mal wieder ein aufregender Astrourlaub beim Hottie Oberholzer in Vryburg/Südafrika.


    Es ging schon los mit einem Schock:
    Wir konnten nicht zum geplanten Termin im Airbus A380 mitfliegen,
    denn der war völlig überbucht!



    Als standby-Passsagier für die Businessklasse (Danke Dietmar!) kann das schon mal vorkommen.
    Dafür ist die Businessklasse für Astroreisen das Nonplusultra, denn man kann
    zwei Gepäckstücke mit je 32kg und zwei Handgepäckstücke je 8kg mitnehmen.
    Das Gepäck konnten wir zwar schon einchecken, mussten aber einen Tag warten,
    bis wir dann doch mitgenommen wurden.
    Wir waren zu dritt und konnten so einen gepimpten 130mm Heritage-Dobson,
    meinen federleichten 16-Zöller und Dietmars 18-Zoll Dobson mitnehmen.
    Dazu mehrere Ferngläser, ein Dutzend Okulare nebst Komakorrektor, einen Binoansatz,
    eine EQ-Plattform für 28° Süd, den großen laminierten SkyAtlas und
    natürlich die unentbehrlichen Night-Sky-Observer-Handbooks.
    Meine Mitbeobachter waren Dietmar und Herbert, der die praktische Plattform gebaut hatte.


    In Johannesburg der nächste Schock: <b>Es fehlte mein 32kg-Koffer!</b>
    Dummerweise war in dem alles Wichtige wie z.B. Zahnbürste und mein 16-Zoll Spiegel.
    Mein Herz rutschte in die Hose und hämmerte wie verrückt!
    Am „lost baggage counter“ dann die Erleichterung und das Herz rutschte wieder
    an die richtige Stelle: Der Koffer war schon einen Tag früher angekommen.
    Es sollte eigentlich nie vorkommen, dass ein Koffer alleine ohne Passagier fliegt.
    Passiert aber manchmal doch!
    Wir wurden von Hottie und seiner Tochter Laenita mit dem VW-Bus abgeholt,
    in dem wir und alle Gepäckstücke locker Platz hatten.
    Die Fahrt bei strahlendem Sonnenschein in die etwa 400km entfernte Farm
    dauerte knapp 5 Stunden.



    Wir wurden wie im letzten Jahr von den 7 Hunden herzlich und lautstark begrüßt
    und fühlten uns sofort wie zuhause.



    Nach dem Auspacken und den Zusammenbau der Teleskope und einem schmackhaften Abendessen
    begann der tolle Astrourlaub mit sternklarem Himmel und SQM-Werten über 21.70.
    Wir hatten im Farmhof aufgebaut und so konnten alle interessierten Farmbewohner
    Saturn, Omega Centauri, Eta Carina und was weiß ich noch so alles ansehen.


    Der nächste Tag war bewölkt und in der Ferne regnete es in Strömen.
    Zum Leidwesen Hotties, weil der lieber den Regen auf der Farm gehabt hätte.



    Dafür Zeit genug, mit ihm nach Vryburg zu fahren und sich die Viehversteigerung anzusehen
    und im großen Supermarkt einzukaufen.
    Am nächsten Tag bauten wir die Dobsons vor der großen Scheune auf,
    wo der Blick nach Süden bis an den Horizont reicht.





    Das Wetter und die Durchsicht wurden nun sehr gut!



    Die erste „richtige“ Beobachtungsnacht begann um 18 Uhr mit dem Einprägen der wichtigen südlichen Sternbilder,
    die wir schon fast wieder vergessen hatten.
    Über ein Jahr war der letzte Besuch her und da kann man schon mal ein paar Erinnerungslücken haben.
    Die Sternbilder Norma, Telescopium, Octans oder Ara glänzen ja wirklich nicht mit hellen Sternen!
    Die showpieces aber hatten wir alle noch drauf.
    In der ersten richtigen Nacht waren das Omega Centauri, 47 Tucanae fast am Horizont, die schöne NGC5128 (Centaurus A),
    Dutzende von hellen Kugelhaufen wie M4 mit NGC6144, M3, M13, M2, M10, M12, M22, M28, M54, M69 und M70.
    Die gehen alle auswendig!
    Die kleineren NGC’s rund ums Milchstraßenzentrum wie NGC6638, NGC6522 und 6528 im gleichen Gesichtsfeld,
    Pal 8, NGC6553, NGC 6544 usw. usw. findet man zwar schnell, braucht aber oft die Sternkarte zur Identifikation.
    Die Standardkerzen wie Lagunennebel, Omeganebel, Trifidnebel und Adlernebel, alle im Zenit,
    dazu der Spiral-Planetary, der Bug-Nebel, die Katzenpfoten und diverse Dunkelnebel weiß man natürlich als
    erfahrener Südhimmel-Beobachter ebenso auswendig.
    Die Milchstraße, fast im Zenit, warf deutlich einen diffusen Schatten und haute einen wie immer von den Socken.



    Man kann sie stundenlang mit mittlerer Vergrößerung abscannen und findet Dutzende von Sternhaufen,
    Gasfetzen, Dunkelnebel, Kugelhaufen und Planetaries.


    Gegen 1 Uhr war die erste 7-stündige „Sitzung“ vorbei.
    Die Bedingungen waren erstklassig bei SQM-Werten um 21,70, brauchbarem seeing und
    Windstille. Die Temperatur fiel im Laufe der Nacht von 16° auf -3°, erträglich wegen der niedrigen Luftfeuchtigkeit.
    Nach einem (zwei) Glas guten südafrikanischen Rotweines fielen wir in die Betten.
    Das Rondawel hat zwar nur einen Heizlüfter und einen Infrarotstrahler zum Heizen,
    aber eine elektrische Wärmedecke im Bett lässt einen schlafen wie in Abrahams Schoß!
    Die nächsten Tage waren alle ähnlich gut und ebenso erfolgreich.


    Tagsüber Fahrten zum Nachbarn mit Farmrundfahrt und Grillen im Outback,




    Besuche bei den Rindern und Grillen derselben am Nachmittag,







    und Vorführung der Herstellung von Biodiesel.



    Die Nächte waren alle klar und windstill. Das seeing wurde besser und besser.


    Die vorletzte Nacht brachte dann eine Doppelbeobachtung: von 18 Uhr bis 21 Uhr
    eine Durchsicht der Milchstraßenobjekte und von 3 Uhr bis zum Morgengrauen um
    6 Uhr die südlichen Paradeobjekte.
    Das sind die Galaxien NGC253 , die Sculptorgalaxie, NGC55 und 300,
    der Helixnebel im Zenit und Streifzüge durch die Magellanschen Wolken.
    Die Highlights waren da natürlich der Tarantelnebel und Dutzende von Sternhaufen und Gasnebeln und der
    außergewöhnliche NGC104 (47 Tucanae), der zweitschönste aller Kugelhaufen.
    Das gleiche dann noch einmal in der letzen Nacht, um Hotties Tochter Heike einen Blick auf Orionnebel,
    Jupiter und Venus machen zu lassen.


    Nach dem Packen aller Klamotten und Teleskope wurden wir dann wieder nach Johannesburg zum Flughafen gebracht,
    wo wir diesmal ohne Probleme nach Frankfurt fliegen konnten.
    Ein angenehmer 10 ½ Stunden Flug, der in der Businessklasse wie im Fluge [8D] verging.


    Fazit:
    9 tolle Tage, ausgesprochen liebeswerte Gastgeber, bestes Wetter, beste Bedingungen für 16 und 18 Zoll
    und keine überzogenen Preise wie in Namibia!
    Der Aufenthalt incl. Essen, Trinken, Schlafen und Transport vom und zum Airport kostete etwa 450 Euro pro Person.
    Einfach genial, auch wenn die Unterkunft kein Luxus aber zweckmäßig ist!


    Hottie, wir werden nächstes Jahr wieder kommen!


    cs
    Timm


    edit: Tippveeler beseitigt

  • Servus Timm!
    Wow kann man da nur sagen!
    Das hört sich und sieht sich klasse an! Dank für deinen Bericht! Das scheint mir doch mehr als eine Alternative zu Namibia zu sein!
    Das Bild der Milchstraße haut einen wirklich um! Der Hammer!!


    Lg von Hajü

  • Hallo Timm,


    danke für den Bericht, der die Atmosphäre wunderbar beschreibt, sowie für die Fotos.
    Mein mitgenommener Fotoapparat blieb durch deine Profiarbeit in der Tasche.
    So langsam wäscht sich der "Sternenstaub" aus den Augen ... - die Erinnerung aber bleibt!

  • Na da habt ihr euch ja mal wieder gehörig die Augen verblitzt - aber selber schuld [:D]
    Ich glaub da muss ich auch mal mit hinne, vor allem wenn ich mir die saftigen Steaks so ansehe [^]


    viele Grüße
    Roland

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ich glaub da muss ich auch mal mit hinne,<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Unmöglich Herr Glasquäler! [;)] &gt; also 15,3 kg für den Spezialized Stumpjumper + 3 kg für e klieni Kischt Bier + 10 kg Okulare und andere Klamotten + 40 kg 24er Superleichtes Teleskop &gt; "Herr Flugkapitän, möchten Sie so gut sein und 30 L. Sprit aus dem Tank heraussaugen, sonst kommen wir nicht hoch....!" [:D][:D][:D]


    mitfühlende Grüsse [;)]

  • Hi Timm,


    vielen lieben Dank für deinen Bericht, den habe ich mit Freude gelesen. Sehr schöne Bilder, benutzt du einen Polarisationsfilter? Das Zentrum der Milchstrasse so weit oben zu sehen, ist schon eine Reise wert.

  • Hallo Freunde,


    es macht echt Freude, wen euch mein Bericht gefällt!
    Ich bin auch noch ganz überwältigt von den vielen Eindrücken in Südafrika.
    Die Milchstraße ist wirklich ein Hammer und alle von Europa aus unsichtbaren Bereiche sind echt eine Reise wert.
    Deshalb fahre ich so oft hin wie mein Geldbeutel (auf dem meine Fau üblicherweise sitzt) es zulässt.


    Costa:
    Das Foto stammt von irgendeiner EOS auf Barndoor von einem der Sternfreunde aus Namibia.
    War nicht mein Equipment, aber bei diesem Bild habe ich auf den Auslöser gedrückt. Also bin ich der Urheber[:)]
    Die Fotos sind alle ohne Polfilter gemacht... der Himmel ist echt so gut![:p]


    cs
    Timm

  • Hallo Timm,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ich bin auch noch ganz überwältigt von den vielen Eindrücken in Südafrika.
    Die Milchstraße ist wirklich ein Hammer und alle von Europa aus unsichtbaren Bereiche sind echt eine Reise wert. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    wenn du immer soviel schwärmst, werde die Südafrikaner wohl auch bald die Preise erhöhen.[:D]


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Deshalb fahre ich so oft hin wie mein Geldbeutel (auf dem meine Fau üblicherweise sitzt) es zulässt.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hm, es gelingt dir Glückspilz scheinbar doch immer wieder, sie von dem Gelbeutel runterzuschubsen.[:0]
    Viele Grüße
    Jörg

  • Hi Timm,


    na da haben die Beobachtungen trotz der Anfangsschwierigkeiten noch gut geklappt. Aber lass die Bilder keinen Vegetarier sehen. [:)]. Das Bild mit der Milchstraße ist der Hammer, haste das auch in groß? Wenn ich mir deinen Bericht so durchlese kommen wieder all die schönen Erinnerungen aus dem Juni zurück, als ich dort war.
    Klingt nach schönen Luxusurlaub für die Astrorenter. Flug in der Business class im A380. [:)]


    Gruß
    Lothar

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: PeJoerg</i>
    <br />
    ...wenn du immer soviel schwärmst, werde die Südafrikaner wohl auch bald die Preise erhöhen.[:D]
    Jörg
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Jörg,
    ein bisschen dürften sie das.
    Fünf Prozent Aufschlag bei 28,20 Euro sind auch nur 29,60 [:)]
    Sogar zehn Prozent wären auch nur 31 Euro.
    Da können die Namibier nie mithalten!


    Hallo Lothar,


    ja, Vegetarier sind hier nicht willkommen, denn sie essen den Rindern nur die Nahrung weg![:D]
    Wie verdorrt das Grünzeug im Winter ist, kannst du hier sehen:



    Das Milchstraßenbild habe ich nur in dieser Größe. Schade...


    Ja, das war ein echter Luxusurlaub, der mich trotzdem nur rund 1500 Euros kostete.
    Dietmar sei Dank...
    cs
    Timm

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