Zu Besuch am Observatoire de Haute Provence

  • Wen lockt das nicht? Dunkler Nachthimmel, viele klare Nächte im Jahr, mediterranes Klima und dennoch innerhalb eines Tages mit dem Auto aus Deutschland zu erreichen. Die eine oder andere Remote-Sternwarte gibt es ja in Südfrankreich, und auch die Profiastronomen wissen um die guten Beobachtungsbedingungen in der Haute Provence. DK und mich hat es in dieser Woche an das gleichnamige Observatorium (http://www.obs-hp.fr/welcome.shtml) verschlagen, und ihr könnt jetzt erstmal zusammen mit uns einen kleinen Rundgang machen


    Die Sternwarte wurde 1937 gegründet, das erste fertiggestellte Teleskop hat einen Durchmesser von 1.2m.



    Direkt nebenan gibt es noch ein 80cm-Teleskop, das schon ein paar Jahre zuvor im benachbarten Forqualqier für Standorttests genutzt wurde, bevor es dann an die neue Sternwarte verlegt wurde



    Die Ortschaft unmittelbar unterhalb des knapp 600 Meter hoch gelegenen Observatoriums heißt übrigens St. Michel l'Observatoire.


    Ein weiteres historisches Teleskop ist das Grand Prism Objektif, mit dem spektrale Himmelsdurchmusterungen durchgeführt wurden.



    Ein baugleiches Gerät gibt es auf La Silla (http://www.eso.org/public/imag…a-grand-prism-firstlight/)


    Wie man sich denken kann, sind die meisten historischen Teleskope am OHP nicht mehr in Betrieb. Tatsächlich hat man fast überall auch dem Observatoriumsgelände das Gefühl, in einer Landschaft zu wandeln, die im Dornröschenschlaf ist.


    Was gibts noch? Zum Beispiel das 1.5-Meter-Teleskop, hier in der Mitte des Bildes



    Ein freistehendes Stativ mit einer GP-ähnlichen Montierung auf dem Dach deutet hier immerhin auf die Anwesenheit von Nutzern hin (genau wie die Autos auf den Parkplätzen).


    Die Kuppel links gehört zu BEST, dem Berlin Exoplanet Search Telescope (http://www.dlr.de/pf/desktopde…bid-4515/7415_read-11158/)



    Sieht zwar etwas schedderig aus, aber werkelt fleißig vollautomatisch an der Nachbeobachtung von CoRoT-Exoplanetenkandidaten.


    Ähnlich vollautomatisch arbeitet das 40cm-Teleskop ROSACE, das die Bahnen von geostationären Satelliten im Auge behält. Das Teleskop wurde wie man sieht auf ein ansonsten ausgedientes Gebäude installiert, in dem früher ein Heliograph untergebracht war.



    Und dann wäre da natürlich noch das 1.93m-Teleskop



    Hier entstanden die Beobachtungen, mit denen Didier Queloz und Michel Mayor 1995 mit 51 Pegasi b den ersten Exoplaneten um einen richtigen Stern entdeckten. Ein Schild an der Tür weist darauf hin



    Für Besucher ist die Sternwarte normalerweise nur Mittwoch nachmittags geöffnet (Gruppen können sich allerdings auch außerhalb dieser Zeiten anmelden). In den Sommermonaten Juli und august ist mehr los, aber dazu später mehr. So wirken das Besucherzentrum mit dem kleinen Shop während der übrigen Zeit ähnlich verwaist wie der Rest des Geländes



    In den Sommermonaten Juli und August ist allerdings mehr los, aber dazu später mehr. Ach ja, wegen dem hierin verborgenen Teleskop sind wir hier, aber auch dazu später mehr


  • Hallo Caro,


    Schöne Bilder. Bitte mehr davon.


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • An dem Observatorium werden auch Praktika fuer Studenten abgehalten, die das astronomische Beobachten erlernen wollen.


    Letzten Januar war eine Gruppe aus Durham dort, ich waere fast als Betreuer mitgefahren - leider war ich durch ein anderes Projekt verhindert. [}:)]

  • Wenn in der Haute Provence der Mistral weht... kann man manchmal beobachten, und manchmal nicht. Die ersten beiden Nächte klappte es nicht (nach 10 Stunden Hinfahrt ist man da am ersten Tag aber auch durchaus dankbar für), vorgestern nun lösten sich die Wolken am sonst tiefblauen Himmel gegen Abend auf anstatt sich zu verdichten.


    Die Kollegen am 2m-Teleskop machen sich bereit für die Beobachtungsnacht



    Einen ähnlichen Anblick bot nicht nur die Kuppel des 1.5m-Teleskops, auch die rechte der beiden Zwillingskuppeln, die die Uni Tübingen am OHP gemietet hat, öffnete sich



    Darin verbirgt sich ROTAT, das Remote Observatory Theoretical Astrophysics Tuebingen, ein 60cm-Teleskop, das zur Zeit als Cassegrain mit f/8 betrieben wird



    Aber bei SQM-Werten von 21.4 läßt man natürlich auch den mitgebrachten Dobson nicht ungenutzt in der Ecke stehen, sondern genießt den Anblick von Objekten der südlichen Milchstraße



    In Südfrankreich steht der Skorpion vollständig über dem Himmel, hier mal zusammmen mit der Kuppel des 2m-Teleskops


  • Hallo Caro,


    sehr schöne Bilder und Impressionen.


    1989 war Eckhard Alt mit seinem Astrofotografie-Team am 1,2 m Newton dort tätig. Insgesamt war er 10 x 14 Tage vor Ort und hat nur wenige Bilder vollenden können, unbrauchbares Seeing war die Regel, eigentlich schade. Am Schmidtspiegel hat ein wenig mehr geklappt, aber der Aufwand stand in keinem Verhältnis zum Ergebnis... also astrofotografisch (was Pretty-Pictures angeht) unbrauchbar, da der Standort schlecht ist.


    A. Acker war damals noch am Observatorium und betreute die Truppe. Sie sagte, dass Seeing läge immer bei einer Bogensekunde, worauf der Leiter des Observatoriums schmunzeln musste, E. Alt wusste nach kurzer Zeit weshalb...(Mistral usw.)


    Vielleicht hat sich heute daran was geändert? Ich wünsche Euch jedenfalls viel Freude und Erfolg an den Geräten.


    E. Alt hat sich ebenfalls über die Bilder hier im Forum gefreut und seinen kleinen "Dienstweg" zum Teleskop gleich erkannt...schon lustig.


    Gruß und cs,


    René

  • Hallo René,


    als regelmäßiger Nutzer des ROTAT-Teleskops kann ich das Problem mit dem Seeing bestätigen. Es gibt Nächte, da kommen wir auf unter 2 Bogensekunden, aber es gibt auch Nächte in denen Du echt 'ne Krise kriegst :) Allerdings mache ich auch keine Pretty-Pictures, sondern jage Kometen und Kleinplaneten hinterher.


    Beste Grüße


    Andre

  • Hallo Rene,


    der Mistral macht zwar kein gutes Seeing, aber dafür eine hervorragende Transparenz. Wie Du schon sagst, sind die pretty pictures ja nur ein sehr kleiner Teil der Astronomie. Man muss daher schauen, was man am jeweiligen Standort macht. Schlecht ist es am OHP keinesfalls, ganz im Gegenteil...


    DK

  • Hallo Andre und Dominik,


    Profis interessieren sich auch praktisch nicht für "Pretty-Pictures" und bunte Bildchen, da geht es hauptsächlich um wissenschaftliche Aufgaben und Projekte, da sind bloomende Kameras ebenso gewünscht wie gute Transparenz, daher ist der Standort OHP nur schlecht im Sinne von "bunte Bildchen zur Begeisterung der Öffentlichkeit", mit Spektren und der Veränderlichenbeobachtung lässt sich in der breiten Öffentlichkeit kein "Start" machen, da sind Explosionen im Zeitraffer immer spektakulärer.


    Und dann gibt es ja noch die visuelle Beobachtung, wenn mal kein aufwendiges Forscherinstrumentarium am OAZ hängt.


    Ich werde mal ein paar Bilder von E. Alt und seinem Besuch am OHP (1980er Jahre) scannen und hier am Wochenende zeigen, passt ja auch irgendwie dazu.


    Gruß und cs,


    René

  • Hi Rene (und alle),


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Profis interessieren sich auch praktisch nicht für "Pretty-Pictures" und bunte Bildchen, da geht es hauptsächlich um wissenschaftliche Aufgaben und Projekte, da sind bloomende Kameras ebenso gewünscht wie gute Transparenz, daher ist der Standort OHP nur schlecht im Sinne von "bunte Bildchen zur Begeisterung der Öffentlichkeit", mit Spektren und der Veränderlichenbeobachtung lässt sich in der breiten Öffentlichkeit kein "Start" machen, da sind Explosionen im Zeitraffer immer spektakulärer.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    auch fuer Photometrie und Spektroskopie ist gutes Seeing wichtig. Einmal ist es das Signalrauschverhaeltnis, das sich bei einer breiteren Punktbildfunktion verschlechtert. Andererseits bedeutet in der Spektroskopie schlechteres Seeing entweder Spaltverlust (--&gt; geringere Grenzgroesse) oder - bei Anpassung des Spaltes - Verlust an spektraler Aufloesung.


    Ich denke, der wahre Grund dafuer, an einem Standort mit relativ schlechtem Seeing solch ein grosses Observatorium zu haben, ist historisch bedingt. In den 1930er Jahren hat man sich praedominant an der Anzahl klarer Naechte orientiert, und dazu natuerlich an der Distanz zu kuenstlichen Lichtquellen. Nur etwa 20 Jahre vor der Gruendung des OHP beispielsweise wurde die Berliner Sternwarte nach Potsdam ausgelagert - wie es damals hiess, an einen Ort, an dem die Einfluesse der Grossstadt Berlin "nie" stoeren wuerden ...


    Damals war die Erreichbarkeit noch ein wichtiges Kriterium. Auch tendierte man dazu, nationale Sternwarten auf nationalem Territorium zu errichten. Aufgrunddessen fielen viele gute Standorte einfach fort. Siehe zum Beispiel Tautenburg - das groesste (konventionelle) Schmidtteleskop der Welt auf 300m Meereshoehe unweit von Jena - aus heutiger Sicht ein Unding, damals praktikabel.


    Die moderne Methode des "Site testings" mit umfassenden Wellenfrontanalysen, die zur Verortung moderner Grossteleskope fuehren, waren damals noch Zukunftsmusik. Bestenfalls hat ein Astronom mit einem kleinen Teleskop das Seeingscheibchen beurteilt und das war dann nur eines von vielen Kriterien fuer eine Standortauswahl.


    Welch eine untergeordnete Rolle das Seeing bei der Errichtung von Grossteleskopen in der Vergangenheit spielte, laesst sich auch an den Kuppelbauten sehen, die z.B. beheizte Raeume enthielten. Es war erst in den 1980er Jahren, dass sich bei genauerer Betrachtung der Bedeutung des Seeings fuer die Effizienz eines Grossteleskops herausstellte, welch ein grosser Prozentsatz der Turbulenz von den Astronomen selbst gemacht wurde.

  • Hallo zusammen,


    solche Berichte lese ich immer gerne.
    Ein GROßES DANKESCHÖN an Caro und DK !
    Auf René seinen Bericht freue ich mich schon.


    Wenn ich jetzt hier gerade aus dem Dachfenster gucke, kommen nicht nur mir die Tränen....dem Fenster im Moment auch.
    Da wäre das Wetter eines solchen Standortes schon recht schön.


    Viele Grüße, CS und weiter so !


    André

  • Hi zusammen,


    was Jürgen sagt ist natürlich alles richtig. Man sollte nun aber auch nicht denken, dass das OHP unterirdisches Seeing hätte oder so. Im Schnitt ist es an den allermeisten Plätzen die ich in Deutschland kenne selten besser. Nur im Vergleich mit La Silla oder La Palma, da fällt es eben zurück...


    DK

  • Hallo Leute,


    jetzt macht Euch eine schöne Zeit und genießt die exklusive Zeit vor Ort. Lasst die auf den Fotos erkennbare Dimension der Kuppelbauten und die darin befindlichen großen Instrumente mal auf Euch einwirken, wie das Seeing nun wirklich ist, spielt bei dieser Exkursion nur eine Nebenrolle. Jeder von uns hier wäre selbstverständlich gerne mit dabei...(auch bei Dauerregen).


    Gruß und cs,


    René

  • Hallo Leute,


    so, habe mich mal hingesetzt und gescannt. Es sind zu viele Bilder, so habe ich die Wichtigsten ausgewählt und eine *.htm erstellt, damit dieser Thread von Caro nicht zu unüberichtlich wird.


    Hier geht es zu Eckhard Alt seiner Fotoseite am OHP:


    http://www.sternwarte-leerhafe.de/ohp.htm


    Gruß und cs,


    René


    Edit: Natürlich liegen die Genehmigungen von E. Alt und J. Rusche zur Veröffentlichung der Bilder vor. Alle anderen Personen sind unkenntlich gemacht...

  • Hallo Rene,


    Danke für diese historischen Fotos. Schmunzeln musste ich bei dem Bild "E. Alt bei der Leitsternsuche". Der Kasten vor dem er da steht ist wohl eine SBIG ST-1. [:D]


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Servus beieinand,


    am besten hat mir bei der historischen Steuereinheit das tolle Wählscheibentelephon gefallen!
    Früher am Wendelstein wurde teilweise auch so beobachtet, vor allem das Guide * suchen von Hand an einem Spektrograph weckt da Erinnerungen...


    Gruß und CDS


    Haley

  • So, ich schulde euch ja noch den Abschluß des Berichts. Dabei gehts zum einen darum, was für eine schöne Gegend die Haute Provence eigentlich ist. Man schaue sich zum Beispiel das historisch-malerische Städtchen Forcalquier nicht weit entfernt von Saint Michel l'Observatoire an



    Oberhalb des Ortes befindet sich mit Les Mourres ein Steingarten mit teilweise bizarr anmutenden Kalksteinformationen, der von der Erosion geformt wurde.



    Wenn man von dort zurück nach Saint Michel fährt, weist einen noch vor dem Ortseingang ein Schild zum Centre d'Astronomie. Gemeint ist damit nicht das Observatorium, sondern ein Zemtrum für Öffentlichkeitsarbeit, das Ende der 90er Jahre gegründet wurde: http://www.centre-astro.fr/index2.htm



    Die Einrichtung richtet sich insbesondere an Schulklassen, die normalerweise gleich für mehrere Tage dort hinkommen. Bis zu 60 Kinder kann das Centre beherbergen, verschiedene Programme mit Aktivitäten für alle Altersstufen werden geboten.


    Das Centre ist außerdem ziemlich gut ausgestattet und kann ein 76cm-Teleskop, ein 60cm-Teleskop, einen großen Siderostaten, ein H alpha-Teleskop, einen Dobson-Fuhrpark und weiteres Gerät sein Eigen nennen. Hier zeigt uns Olivier vom Centre "sein" 60cm-Teleskop.



    In den Sommermonaten Juli und August tun sich das Centre, das Observatorium und der Ort zum l'Eté Astro, dem "Astronomie-Sommer" zusammen. Während die Schüler dann in den Ferien sind, strömen die Touristen in die Haute Provence und können sich bei den angebotenen Aktivitäten auch astronomisch betätigen.


    Vielleicht fährt ja wer von euch mal hin? Wir werden es jedenfalls tun [:)]

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Caro</i>
    <br />Hallo miteinander,


    schaut euch mal http://www.obs-hp.fr/guide/t193.shtml an - das alte Kontrollpult beim 1.93m-Teleskop steht da immernoch. Photometer sind übrigens heute teilweise nach wie vor empfindlicher und schneller in der Datenverarbeitung als CCD-Kameras und werden nach wie vor eingesetzt.


    Viele Grüße
    Caro
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Caro,


    danke für deine tollen Bilder und den Bericht aus Frankreich.
    Kannst Du an diesem Teleskop mal die Abdeckplatte im Newtonfokus ausmessen? Ich würde dann eine passende mit einem Okularauszug bauen und bei einem Besuch mitnehmen [8D], eine Leiter werden die ja bestimmt da haben...
    Die Provence ist in den Wunschreisezielen ab sofort aufgenommen.


    vg Dirk

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