Bestimmung des absoluten Nullpunkts

  • Hallo,


    Derzeit arbeite ich an einem Versuch der auf experimentelle Weise den absoluten Nullpunkt bestimmen soll.
    Dazu erhitze ich Gas (Luft), das sich in einer beschrifteten Glassäule befindet und oben von einem Tropfen Quecksilber eingeschlossen bzw. gehalten wird. Wenn ich nun erhitze, kann ich die vergrösserten Volumen, die die Luft in der Säule einnimmt ablesen und graphisch mitsamt der dazugehörigen Temperaturen darstellen. (Die ganze Montur befindet sich im Wasser, damit das eingeschlossene Gas gleichmäßig erhitzt wird und die Temperatur exakt bestimmt werden kann).


    Nun lässt sich mithilfe des Gesetzes von Gay-Lussac einiges bestimmen, unter anderem auch der absolute Nullpunkt.


    Meine Frage: inwiefern steht mein Resultat des absoluten Nullpunkts im Zusammenhang mit dem atmosphärischen Drucks und/oder des Drucks der durch die Quecksilbersäule auf das Gas ausgeübt wird?


    lg
    Eric

  • Hi Eric,


    erstmal eine kurze Rückfrage, damit ich bisschen was abschätzen kann: steht die Gassäule horizontal oder vertikal? Dein Posting klingt als sei es vertikal (Gewichtskraft des Quecksilbers...)?


    EDIT: vertikal und horizontal vertausch, SORRY ;)


    Viele Grüsse,
    Dominik

  • Hi Eric,


    ich nochmal - habe jetzt mal bisschen hin und her gedacht. Erstmal, tolles Experiment, und eine extrem gute Frage dazu!


    Gewichtskraft des Tropfens: Wäre bei horizontaler Lage definitiv egal. Bei vertikaler Lage im Endeffekt aber auch, denn die absolute Ausdehnung der Gassäule, bei der Du startest, ist für das Experiment nicht entscheidend.


    Aussendruck (Luftdruck): Auch unkritisch, es sei denn zwischen Deinen einzelnen Messungen würde der extrem schwanken. Ist aber unwahrscheinlich.


    Viele Grüsse, und viel Erfolg bei diesem spannenden Versuch. Wir würden uns sehr freuen, wenn Du bei Zeiten vielleicht paar Ergebnisse oder Photos dazu posten könntest!


    Dominik

  • Hi Eric,
    sehe ich eigentlich genauso wie Dominik.
    Als mögliche Fehler würden mir folgende einfallen:


    (1) Luft ist nur näherungsweise ein ideales Gas.
    (2) Starke Luftdruckschwankungen während des Versuches. Also Versuch besser nicht bei Gewittern o.ä durchführen, Türen geschlossen halten, Fenster zu.
    (3) Dein eingeschlossenes Luftvolumen wird durch Quecksilberdämpfe verunreinigt. Das macht die Näherung des idealen Gases noch schlechter.
    (4) Die Dichte des Quecksilbers ist auch temperaturabhängig. Das muss man ggf auch korrigieren.
    (5) Das Volumen des Glasgefäßes verändert sich auch mit der Temperatur.


    Einen Versuch der so ähnlich funktioniert, habe ich im physikalischen Grundpraktikum auch durchgeführt. Prinzipiell sollte das funktioniern.
    Ich verlinke dir mal folgendes, ist zwar nicht mit deinem Aufbau identisch, aber ein bisschen ähnlich. Vielleicht sind ja Anregungen für dich dabei.


    http://www.uni-jena.de/Versuch_202.html
    http://www.personal.uni-jena.d…0107-%20versuch%20202.pdf


    Grüße

  • Hi,
    nach dem Versuchsaufbau kommt als untere Temperaturgrenze ja nur 0° (Eiswasser) in Frage, als obere Grenze der Sidepunkt. Du solltest sicherstellen, dass die Luft im Glas nicht zuviel Wasser enthält, welches bei der unteren Temperaturgrenze auskondensieren könnte, somit also hinreichend trocken ist.


    Einen konstanten Gasdruck im Behälter müsstest Du halt sicherstellen/kontrollieren. Sonst kommst Du an einer Kompensationsrechnung nach Boyle-Mariotte nicht herum. (vergleichbares gilt für das Volumennormal des Glasbehälters) Immerhin willst Du das Volumen messen als Funktion der Temperatur (bei konstantem Druck). Die Links von Lukas messen dagegen den Druck bei konstantem Volumen in Abhängigkeit der Temperatur.


    Die Dichte des Quecksilbers dürfte keine Auswirkung auf den Versuch haben, sofern man die dem Testgefäß zugewandte Grenze als Messlinie heranzieht. Die Gewichtskraft des Quecksilberpfropfens ändert sich ja nicht. (Wenn ich Deine Versuchsbeschreibung richtig verstanden habe.)


    Gruß

  • Hallo,
    erstmal vielen vielen Dank für die Antworten.


    Dominik: Die Glassäule steht tatsächlich vertikal, horizontal hätte das mit dem Quecksilber ja eigentlich keinen Sinn. Also ist dann auch beim vertikalen Aufbau die Gewichtskraft des Tropfens egal, solange sie sich nicht während dem Versuch ändert, wie zum Beispiel durch verdampfen?


    Lukas: Ja, das mit dem idealen Gas war mir auch schon in den Sinn gekommen, bin allerdings bis jetzt davon ausgegangen dass dies nicht verheerende Auswirkungen haben wird.
    Zur Dichte des Quecksilbers: Der Tropfen dient nur dazu das Gas (Luft) im Gefäß zu halten und um auf der Skala sauber ablesen zu können, deshalb hat die veränderliche Dicht eigentlich keine Auswirkungen auf die Messungen. Ist eigentlich genau so wie Kalle es beschrieben hat.
    Zum veränderlichen Volumen des Glasgefäßes: In welchen Bereichen bewegen sich diese Werte, daran hatte ich noch nicht gedacht, gut dass du es erwähnst!


    Kalle: Der Gasdruck im Behältnis sollte doch eigentlich konstant bleiben wenn ich die Öffnung nicht verschließe und nur das Quecksilber die Luft im Behälter hält. Der Pfropfen ist ja eigentlich nach oben hin frei beweglich wenn die Luft sich ausdehnt, deshalb sollte es keine Druckveränderungen geben.


    lg
    Eric

  • Hi Eric,
    wenn das Laborglas ist - sprich Jenaer Glas oder ähnliches - dann kannst du folgenden Ausdehnungskoeffizienten L näherungsweise heranziehen: Schott Borosilikatglas (bzw. Pyrex) mit L = 3,25E-6 je Kelvin.


    Zur Volumenbestimmung bei der Temperatur K1 vergleichst du Dein Nominalvolumen V0 bei Temperatur K0 mit V1=V0*(1+L*(K1-K0)^3. (Hoffe, es stimmt jetzt so.) Das wären dann 1 Promille Volumenänderung bei 100K Temperaturdifferenz. Immerhin in grober Fehlerabschätzung 273K*0,00001 = ~0,003K Fehler bei der Bestimmung des absoluten Nullpunkts.


    Überprüfe die Rechnung nochmal.


    Gruß

  • Hi Eric,
    also nach einer etwas länglichen Abschätzung komme ich auf das Selbe wie Kalle was den Volumenfehler angeht. Ich denke mal die größten Messfehler liegen bei der Bestimmung der Absoluttemperatur. Da bewegt man sich im Bereich von rund 1K. Desweiteren brauchst du das absolute Volumen des Gefäßes.
    Ich denke mal, wenn du eine Abweichung vom Literaturwert für den absoluten Nullpunkt schaffst, die im einstelligen Kelvin Bereich ist, bist du schon gut.


    Gruß

  • Hi,
    nun ja, wenn man ein solches Experiment aufbaut, sollte man auch eine Fehlerabschätzung dazu abgeben. Ob das nun Ablesefehler sind, Messergebnis beeinflussende Faktoren oder, was sonst noch in Betracht kommt. Das ist am Ende im Ergebnisbericht u.U. wichtiger als das Messergebnis selbst.
    Zum Vergleich verweise ich mal auf das bekannte CERN-Experiment zur Geschwindigkeit von Neutrinos. [:D]


    Gruß

  • Ja. Dazu sollte man dann aber auch sagen, dass die OPERA - Truppe ("CERN Neutrinos") sich allergrößte Mühe mit der Fehlerabschätzung gibt, und da auch sehr offen ist [;)]

  • Hi,


    Ich werd dann hier bei Gelegenheit meine Ergebnisse posten sobald ich erste Messungen hab [;)]


    Vielen Dank euch allen für die kompetente Unterstützung [:)]

  • Hi,


    Hab jetzt endlich erste Resultate:


    Temperatur (°C) 20 30 35 40 46 50 55,5 60 65
    Volumen (cm^3) 19,5 20,1 20,4 20,7 21,1 21,4 21,7 22,1 22,5


    So, wenn ich das graphisch darstelle, erhalte ich eine Gerade: y = 0,0661x + 0,0673 mit Korrelationswert R^2 = 0,99654


    Daraus errechnet sich ein experimenteller Ausdehnungskoeffizient der Luft von 3,65*10^-3 °C^-1, was dem theoretischen Wert von 3,674*10^-3 doch schon recht nahe kommt.


    Für den Nullpunkt errechnet sich, indem man in die Gleichung der Geraden y = 0 einsetzt, ein Wert von:
    0K = -273,95 °C.


    Für den ersten Versuch bin ich da schon zufrieden, jetzt müssen diese Resultate nur noch durch weitere Versuche bestätigt werden [;)].


    EDIT:



    Hier die graphische Darstellung, ist etwas groß geraten, aber naja.


    Bilder der Apparatur kommen nach.


    Grüße,
    Eric

  • Hallo,
    herzlichen Glückwunsch zu den guten Ergebnissen.
    Bei mir im physikalischen Praktikum haben wir das längst nicht so genau hinbekommen!


    Gruß
    Enduro
    P.s.: Hast du auch eine Fehlerabschätzung gemacht?

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Enduro</i>
    <br />P.s.: Hast du auch eine Fehlerabschätzung gemacht?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Also, ich komme anhand der Messdaten auf einen absoluten Nullpunkt von (-273 ± 7)°C.


    (Ich betrachte das Volumen als unabhängige und die Temperatur als abhängige Variable. Daher ist mein Schätzwert für den absoluten Nullpunkt mit -272.91 auch ein bisschen anders als der von Eric (aber ebenso legitim), dieser Zahlenwert ist aber bei dieser Betrachtungsweise schlicht der Achsabschnitt der Fitgerade beim Volumen=0 und damit unmittelbar einer der beiden Fitparameter. Standardformel für die statistische Unsicherheit der Fitparameter führt dann auf die Unsicherheitsangabe ±7 Grad).


    Tschau,
    Thomas

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