Finden des Schwerpunktes beim Dob

  • Hallo


    habe mich dazu entschlossen den neuen Dobson (16") zuerst zu planen, und dann zu bauen. (Beim ersten war das so in etwa halb geplant und stetig angepasst, was zur folge hat dass diverse Einzelteile mehrfach gefertigt wurden)
    Das Ziel ist ein Optimum aus tiefen Kosten und geringem Gewicht.
    Ebenfalls gut gefällt mir die Lösung, dass die unteren Stangen an den Sichel befestigt werden.


    Hier beginnt die Schwierigkeit, der Systemschwerpunkt inklusive Sichel sollte bekannt sein, da dies die Grösse der Sichel beeinflusst, doch die Sichelgrösse verändert den Schwerpunkt.
    (bei meinem ersten Dobson waren alle Stangen auf dem Spigelkasten und wurde ausbalanciert zur ermittlung des Schwerpunktes)



    <i>(Das Bild ist nur als Beispiel, noch im Entwurf des Gesammten, FS fehlt noch, Spiegelzelle ist nicht dargestellt)</i>


    Mit einer entsprechenden CAD-Software ginge das sicher sehr konfortabel, habe jedoch keine. Dafür kenne ich Excel, und die Berechnungen der Einzelbauteile in den Koordinaten sind für mich eine spannende Herausforderung.
    Damit kann jetzt die Grösse/Masse einzelner Bauteile verändert werden, was aufgrund der Verknüpfungen das restliche System mit zieht und verändert. Der Systemschwerpunkt wird berechnet, sowie das Drehmoment in Bezug zum Drehpunkt der Sicheln.


    Jetzt die Frage: wie Gross darf das Dremoment sein, damit dieses von der Reibung der Sicheln auf der Rockerbox abgefangen wird?


    Gruss

  • Moin Roger,
    der Tubus muss ein Okular halten inkl. Telrad/Barlow/Filter und darf ohne Okular sich nicht aufrichten.


    Folglich hast Du drei verschiedene Belastungen:


    a) Nacktes Teleskop
    b) Okularfreies Teleskop mit Sucher
    c) Teleskop mit Okular.


    Maßgeblich ist die Differenz aus b) und c). Dazwischen sollte der Schwerpunkt eingerichtet sein. Als Lastfall hättest du dann die Hälfte. Hinzu kommt eine Justage-Reserve (also Spiegelposition variieren und den worst case nehmen.)


    Als Reibungskoeffizient kannst du 0,1 (Teflon/Ebony) ansetzen. Die Reibung ist dann nur von der Gewichtskraft abhängig. Die lässt sich noch variieren, wenn man die Höhenräder quasi keilförmig klemmt, die Teflonklötzchen also weit auseinander setzt. Somit ein Spiel mit den Kraftvektoren.


    Die Höhenräder stellen mit ihrem Radius eine Art Untersetzungsgetriebe dar, der Moment am Okularauszug wird im Verhältnis der Entfernungen vom Schwerpunkt "untersetzt". Wohlgemerkt, nicht der Radius sondern der Abstand vom Schwerpunkt geht da in die Rechnung ein. Sitzen die Höhenräder also nicht im Schwerpunkt, wird die Rechnung noch etwas komplizierter, da die Drehrichtung dann nicht tangential zum Schwerpunkt erfolgt.


    Und dann wäre da noch die Windanfälligkeit. Also gibt dem System noch etwas Reserve. Vielleicht kommt ja auch noch ein 26er Ethos mit 1,2 Kilo. Das 31er Nagler liegt noch knapp unter 1 Kilo.[;)]


    Denk an zusätzliche Lasten wie Batterien zur Fangspiegelheizung oder Filterrad.


    Gruß

  • Hallo Kalle


    besten Dank für Deine Antwort.
    Verstehe ich das richtig?:
    - angenommenen 20kg Gewicht des Dobsons mit Zubehör
    - Radius der Sichel 50cm, montiert auf dem Schwerpunkt
    - Losbrechkraft = 20kg x Reibungskoeffizient 0.1 = 2kg (?)
    - 2kg auf 50 cm Radius = ca. 10Nm
    - betrachtung im Horizontalfall
    Dies kann in Gewicht umgerechnet werden auf dem Punkt des Okulares, zum Beispiel:
    Distanz Schwerpunkt zu Okular = 140cm = 10Nm / 1.4m = 7.1N = ca. 0.7kg
    In diesem Beispiel wäre ein Gewichtsunterschied mit Okular bis etwa 1.4kg stabil, da in jede Richtung (auf/ab) die Kraft von 0.7kg notwendig ist, wenn der Schwerpunkt auf den Gewichtsfall ohne Okular bestimmt wurde. Bedeutet jedoch auch, dass dann mit oder ohne Okular in die eine Richtung nur geringste Kraft benötigt wird, in die Gegenrichtung 1.4kg...
    Für die Praxis kann dieses Gewicht dann noch durch den Sinus des Winkels der Einsatzes dividiert werden, womit dieses grösser wird.


    Kommt das hin?


    Gruss

  • Liebe Astrofreunde,


    ein interessantes Thema.
    Kalle, Du sagst "der Tubus muss ein Okular halten inkl. Telrad/Barlow/Filter und darf ohne Okular sich nicht aufrichten".
    Heutzutage wiegen die Okulare etwas mehr, es kommt hinzu, dass Komakorrektoren benutzt werden, auch schwere Binos kommen zum Einsatz.
    In diesem Fall ist es schwer, einen Kompromiss zu finden, der ein Aufrichten bei leerem Okularauszug vermeidet.
    Beim Bau meines 12-Zoll F 4 Dobsons war die Vorgabe, dass mit Ethos 21 mm und Paracorr die Balance in Zenit- und Horizontstellung besteht.
    Die Balance geht dann auch noch mit einem Baader Mark V inkl. 2 Panoptic als schwerste Option und als leichteste Option ein Ethos 13 mm im Parracorr.
    Mit dem Ethos 8 mm allerdings ist das Limit erreicht.
    Der Preis sind relativ grosse Sicheln, in meinem Fall 58 cm Durchmesser.
    (Gesamtgewicht des Dobsons mit Optik 22kg).


    Gruß Rolf

  • Hallo Leute,
    wirklich ein interessantes und wichtiges Thema!



    =&gt;Roger:
    Leichte Höhenräder beeinflussen den Schwerpunkt ja nicht so deramatisch, dass die ganze Rechnung sofort ins Wanken kommt, wenn sich ihre Position ein klein wenig ändert. Spiegel mit Zelle und Box sowie der Hutring mit allen Anbauteilen tragen weit überwiegend zur Schwerpunktposition bei. Ich mache dann halt zum Schluß noch mal einen oder zwei Iterationsschritte.


    Der sinnvollste Ansatz ist meiner Meinung nach, erst mal die festgelegten Massen zu bestimmen und die Grundabmessungen des Tubus. Nur die vorderen Stangenlängen und die Höhenräder sind dann außer dem Okular noch variabel, alles andere steht fest. Nebenbei: Bei leichten Reisedobsons und/oder wenn der OAZ nicht seitlich angebracht ist, solltest Du den Schwerpunkt in zwei Koordinaten bestimmen.


    Wenn in Zenitnähe der Schwerpunkt etwas unter dem Drehpunkt liegt, bekommst Du in Horizontnähe ein aufrichtendes Moment. Ohne diesen Trick bringst Du ein leichtes Reiseteleskop nicht vernünftig ins Gleichgewicht.


    Nachdem die Tubus-Gesmtmasse in etwa feststeht, kannst Du die Reibungskräfte ermitteln und dazu passend den Radius der Höhenräder.


    Jetzt kannst Du den Gesamtschwerpunkt bestimmen und die Position der Höhenräder an der Spiegelbox. Eventuell muss nun das Design von Spiegelbox und/oder Höhenrädern noch etwas modifiziert und die Rechnung mit den geänderten Daten wiederholt werden.


    Aus der Praxis schätze ich, dass Du auch mit großen Höhenrädern allein durch Teflon/Ebony-Lager nur ca. 7-8% des Tubusgewichts an Laständerung am OAZ ausgleichen kannst. Das bedeutet, mit 10 kg Tubus wirds langsam schwierig, einen Komakorrektor und ein 21er Ethos gleichzeitig zu tragen.


    Federsysteme verlagern das Problem nur, weil dadurch ein erhöhtes Kippmoment am Standfuß erzeugt wird. Hier hat man ja meist ein Dreibein, und dessen kleinster Auflage-Abstand zum Schwerpunkt ist nicht groß.


    Bei meinem 180mm f/5,3 Reisedobson mit 2,8 kg Masse ohne Olular habe ich konsequent auf einen 2" OAZ verzichtet und benutze nur leichte Okulare. Zusätzlich benutze ich gerade nicht verwendete Okulare als Gegengewichte, siehe hier.


    Gruß,
    Martin

  • Hallo zusammen,


    ich habe vor einem halben Jahr mal einen Rampentest gemacht. Für die Kombination aus ungewachstem Ebonystar (von Teleskopservice / Neumann) und Teflon habe ich bei einer Belastung von 1 Kg/cm² einen Reibungskoeffizienten von 0.055 ermittelt.


    Diesen Wert habe ich bei der Auslegung meines 18-Zöllers verwendet. Die damit berechneten Haltemomente haben sich bestätigt, als der Dobson in Betrieb ging.


    Gruß
    Norbert

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!