Hallo,
vorneweg: ich will hier niemanden 'lange Zähne' machen. Da ich hoffe, das den einen oder anderen meine/unsere Erlebnisse interessieren anbei einige Zeilen von unseren Trip um den Juli-Neumond 2011.
Namibia 2011
Schon ist es Geschichte – unser Ausflug zum südlichen Sternenhimmel 2011. Uns, das sind Thomas und Hartmut vom Erlanger Astrostammtisch sowie Hubert und Michael aus dem 'befreundeten Ausland' (Sachsen). Unsere Vorhut bildeten Hubert und Michael, welche bereits am 20. Juli die Reise antraten um 14 Tage auf der Astrofarm Tivoli zu weilen, Thomas, Hartmut und Ich hatten für 10 Tage (besser Nächte) gebucht und die Reise erst am 24. angetreten. Als einziger der Truppe habe ich mein Teleskop selbst mit gebracht – der 17er Adler konnte somit zum 3. mal die Namibische Höhenluft genießen. Die Anreise verlief unproblematisch – 1h Verspätung fällt bei einer reinen Flugdauer von 9 1/2h nicht allzu sehr ins Gewicht. Von der Landung bis zum Transferstart (via 'externen Shutteservice' gingen nochmals 2h ins Land was der Tatsache, dass in Summe 8 Personen gleichzeitig zu transportieren war – vor allem aber dem Umstand, dass 4 Personen sich in die Schlange zum Geldwechseln einreihten - geschuldet war. Die Tivoli-Truppe war mit Luciana und Alessandro aus Italien und Carsten, Hartwig Clemens und aus Hamburg angewachsen. Um 10.00h Ortszeit fuhren wir dann bei der Farm ein, genau rechtzeitig zum Frühstück, dass wir dann unter dem Schilfdach genossen. Ob Obst, Müsli, Schinken, Käse, Wurst, selbst gemachte Marmeladen (lecker!) oder Rührei mit Kaffee oder Rotbuschtee, frisch gepressen Orangensaft … es fehlt an nichts.
Hubert und Michael – unsere Vorhut – hatten bezüglich Beobachtungsbedingungen leider wenig gutes zu Berichten. War deren erste Nacht noch ordentlich folgten 2 Nächte mit für den Standort ungewöhnlichen Bedingungen. Wolkenlos und trotzdem trübe, so dass selbst der Mond in Horizontnähe nicht durch die Eintrübung durchdringen konnte. O.K. - Nordwind bedeutet meist sehr leicht dunstig (besser staubige) Bedigungen, doch nicht in diesem Maße. Wenige Tage später, als Kirsten die Farmersfrau vor Ort war fand sich eine Erklärung. In nördlichen Landesteilen kam es zu großflächigen Graslandbränden (auch in der Region Windhoek soll es ständig gebrannt haben), die aerosole führten dann auch mehrere 100km südlich zu trüben Durchblick. Man muss das Wetter nehmen wie es kommt, so wurde unverdrossen aufgebaut (15min aus Flugreisezustand bis in Beobachtungsmodus beim Adler), die anderen verschwanden in die Sternwarten, um sich mit den Montierungen, Steuerungen und Leihoptiken vertraut zu machen.
Wir hatten Glück … die Nacht von 26.07. war schon deutlich besser als jene davor, nur am Abend darauf wurden ab 00.30h visuelle Beobachtungen merklich gestört. Dann drehte der Wind für 4 Tage auf Süd. In der Folge wurde die Transparenz gut, gleichzeitig wurde es klirrend kalt. Zum Sonnenuntergang noch 15 Grad warm rauscht das Thermometer innerhalb von nur 2h bis unter Null, eine weitere Stunde später sind es schon minus 4. Zum Dämmerungsbeginn sind es dann bis zu minus 9 Grad in Bodennähe. Zum Glück jedoch ohne Wind, sonst wäre Spechtelnächte von 18.30h bis 05.00h kaum durchzustehen.
Wie all die Eindrücke und Beobachtungen schildern, so das der geneigte Leser mit unter die leuchtende Südmilchtraße entführt werden kann, die glimmenden und glosenden Regionen unseres heimatlichen Sternenmeeres über sich aufgespannt mit erlebt, die Dunkelnebel wie den Kohlensack am Kreuz des Südens oder den Pfeifennebel nahe des Galaktischen Zentrums ein Gefühl der Ehrfurcht und der Dankbarkeit erweckt? Ich weis es nicht wirklich. Technisch-sachliche Schilderungen können diesen Teil unseres gemeinsamen so fazinierenden Hobbies nicht gerecht werden. Photos (davon wurden mit ausnahme der reinen visuellen wie Hubert, Andreas und mir reichlich gemacht und hoffentlich auch demnächst gezeigt) kommen diesen näher, doch 'Live' ist wieder etwas anderes.
Ich werde es mit Beschreibungen von ausgesuchten Objekten versuchen. Die Nacht vom 26. auf den 27. - als der Wind auf Süd drehte – zeigte neben guter Transparenz auch sehr gutes Seeing in einer Qualität, wie ich diese in Deutschland vielleicht einmal im Jahr erlebe. Das sind jene Nächte, in denen das 5er Oku nicht ausreicht und noch die 2,5-fach Powermate zum Einsatz schreitet. Vor allem kleinere Planetarische offenbaren dann Details, die einem meist verschlossen bleiben.
Vor dem Abendessen um 17.00h trage ich den Dobson in zusammengebauten Zustand auf die ca. 100m entfernte Beobachtungsplattform, damit der dünne Spiegel beim Beginn schon voll temperiert ist. Nach dem Essen (vom Tisch aus kann man den Sonnenuntergang über den Weiten der Kalahari sehen) wird sich warm eingepackt, eine Kanne Tee gekocht (bei mir hat es hat 4 Nächte gedauert bis ich darauf gekommen bin) den gefüllte Notebookrucksack übergeworfen und der Beobachtungsplatz in Beschlag genommen. Kurz die Justage überprüfen (in 9 Nächten musste nur einmal feinjustiert werden), Okularbrett bestücken, Netbook anschalten, Beobachtungsliste und Klemmbrett mit Stiften bereitlegen – dann könnte es los gehen. Ich kann nicht anders, erst muss die leuchtende Milchstraße bewundert werden, die Stimmung der Nacht aufgesogen werden. Das blöken der Schafe und Lämmer, das teils säuseln, teils rauschen des Winds in den hohen Palmen an der Farm gehört genau so dazu wie visuellen Eindrücke. Nach ausführlichem Genießen des Carina-Komplexes mit all den Reflektionsnebelsturkturen, Dunkelwolken und des Humunkulusnebels um Eta Carinae wurde um 19.30h mit 'ersthaften Beobachten begonnen,
NGC3195 – PN – CHA (mag11,5- sbr 10,8; 0,7 * 0.7') SQM 21,48 Zenith
Das Obekt steht lediglich 25Grad über dem Horizont, im Chamälion zwischen Carina und Octant. Als geeignetes Okular stellt sich das 9er Nagler dar – 202fach. Es zeigt sich ein leicht elliptischer Nebel, der relativ scharf nach außen abgegrenzt ist. Die gesamte Fläche ist merklich heller als der Hintergrund. Ca. 0,5' südlich und ca. ' SW jeweils mag12-Feldsterne. Hin zum 0,5' entferten Feldstern eine merkliche Aufhellung, grob dreieckförmig mit Hypothenuse zum PN-Rand hin. Gegengleich eine ähnliche Aufhellung, jedoch etwas kleiner. Den Zentralstern konnte ich nicht erhaschen. Etwa auf Höhe der Dreieckspitzen, bei ca. 50% PN-Radius meine ich eine schwache, ringförmige Aufhellung zu erhaschen, diese aber nicht gesichert.
Ich peile nur wenig höher ins Sternbild Musca, die Fliege zu
NGC4071 – PN – MUS (mag12,9- sbr 13,1; 1,3 * 1.3') SQM 21,48 Zenith
einem doch merklich blasseren und schwierigeren Objekt. Das Aufsuchen geht mit dem Netbook in der Hand am Teleskop recht ordentlich, vor allem bedenkt man das in Blickrichtung die Milchstraße steht und es nur so von Feldsternen wimmelt. Der OIII-Filter hilft bei Auffinden. Ich sehe eine schwachen grob rundlichen Schemen der am östlichen Rand eine längliche Aufhellung aufweist. Im Nebel selbst ein sehr schwacher Feldstern, azentrisch und damit vermutlich nicht der Zentralstern. Ein mag 15 Feldstern knapp außerhalb SO der Aufhellung – mehr gibt meine Skizze nicht mehr her. Der Nebel erschien mir etwas 'unruhig'.
Die Suche nach
IC4191 – PN – MUS (mag121,5- sbr 5,9; 0,3' * 0,2') SQM 21,48 Zenith
im oberen Bereich der Fliege gestaltet sich schwieriger. Auch in der Zielregion will sich der kleine PN zunächst icht zeigen. Mit OIII und 202-facher Vergrößung ist dieser dann ausgemacht. Selbst im 7er bei 260-fach ist der PN ohne Filter fast stellar. Westlich des PN bilden mag11/12-Feldsterne ein grob gleichwinkliges Dreieck mit ca. 2' Kantenlänge der nähste der Feldstere ca. 1' vom PN entfernt.
Noch ein PN – und was für einer!
NGC5189 – PN – MUS (mag10,3- sbr 11,9; 2,2 * 2,23') SQM 21,48 Zenith
steht zwar nur gut 35 Grad hoch, doch sind hier die Bedingungen ausgezeichnet. Auf den ersten Blick erkennt man ein helles etwas zerklüftetes Intergralzeichen mit ein paar nebeligen Regionen in unmittelbarer Nähe. Ich steigere die Vergrößerung. 7er, 5er .. 360-fach. Es zeigen sich immer mehr an Details. Die Powermate kommt zum Einsatz: 3,6mm Okularbrennweite bedeuten 505-fache Vergrößerung – diese ist hier angebracht. Ich nehme mir Zeit für eine ausführliche Skizze. Im Balken des Integralssehe ich östlich eine schmale, merkliche längliche hellere Zone, danneben 3 Lichtknötchen. Südlich, vor dem Abknicken ein dreieckiger relativ heller Bereich. Nach einem kurzen 'Aussetzer' schließt nch O ein schwacher Bogen an, der an der nördlichen Kante zunächst etwas kräftiger erscheint. Etwas abgesetzt südlich nach SO eindrehend ein bananenförmiger Schemen. Westlich, auf Höhe des Bogens zwei kleine, absetzte längliche grob von O nach W orientierte Fleckchen, dort zwei mag 13/14 Feldsterne innerhalb des Nebels. Am N Ende des Balkens zunächst relativ scharf nach W abbiegend eine helle, schmale Zone die spitz ausläuft, nach einer kurzen Lücke ein schmaler Schemen, N davon eine blasse dreieckige Aufhellung, WSW ein ovaler, kleiner Blob. Balken, Bogen und Aufhellungen umfassen einen Mag13 Feldstern. Knapp außerhalb, nach WMW ein mag12-Feldstern. Ob der Vielfalt an Details schwer zu beschreiben. Thomas und Alessandro die mit laufender Technik Zeit zum Schlendern haben sind beim Anblick des Objekts ebenfalls sehr beeindruckt.
Es wird Zeit die Objektklasse zu wechseln.
NGC6744 – GX – PAV (mag8,4- sbr 14,2; 20,2 * 13,2') SQM 21,50 Zenith
ist ungleich größer. Auf den 2. Blick sieht man wurderbar Sprialarme. Das Zentrum bildet ein länglicher, kräftiger Bereich mit einem Ansatz eines kurzen Balkens, an den mehrere zarte, schmale Spiralarme anschließen die die GX in ovaler Formg gegen den Uhrzeigersinn umschließen. Ein innerer Bogen im N und ein weiterer, etwas enger umschließender von S nach NO eindrehend erscheinen am deutlichsten. Ob der Größe gehe ich vom 13er (140-fach) auf das 21er (87-fach) zurück. Ein wurderbarer Anblick.
Der Südhimmel ist ungleich reicher an Kugelsternhaufen als der Nordhimmel, neben der unbeschreiblichen Omega Centrauri und 47 Tuc sind sicherlich ein weiteres Dutzend M13 des Nordhimmels mehr als ebenbürtig. Mehrere Dutzend mittelheller GC mit verschiedensten Konzentrationen bis hin zu grenzwertigen Objekten wie z.B. die Terzan-GC oder TON 2 reizen Extremspechtler. Ich hatte mit
NGC4833 – GC – MUS (mag7,4- sbr 12,8; 13,5 * 13,5') SQM 21,50 Zenith
einen mittleren Vertreter als Kontrastprogramm eingestreut. Schon im 21er mit ersten sichtbaren Außenbereichsternen prasselt es im 13er bei 140-fach schon kräftig. Auffällig ein mag9-Feldstern ca. 5' östlich der GC-Zentrums
es folgt mit
IC4663 – PN – SCO (mag13,1- sbr 9,5; 13“ * 12“) SQM 21,55 Zenith
ein sehr kleiner PN mit leicht ovalem Erscheinungsbild. Bei höherer Vergrößerung (350-fach) ist ein breiter Ring erkennbar, der gegengleich über jeweils ca. 100 Grad etwas kräfiger erscheint. Den Zentralstern konnte ich nicht erkennen. Das nächste Highlight
NGC6337 – PN – SCO (mag12,3- sbr 11,6; 38“ * 28“) SQM 21,55 Zenith
steht zum Beobachtungszeitpunkt fast 70 Grad hoch. Vom 9er über 7er, 5er bis zu 9er+Powermate (505-fach) wird der Anblick immer beeindruckender. Es zeigt sich nahezu kreisrunder Kringel mit dünnem Rand. Direkt im Rand, im GF auf 1h ein mag13-Feldstern. Gegengleich, nur knapp innerhalb ein etwas stärkerer geschätzt 12,5er Funken. Auf einer gedachten Linie zwischen den beiden Sternen 3 weitere, 13,5 bis 14er. Einer im Zentrum (der Zentralstern?), dann zwei weitere hin zum 13er auf 1h, jeweils ca. 3 bis 4“ separiert. Der Ring selbst auf 10 bis 11h nach innen hin kräftiger, nach 3,5h eine kleine merkliche Aufhellung an die – nach kurzer Lücke – von 5h bis 7h eine zunächst etwas breitere, dann schmälere Aufhellung den Ring hier deutlicher hervortreten lässt.
Uff .. ich belasse es hier bei der Schilderung von -zugegebener maßen besonders schönen – 3h einer Beobachtungsnacht. Vielleicht finde ich noch muße noch mehr auf Papier zu bringen. Auch hier zeigt die Erfahrung: für 1h Beobachtung brauche ich die gleiche Zeit für die Schilderung des gesehenen. Diesmal versuche ich es auch erstmalig mit ein paar Zeichnungen, ich hoffe dies klappt.
Viele Grüße
Achim
p.s. Fast vergessen: während unseres gesamten Südhimmelurlaubs gab es sehr viele Meteoriten zu beobachten. In der ersten Nachthälfte eine Rate von mind. 60/h, in der zweiten sicher über 100/h. Wenn man den Himmel 'einfach so' betrachtete gab es kaum eine Minute ohne zumindest einen 'Wischer', auch viele hellere und in den Nächten vom 26.07. bis 01.08 pro Nacht mindestens 4 oder 5 Boliden. Immer wieder ging ein 'ohh' über den Platz. Manchmal war es wie bei einem Blitzlicht (wenn man am Okular war oder in andere Richtungen beobachtete). 2* ging mir sogar ein Meteorit durchs Oku-GF, da konnte man für Sekunden noch die 'Asche' nachleuchten und fortdriften sehen. Auf Tivoli war ein, auf Hakos gar 5 Holländer speziell zur Meteoritenbeobachtung angereist, 4 Ströme waren zu der Zeit aktiv.