Bath I- Meter.... für Spiegelschleifer? Teil 2.

  • Wie im vorangegangenen Bericht versprochen folgt hier die Diskussion einer umfangreichen Interferometer- Messreihe an einem unbelegten, noch nicht ganz „lupenreinem“ 10“ f/6 Parabolspiegel. Wie Spiegelschleif(sportl)er nun mal sind, sie versuchen jeden irgendwie erkennbaren Fehler der Oberfläche auszubügeln. Und obiger Prüfling HAT FEHLER! Ohne Messungen geht da nix außer garnix. Und oh Schauder und Graus, welche Unsicherheit, wenn man dabei vielleicht mindestens 15 alternative Verfahren NICHT anwenden würde. Daher, jedes Messverfahren scheint recht, auch Interferometrie, ohne und auch mit im Doppelpass, Autokollimation genannt!


    Dazu hab zwischenzeitlich etwas aufgerüstet, obwohl eigentlich erst ein Einführungskursus im Interferogrammstreifenpünktchensetzen zu absolvieren wäre. Aber faul und neugierig wie ich nun mal bin hab ich statt dessen lieber eine Stunde lang bei Ebay reingeschaut und recht schnell einen HeNe- Laser ersteigert zum Preis von 121€ . Das erste Bild zeigt meine „Laserwaffen“ mit denen ich schon interferometriert habe.



    Hier noch die Vorstellung meiner Doppelpass- Messstrecke. Weil eben nix von selber kollimiert, meide ich den Begriff Autokollimation ab sofort strikt und werde statt dessen das Kürzel „DP“ benutzen, weil der Prüfling das Licht hier zweimal reflektiert. Für die Messungen im Krümmungsmittelpunkt gilt das schöne neudeutsche Kürzel „CoC“ (Center of Curvature).


    Als Referenz- Planspiegel dient mein 12“ Coelostat. Da dieser nicht durchbohrt ist, braucht man noch den ell. Planspiegel. Genau besehen prüft man also eine Newton im Doppelpass, hier allerdings mit unbelegtem Hauptspiegel. Das I- Meter ist unverändert wie bei den Messungen aus dem Krümmungsmittelpunkt mit Ausnahme des Lasers. Statt des HeNe Lasers wurde der Justierlaser eingesetzt (Begründung siehe weiter unten).








    Vor Abhandlung der Messreihen sei eine kleine Fehlerdiskussion erlaubt. Zur Eingrenzung beschränke ich mich auf die spezielle Anwendung des Bath- Interferometers zur Messung unbelegter Parabolspiegel = „Prüfling“ während der Entsehungsphase und der Auswertung mit „FringeXP“. Es geht also um die Ergebnisse und die mit der Messtechnik verbundenen Probleme bei :

    1. Messung aus dem Krümmungsmittelpunkt „CoC“
    2. Messung im Doppelpass „DP“

    a) Offset- Fehler des I-Meters
    Beim Bath- I- Meter liegen die Brennpunkte beiden Strahlenkegel prinzipiell nebeneinander, also off axis. Der off axis Abstand beträgt einige mm. Dadurch wird Coma und Astigmatismus als systematischer Fehler eingeführt. Bei gegebenem off axis Abstand ist der Fehler bei DP wesentlich deutlicher als bei CoC, weil bei DP der Lichtkegel bei gegebenen Prüfling doppelt so weit geöffnet ist. Da Coma i. a. kein typischer Fehler des Prüflings ist, kann man in beiden Fällen Coma per Programm abziehen. Falls der des Prüfling aber irgendwie mit „verbeulter“ Oberfläche daherkommt, wäre der Abzug von Coma nicht korrekt. Der evtl. verbleibende Astigmatismus- Fehler ist mehrdeutig, weil er je nach Orientierung des Prüflings „zufällig“ zum systematisch bedingten Astigmatismus addiert wird. Durch Mehrfach- Messung bei definiert gedrehtem Prüfling kann man in beiden Fällen den Anteil des Prüflings herausfiltern.


    b) Kollimationsfehler der Prüfstrecke
    ist bei CoC praktisch nicht möglich, weil dann keine Interferenzstreifen sichtbar sind. Bei DP wird dadurch zusätzlich Coma und Astigmatismus eingeführt. Das erschwert die Identifikation des Asti.- Fehlers des Prüflings. Wird also bei Drehung des Prüflings die Kollimation unbeabsichtigt geändert, ändert sich auch der systematischen Fehler bei DP. Man muss deshalb nach Drehung des Prüflings die Kollimation allein durch dessen Justage bewerkstelligen.


    c) Radius und Durchmesser des Prüflings
    spielen bei DP keine Rolle. Bei CoC gehen diese Größen abhängig vom Öffnungsverhältnis in die Messung ein. Durch Variation der Dateneingabe für Radius und Durchmesser leicht ein Bild von der Auswirkung des Fehlers machen.
    Hier ein Beispiel für den Prüfling in Tabellenform.



    In der Spalte E1 findet man eine fälschliche Eingabe des Radius um 10 mm also 3060 mm statt richtig 3050 mm. Der Strehlwert würde dadurch um –0,7 % verfälscht. Man muss also den Radius schon deutlich falsch messen, bevor sich ein nennenswerter Fehler ergibt. Bei der Messung des Spiegeldurchmessers Durchmesser muss man etwas genauer hinschauen. Ein Fehler von +/- 1mm bewirkt hier +0,9 / -1,2% Fehler des Strehlwertes (Spalten E4 und E5). Der Strehlwert 90% wurde willkürlich aus der laufenden Messserie ausgewählt. Die hier aufgelisteten Fehlerangaben sind als Beispiel zu verstehen, die Stellen nach dem Komma bitte nicht zu ernst nehmen. Die Zahlen sind von der Größe des Spiegels und dessen Öffnungsverhältnis und auch vom Strehlwert selbst abhängig.


    d) Wellenlänge des Lasers
    geht bei CoC wesentlich stärker ein als bei DP. Für rote Laserdioden wie sie in Pointern und Justierern eingesetzt werden, findet man Wellenlängen zwischen ca. 630 bis 720 nm. Zur Verdeutlichung des möglichen Fehlereinflusses nehmen wir als Mittel 675 Nm mit +/- 45 nm oder ca.+/-7 %. Hier ein Beispiel:



    Die Tabelle ist so zu lesen: „Bei Abweichung der eingegebenen Wellenlänge von der tatsächlichen um +/- 7% wird der Strehlwert um –9 % bis +5% fehlerhaft.... „ (Die Stellen nach dem Komma sollte man auch hier nicht ernst nehmen). Demnach ist es besonders für CoC sinnvoll einen HeNe- Laser einzusetzen, da dessen Wellenlänge nur unwesentlich schwanken kann.





    e) Rauhigkeit der Interferenzstreifen
    kann bei ein und demselben Prüfling recht unterschiedlich aussehen wie das nächste Bild zeigt



    Danach ist es nur logisch, den HeNe- Laser als Lichtquelle zu verwenden. Die ersten 4 I- Gramme davon zeigt das folgende Bild.




    Die I- Gramme sind allesamt mit ein und derselben Bath- I-Meter Optik am besagten Prüfling gemacht worden, Messung CoC.


    Leider war der HeNe Laser bei DP wegen der zu langen Brennweite der I- Meter- Linse nicht vernünftig einsetzbar. Statt dessen wurde der Laserjustierer verwendet. Die zur Auswertung verwendeten I- Gramme sehen nach Bildbearbeitung so aus, wie die folgenden Beispiele.



    Diese sehen offensichtlich deutlich rauer aus als die I- Gramme im vorletzten Bild. Bei DP- Messung am unbelegten Prüfling wird wegen der Zweifach- Reflexion die Intensität des Lichtes zur I- Grammerzeugung etwa 3% des Wertes im Vergleich zu CoC geschwächt. Das reicht zwar immer noch für Belichtungszeiten von ca. 1/50 s, aber alle Störungen in Form von Reflexen und Streuungen kommen genau mit der Intensität ins bild wie bei CoC. Das mindert entsprechend den Kontrast der I- Gramme drastisch. Durch die zur Auswertung notwendigen Kontastverstärkung muss man leider eine erhöhte Rauhigkeit hinnehmen. Man kann unter diesen erschwerten Bedingungen nur dann auswertbare I- Gramme erzeugen, wenn man die Linse im I- Meter zur optischen Achse kippt. Sonst bilden deren Reflexionen relativ lichtstarke und kontrastreiche I- Gamme in Form von konzentrischen Kreisen, dass das eigentiche Nutz- I- Gramm völlig verdeckt wird. Diese Störungen sind bereits bei CoC schwach erkennbar (s. I- Gramm Pointer grün, im obigen Bild).


    e) Luftschlieren im Strahlengang
    entstehen durch Temperaturdifferenzen der Luft. Die Störungen wachsen näherungsweise mit dem Volumen der schlierenbehafteten Luft im Strahlengang. Beim DP- Aufbau ist dieses Volumen ca. 3,5x größer als bei CoC. Das kann man leicht nachrechnen. Die DP- Messungen sind demnach deutlich störanfälliger gegen Luftschlieren als der Aufbau CoC oder Foucault.



    f) Erschütterungen
    DP ist erheblich empfindlicher, weil hier mindestens 2 Spiegelflächen zu Schwingungen angeregt werden können.



    Fazit aus a) bis e)
    Will man die prinzipiell gegebene höhere Empfindlichkeit des DP- Aufbaus gegenüber CoC im Sinne höherer Genauigkeit der Messergebnisse ausnutzen, so muss man erheblich höheren, für Amateure kaum zu realisierenden Aufwand betreiben. Dazu käme noch das größte Handicap nämlich die Beschaffung eines geeigneten Planspiegels.


    Nun zur eigentlichen Messerie.


    a) Messungen CoC mit insgesamt 40 Einzel- I- Grammen
    Erstes Ziel war die Ermittlung der Wiederholgenauigkeit unter Praxis - Bedingungen. Praxis das heißt hier Messung der Fehler an einem noch verbesserungswürdigen Parabolspiegel. Wie bereits aus den Vorversuchen i. o. a. Bericht ablesbar, scheinen die Mittelwerte wenigen Einzelmessungen schon recht gut reproduzierbar zu sein. Mit 40 Einzelmessungen kann natürlich schon ein wenig einfache Statistik betreiben. Genau wie in den Vorversuchen wurden die Einzel- I-Gramme mit jeweils anderer Streifenlage und Anzahl unter sonst unveränderten Bedingungen aufgenommen. Diese wurden nach dem Schema 1.2.3. 4. I-Gramm- Mittelwert 1 bis 4. danach. 5. 6. 7. 8. I- Gramm Mittelwert 5 bis 8. ...usw. bis 36. 37. 38. 30 40. I-Gramm - Mittelwert 37 bis 40 ausgewertet.


    b) Messung DP mit 16 Einzel- I-Grammen


    Die Messergebnisse aus a) und b)sind in der Tabelle zusammengefasst.




    Schauen wir erst einmal in die Spalte „Strehl Coma off“ unter der Überschrift „Messung im Krümmungsmittelpunkt“ (= CoC) . Die lfd. Nr. 1 zeigt mit 84,2% zufällig das kleinste Ergebnis aller 40 Strehl- Einzelergebisse. Der höchste Wert ist die lfd. Nr. 32 mit 90,1%. Das ergibt einen „Range“ von 5,9%. Analog findet man den entsprechenden Wert für die Messergebnisse unter Autokollimation (verflixt, das sollte doch „DP“ stehen). Hier ergibt sich ein Range von 90,7% - 78,9% = 11,8% . Das ist zufällig „exaktgenau“ doppelt so viel. Höherer Range ist aber gleichdeutend mit höherer Messwertstreuung. Es ist wohl ebenso einleuchtend, dass die Wahrscheinlichkeit für einen höheren Range mit der Anzahl der Messungen ansteigt. Hier ist aber unter CoC trotz der wesentlich höheren Anzahl von Messergebnissen der Range kleiner. Das wäre hier also ganz klar 1 : 0 für CoC.


    Nun wird sich kein Spiegelschleifer mit einer Einzelmessung während der Korrekturphase zufrieden geben. Schauen wir uns deshalb mal die Streuung der jeweils aus 4 Messungen gemittelten Ergebnisse (in blaugrün hervorgehoben) an. Da kommen wir unter CoC auf 90,1% - 88,1% = 2% Range. Unter Autokollimation sind es 87,6% -82,6% = 5% Range. Damit steht es 2 :0 für CoC.


    Aus meiner eigenen Erfahrung in der Spiegelschleiferei weiß ich nur zu gut, dass man während der Korrekturphase mehr auf die Art der Fehler achtet als auf den Strehl. Z.B. fragt man sich, wo hat der Prüfling Zonen, hat er evtl. einen abgesunkenen Rand oder ist er gar astigmatisch. Da kann man mit FringeXP wirklich recht gut nachsehen. Nicht umsonst hab ich deshalb einen Spiegel mit Macken für diese Monster- Messorgie ausgewählt. Wenn man wie hier 40 bzw. 16 Einzel- I-Gramme aufaddieren kann, warum nicht! Um einen plausibleren Vergleich zwischen CoC und DP machen zu können hab ich allerdings nur die ersten 16 I- Gramme unter CoC addiert, weil ja unter DP nur 16 verfügbar sind. Weiterhin hab ich bei beiden „Additionen“ auch Astigmatismus ausgeschaltet, weil beim Aufbau DP sehr deutlich Astigmatismus sichtbar wurde. Da der 10“ Zerodur- Prüfling 43 mm dick kaum seinen evtl. vorhandenen Asti ändert muss der unter DP gefundene systembedingt sein. Hier also die auch von FigureXP her bekannten Profile.



    Nun Leute, suchet die Unterschiede!
    Hinweis: Die Mitte unter DP darf nicht ernst genommen werden, weil sie bei der Messung gemäß Versuchsaufbau durch den ell. Planspiegel vignettiert wird, genau wie im praktischen Einsatz.


    Was würde man an Korrekturen versuchen wenn man nur eines der Profile hätte?


    Nun möchte ich ganz schnell wieder von der hohen Anzahl von Messungen herunterkommen. Deshalb zum weiteren Vergleich ein Profil gewonnen aus den ersten 4 I- Grammen der Messserie CoC.



    Man beachte, dass die Skala hier von 0 bis 0,48 lambda wave geht, in den ersten Diagrammen dagegen von 0 bis 0,3 lambda wave.


    Zur Ergänzung fehlen noch die Contour- Plots aus denselben „Additionen“



    Erbsenzähler werden sicher blitzschnell eine „gewaltige“ Differenz im Strehlwert von 0,7 % finden, sowie die Dreieckstrukturen unter CoC. Dann achtet aber bitte auch auf die Wellenfront- Farbskala!


    Abschließend noch ein Wort zur Genauigkeit des Verfahrens CoC: Dazu schaue man auf die Ergebnisse des ersten Berichtes am fertigen 8“ f/5 mit Kommentar. Zusatzkommentar:
    a)Wenn mir das Verfahren CoC wie hier vorgeführt Wellenfrontfehler < 1/10 lambda sicher lokalisieren kann, dann kann ich die auch zuverlässig wegbaggern! Der Strehl wird danach von alleine besser.
    b) Wenn das Verfahren DC hier praktisch genau die selben Ergebnisse liefert, aber wesentlich aufwändiger ist, dann sag ich : hier hat CoC 3 : 0 gewonnen!


    Bevor jetzt Fragen nach dem Vergleich Foucault- CoC o ä. kommen: Es liegen noch keine Ergebnisse vor die ich genau vergleichen könnte. Das wäre auch ein neues Thema.


    Gruß Kurt

  • Hallo Kurt,


    toller Bericht, vielen Dank dafür!
    Damit steht für mich fest, das die Genauigkeit bei Messungen aus dem CoC zur Ermittlung der Qualität "unserer" Optiken absolut ausreichend ist und der zusätzliche Aufwand für den Doppelpass nicht gerechtfertigt ist.


    Gruß Ulli

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