Eisige Beobachtung, der Januar machts möglich

  • Hallo,


    anbei mein Bericht zur letzten Nacht, schon die 3. klare im Januar. Ich denke mit einigen interessanten Objekten.


    <b>Bericht vom 29.01.2011; 19.50h – 23.25h </b>
    Ausrüstung: Newton-Teleskop, Öffnung 428mm, Brennweite 1830mm, (f/4,25) Adler
    Dobsonmontierung


    verwendete Okulare: 21mm Ethos (87-fach); 13mm Ethos (141fach), 9mm Nagler Typ6 (203-fach), 7mm Nagler Typ6 (261-fach), 5mm Nagler Typ 6 (366-fach) 9er + 2,5er Powermate (508-fach), 7er + Powermate (654-fach)
    Ort: Freies Feld, ca. 2 km außerhalb Obernesselbach, ca. 385m ÜNN
    Temperatur: 20.10h - 6 C ; 23.10h -9 C
    Seeing: 2+


    Wetter: den ganzen Tag wolkenlos, tags auflebender Wind, der gegen 22.00h einschläft


    Galaxien:
    LYN: NGC2424
    LEP: NGC1964
    AND: IC239
    UMA: M81, M82, NGC3077
    ORI: HCG34(a bis d)
    Quasare: HS0741+47
    Planeten: -
    Plantetarische Nebel: IC2149, NGC2392
    Kugelsternhaufen: NGC2419, M79
    Reflektionsnebel: Abell21 (Medusanebel)
    Offene Sternhaufen: -


    Die zweite klare Nacht in Folge. Erst das Auto beladen, dann einzwiebeln. 2 Paar Socken, der Steppeinteiler über normaler (kurzer) Unterwäsche, Fleecehemd, Fleecejacke, Daunenjacke. Ich fahre etwas später los, die dunkle Nacht ist lang. Der Adler ist schon auf minus 4 im Schuppen vorgekühlt. Wie üblich war nach dem Beladen die Autoheckklappe offen geblieben, damit auch das Fahrzeug komplett auskühlt. Die 20min Fahrt zum Beobachtungsplatz bleibt die Heizung komplett aus. Gut eingemummt werden nur die Finger am Lenkrad kalt. Diesmal stelle ich mich wieder auf den Höhenzug. Es geht ein steter, gleichmäßiger Luftzug. Die Sturmhaube wird aufgesetzt, darüber noch eine dünne Mütze. Teleskop aufbauen, justieren (Seeing ist gut, aber nicht so wie in der Nacht zuvor), dann orientieren – die 3. Nacht im Januar ist dies schon wieder zur Routine geworden. Womit anfangen? Irgendwie fehlt mir der Antrieb. In der Vorbereitung ausgesuchte Objekte stehen noch nicht hoch genug, müssen noch warten.


    So peile ich erst in der Nebelkomplex im Schwertgehänge des Orion. Wunderbar die Schwinge, der Dunkelnebel hin zu M42, der NGC1977-Komplex. Im Trapez bleibt es bei 4 Komponenten – ob der niedrigen Horizontlage und des suboptimalen Seeings. Ohne echten Antrieb vertändle ich Zeit. Die Transparenz ist jedoch etwas besser als in der Nacht zuvor. Da hatte ich Schwierigkeiten mit meinem letzten Objekt, so versuche ich es nochmals mit


    HGC34 - GX – UMA - (mag 10,9 - sbr 13,4, 8,1 * 1,3') SQM21,15
    an der rechten Schulter des Orion gelegen, nur ca. 1 Grad von Bellatrix aufzufinden. 5 markant helle Sterne im offenen Sternhaufen DO17 helfen bei der Orientierung, ca. 1/3 Grad südlich eine leicht wellige Sternenkette waagrecht, dann 10 Bogenminuten südlich das Zielgebiet. Eine der schwierigeren Hickson-Gruppen. Es braucht schon höhere Vergrößerung, um mehr als einen Schemen auszumachen. Nach dem 9er bei 202-fach kommt das 7er mit 265-fach zum Einsatz. ca. 1' östlich eines mag 13 Feldsterns ist ein ca. 2,5:1 länglicher Schemen auszumachen,im GF von NO nach SW ausgerichtet. An der NO-Seite kräftiger, rundlicher. Dies ist NGC1875, ein 14m9 GX-Fuzzelchen. Der längliche 'Körper' – für mich blickweise mit kleinen Knoten, die leider jedoch nicht richtig dingfest gemacht werden können, bilden PGC17176, 17175 und 17173, mit 17m1 bis 18m2 Herausforderung für größere Tüten. Was der riesige Nebelkomplex nicht geschafft hat erreichen diese Grenzwert-Fuzzies – die Geister sind geweckt!


    Kurz versuche ich mich an einem in Ciel verzeichneten Objekt, welches ich für einen Katalogfehler halte: eine 0.8*0.8' große GX ,mit mag 12 und sbr von 11,26: MCG+01-14-037, angeblich neben dem mag9 Stern HD243588. Ich kann aber partout nichts erkennen, was bei den Daten doch möglich sein sollte. Hat hier jemand andere Erfahrungen gemacht?


    Ich schwenke etwas höher, auf gut 40Grad in den Luchs zu einer Objektklasse, die gestern nicht auf dem Programm stand, zu


    NGC2419 - GC – LYN - (mag 10,4 - sbr 14,1, 6,2 * 6,1') SQM21,15
    dem Intergalaktischen Wanderer, einem Kugelsternhaufen in ca. 275k LJ Distanz und damit einer der am weitesten entfernte GC unserer Milchstraße, der ca. 3 Mrd. Jahre für einen Umlauf um unsere Sterneninsel benötigt. Eine helle (mag 7.. 9) pfeilförmige Sternengruppe deutet in Richtung des GC. Für die Entfernung erstaunlich hell, denke ich mir. Schon im 21er ist ein rundlicher, zum Zentrum hin leicht hellerer Nebelfleck zu erkennen. Im 7er bei 265-fach wirkt dieser leicht mottelig, im 5er bei 366-fach granulär. Auffällig sind 4 ähnlich blasse Feldsterne (mag13..14) um den GC, welche ein Kreuz ähnlich dem Kreuz des Südens und das GC-Zentrum blinden. Der längere Balken um 4, der kürzere ca. 3 Bogenminuten lang. Im GF steht dieses zum Beobachtungszeitpunkt leicht nach links geneigt – interessant!


    Zurück zum 9er Oku wird ein Starhop über nur ½ Grad zu einer benachbarten GX überwunden,


    NGC2424 - GX – LYN - (mag 12,6 - sbr 13,3 , 3,6 * 0,5') SQM21,15
    lohnenswert! Eine kleine aber feine Edge-On Galaxie mit ausgeprägter Bulge. Nur ca. 6' entfernt der mag8-helle Feldstern BD+36, den man beim Betrachten am besten außerhalb hält. Auf der N-Seite scheint ein Staubband die GX-Spindel etwas der Länge nach zu beschneiden, hier ist die Bulge auch weniger ausgeprägt.


    Jetzt wird richtig hoch gepeilt, in Auriga. Gestern hatte ich mir den Mini-PN ausgesucht, kurz danach einen BB im Astrotreff zu dem Objekt gelesen. Mal sehen, was ich mit 17 Zoll erkennen kann.


    IC2149 - PN – AUR - (mag 11,2 - sbr 6,7, 3,6 * 0,5') SQM21,18
    von Beta AUR ist es nur gut 1 Grad bis zu dem Winzling mit nur 8,5 Bogensekunden Durchmesser. Im 21er noch absolut stellar, im 13er leicht länglich. Es wird hochgepowert: 7er, 5er Oku: 366-fach. Nun eindeutig länglich mit rundlichem helleren Zentrum, dieses ganz leicht azentrisch entlang der Hauptachse versetzt. Diese weist grob von ONO nach WSW. Nachführen ist nicht ganz trivial, peile ich doch über 85 Grad hoch, dar Newton muss ständig gedreht werden. Nun mit Barlow: 508-fach. Das Seeing macht so hoch noch mit, der nahe Feldstern lässt sich ganz ordentlich fokussieren. Entlang der Hauptachse ist zeitweise noch eine kleine hellere Zone sicher auszumachen, auf der östlichen Seite. Mit 654-fach ist es nun überzogen – etwas größer, aber mehr matschig.


    Es geht langsam auf 22h zu, Lepus kulminiert, der horizontnahe Dunst hat etwas abgenommen, so geht es auf ein – ob der niedrigen Lage – seltener eingestelltes Objekt,


    M79 - GC – LEP - (mag 7,7 - sbr 12,0, 7,8 * 7,8') SQM21,18
    nun rund 15 Grad über dem Horizont. Jep – ein schöner Kugelsternhaufen. Das Seeing scheint immer besser zu werden, es prasselt schon im 13er. Auch im 9er sind die Fünkchen noch wunderbar nadelspitzenklein und scharf. Am nördlichen Rand des mittel konzentrierten GC bilden 3 Außenbereichsterne einen gedachten Bogen über ca. 120 Grad.


    Wenig höher, aber immerhin auf knapp 20 Grad im unteren Lepus die GX


    NGC1964 - GX – LEP - (mag 10,8 - sbr 13,4, 5,5 * 2,1') SQM21,18
    gut 1 ½ Grad SO von Beta LEP zu finden. Markant in unmittelbarer Nähe eine spitzwinklige 3er Sternengruppe, die mit der GX wiederum einen spitzen Winkel bildet. NGC1964 mit ovalem 3:1 relativ hellem, flächigen Zentralbereich, umfasst von einem leicht unruhigen Halo. Im Halokörper sind einige mag 14- Feldsterne zu erkennen, nicht schlecht!.


    Die Kälte hat einen Nebeneffekt: mir tropft die Nase. Ich merke dies gar nicht direkt, indirekt jedoch wenn die Tropfen auf das Netbook Touchpad fallen und dieses dann nicht richtig funktioniert. Immer passiert mir dies, mehr und mehr mit fortschreiten der Nacht, das nervt. Wieder höher gepeilt braucht es bei den nächsten Objekten keinen Beobachtungsstuhl.


    NGC2392 - PN – GEM - (mag 8,6 - sbr 6,8, 0,8 * 0,7') SQM21,18
    eine echte Schau! Bei dem nun sehr gutem Seeing kann ich den PN genießen wie bisher noch nie. Im 21er deutlich der Zentralstern, der Übergang des Außenhalos zum dunklen Hintergrund recht scharf begrenzt. Über 13er, 9er, 7er , 5er (366-fach) wird beobachtet. Bei keinem anderen PN kenne ich einen derart markanten, scharf akzenturierten Innenbereich, der von der Form an einen Wankelmotor erinnert. Darin der Enzentralstern, der abermals noch einen kleinen Halo aufweist mit ZS-Blob. Bei 508-fach wird alles noch etwas größer. Zarte radiale Strukturen im äußeren PN-Bereich? Ich kenne den PN von Bildern kann nicht sicher sagen, ob dies echte grenzwertige Sichtungen ober mehr Erinnerungen aus Fotografien sind. Insgesamt ein sehr spektakuläres Objekt – 100% Empfehlung bei gutem Seeing.


    An einem ausgedehnten PN, PK 204+ 4.1 in Monoceros beiße ich mir die Zähne aus. Die Zielregion ca. 3 ½ Grad südlich von Xi GEM ist sehr reich an schwachen Feldsternen. Ich bin mir der Lage relativ sicher, doch konnte ich auch mit OIII nichts erkennen.


    Ganz anders bei


    PK 205+14.1 = Abell 21 - PN – GEM - (mag 11,3 - sbr 16,4, 10, * 6,') SQM21,18
    Ohne Filter sehe ich nichts, mit OIII wird es aber recht deutlich. Dabei ist die Flächenhelligkeit hier sogar noch etwas unter der Angabe von PK 204+ 4.1 in Monoceros, komisch. Die PN-Außenkontur erinnert an einen Orangenschnitz, wobei diese etwas ausgefranst ist. An den Spitzen ist der Kontrast des Nebels etwas kräftiger als in der Fläche, dort sind länglich, nebelige Strukturen auszumachen. Die Region ist reich an mag 12 .. mag14-Feldsternen, wenige schimmern davon im PN-Nebel. Im S auf ca. 50% Radius ein kräftigerer, im gedachten Zentrum eines Vollkreises ein schwächerer, mag14- ob dies der Rest des explodierten Sterns ist?


    In der Nacht zuvor hatte ich erstmals seit langem wieder HighRedshift Quasare beobachtet, auch der prominente Doppelquasar konnte - wenn auch nicht getrennte Komponenten so doch zumindest ein länglicher Schemen - mit (in der Nachbearbeitung) korrekter Ausrichtung gesehen werden. Meinen QSO-Ordner habe ich dabei, ich wage mich an ein für mich neues Objekt:


    HS0747+471 – LYN (mag 16,2; z = 3,210)
    Ein Blick auf die Karte zeigt: allein die Zielregion einstellen wird eine doppelte Herausforderung. Diese ist im Zenit und weit von helleren Feldsternen entfernt. Von Castor aus hangele ich mich an Sternenketten – Das Auge am 8*50 Sucher - über volle 15 Grad entlang. Der Lynx besteht ja nur aus relativ schwachen Feldsternen. In der Zielregion sind ½ Dutzend ähnlich heller mag5 mag6 Sterne, ich muss mir aber sicher sein den richtigen zu haben. Ich brauche gut 10min, mehrere Anläufe bis HR2939, ein 5,6er Feldstern als Referenz eingestellt ist, dann nochmals 10min um das letzte Grad erfolgreich zu einer Sternengruppe zu überwinden, nun mit dem Hauptinstrument und 21er Ethos.. Diese Gruppe erinnert stark an Gemini, nur sind die Komponenten zwischen mag 12,2 und 13,8 blass, die Figur nur 7 Bogenminuten groß. Nun wird vergrößert. Zwischenzeitlich verlässt mich fast der Mut, ein Feldstern oberhalb des 13,7er ist im 9er bei 202-fach kaum erkennbar. Uff – ich hatte versehentlich das Okular angehaucht, leicht beschlagen waren die Kontraste wesentlich schlechter. Mit Taschentuch abwischen, dann geht es. Dieser Feldstern ist im GSC1.2 schon nicht mehr verzeichnet – jenseits mag 15. Vom Mini-Castor (mag11,2) geht die gedachte Verbindung zu diesem 2er Paar, wie die obere Linie im Gemini. Auf halber Strecke, etwas nach oben versetzt ein 14,3er Feldstern. Dieser und die 2er Gruppe sind die Referenz für die Nahsuche. Ich brauche mehr Vergrößerung: 7er, 5er = 366-fach. Das Zielgebiet steht über 85 Grad hoch, das Seeing ist sehr gut … wenn nicht jetzt, wann dann? Neben dem 14,3er, ca. 0,5' entfernt zeigt sich nun ein geschätzter 15,5er. Zwischen den nun zwei Zweiergruppen blitzt es immer wieder mal auf, einmal auf halber Strecke, dann wieder näher zur 14,3er/15,5er Gruppe. 508-fach: Nun wird es deutlicher: ca. 40% der Zeit kann ich indirekt an beiden Positionen Lichtfünkchen bestätigen, merklich jenseits mag 16. jene auf direkter Linie ist HS0741+4741. Bei z = 3,21 waren die Photonen rund 11,5 Mrd. Jahre unterwegs, nur um vom 430mm Spiegel auf meine Netzhaut gebündelt zu werden – eigentlich unfassbar. Das macht bescheiden. Der QSO wird mit mag 16,2 angegeben, ich habe diesen keinesfalls einfacher als den 16,4er Twin-QSO in UMA am Vortag empfunden. Das Seeing ist sehr gut, am Vortag jedoch war es jedoch wie seltenst. Meine persönliche Einschätzung liegt für HS0741+4741liegt bei ca. 16,4.


    Ich bin gut durchgekühlt, das SQM kann ich kaum mehr bedienen, die Finger sind so starr, dass ich die zweite Hand benötige: 21,30 kann ich dann ablesen.


    Abschließend wird M81, M82 und NGC3077 in nur 5Minuten betrachtet, ich kann mich aber nur schwer konzentrierten, so lasse ich es gut sein und baue gegen 23.25h ab. Vor dem Losfahren muss die Fensterscheibe frei gekratzt werden. Glücklicher weise war der Luftzug gegen 22.00h eingeschlafen, sonst wären die letzten Aufzeichnungen und Skizzen völlig unlesbar geraten.


    3 klare Nächte im Januar – das Jahr startet vielversprechend!



    Viele Grüße


    Achim

  • Hi Achim
    Na du Glückspilz! Schöne interesannte Objekte hast du da angefahren. NGC 2424 steht auc auf meiner 16 Zoll Liste!
    Lg von Hajü

  • Hi Achim,


    Ein toller, in der von Dir gewohnten Qualität, Beobachtungsbericht! Super was Du alles mit dem 17er abklapperst!
    Der Quasar hört sich wirklich abenteuerlich an. Mit 16.2mag aber leider wohl nicht in Reichweite meines 10ers...
    Das mit dem SQM Werten finde ich eine super Sache! Misst Du bei der Beobachtung im Zenit oder in Objektnähe?


    Viele Grüße und noch mehr klare Nächte,


    Nils

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!