Samstag 07. August 2010
Ein kurzer Abstecher zur Silvretta/Bielerhöhe am Samstag 07.08.2010
oder auch „Pokern auf hohem Niveau“
<i>Ort: Bielerhöhe bei 2034 ü.NN
Datum: Samstag 07. August 2010
Wetter: klar, trocken, fst 7 mag, kühle +5° Cels.
Ausrüstung: 16 Zoll f 4,5 Dobson
Okulare: 20mm, 13mm, 9mm, 7mm und 5mm und gelegentlich mal 3,5mm
Filter: UHC und OIII
Kommentare: Roland, Hajü & Family, Tobi, Friedl L., Uwe G.</i>
Am Samstagnachmittag fuhren wir eher spontan um Roland, Tobi und Hajü mit Ehefrau Gitti und Tochter Maya, bei der Madlenerhütte an der Silvretta zum gemeinsamen Spechteln zu treffen. Schon am Samstagmorgen hatte uns Hajü ein Bild gesendet mit einer fast wolkenfreien Bielerhöhe. Die Webcam Bilder im Internet ließen eigentlich auch gutes verheißen. Die Wettervorhersagen stattdessen sagten für die Nacht auf der Bielerhöhe einen eher bewölkten Himmel voraus.
Gegen ca. 19 Uhr waren Uwe, Friedl und meine Wenigkeit unabhängig voneinander zu unserem Treffpunkt an der Madlenerhütte eingetroffen. Vorort mussten wir erstmal lachen. Es war nämlich zu 70-80% bewölkt, es war halt „Pokern auf hohem Niveau“ wie Friedl es so schön formulierte. Bis zum Ende der astronomischen Dämmerung fehlten noch ca. 3,5 Stunden. Also erstmal Schnitzel bzw. Gulasch mit Knödel bestellt und etwas geratscht. Gegen halb acht sah der Himmel schon wesentlich besser aus. Wir entschlossen uns die Gerätschaften aufzubauen. Pünktlich zum Dämmerungsende war der Himmel dann auch komplett wolkenfrei. Glück gehabt, der Einsatz von Vignette und Mautgebühr hatte sich vorerst gelohnt, trotz „schwacher Hand“ bei der Abfahrt.
Wir bauen am Großparkplatz auf (auch als Wohnmobilparkplatz bekannt) um dem Streulicht der wenigen anliegenden Gasthöfe und Hütten auszuweichen. Am Parkplatz ist es windstill und man hat das Gefühl dass die Wolken förmlich als Wasser auf uns herabgefallen waren. Es war sehr feucht. Die Autos, die Sucher und teilweise auch die Fangspiegel der Teleskope waren beschlagen. In der zweiten Nachhälfte wurde es jedoch zunehmend trockener.
Gegen 23 Uhr konnte es dann endlich losgehen. Mittlerweile war nach dem ganzen Gewusel von Menschen wieder Ruhe am Platz eingetroffen. Die neugierigen Camper zogen sich in ihren Plastikhöhlen zurück; man/frau konnte nun konzentriert beobachten.
Die Milchstrasse zog sich schön strukturiert von Horizont zu Horizont über den gesamten Himmel. Ich gestattete mir eine zeitlang diesen grandiosen Alpenhimmel mit bloßem Auge auf mich einwirken zu lassen. In dieser Nacht konnte man außergewöhnlich viele Sternschnuppen beobachten. Einige davon richtig hell und teilweise mehr als einen Augenblick zu beobachten. Radiant war das Sternbild Drache und Perseus.
Zum warm werden in dieser Nacht, wurden die üblichen Messierobjekte angefahren, wie der Ringnebel (grandios), M13 (eine Wucht), M5 (einfach nur spektakulär), Hantelnebel (umwerfend). Der Cirrusnebel (N6995/N6960) war unter diesen nahezu 7mag Himmel und mit 16 Zoll ohne UHC/OIII Filter einfach nur bombastisch.
Sagittariuswolke im Fernglas:
Gegen Mitternacht zeigte mir Tobi sein auf Stativ montiertes 20x80 Bresser/Lidl FG. Wir peilten die Sagittariuswolke an und waren beide sehr beeindruckt. Wir sahen den Trifidnebel, den Lagunennebel, den Schwanennebel (auf dem Kopf!), den Wildentenhaufen, Kugelsternhaufen (KS) M22 war ein Wucht und KS M28 schön auffällig, KS N6553 und N6544 waren zwar schwach aber dennoch nicht zu übersehen. Die Dunkelregionen im Gebiet waren sehr anschaulich. Wir wanderten dann mit dem FG Richtung Osten zu M55 (GC) und M75 (GC). Letzteren bekam ich nicht mehr ins Gesichtsfeld. Ich war sehr beeindruckt was man/frau mit einem 20x80 FG beobachten kann. -Ich weiß jetzt schon was auf der AME in Villingen-Schweningen in den Einkaufskorb wandern wird.
Nach diesem spektakulären Fernglasritt wurde es ernst. Auf meiner Liste waren kleine Funzeln wie die Hicksongruppe 15, 16 und 92. Ich hatte aber in dieser Nacht keine Lust und schon gar nicht die notwendige Geduld, lichtschwache Objekte aufzusuchen. Spontan wurde dann die Galaxienkette in der Leier aufgesucht. N6675 war dann auch relativ schnell gefunden und als lichtschwacher ovaler Wattebausch auszumachen. Ein heller Fleck ohne weitere Strukturen. Die weiteren Mitglieder der Gruppe (N6695, N6685, N6663, N6646) konnte ich nicht finden. Das Gebiet ist reich an Sterne und erschwert ein wenig das Auffinden.
NGC 7331 und Stephans Quintett:
Als nächstes habe ich über N7331 Stephans Quintett angefahren. Unter diesen Himmel und 16 zoll Spiegel recht einfach gefunden. Der Anblick war jedoch bei weitem nicht so spektakulär wie im Juli. Schade!
NGC 7023 Irisnebel im Sternbild Cepheus:
Von Hajü habe ich mir das Objekt NGC 7023 (Irisnebel) im Sternbild Cepheus geklaut. Ich war zwar vor Ihm dran, aber der Beobachtungstipp gebührt ihm. Der Nebel zeigt sich im 16er recht auffällig um einen hellen Stern. Der Einsatz von Filter bringt hier nicht viel. Das Objekt verträgt durchaus höhere Vergrößerung. Ich habe den Irisnebel mit 7mm beobachtet, dabei ist die dunkle Einbuchtung und Teilung im Nebel am deutlichsten zu sehen. Schönes Objekt, sehr lohnenswert und nicht minder spektakulär im 12er von Hajü.
NGC 6939 (OC) und NGC 6946 (Gx)
Gegen halb eins war dann das Duett bestehend aus NGC 6939 (offener Sternhaufen) und NGC 6946 (Galaxie) im Cepheus fällig. Beide Objekte sind im 20mm Nagler im selben Gesichtsfeld zu beobachten. Die Galaxie zeigt bei mittlerer Vergrößerung ihre beiden (vlt sogar drei) zarten Spiralarme. Das Objekt besitzt aber eine relativ schwache Flächenhelligkeit. In der Vergangenheit konnte ich im 12er und unter 6+ mag Himmel kaum etwas erkennen als eine großflächige und strukturlose Aufhellung.
NGC 7332 und 7339 (Galaxienduett im Pegasus)
Schönes, helles und feines Galaxienduett im Gesichtsfeld. NGC 7339 ist die schwächere Komponente. Lohnt sich allemal, auch mit kleinerem Gerät und unter mäßigen Himmel.
NGC 7635, Bubblenebel
Sehr klein, mit OIII und UHC ist eine schwache und winzige Sichel zu sehen. Das wars.
Zusammen mit Hajü mussten wir lange suchen um dann enttäuscht festzustellen, dass diese mini Aufhellung der „Bubblenebel“ war. Hmm….
NGC 253, Sculptor Galaxie
Als nächstes war die Sculptor Galaxie oder auch Silvercoin Galaxie an der Reihe. Sehr helles und auffälliges Objekt! Paradeobjekt. Elongierte Galaxie, mit unregelmäßiges Staubband und besprenkelt. Lohnt sich bei sehr guter Horizontsicht.
NGC247 (Gx)
Auf der Suche der Sculptor-Galaxie bin ich auf diese helle und diffuse Galaxie mit hellem Kern gestoßen.
NGC288 (Kugelsternhaufen)
Schöner und großer Kugelsternhaufen -aber mit relativ schwacher Flächenhelligkeit und relativ geringer Konzentration zur Mitte- im Sternbild Bildhauer. Im Okular bei schwacher Vergrößerung nicht zu übersehen. Lohnt sich bei guter Horizontsicht allemal.
NGC 7293, Helixnebel, PN im Wassermann
Mit 13mm Okular und OIII ein atemberaubender Anblick. Wow! Großer (riesiger!) ringförmiger PN mit zahlreichen Verdichtungen und Aufhellungen. Ein komplexes Objekt welches mich zu dieser späten Stunde etwas überfordert.
Mit dem Helixnebel endet für mich diese Nacht am Teleskop. Mit dem 20x80 FG von Tobi habe ich im Fuhrmann noch die bekannten offenen Sternhaufen M37, M36 und M38 angefahren. Als kleines Sahnehäubchen in dieser Nacht noch M1 im 20x80 FG gesucht und schnell gefunden; ein schöner grauer „Wattebausch“. Erstaunlich was so ein FG unter dunklen Himmel zu leisten vermag.
Es stellte sich für mich die Frage wie gut nun der Himmel in dieser Nacht war. Er war aufjedenfall gut, aber deutlich schlechter als die beiden Beobachtungsnächte im Juli. Die üblichen Verdächtigen wie M31, M13 und M15 waren eindeutig freiäugig zu sehen. M33 (Triangulum-Galaxie) konnte ich wiederholt aufblitzen sehen. SQM-L zeigte Werte um die 21,3 mag/sas. Der Himmel war aber m.E. deutlich besser als die gemessenen 21,3 mag/sas an meinem Beobachtungsplatz in den bay. Voralpen.
Fazit: Meine pers. Favoriten in dieser Nacht waren der Irisnebel (N7023), die Sculptogalaxie und der Abstecher mit dem FG in die Milchstrasse.
Mit diesen Eindrücken wurde bei Morgendämmerung noch ein frisches Bier getrunken und die aufgehende Mondsichel beobachtet. Danach ging es direkt Richtung Heimat. Ich freue mich schon auf die nächste gemeinsame Beobachtungsnacht unter Alpenhimmel.