Zehnter Laborbericht: Was ist optisch besser, Sonnenfolie oder Turbo-Film?
Der 7. Laborbericht befaßte sich mit der Qualität von Sonnenfiltern als Glas- oder als Folien-Filter. Der heutige Bericht geht deswegen einen Schritt weiter, weil diesmal das unbedampfte Trägermaterial der Folie mit verschiedenen Tests untersucht werden konnte, was bei einer beschichteten Sonnenfilter-Folie bei einer Dichte von 4 nicht möglich ist.
Ich hatte also heute Gelegenheit, die unbeschichtete Sonnenfolie, die als Turbo-Film verkauft wird, auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen. Auch da kommt man zu der Auffassung, daß in bestimmten Fällen der Turbo-Film durchaus brauchbar sein könnte. Nicht jedoch in allen Fällen. Zugleich könnte man vermuten, mit wie wenig Genauigkeit man am Himmel auskommt. Auch läßt sich gut zeigen, daß Falten in dieser Folie optisch einen erheblichen Einfluß haben. In einer weiteren Untersuchung würde ich gerne die unbeschichteten Träger-Glasfilter-Scheiben diesem heutigen Test gegenüberstellen.
Wichtig:
Als Referenz-System diente ein Newton-Spiegel von Kurt Schreckling, den dieser nicht nur äußerst glatt, sondern auch noch mit einem Strehl von 0.99 "gezaubert" hatte.
Die Tests erfolgten in vierfacher Genauigkeit (Gemeinheit = Orginal-Ton Kurt), also in Autokollimation, weshalb einige Ergebnisse umso schrecklicher ausschauen. Das sollte man sich beim Betrachten jederzeit in Erinnerung halten.
Zugleich gehe ich davon aus, daß das als Turbo-Folie verkaufte Folien-Material zugleich das Träger-Material für die Sonnenfolie sei - es spricht eigentlich nichts dagegen. (Eine Sonnenfolie kann man, ein Glück, nicht in Autokollimation testen!)
01. Die Referenz-Optik - Newton-Spiegel 308/1465, 0.99 Strehl
Kurt Schreckling, kein Unbekannter mehr in der deutschen Spiegel-schleifer-Szene, wollte es ganz genau wissen! Sein Spiegel war ihm nicht gut genug, trotz 0.98 Strehl, und so begann er das gute Teil des Randes wegen erneut zu schleifen, polieren und parabolisieren. Man glaubt es nicht! Links auf dem Bild also der "runderneuerte" Spiegel und rechts die "Turbo-Folie", also das Trägermaterial für die Folien-Sonnenfilter,mit dem wir im 2. Teil unserer gemeinsamen Untersuchungen die Qualität dieser Folie untersuchten.
02. Testaufbau in Autokollimation gegen Kurts Newton-Spiegel
Die Position der Folie, ca. 30 cm vom 308/1465 Newton-Spiegel entfernt, bedingt, daß das Licht 4-mal die Folie passierte:
- von der Lichtquelle zum Spiegel 1x
- vom Spiegel zum Planspiegel 1x
- vom Planspiegel zurück 1x
- vom Newton-Spiegel zurück 1x
Natürlich hätte man die Folie in Planspiegel-Nähe stellen können, ich war mir aber nicht sicher, ob sich dann die Fehler vom Zentrum stärker auswirken würden, als in dieser Position, weil sie in Fokus-
nähe stärker streuen könnten, also hätte man für diesen Fall ein Loch in die gute Folie schneiden müssen, das wollte ich nicht.
03 Kurt Schrecklings Referenz-Spiegel: Sternscheibchen-Test
Abermals ein fotografiertes Sternscheibchen, extrafokal das erste, im Fokus, intrafokal das zweite. Das Okular wieder ein 15 mm Spektros-Okular. Auffällig die ebenmäßige Fläche des Scheibchens innerhalb, außerhalb.
04. Die Gesamtschau der Messungen
Die Ronchi-Linien 10 lp/mm sind nicht nur exakt linear, sondern ohne Störungen gleichmäßig ausgeleuchtet:
Ein sehr gutes Zeichen für eine glatte Fläche. Sowohl die Parabelform ist homogen, sie ist auch perfekt zu 100% richtig ausgeführt. Toll! Mein Rauhheits-Test findet absolut nichts mehr bei einer Dichte von 2. Lediglich bei einer höheren Dichte erkennt man noch feine Strukturen. Auch der französische Glas-Plättchen-Test, eine andere Möglichkeit der Rauhheits-Messung, findet nichts mehr, außer einer gleichmäßigen glatten Fläche. Das Interferogramm ist nahezu perfekt, senkrecht zu den Streifen wäre noch Koma herauszujustieren, in den Streifen sind Restfehler von L/10 PV wave. Rechts der Astigmatismus-Test: Gleichmäßig runde Interferenz-Ringe, deswegen interessant, weil Kurt den Spiegel zentrisch aufgeklebt hat, und er zusätzlich wie
bei den SC-Systemen am Rand von hinten her dünner geschliffen hat, damit bei dieser Aufhängung kein Lage-Fehler bzw. Astigmatismus entsteht. In der Mitte mein geliebter ultimative Spalt-Test: die beiden "Nasen" rechts mit Abstand 30 Micron, und auf der Höhe der oberen "Nase" links drei Spitzen bei ca. 1-3 Micron groß. Noch nicht genau genug fotografiert, aber mit unseren 4 Augen eindeutig erkannt. Das sollte ein "Super"-Spiegel sein! Und tauglich genug für den Folientest.
05. Das quantitative Spiegel-Ergebnis
Die Werte kann jeder selbst lesen, kommentieren muß ich sie nicht.
06. Vergleich Ronchilinien/Interferogramm bei Spiegel und Folie
Damit man sich jeweils erinnert, wie der Test ohne Folie aussieht, habe ich links immer die folienfreie Situation dargestellt. Danach folgend die Folien-beeinflußte Situation. Natürlich haben wir den Folien-Rahmen jeweils um einen Betrag von 45-Grad gedreht und dabei die beste Stelle markiert und auch dargestellt, nicht etwa die schlechteste, wie man vermuten könnte. Hierbei bilden sich auch die Falten ab, die man auf der Folie in Bild 2 erkennen kann. Im unteren Teil der Rotations-Test über ein Interferogramm zeigt eine deutliche Störung der Rotations-Symetrie
07 Vergleich Interferogramm bei Spiegel und Folie
Das Interferogramm des Newton-Spiegels perfekt, anschließend erheb- lich gestört durch den Einfluß der Folie. Es gibt aber bemerkenswerte Stellen im unteren Teil der Folie, da wäre sie optisch in Ordnung.Da hätte man einen optisch perfekten Sonnenfilter, wenn man vor der Beschichtung die Folie messen würde.Leider ist jedoch die Situation noch abhängig vom Winkel, unter dem man die Folie interferometrisch mißt. Dazu ein Bild später.
08. Die Falten bilden sich ab !
Entgegen der Auffassung, daß sich die Falten optisch nicht auswirken würden, ergibt dieses Interferogramm eindeutig den optischen Einfluß der Falten, wie man sie auf Bild 2 erkennen kann. Einige Stellen zeigen "regelmäßige" Streifen, wären also optisch unbedenklich, wenn sie einen Drehwinkel von 45-Grad ebenfalls so gut überstehen würden.
09. Der Drehwinkel verändert die optische Situation erheblich
In manchen Postionen hatte ich keine Probleme, ein Interferogramm herzustellen, Beispiel links. Beispiel rechts jedoch zeigt, daß bei- spielsweise nach einer Drehung von nur 45-Grad kein Interferogramm mehr möglich war.
10. Der Foucault-PhasenKontrast-Rauheits-Test
Eindeutig klar ist mit diesem Bild der Einfluß der Folien-Falten auf das Bild. Die Folie selbst führt eine zusätzliche Rauhheit in das Optische System ein.
11. Rauhheits-Messung nach dem französichen Verfahren
Die Foucault-Wirkung wird stärker unterdrückt, die Rauhheit bleibt!
12. Der ultimative Spalt-Test
Mein Lichtspalt links ohne Folien-Störung bei ca. 1172-facher Vergrö-ßerung. Je nach Winkel der eingestellten Turbo-Folie wurde das Bild unbrauchbarer, und ein erhebliches Streulicht stellte sich ein. Zugleich erscheint das Bild dunkler. Von der Spalt-Struktur und den beiden "Nasen" ist kaum noch etwas zu entdecken.
Fazit: Ob nun ein Glas-Sonnen-Filter oder ein Folien-Sonnenfilter die bessere Lösung sei, hängt wahrscheinlich davon ab, wie optisch genau das Trägermaterial ist, das beschichtet wurde. In beiden Fällen kommen optisch vernünftige Lösungen heraus, wenn man das Trägermate- rial vor-her auf optische Tauglichkeit prüft, und erst dann beschich-tet. Da könnte es aber dann sein, daß man mit Glas die Nase vorn hat, weil es leichter zu prüfen und anschließend zu bedampfen ist. Bei der Folie stelle ich mir das komplizierter vor, ist aber sicherlich auch realisierbar. Je nach Anwendung, wird es unterschiedliche Genauig-keits-Stufen geben.
Wolfgang Rohr
Bearbeitet von: Rohr am: 29/08/2002 19:58:02