USA Budget gegen Sofia

  • Wau,


    das sind mal undiplomatische Worte (und dünnbrettrige). Musste zwei mal lesen, ob das jetzt von der NASA ist, oder vom Oval Office. Die Sprache jedenfalls ähnelt sehr.


    Schade eigentlich, ich kenne den Spezialflieger auch seit meiner Jugend, habe damals den Umbau in der Flug Revue verfolgt...


    CS,
    Walter

  • Das sieht mir sehr nach populistischer Umschichtung aus. Bemannte Raumfahrt, Leute auf Mond und Mars bringen, aber echte Wissenschaft kuerzen.


    Komisch, dass der "scientific output" zur Sprache kommt, waehrend gleichzeitig Milliarden fuer bemannte Missionen ausgegeben werden sollen, die um Groessenordungen guenstiger und mit gleichem "scientific output" robotisch durchfuehrt werden koennen.


    Ich frage mich auch, welche Missionen sich mit Sofia messen lassen. Satellitenmissionen sind deutlich teurer und in diesem Wellenlaengenbereich zeitlich begrenzt (Kuehlung), erdgebundene Teleskope haben die atmopshaerischen Absorptionsbereiche und Ballonteleskope in dieser Groesse gibt es schlichtweg nicht.


    Das scheint also wirklich aus dem Oval Office zu kommen. Und nicht das erste Mal, dass aus Prestigegruenden echte Wissenschaft vernachlaessigt wird. Da lobe ich mir die ESA, die die Durchfuehrung wissenschaftlicher MIssionen in ihrer Organisation explizit verankert hat.


    Wenn ich mir ueberlege, wieviel Wissenschaft man mit dem Budget einer bemannten Marslandung machen koennte!

  • Na ja,


    dann muss das halt ohne die Amis gehen. Ich denke wenn die Europäer an der Mission festhalten wollen, und die beteiligten amerikanischen Institute auch, dannmüssen sie halt ins Funding einsteigen, das sollte bei der Summe machbar sein. Man stützt sich m.E. ohnedies viel zu sehr auf die amerikanische Regierung, dass der - mit Verlaub - Saustall da drüben für nix mehr taugt als Ärger sollte man inzwischen gelernt haben. Hier wäre wohl ein einschlägiges Sprichwort betreffend die Geruchsentwicklung toter Fische anwendbar.


    CS
    Jörg

  • Tja,


    da sind die Jungs und Mädels der NASA einfach zu ehrlich.


    Hätten die dem Typ im Oval Office geflüstert, dass SOFIA die Bezeichnung für ein geheimes militärisches Aufklärungsprogramm namens "<b>s</b>pecial <b>o</b>rbital <b>f</b>lyng <b>i</b>dentification <b>a</b>ircraft " sei, um damit gegnerische Satelliten auszuspähen, hätte der Blondschopf sofort noch 2 dieser Flieger in Auftrag gegeben [}:)]

  • Hallo Jürgen,


    sehr interessant was Du da ansprichst. Ballon-Teleskope. Warum gibt
    es diese nicht? Mir selbst ist auch nichts bekannt. Wäre das nicht
    sehr viel wirtschaftlicher als eine Boing 747 durch die Gegend zu schicken? Wie könnte man so einen Ballon steuern; insbesondere die Ausrichtung des Teleskops auf ein Objekt am Himmel? Solche Ballone
    erreichen höhen von 30km und darüber.


    Viele Grüße
    Gerhard

  • Hi Gerhard,


    das Problem mit Ballonen ist die kurze Standzeit von wenigen Stunden. Es gibt allerdings (auch von der NASA entwickelt) sogenannte "High Pressure"-Ballone, die das Helium wochenlang halten koennen. In dieser Zeit driftet so ein Ballon langsam um die Erde, von Hoehenwinden getragen. Das ist auf der Nordhalbkugel aus politischen Gruenden ein Problem, da Russland oder China solch einen Ballon auch schon mal abschiessen wuerde. Deswegen werden solche Missionen lieber auf der Suedhalbkugel (z.B. Start in Neuseeland) <s>geflogen</s> gefahren (editiert, danke Walter).


    Derzeitige Ballone nutzen hauptsaechlich Teleskope im Mikrowellenbereich. SuperBIT zum Beispiel ...


    https://sites.physics.utoronto.ca/bit


    ... hat ein 0.5m-Teleskop und konzentriert sich auf das nahe UV.


    Ein Teleskop der SOFIA-Klasse waere technisch machbar. Bei Missionsdauern von ein paar Wochen koennte genug Kuehlmittel fuer die Detektoren mitgefuehrt werden. Problematisch ist der Download der Daten. Im Superbit-Fall gibt es komprimierte Daten sofort, plus Datensaetze, die entweder mit der Nutzlast geborgen werden oder vorher abgeworfen werden. Experimentiert wird hier mit kleinen Gleitern, die automatisch ein Zielgebiet anfliegen und dort eingesammelt werden koennen.


    Die Landung und Bergung eines Ballonteleskopes ist nicht immer sanft, und Ballonteleskope eher "Verschleissteile".


    SOFIA hat die Vorteile der Planbarkeit, der sofortigen Verfuegbarkeit der Gesamtdaten und der sanften Landung der Hardware.


    Hier ein tiefergehendes Paper von SuperBIT:


    https://arxiv.org/pdf/1807.02887.pdf


    Momentan ist das alles noch eine Testphase, waehrend spaeter ein Teleskop der 1.3m-Klasse angedacht ist. Aber wie gesagt ist die Verwendung hier ein anderer Wellenlaengenbereich als bei SOFIA. Trotzdem zeigt dieses Projekt, was mit ballongestuetzten Teleskopen momentan so moeglich ist.




    <s></s>

  • Hi,


    hier ist noch ein wenig mehr Information:
    https://www.inverse.com/scienc…ofia-might-lose-its-wings


    Interessant ist, daß SOPHIA kostenmäßig auf Nummer 2 steht. Für Astrophysik Missionen der NASA. Hätt ich nicht gedacht daß es so weit oben ist. Aber OK der Schwerpunkt der NASA liegt wohl eben auf bemannter Raumfahrt und Sonnensystem. Und halt Hubble (ist wohl die Nummer 1).


    Wie kann James Webb SOFIA im IR ablösen? Wie lange würde ein Kühlmittel vorhalten? Oder geht es mittlerweile ohne?


    CS,
    Walter


    PS: wegen Ballonen - Sie "fahren" immer noch im nationalen Luftraum, daher sind Genehmigungen einzuholen, nicht das das Teil über Kamtschatka fährt und mal anders rum beobachtet [8D]. Außer eben überm Ozean.

  • Hi Walter,



    danke fuer die Richtigstellung (habs korrigiert -- nach 20 Jahren UK vergisst man so etwas, Ballone werden natuerlich gefahren).


    Normalerweise werden Detektoren im Infrarotbereich durch Verdunstung z.B. von Helium gekuehlt. Hierdurch kommt es zum Kuehlmittelverlust. Ist der Tank leer, ist die Mission zuende oder nur noch eingeschraenkt moeglich.


    Alternativ, z.B. beim JWST, gibt es geschlossene Kreislaeufe, wo das verdunstete Kuehlmittel wirder komprimiert und verfluessigt wird. Im Prinzip wie beim Kuehlschrank. Das Problem sind die Pumpen, die Schwingungen verursachen. Allerdings gibt es auch sogenannte Pulsroehrenkuehler, die dieses Problem nicht mehr haben.

  • Hallo,


    ich wünsche mir, dass die USA noch dieses Jahr eine bemannte Marsmission startet, die vom amerikanischen Präsidenten persönlich angeführt wird. Das fände ich echt super [:D].


    Gruss Heinz

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">ich wünsche mir, dass die USA noch dieses Jahr eine bemannte Marsmission startet, die vom amerikanischen Präsidenten persönlich angeführt wird. Das fände ich echt super .<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Darf man dem Mars das antun? Der durchschnittliche Intelligenzquotient auf dem Planeten koennte einen empfindlichen Schlag hinnehmen. [:o)]



    Doch zurueck zur Sache: Es ist einfach ein Vergleich wie Aepfel und Birnen, wenn die NASA nun Grundlagenforschungsmissionen vernachlaessigt, um prestigetraechtige Unternehmungen wie bemannte Landungen durchzuziehen. Leider ist es das Letzte, das die allgemeine Bevoelkerung als "Wissenschaft" wahrnimmt. Man sieht das ganz deutlich daran, wie sich die bemannte Raumfahrt verkauft - eigentlich ein Ueberbleibsel aus dem Wettrennen mit der UdSSR. Waehrend der erste Satellit, der erste Hund, der erste Mensch im All noch Sinn machte (und auch noch der erste Mensch auf dem Mond), ist die heutige Vermarktung im Sinne von "Das erste Mal, dass zwei Menschen aus dem Land X zusammen y lange im All blieben und das Kommando innehatten" an den Haaren herbeigezogen. Es verkauft sich halt besser als eine Studie ueber Anisotropien in der kosmischen Hintergrundstrahlung.


    Inwieweit SOFIA wirklich durch etwas Guenstigeres zu ersetzen waere, sei dahingestellt. Ballonteleskope dieser Groesse gibt es noch nicht, und Satelliten sind nicht so flexibel, dass sie beispielsweise durch kurzfristige Umruestung an spezielle Ereignisse angepasst werden koennten. Gut. Es waere verstaendlich, wenn das Geld in eine Wissenschaftsmission fliessen wuerde, die nachweislich hoeherwertige wissenschaftliche Ergebnisse bringt - das koennte ich verstehen. Es werden ja auch erdgebundene Sternwarten geschlossen, weil es bessere Sternwarten gibt. Aber das Geld fuer ein bemanntes Weltraumabenteuer auszugeben, schadet eher der Wissenschaft.


    Gut, die NASA hat Menschen auf den Mond gebracht. Aber wenn ich an die wirklichen Errungenschaften denke, dann fallen mir eher Weltraumteleskope oder Sonden zu den Planeten ein.


    Ich hoffe nur, dass die ESA nicht diesem Modetrend hinterherrennt und auch auf einmal auf dem Mond landen will, sondern stattdessen Forschungsmissionen startet, die Alleinstellungsmerkmale bieten und wirklich die Wissenschaft weiterbringen.

  • Hallo Beisammen,


    Wenn man mal die Kosten von Sofia nimmt und durch die Anzahl der Peer-Reviewed Journal Publikationen teilt. Sozusagen Preis-pro-Paper, wie sieht das im Vergleich mit anderen Groß-Experimenten aus? (Hubble / CERN / Keck / ITER)


    Ich will jetzt nicht Sofia niedermachen, aber Unterhalt einer 747 mit Wartung und Crew für Missionen, die ein paar Flugstunden dauern und Daten sammeln ist aufwendig. Fragen wir mal so herum: Für das Geld was Sofia kostet (auch den deutschen Steuerzahler), wieviele Teleskope der 2m Klasse hätte man dafür für Doktoranden-Forschung Studentenausbildung bauen und unterhalten können?


    Clear Skies,
    Gert

  • Erstmal abwarten. Das ist hier ist ja nur der Budget-Vorschlag des Weißen Hauses, aber der Haushalt wird in den USA, genau wie bei uns, von dem Parlament beschlossen. Und in einer Kammer haben die Demokraten die Mehrheit, in der anderen die Republikaner, es wird also gehandelt und gefeilscht und am Ende wird auf fast allen Budgetposten nochmal mehr Geld ausgegeben als ursprünglich vorgeschlagen wurde (selbst für das Militär...schließlich kann man von zwei Dingen nie genug haben, Waffen und Schulden .....oder so....).


    Beispiel: Das WFIRST Weltraumteleskop wird auch jedes Jahr um diese Zeit beerdigt, nur um dann im Parlament wiederbelebt zu werden. Es besteht also noch Hoffnung.


    Auf dem Spiel steht n.m.E. nicht nur ein einzelnes Teleskop sondern die Zuverlässigkeit der USA als Kooperationspartner. Die Europäer haben es schon zum Beispiel beim LISA Projekt schmerzlich erfahren müssen dass die US-Seite teilweise sehr kurzfristig und mit wenig Rücksicht auf Kooperationspartner aus ganzen Projekten aussteigt, und zusätzlich handelt man sich etliche Beschränkungen ein weil die USA und China bei der Raumfahrt nicht miteinander kooperieren. Die USA als Partner zu haben macht also auf vielen Ebenen Probleme.

  • Hallo Gert,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Fragen wir mal so herum: Für das Geld was Sofia kostet (auch den deutschen Steuerzahler), wieviele Teleskope der 2m Klasse hätte man dafür für Doktoranden-Forschung Studentenausbildung bauen und unterhalten können?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Der 2-Meter-Fraunhoferspiegel auf dem Wendelstein hat rund 10 Millionen Dollar (8,5 Mill. Euro) gekostet. Etwas milchmädchenhaft gerechnet, verheizt der reine Unterhalt der Astro-Boeing etwa alle sechs Wochen ein topmodernes Teleskop dieser Größe; und das seit zehn Jahren, Bau von SOFIA gar nicht mitgerechnet...


    Auch für Wissenschaft hat Ressourceneffizienz zu gelten, sofern es um Steuern geht.


    Gruß Gil

  • Hi Gil,


    mit dem Fraunhoferteleskop laesst sich aber der fragliche Wellenlaengenbereich nicht beobachten. Wir muessen schon Gleiches mit Gleichem vergleichen (toller Satz [:)] ). Also ein Flugzeugteleskop entweder mit Ballonteleskopen (noch nicht ausgereift) oder Satelliten (nochmal deutlich teurer).


    SOFIA wurde meiner Erinnerung nach immer etwas halbherzig gefoerdert. Es dauerte sehr lange, die Idee zu verwirklichen und das Kuiper Airborne Observatory wurde schliesslich stillgelegt, um mehr Geld fuer SOFIA aufzutreiben. Der Unterhalt eines Flugzeuges, gerade dieser Groesse, ist natuerlich auch teuer. Die Frage ist, welche Alternativen es gibt.


    Es geht ja auch nicht darum, mit Teleskopen der 2m-Klasse die Doktorandenausbildung zu foerdern, sondern um das Erreichen einer Nische, die sonst durch kein Teleskop besetzt ist oder wo zumindest ein hoher Bedarf an zusaetzlichen Daten besteht.


    Dazu kommen auch die Zeitskalen. Als Sofia projektiert wurde, gab es nur die Satellitenteleskope mit endlichem Kuehlmittel. Die Fortschritte durch geschlossene und vibrationsarme Kuehlmittelkreislaeufe lassen heute signifikant vergroesserte Standzeiten der weltraumgebundenen Systeme zu, siehe JWST. Und auch die Ballonastronomie macht Fortschritte. Zusammen mit anderen Ueberlegungen (die teils ausserhalb der Astronomie liegen, z.B. Klimadebatte) koennte heute eine Entscheidung Ballon/Flugzeug/Satellit anders ausfallen als noch vor 20 Jahren.

  • und nicht zu vergessen die tolle Live Datenanbindung so einer wochenlang driftenden Ballonplattform über dem Südpazifik durch Starlink … ;)


    Aber dennoch - SOFIA ist eben schon da, so ein Ballonteleskop käme frühestens in 10 Jahren …? Ich habe mich vertan ganz oben. Mitnichten hab ich in der Flugrevue (oder Sterne und Weltraum?) in den späten 80ern den Bau verfolgt. Es waren die ersten Konzepte und gemalten "Künstlerische Darstellung".
    Das System flog erst 2009. Da ging die Erinnerung mit mir etwas durch.


    Mit den Ballonen sind wir auch etwa da, am Anfang - nicht wahr?



    CS,
    Walter

  • Hallo Jürgen,


    Ich habe kein Problem mit SOFIA aber ich finde einfach, dass die Relation zwischen Aufwand und Nutzen nachvollziehbar sein muss. Die Projektkosten dürften inzwischen die Dollarmilliarde überschritten haben, für zwei bis drei Einsätze wöchentlich. Und so ganz blind im Nah-IR sind erdgebundene Großteleskope an guten Standorten ja auch nicht. Bis ca. 5 Mikrometer laufen auch VLT und die Keck-Zwillinge das Rennen noch mit.[8D] Darüber gehört die Zukunft IMHO den Ballonteleskopen.


    Gruß Gil

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