Okularempfehlungen für 8-10" Newtons

  • Hallo Sternfreunde/innen,


    ich bin schon seit ein paar Jahren in der Amateurastronomie aktiv, jedoch sehr auf Astrophotografie (mit Schmalbandfiltern) spezialisiert, da ein Standort in Sachen Lichtverschmutzung sehr schlecht ist. Allerdings ändern sich die Umstände bald, sodass ich Zugang zu dunklerem (Bortle 4) Himmel mit generell besserem lokalen Seeing bekomme.
    Deswegen habe ich mir überlegt wieder mehr in Richtug visuelle Astronomie zu machen.
    Eine motorisierte, parallaktische Montierung und zwei Newton Teleskope (8" f/4 bzw. f/2.8 und 10" f/4) mit entsprechenden Komakorrektoren sind schon vorhanden. Leider sind beide Teleskope für die Astrofotografie optimiert und besitzen deshalb einen übergroßen Sekundärspiegel um auch größere Chips gut auszuleuchten.
    Da ich bis jetzt nur zwei brauchbare Okulare besitze, wollte ich nach Empfehlungen fragen. Diese sind ein 24mm Explore Scientific 68° für Großfeldbeobachtungen und ein Celestron 40m Plössl. Für geringere Brennweiten habe ich leider nichts (außer ein 4.7mm Explore Scientific 82°, welches leider kaputt ist).
    Ich habe mich natürlich bereits informiert welche Brennweiten für entsprechende Teleskope Sinn ergeben und dadurch zwei Wünsche für Okulare formuliert:


    1. Ein gutes Planetenokular, das macht mit dem 24mm nicht so viel Spass... Ich habe mal bei einem Freund mit einem 4mm Ortho an einem C9.25 planetarische Nebel beobachtet und war komplett begeistert von der Detailreiche der Beobachtungen, auch wenn es wirklich unangenehm war dort hineinzuschauen. Ist solch ein Ortho eine gute Lösung für Planetenbeobachtungen, wenn ja welches könntet Ihr mir empfehlen? 3-4mm Brennweite bräuchte ich dafür ja.


    2. Ein Okular bei bester möglicher Auflösung (also bei meinen Teleskopen ca. 8-10mm ?) womit ich mögichst an die Grenzen meiner Teleskope herankommen möchte, also auch besonders dunkle Objekte beobachtungen möchte. Ein großes scheinbares Gesichtsfeld ist mir nicht soooo wichtig, eher eine gute Abbildungsleistung und Transmission. Muss ich dafür zu einem Televue (z.B. Plössls oder Delite) greifen oder tut es auch etwas günstigeres von TS oder Omegon? Ich wäre schon bereit etwas Geld in die Hand zu nehmen.


    Würde mich freuen, wenn Ihr Eure Erfahrungen teilen könntet und ich mir so noch ein kleines Geschenk zu Weihnachten machen könnte.


    Viele Grüße und CS,
    Jan

  • Hallo,


    Ich habe lange Zeit mit 8"/f4 beobachtet und beobachte derzeit mit 12"/f4. Auch bei meinem Teleskopen war und ist der Fangspiegel größer als nötig.


    Für die Deep Sky Beobachtung habe ich gute Erfahrungen mit der 82° Serie von Explore Scientific gemacht.
    Diese Okulare bilden gut ab und haben eine hohe Transparenz. Mit dem Einblick komme ich ebenfalls gut zurecht.


    Für die Planetenbeobachtung nutze ich diese Okulare ebenfalls, ich rate aber mittlerweile davon ab, sich diese Okulare für Planeten zuzulegen.
    Die Okulare zeigen bei hellen Planeten wie Mars Jupiter und Saturn Geisterbilder und Reflexe. Nachdem diese Reflexe im gleichen Umfang an zwei Teleskopen zu sehen sind, am 12"/f4 Newton und am 10"/f12 Cassegrain, müssen diese Reflexe in den Okularen entstehen.
    Besonders deutlich waren diese Reflexe bei der Beobachtung der Venussichel im diesem Jahr. Fotografisch im Primärfokus konnte ich keine Reflexe nachweisen.


    Ich werde, sobald die Saison für Planeten im Frühjahr 2021 wieder losgeht, mir die "Baader Classic Ortho" - orthoskopische Okulare zulegen.


    Viele Grüße
    Gerd

  • Hallo Jan,


    8" f/4 da können nicht viele mit halten. Bei mir wäre es ein 8" f/5.


    Weil Du was zu den Orthos gefragt hast. Ich nutze solche an meinem Teleskop, weil es auf einer HEQ5 getragen wird und nachgeführt wird.
    Man sagt/schreibt ja: orthos sind ab f/5 abwärts schon nicht mehr tauglich - ich finde die Abbildung ohne Befund. Allerdings würde ich auf keinen Fall ein Ortho unter 5mm nehmen. Ich verwende eine 2x Barlow wenn ich doch mal auf 3mm oder 2,5mm Brennweite runter will. Brille ist natürlich nicht. Aber das ahnst Du.


    GF ist nicht so wichtig bei Planeten, planetarischen Nebeln und KS. Aber es fehlt doch ein wenig der Rahmen. Nun ist das historisch gewachsen das mit den Orthos bei mir und wenn sie schon mal da sind - hab ich wenig nachgekauft an UWAs.
    Weil mir doch Feld gefehlt hat, habe ich mir zumindest einen Televue Delos im 7mm Bereich geholt. Das ist schon eine Welt! Natürlich: 1 Delos = 3 Orthos. ...


    Weil ich die Baader Genuines habe, kann ich aus eigener Erfahrung nur zu den Fujiyamas (oder so ähnlich) raten. wenn es denn Orthos sein sollen.
    Beim Delos sind mir übrigens keine Reflexe aufgefallen - das Okular ist anstandslos, gerade als Brillenträger.
    Am Mond scheinen mir die Orthos eine Spur farbneutraler. Das ist aber so ne ferne Erinnerung.
    Die Schärfe - Feinheit der Sterne, Transparenz ist vergleichbar mit den Orthos, jetzt rein visuell - nicht nachgemessen.


    Ansonsten kann ich zu Weitwinklern unterhalb 7mm nix beitragen.


    CS,
    Walter


    Nachtrag: Ach so Du hast speziel nach Planetenbeobachtung gefragt. Da finde ich die orthos super und mir fehlt da auch kein Feld. Aber! Ich habe gemerkt, daß ich zum Beispiel viel lieber mit der Barlow 2x plus 9mm Ortho an Planeten ran gehe (220x) als mit dem 5mm Ortho (200x). weil das ein viel bequemerer Einblick ist. Licht vermisse ich da mit 8" überhaupt nicht durch die zwei Zusatzlinsen der Barlow (von Televue).

  • Hallo Walter und Gerd,


    danke für Eure umfassenden Antworten zu meiner Frage.
    Sehr interessant von den Erfahrungen mit verschiedenen Okularen zu hören.
    Zu den Orthos: Die maximale Auflösung sollte ich doch sowieso deutlich über 4mm erreicht haben mit diesem Teleskop, macht es dann einen großen Unterschied ob man bei 4mm oder 6mm beobachtet, außer dass natürlich der Einblick angenehmer ist? Eine gute x2 Barlow habe ich leider nicht um das Öffnungsverhältnis für die Orthos passender zu machen und ein angenehmeres 8mm zu verwenden. Wie sieht es eigentlich mit einem Komakorrektor aus? Es hat doch bestimmt nicht so viel Sinn den bei einem so kleinen Gesichtsfeld zu verwenden und sich noch mehr Linsen auf die optische Achse zu setzen?


    Von den Delos (naja wie alle TeleVue Okulare) habe ich auch schon viel Gutes gelesen. Es gibt ja aber auch die DeLite Serie, die zwar ein etwas kleineres Bildfeld besitzt, aber dafür günstiger ist. Hat jemand Erfahrung damit gemacht, ob man dabei auch einen Abstrich in optischer Qualität machen muss? Ich denke am Ende werde ich mich zwischen so einem Okular oder dem Explore Scientific 82° entscheiden.


    Beste Grüße und CS,
    Jan

  • Hallo Jan,


    Ich kann f/4 nicht so gut einschätzen, da gelten ja andere Brennweiten in Bezug auf AP und Vergrößerungen. Und insbesondere in Bezug auf Koma.
    Ich lese überall, daß bei f/4 Koma Korrektor Pflicht ist. Auch bei mittleren/kleineren Brennweiten. Der Komaeffekt ist zwar kleiner, aber die Vergrößerung höher. Also macht ein 30mm 82 grad scheinbar ebenso Koma wie ein 8mm 82 Grad. Von Orthos bist Du ja weg anscheinend, die zeigen natürlich nur das Zentrum eines 82 Grad Oklares, daher gefühlt weniger Koma.


    Ob 4mm oder 6mm - bei Delos ist es ja egal. Ich kann vielleicht nach AP gehen. Also bei Jupiter bin ich gerne bei 1mm AP bis 0,8mm. Bei Saturn und MArs und Uranus auf 0,7mm. 0,5mm AP nur zum testen, hat nix gebracht. Aber ich setze hin und wieder 0,5mm AP bei sehr kleinen PN ein. irgendwie scheint es Vorteile beim indirekten Sehen zu bringen, obwohl der PN dabei dunkler wird und man quasi von direkten auf indirektes Beobachten übergeht (bei größerer Abbildung). Aber das sind so Spezialfälle, wie auch sehr enge Doppelsterne. Bei Neptun bringt 0,5mm AP übrigens nix, wird zu sehr abgedunkelt und wirkt eher wie ein sehr kleiner PN. Bei Jupiter, Saturn etc, wirkt es schwammig (meist passt das Seeing eh nicht für bei mir 400x bei 0,5mm AP).


    Das Gute ist, wenn's Dir nicht gefällt, kannst Du einen Koma Korrektor immer noch nachkaufen. Zum Handling damit würde ich mich schlau machen. Da geht es um Verstellungen, Gewichte, Parfokalität, ...


    Delos ersetzen die alten Radians. Ich würde annehmen sie sind eben so gut. Auch auf gleicher Stufe wie die Delos, Nagler. Zu erwähnen wären vielleicht auch die Vixen NLVWs. LVW waren ja sehr gute Okulare auch für f/4. Ich nehme an die New LVW's haben da nix eingebüßt. Aber ich lese nix mehr von, seit sie auf dem markt sind, daher ?


    CS,
    Walter


    Nachtrag: Die Vixens sind ja völlig andere, SSW, nix mit N-LVW.

  • Hallo Jan,


    Wenn es tatsächlich ein Ortho werden soll, wäre die APM 2,7fach Barlow, welche komakorrigierend wirkt, eine sichere Empfehlung. Allerdings ist so eine Kombination nicht viel billiger als ein DeLite, welches eben doch erheblich mehr Feld und Einblickkomfort liefert.
    Die Delos sind Königsklasse ohne Wenn und Aber. Die DeLite kenne ich noch nicht, sie gelten allgemein als ebenbürtig. Als Alternative fällt mir noch Pentax ein. Das XW 3,5mm passt zu einem f/4-Newton wie die Faust auf's Auge.[8D] Das Niveau entspricht nahezu dem Delos, sogar mit besserer Augenmuschel - und sie sind etwas günstiger.


    Was Gerd über die ES 82° schreibt, stimmt leider. Das Streulichtproblem betrifft alle kurzen Brennweiten der Serie, besonders 4,7 und 8,8 mm.
    Im 10mm-Bereich würde ich mir mal das Baader Hyperion anschauen. Die werden oft als Einsteigerokulare angesehen, weil obenrum die Randschärfe und unten die Kontrastleistung für Planeten etwas fehlt. Deswegen werden die mittleren Brennweiten regelmäßig unterschätzt. Die Vorteile der Hyps (ruhiger Einblick und sehr gute Vergütung)kommen aber gerade bei Deep-Sky sehr zum Tragen.


    Hoffe ich konnte ein wenig helfen.[:)]


    Gruß Gil

  • Hallo Jan,


    ich kann mich meinen Vorschreibern nur anschließen. Die Delos sind in meinen Augen (Achtung Wortspiel) der Goldstandard. Natürlich gibts noch Ethos, Nagler etc. Ich bin aber mittlerweile zu der Erkenntnis gelangt, dass es nicht nur um eine Maximierung des Gesichtsfeldes geht sondern vor allem auch um einen angenehmen Einblick. Ich trage zwar keine Brille, aber ein Okular mit weniger als 2cm Augenabstand empfinde ich schon als unangenehm. Wenn es dir die Wimpern an der Linse verbiegt, damit du auch die vollen 82 Grad überblickst, macht es mir keinen Spaß. Die Delos sind hier eine Klasse für sich in punkto Einblickverhalten, Gesichtsfeld und Abbildung. Bei den genannten Explore Scientific ist mir der Augenabstand etwas zu gering.


    Ich persönlich finde die Baader Morpheus Okulare als guten Kompromiss, wenn man nicht gerade 400€ für ein Okular ausgeben will. Bei f/4 wäre ich bei den Hyperions sehr skeptisch. Bei f/6 ideal, bei f/5 geht noch, unter f/5 naja.


    Viele Grüße
    Thomas

  • Hallo Thomas, Gil und Walter,


    nochmal ein großes Danke für Eure zahlreichen Erfahrungen und Vorschläge!
    Das macht die Entscheidungsfindung nicht gerade einfacher, aber dafür umso fundierter :)


    (==>)Walter Da ich sowieso einen Komakorrektoren besitze, kann man es dann ja einfach mal ausprobieren wie sich Koma und Transmission bei den Beobachtungen mit kleinem Gesichtsfeld verhalten, wäre sicherlich ein interessantes Experiment. Dann hört sich eine AP von 0.8 sehr sinnvoll an, mir geht's vor allem erstmal darum die Planeten und PNs sehr detailliert beobachten zu können. Bei engen Doppelsternen bin ich eher skeptisch, dass man da besonders erfolgreich ist, da mein Standort doch schon von sehr starkem lokalem Seeing geplagt ist, aber mal sehen, da kann man sich ja langsam herantasten.


    (==>)Gil Die option mit der Barlow klingt interessant, aber das wäre es mir dann bei dem geringen Gesichtsfeld auch wieder nicht wert. Danke für den Vorschlag vom Pentax, ich habe zwar nicht vor den großen Teil des Budgets für eine hohe Vergrößerung auszugeben, aber auch für die optimale Vergrößerung sind die bestimmt eine gute Alternative. Mit den ES 82° habe ich leider auch die gleichen schlechten ERfahrungen gemacht, ein Freund hat mehrere Hyperions und ist zufrieden damit, vielleicht kann man sie ja mal testen und schauen wie sehr sie unter dem Öffnungsverhältnis leiden.


    (==>)Thomas Über den Augenabstand habe ich tatsächlich noch nie nachgedacht, danke für die Anmerkung!


    Viele Grüße und CS,
    Jan

  • Hallo Jan,


    ich lese gerade, dass du schon einen Komakorrektor verwendest. Vielleicht liefern die Hyperions in Verbindung mit deinem Korrektor bei f/4 ganz brauchbare Resultate. Leider habe ich mit Komakorrektoren keine Erfahrung. Vom Einblickverhalten finde ich die Hyperions sehr angenehm und die Abbildungsleistung ist ganz gut. Ich würde es an deiner Stelle mal testen. Auf diese Weise könntest du dir einen Haufen Geld sparen.



    Viele Grüße
    Thomas

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