Mars – Verwegener Vergleich 180er Apo mit 1-m-Cass

  • Hallo in die Runde der Planetenbeobachter,


    als ausgesprochener Langsambearbeiter hab ich erst jetzt begonnen, meine 2020er Marsvideos zu bearbeiten. Das Setup ist das gleiche wie bei allen Oppositionen seit 2014: TEC 180 FL + Gutekunst ADC + Baader FFC + LU165M-Kamera. Ergebnisse 2012 bis 2016 sind auf meinem Videokanal zu finden. 2018 war die Ausbeute qualitativ zu schlecht.


    Um so glücklicher war ich über die vielen Details auf den Summenbildern der diesjährigen Videos. Ich war mir zunächst nicht sicher, ob sie wirklich echt oder nur Artefakte vom Schärfen sind. 180 mm Öffnung sind nun mal nur 180 mm. Da kann der TEC einem C11 oder gar C14 nicht das Wasser reichen. Der Vorteil der nicht obstruierten Optik ist natürlich der unschlagbare Kontrast. Der Nachteil, jeder Kanal sollte neu fokussiert werden. Dank Motorfokus gelingt das mittlerweile on the run.


    Zum Prüfen der Echtheit kleinster Fleckchen und Nuancen auf den Summenbildern hab ich heute mal einen verwegenen Vergleich gestartet: Mein schärfstes Bild von Sept. 22 neben dem hier von allen bewunderten „Supermars“, aufgenommen in Südfrankreich mit dem 1-m-Cassegrain. Der ZM stimmt zufällig sehr genau, da aber ein Monat zwischen beiden Bildern liegt, differiert die Achsneigung um 4 Grad. Natürlich musste ich mein Bild gnadenlos auf 500% aufblasen. Trotzdem erstaunlich: Viele der winzigen Flecken und Strukturen, die ich zum Glück nicht mit dem Rauschfilter weggebügelt habe, finden eine Entsprechung auf dem französischen Superbild.



    Um zu zeigen, wie die Bilder mit nur ganz leichter Vergrößerung (150%) aussehen, zeige ich hier noch ein Stereobild.



    Bis alle Filme bearbeitet sind, vergeht bestimmt noch ein halbes Jahr...


    CS, Jörg

  • Hallo Jörg,
    danke für das Zeigen Deines Marsbildes mit dem 180er APO. Das Bild gefällt mir sehr gut. Wenn das Seeing passt, dann kann man auch mit relativ "kleinen" Öffnungen sehr schöne Beobachtungen und Aufnahmen machen. :)
    Einen 7" APO habe ich noch nicht benutzt. Bei meinem 4" f/10 APO ist die Beobachtung unkomplizierter und gutmütiger wie beim Newton. Meist ist er auch weniger anfällig für lokales Seeing oder Tubusseeing. Der Kontrast ist wirklich bei ähnlicher AP deutlich besser wie am Newton.


    Zur Zeit passt es bei mir die letzten Wochen leider nicht mehr mit den Bedingungen. Entweder ist der Himmel bedeckt oder das Seeing mäßig...
    Hier bei mittlerem Seeing am 19.9 im 4" APO:
    https://www.astrobin.com/28fmbf/
    Am 28.9 bei mittlerem Seeing im 6" f/8 Newton:
    https://www.astrobin.com/u6zfu1/?
    und dann meine beste Nacht am 1.10 mit bestem Seeing im zweiten 6" f/8 Newton:
    https://www.astrobin.com/h0p3m6/
    Und am Samstag im selben Newton:
    https://www.astrobin.com/qvk2nk/


    Der Videovergleich:

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    Ein Unterschied wie Tag und Nacht.
    Auf jeden Fall bin ich auf weitere Bilder von Dir gespannt.


    Servus,
    Roland

  • Hallo Roland,


    danke für die Links zu Deinen Bildern. Ja, es ist schon beeindruckend, was mit den kleineren Teleskopen geht. Und mit einer Farbkamera kommt man natürlich sehr schnell zu ansehnlichen Ergebnissen. Man spart sich den Stress mit Farbkanälen und anschließender Montage. Im Vergleich zur Beobachtung verbringe ich etwa die zehnfache Zeit danach hinterm Computer.
    Dein Bild mit dem 4“-Apo hat mir am besten gefallen. Es zeigt schon sehr viel Detail, eigentlich kaum weniger als Dein bestes 6“-Bild. Ich denke, damit bist Du ganz dicht am beugungsbedingten Limit der 100-mm-Öffnung. Interessant wäre, wenn wir unsere Teleskope mal unter Weltraumbedingungen testen könnten. Wenn ich mir andererseits die Entwicklung der vergangenen 20 Jahre in der Planetenfotografie vorstelle, kann ich nicht glauben, dass das nicht noch weiter geht.
    Noch frappierender ist die Entwicklung, wenn man 50 Jahre zurückdenkt. Pünktlich zur Marsopposition 1971 bekam ich mein erstes größeres Teleskop nach dem Zeiss-Bastelfernrohr 50/540, einen Cassegrain 150/2250. Ich habe damit Mars auf Infrarotfilm fotografiert und war stolz, dass die körnigen Planetenscheibchen eine vage Andeutung von Albedogebieten erkennen ließen. 49 Jahre später sind die Bilder mit dem 50/540 um Größenordnungen besser als die damals mit dem Cassegrain. Wenn ich sie fertig habe, werde ich sie hier zeigen.


    CS, Jörg

  • Hallo Jörg,
    ja, die Farbkamera erleichtert die Aufnahmen und Bearbeitung. Dafür kann man vermutlich mit einer SW Kamera noch ein kleiners bisserl mehrer herauskitzeln. Bei der Farkamera find ich halt auch schön etwas den visuellen Eindruck am Okular festhalten zu können. Es trifft es nicht ganz, geht aber in die Richtung.
    Ja, der 4" APO kommt je nach Bedingungen schon relativ nah an den 6" Newton heran. Visuell ist der Anblick im APO meist schöner und zeigt meist dieselben Details. Am 1.10 waren vom Seeing Ausnahmebedingungen wo der 6" f/8 Newton seine größere Auflösung ausspielen konnte. Es wär freilich interessant geworden den 105/1000 APO in dieser Nacht mit ADC zu nutzen. Das mit dem ADC (ADK) gelingt mir am Newton noch überhaupt net vernünftig. Da hätte ich vermutlich mit dem 4" APO ziemlich nah an den 6" aufschließen können.


    Ja früher in den 70ger und frühen 80ger Jahren waren Plantenaufnahmen mit dem Teleskop sehr ernüchternd. Da waren Zeichnungen deutlich im Vorteil. Gelegentlich habe ich auch gezeichnet, aber meine Zeichenkünste sind leider nicht so gut.
    Ein Astrokollege aus Tschechien ist da deutlich besser wie ich:
    https://www.fzu.cz/~kupco/astro/index.html


    Ich bin auch gespannt, was sich da in der Aufnahmetechnik noch alles tut. So ein Bild wie mit dem 1 m Teleskop aus Frankreich hätte man früher nur mit Raumsonden gewinnen können.
    Ich habe so etwas erdgebunden von Mars überhaupt noch nie gesehen.
    Servus,
    Roland

  • Hallo Roland, hallo liebe Mitleser,


    ich hatte ja angekündigt, hier noch Marsbilder mit dem Zeiss 50/540 nachzureichen. Das soll hiermit geschehen:



    Zum Thema Zeichnen: Bevor ich mich an die Videografie gewagt habe, habe ich gezeichnet. Bis 100 mm Öffnung war das gut beherrschbar, aber am 180er haben mich die Details förmlich erschlagen. Diese Fülle von kleinsten Schattierungen und Fleckchen war – zumindest für mich – nicht schnell genug und auch noch lagerichtig zu bewältigen.
    Außerdem wird man älter, und wenn die Augen auch normalerweise noch nicht schwächeln, so schleppt man doch im Kammerwasser eine wachsende Menge „Unrat“ mit sich rum. Der wird besonders offensichtlich, wenn man mit kleinen Austrittspupillen beobachtet. (Hab mir schon oft gewünscht, es gäbe kleine „Aquarienfilter“ für das Problem.)
    Aus der Zeit mit meinem 100-mm-Apo hier noch ein Ergebnis:



    CS
    Jörg

  • Hallo Jörg,
    eine schöne Marskarte hast Du da 2005 mit kleinem Gerät gezeichnet. Hab wohl zu gleicher Zeit wie Du angefangen. Durch meine Zugehörigkeit zur Astronomischen Vereinigung Augsburg hatte ich Zugang zu 8 und 6" Wachter Fraunhofer-Refraktoren und diversen Spiegelteleskopen. Mir war mir schon in den 70er Jahren klar, dass ein größeres gutes Linsenfernrohr für mich unbezahlbar ist und wohl von einem etwas größerem Newton für erheblich weniger Geld geschlagen wird. Hab darum bereits als Jugendlicher einen 6"f10 und einen 8"f6.5 Spiegel geschliffen. Der 8" hat sich besser bewährt. Bis 2007 war das dann mein Hauptgerät. Die Montierung von damals nutze ich noch heute und trägt inzwischen einen 14" Newton.


    Ja,
    ich stimme Dir zu: bereits mit 8" Öffnung ist man beim Zeichnen gefordert, wenn das Seeing mitspielt. Ja, früher in den 70ger und frühen 80ger Jahren waren Plantenaufnahmen mit dem Teleskop sehr ernüchternd. Da waren Zeichnungen deutlich im Vorteil. Mit der heutigen Webcamerei hat sich das komplett gedreht. Da kann man nun auch 12" und gelegentlich größer in unseren Breiten gut nutzen. Die Ausarbeiterei in der warmen Stube empfinde ich als angenehmer als die Zeichnerei (womöglich bei <0°) im Freien. Man muss das vor dem Computer sitzen halt mögen.


    Ich schau immer noch gerne durchs Okular. Dank größerer Öffnung sind meine Aquariumaugen nicht so stark gefordert, dafür muss ich Dämpfungsfilter einsetzen. Meine Augen vertragen nicht mehr soviel Licht[|)]. Wo ich früher 180 bis maximal 250x eingesetzt habe, beobachte ich heute meist mit 350x aufwärts, auch mit dem 8". Bei guten Seeing und 12...14" meist zwischen 500...600x - die Zeiten ändern sich. Mit einer guten großen Optik bricht da der Kontrast noch nicht ein. In meiner Jugend hätte ich das nicht für möglich gehalten, aber da waren meine Augen noch besser. Was oben in Deinem Bild zu sehen ist, war am 25.11.2020 im 9 mm ortho Okular am 12" Lomo bei 500x (mit 3x Barlow) deutlich detailierter und filigraner zu sehen (alleine die Vallis Marineris hab ich mir lange angeschaut...).



    Die für mich entscheidenden Änderung war, dass ich meine fixe Sternwarte aufgegeben habe und nun nur noch mobil unterwegs bin. Mit etwas Übung, Gewöhnung und kompakter Ausrüstung geht das auch mit 14" (und eventuell noch größer wenn sinnvoll)- auch noch in meinem Alter. Gutes Seeing vor der Haustür gibt es im Bergland nicht, solange man im Tal wohnt. Da muss man dann wohl aufi[;)].


    Einer meiner Astrokollegen hat sich auch den 180er TEC geleistet, so dass wir ab- und zu parallel beobachten können. Wenn er bei gutem Seeing durch meinen alten 12" Lomo schaut, dann baut er meisten ab und fährt heim[B)] - hab Ihm den Lomo schon zig mal zum Verkauf angeboten - für schlappe 2500€. Hab ja inzwischen den besseren 14". Darauf geht er nicht ein.


    Weiter viel Spaß!


    LG
    Robert

  • Hallo Jörg,
    das ist eine sehr schöne Marszeichnung. Mir gefallen neben den Marsfotos (gestackte Bilder) auch immer gute Zeichnungen.


    Die 2" Aufnahme ist schon beeindruckend. Das wären Bilder für den Thread mit kleinen Öffnungen:
    http://www.astrotreff.de/topic…PIC_ID=251377&whichpage=5


    Hallo Robert,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: RobertR</i>
    Was oben in Deinem Bild zu sehen ist, war am 25.11.2020 im 9 mm ortho Okular am 12" Lomo bei 500x (mit 3x Barlow) deutlich detailierter und filigraner zu sehen (alleine die Vallis Marineris hab ich mir lange angeschaut...).
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Detailierter wie im Bild mit der 180ger APO oder wie im 100er APO?


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">
    Einer meiner Astrokollegen hat sich auch den 180er TEC geleistet, so dass wir ab- und zu parallel beobachten können. Wenn er bei gutem Seeing durch meinen alten 12" Lomo schaut, dann baut er meisten ab und fährt heim[B)] - hab Ihm den Lomo schon zig mal zum Verkauf angeboten - für schlappe 2500€. Hab ja inzwischen den besseren 14". Darauf geht er nicht ein.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Bei gutem Seeing kann ein Öffnungsmäßig größerer Newton sicher einen kleineren APO abhängen, was die Details betrifft.
    Klar zwischen 6" Newton und 4" APO ist da der gewonnene Auflösungsvorteil noch net aso groß, aber zwischen 12" und 7" ist er schon größer. Allerdings braucht man dann auch ein entsprechendes Seeing. Im Tal bei Dir werden sich der 180er TEC und der 12" Newton nicht viel nehmen und da kann der APO möglicherweise mit Bildästhetik punkten. Was beim APO und den Cassegrains besser ist, dass man problemlos einen ADC dazwischenhängen kann. Das ist zumindest für mich am Newton noch nicht so einfach.
    Eine Frage ist natürlich auch ob Dein Kollege den 12er LOMO einfach auf seine Montierung packen könnte. Passt das dann noch von der Höhe und Stabilität?
    Ansonsten sehe ich persönlich einen Newton als gute Ergänzung zum APO.
    Wenn es dann amal "an Berg auffi gäht" dann bei vorraussichtlich gutem Seeing oder Neumond den 12er einpacken und sonst mit dem APO die kleinere aber feinere Ansicht genießen. So in der Art (wobei mir ein 180ger APO vermutlich schon zu groß wäre. Daher und wegen dem Preis ist bei mir der 105/1000 APO der größte ;) Da würde dann bei mir noch ein 8" Newton bei mir dazwischenpassen.
    Servus,
    Roland

  • Au weia - jetzt hab ich mir den Zorn der Refraktorfans zugezogen.


    Roland - du bist doch noch jung?! Wundert mich, dass es in Deiner Generation noch Refraktorenfans gibt.


    Jörg entstammt wohl noch der Generation, wo man vom großen Refraktor geträumt hat, da frühe Spiegelteleskope tatsächlich große Probleme hatten (Qualität der Oberfläche und Spiegelbeschichtung). Spätestens in den 60ern haben in der ("professionellen") Planetenbeobachtung die Reflektoren die Refraktoren abgelöst (z.B. am Pic du Midi). Wenn man unbedingt ohne Fangspiegel im OAZ beobachten will, gab es (und gibt es noch vereinzelt) den Schiefspiegler. Große Refraktoren werden nur noch vereinzelt, richtig große überhaupt nicht mehr hergestellt.


    Beim Bild meinte ich das Bild oben mit dem 180er.


    Zur Talfrage: Planetenbeobachtung vom Tal aus ist bei mir sinnlos. Habe eine fixe Säule auf meiner Terrasse stehen. Die nutze ich aber nur für das Niedrigvergrößerungsgeschäft. Zum Planetenbeobachten muss man auf den Berg - zum Skifahren doch auch[;)]. Da denkt doch auch keiner darüber noch, ob das an der Straßenböschung vielleicht auch geht....


    Ja, ja, das ist Ketzerhaft - ich muss hier noch Bild aus meiner Jugend suchen, das den St. Anna/Augsburg 20 cm Wachter Coude und den 18 cm Lichtenknecker Schiefspiegler zeigt - 1: 0 für den Schiefspiegler - jedenfalls an Planeten.


    Bild stammt aus Guntrams Beitrag bzw. aus Werner Büdelers "Blick ins Weltall":
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Posting hat mich sofort zu Werner Büdelers "Blick ins Weltall" greifen lassen, das ich schon als Teenager verschlungen habe. Dort ist auch dieses Foto von der Sternwarte des St. Anna-Gymnasiums abgedruckt:



    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Mit diesen Teleskopen und den Geräten auf der Volksternwarte in Diedorf (damals 6" Wachter Coude, 8" Eigenbau-Newton, 10" Cassegrain) hab ich als Jugendlicher meine Meinung gebildet. Später kam dann ein 18" Newton dazu, mit dem Karl Thurner in 2010 für damaliger Zeit fantastische Planetenbilder gemacht hat. Ich glaube nicht an die Überlegenheit von Refraktoren in der Planetenbeobachtung. Praktisch funktioniert wohl jedes gute Teleskop ab einer bestimmten Öffnung. Nach oben hin begrenzt die Luftruhe die Sinnhaftigkeit.


    LG
    Robert

  • Hallo Robert,
    nein, Du hast keinen Zorn auf Dich gezogem [:)]
    Ich mag grundsätzlich gute Optiken und ein guter Refraktor zeigt eine sehr schöne Bildästhetik wobei natürlich die FHs tatsächlich eine Zeitreise in die Vergangeheit zeigen.
    Mitte der 80ger gab es in Germering im MBG eine Schulsterwarte mit zwei Hauptteleskopen. Eines war ein 40 cm Newton und ein alter 5" FH. Klar wollte ich immer wieder im 40 cm Planeten sehen. Das hab ich dann auch trotz Warnung des Sternwartenteams gemacht. Die Planeten haben im 16 cm vor sich hin gekocht, da der Spiegel in den 4 Stunden nach Sternwartenöffnung noch nicht ausgekühlt war. Im 5 Zoll f/15 FH gab es einen Farbfehler aber dennoch mehr Details zu sehen. So mein Blick in meine junge Vergangenwart aus den 80ger Jahren. Damals waren die Spiegel noch sehr dick.
    Später hat ein anderer Kollege einmal seinen 10" Dobson dabei gehabt und da war das Bild von Saturn in etwa mit dem Bild im 5" von den Details her gleich. Da wäre sicher noch mehr im 10" möglich gewesen, aber bei der Vergrößerung ist man im Dobson nicht bis zum Maximum gegangen.
    Das glaub ich gern, dass die Abbildung im 7" Schiefspiegler besser war wie im 8" FH. Da ist die Bildästhetik im Schiefspiegler APO mäßig und im FH hat man dann eine deutliche Färbung im Bild.
    Wie ich schon geschrieben habe, mag ich auch gute Newtonteleskope mit ausgezeichneter Optik, die einen sehr schönen Sterntest zeigen.
    Der 6" f/8 Newton zeigt einen sehr schönen Sterntest und das geht sicher auch bei 8", 10" ... Newtons. Bei hervorragendem Seeing zeigen die Teleskope natürlich geniale Planetenbilder (zwar mit Spikes) aber irgendwas ist immer ;)
    Zum Bildvergleich 7" APO und 12" Newton. Da ist schon einiges mehr an Öffnung vorhanden. Das es Ende November visuell detailreicher war wie das Foto hier im 7" fällt mir allerdings schwer zu glauben.
    Von den Bilder her sind die Details jedenfalls ähnlich aufgelöst, oder?
    http://www.astrotreff.de/uploa…201127/20201127002440.jpg
    http://www.astrotreff.de/uploa…201122/20201122183155.jpg
    Nun ja, die Körnung ist beim Jörg gröber und da können kleine Details verloren gehen, aber man sieht bei den Einbuchtungen das die Details fast gleich aufgelöst sind mit vielleicht einem kleinen Tick mehr im 12 Zoll.


    Wie schon gesagt ist aber einer gewissen Öffnung ein Spiegelteleskop die einzige Wahl um noch mehr Auflösung zu bekommen, da Refraktoren dann schon sehr unhandlich und extrem teuer werden.
    Servus,
    Roland

  • Hallo Robert, Hallo Roland,


    jetzt sind wir also wieder bei der leidigen Refraktor-Spiegel-Diskussion. Na gut, nützt nix, muss ich halt meinen Senf dazugeben.
    Ich denke nicht, dass die Vorliebe für Linsenfernrohre (nur) eine Generationsfrage ist. Da spielen doch wesentlich mehr Faktoren eine Rolle. Ich hatte das Pech, aber auch das Glück, in der DDR groß zu werden. Das Pech, weil es viele Dinge nicht gab, und das Glück, dass einen das erfinderisch gemacht hat. Und weil wir da nicht rausdurften, ging halt der Blick nach oben. Hinzu kam der Raumfahrtboom der 60er Jahre. Diese Begeisterung – bei der Mondlandung war ich 15 – hat mein ganzes Leben geprägt. Astro war für mich auch eine Art Flucht vor dem politischen System.
    Einziger Anbieter von Fernrohren im Osten war Carl Zeiss Jena. Das war wieder eine Art Glück. Dass es auch schlechtere Instrumente gibt, hab ich erst nach der Wende mitbekommen. Mein erstes Teleskop war 1966 der 50/540, 1970 folgte ein Zeiss Cassegrain 150/900/2250. Von dem war ich enttäuscht, weil der AS-Coude-Refraktor 150/2250, den ich an der Radebeuler Sternwarte benutzen konnte, mein Maßstab war. Deshalb wurde der Cassegrain ein paar Jahre später gegen einen AS 100/1000 getauscht.
    Später gab‘s eine längere Pause (Ehe, Arbeit, Kinder, Wende, Scheidung). Der Zeiss wurde verkauft, erst Ende der 90er flammte die Astromalaria wieder auf. Es sollte ein neues Rohr her, und es wurde ein AP EDF-S 130. Nach der Jahrtausendwende kamen ein 12“-Lomo-Newton und diverse kleinere Geräte hinzu. Der 130er und der 300er waren zwar recht gut, aber für einen, der mit Zeiss groß geworden ist, nicht die Erfüllung. Der 130er ist immer ein bisschen weich in der Abbildung, der 300er schrecklich seeinganfällig.
    2008, mit 54, hab ich dann in einer Anwallung von Verrücktheit und Midlifecrisis der TEC 180 gekauft. Etwa nach dem Motto, dann ist zwar alles Geld weg, das du hast und du kannst dir bis zur Kiste kein neues Auto leisten – aber du bist glücklich! Klartext: Um sowas zu machen, darf man nicht in der Situation sein, eine Frau um Erlaubnis fragen zu müssen. Ich bedauere hier in Forum immer die Jungs, die sich bereits mit kleineren Anschaffungen in die Gefahrenzone ehelicher Ungnade begeben.
    Ja, und was soll ich sagen, mit dem TEC bin ich auch nach 12 Jahren noch richtig glücklich. Die Bilder, die ich hier und bei Youtube zeige, sind nicht auf einem Berg, sondern mitten im Elbtal auf dem Balkon eines Mietshauses entstanden. Den 300er Lomo nutze ich im Erzgebirge in 700 m Höhe auf einem Berg. Und trotz exzellenter Optik plus relativ kleinem Fangspiegel kommt er visuell nicht an den TEC heran.
    Natürlich ist der 180er schon recht groß und schwer. Es ist jedesmal ein atheistisches Stoßgebet fällig, wenn ich ihn wieder sicher über der Balkonbrüstung auf die Montierung gewuchtet habe. Aber der Blick hindurch entschädigt fast immer.
    Der 300er ist ein Dobson mit Nachführplattform, den ich mittlerweile seit 17 Jahren habe. Ich hab auch mit ihm relativ viel beobachtet, aber die Nächte, in denen ich mit ihm ein wirklich scharfes Bild hatte, kann ich an einer Hand abzählen. Ganz am Anfang gab es mal eine Nacht, in der die Saturnringe eine Struktur zeigten wie die Rillen einer Schallplatte. Doch das ist schon sehr lange her. So lange, dass ich manchmal glaube, es nur geträumt zu haben.
    Fazit: Wenn ich einzig an Videografie interessiert wäre, hätte ich wahrscheinlich einen C11 oder C14. Aber ich bin als visueller Beobachter groß geworden, und das beeinflusst nachhaltig die Prioritäten. Insofern ist es doch eine Generationsfrage.
    Was zum Beispiel Du, Robert, aber auch Torsten, Jan und andere hier an Planetenbildern zeigen, ist natürlich deutlich über den Möglichkeiten eines 180er Apo-Refraktors. Und wer visuell stärker im Deep-Sky-Bereich unterwegs ist, dürfte mit einem Spiegel eindeutig besser ausgerüstet sein. Für den Preis eines TEC kann man sich locker ein Halbmeterteleskop leisten. Summa summarum: Wir sollten mit der Refraktor-Spiegel-Diskussion aufhören. Egal, wieviel Geld man ausgibt, jedes Instrument ist ein Kompromiss – und den größten Kompromiss verlangt uns die Erdatmosphäre ab.


    CS, Jörg

  • Hallo Jörg,
    hab eine solche Historie vermutet. Zudem bist du noch eine gute Ecke älter als ich. TEC Anschaffung ist bei meinem Kollegen ähnlich gelaufen, nur ist der immer noch nicht glücklich...


    Meine Historie hab ich oben eingeflickt.


    Du hast vollkommen recht, man muss mit seinem Equipment glücklich sein und es muss zu den Bedingungen vor Ort passen. Lieber ein kleineres, gutes Teleskop als einen primär dicken Lichteimer ist für Planetenbeobachtung zweifelslos die richtige Entscheidung.


    Meinen 1996 300f5 Lomo wirst Du mir wohl eher nicht abkaufen, da Du schon einen neueren hast [;)]. Hab ich Pech gehabt...


    Finde den Lomo weniger Seeing anfällig als meinen 14". Hab auch schon mit Abblenden des 14" experimentiert, bringt einen auch nicht wirklich voran. Tatsächlich ist ein größeres Teleskop immer anfälliger als ein kleineres, so meine Erfahrung. Mit mobilem Standort suche ich mir die Plätze, an denen das weniger problematisch ist. Habe lange Jahre fixe Sternwarte betrieben und mußte letztendlich einsehen, dass ich dem guten seeing entgegenkommen muss, wenn es nicht zu mir kommt...


    Weiter viel Spaß!


    LG
    Robert

  • Hallo Robert,


    noch ein Nachsatz zum Thema ältere Augen. Ich beobachte seit langem eigentlich nur noch binokular. Das nimmt bei den großen Geräten evtl. störende Flächenhelligkeit weg und relativiert die Unzulänglichkeiten des einzelnen Auges. Klar, das bedeutet auch wieder mehr Gerödel, dass beim ambulanten Beobachten mit in die Pampa muss. Aber der Aufwand ist es wert.


    Gar nicht eingegangen bin ich bisher auf das Thema ADC. Das ist noch ein Grund, der gegen einen Newton für höhere Vergrößerungen spricht. Denn die allerbeste Optik nützt einem nichts, weil die Abbildungsleistung selbst schon in mittleren Höhen gnadenlos von der AD beeinträchtigt wird. Da werden ganz schnell aus 98% Strehl 70% oder 60%. Für Interstellarum hab ich mal detailliert darüber geschrieben. Siehe Heft 95 (2014), S. 44 ff.


    CS, Jörg

  • Hallo Robert,


    zum Thema Standort: Bergland ist auch nach meiner Erfahrung problematisch, aber nicht nur im Tal. Mein Platz im Erzgebirge liegt an der Flanke eines in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Höhenzugs, über mir kommen höchstens noch zehn Höhenmeter. Das Problem ist aber der etwa 5 km entfernte Erzgebirgskamm, der steil nach Süden abfällt. Das Gelände dort heizt sich tagsüber durch die Sonneneinstrahlung auf und produziert nachts einen Warmluftvorhang, durch den man zwangsläufig beobachten muss. Wenn das Böhmische Becken mal bis oben ran voll Nebel ist, geht es. Aber das ist leider nicht die Regel. Zumindest im Sommer nicht.


    CS, Jörg

  • Hallo Robert und Jörg,


    dann werfe ich auch noch meinen Werdegang in die Runde.


    Als zwölfjähriger hatte mich die Astronomie fest in ihren Krallen. Viele Abende starrte ich den Mond mit dem guten 12x50 meines Vaters an, den ich mit einem selbst gebastelten Fernglashalter auf unserem windigen Fotostativ befestigt hatte.
    Mein Vater stellte den Kontakt zur Astronomischen Gesellschaft Rheintal her, und ich bekam auf einem Vereinsabend mit, dass man selbst einen Teleskopspiegel schleifen konnte. Das war es! Fertige Teleskope waren Ende der 1970er für uns völlig außer Diskussion: Viel zu teuer.


    So radelte ich einige Monate lang zwei Mal in der Woche in die benachbarte Schweiz, um den 160mm Rohling, den man mir geschenkt hatte, zu schleifen und zu polieren. Es war mühsam. Und dann stand noch das mythenumwobene Parabolisieren bevor! Dieser Arbeitsschritt, von dem die alten Hasen in der Schleifgruppe nur mit gerunzelter Stirn und gedämpfter Stimme sprachen, ängstigte mich. Manche hatten Monate für diesen letzten Schritt gebraucht.
    Kurz vor Weihnachten kam der Anruf, dass der pensionierte Optiker, der die Gruppe leitete, meinen Spiegel zum Geschenk parabolisiert hatte. Hurra!
    Nachdem das Teleskop fertig war, stellte ich atemlos vor Aufregung den Mars ein. Ein orangefarbenes, unscharfes Lichtlein geisterte im Oklar herum, auf dem nichts, aber auch gar nichts, zu erkennen war. Auf Jupiter gab es zwei flaue Bänder zu sehen, und Saturn zeigte so etwas wie Ringe, aber nicht die Spur der Cassini-Teilung.


    Ich war am Boden zerstört. Irgend etwas stimmte nicht, aber ich hatte keine Ahnung, was. Die alten Hasen zuckten mit den Schultern. Das sei halt so.
    Das Teleskop verschwand im Keller, und ich bin sicher, dass ich es in zwölf Jahren vielleicht drei Mal angerührt habe.


    Beim Versuch, herauszufinden, warum das Teleskop so wenig leistete, lernte ich einiges über Optik. Damals wurde die eingeschränkte Fähigkeit von Reflektoren für kontrastreiche Bilder im großen und ganzen auf die Obstruktion mit ihren geheimnisvollen "Beugungserscheinungen", von denen niemand etwas genaueres wusste, zurückgeführt. So wurde ich auf den Schiefspiegler aufmerksam, der vorher nur eine lächerliche Anordnung von Spiegeln und hin und wieder einer Linse war. Wie sollte, wie konnte das nur funktionieren? Langsam dämmerte mir, dass diese Bauart meinem Hang zum Selbstbau mit einfachen Mitteln wirklich entgegenkam.


    Ich holte mein Teleskop erst Mitte der 90er kurz nach der Familiengründung wieder hervor. Mittlerweile war auch klar, was damit los war: Nie richtig zentriert, der Parabolspiegel stellte sich als zünftige Hyperbel heraus, und der Rohling enthielt innere Spannungen, die je nach Temperatur Astigmatismus ausbildeten. Weiters endloses Tubusseeing, weil der Hauptspiegel aus schwerem Bariumkron nicht belüftet wurde.


    Die anfangs der 2000er Jahre aufkommenden Apochromaten waren interessant, aber halt immer noch eines, nämlich zu teuer.
    Die Lektionen des Spiegelschleifens waren nicht umsonst: 2000 hatte ich meinen ersten Schiefspiegler, einen 150mm f/15,7 fertig, und der lieferte begeisternde Bilder. Später folgte der 200er f/12, den ich jetzt hauptsächlich nutze, und der bildet ebenfalls exzellent ab- sogar ohne Parabolisieren!


    So findet jeder seinen Zugang, meistens aus einer längeren Entwicklung heraus. Es sind oft die Umstände, die den Ausschlag für ein bestimmtes Fernrohr geben. Bei mir kommt neben der praktischen Nutzung, visuell und fotografisch, auch noch das Interesse an der Entwicklung des Schiefspieglers in allen Varianten dazu.


    Viele Grüße,


    Guntram

  • Hallo Jörg,
    Du bist vermutlich der älteste und erfahrenste von uns dreien. Ich hab schon gehört, dass das Thema Seeing jenseits des Weißwurstäquators noch mal ärger ist. Aus Radebeul kamen in der Vergangenheit richtig gute Sachen mit dem Intes Micro/APM 14" - ganz so schlecht scheint es da dann doch nicht zu sein?
    Klar, wenn sich die Gegend stark aufheizt, geht auch bei mir nichts. Diesen August war es auch auf La Palma außergewöhnlich heiß. Da muss man dann lange warten, bis sich alles ausgeglichen hat. Der Wind auf La Palma hilft bei Ausgleich.


    Temperaturunterschiede waren wohl auch das Hauptproblem meiner Sitzung vom 25.11.2020 am Trattberg auf 1540m m Höhe. Der Berg ist schon schneebedeckt. Vom Gipfel kommen dann kalte Fallwind mit minus Graden. Aus Süden kam warmer Fönwind mit 8°C plus. Der Boden hatte minus 3 °C. Das geht in Summe nicht und gibt kein sinnvolles Seeing. Im Tal hatte es minus 3°C - das geht dann überhaupt nicht wegen Inversionsschicht.


    Der Gaisberg liegt etwas weiter im Norden und heizt sich im Sommer hoffnungslos auf. Momentan hängt an seinem Fuß eine dicke Nebeldecke und sorgt für schöne Isolation. Man beobachtet dort vom Gipfel aus, der noch nicht schneebedeckt ist, also keine Fallwinde. Der Wind kam laminar aus Nord, wenn auch wechselnd - in Summe funktionierte das momentan besser.


    Zur Frage mit Farbverschiebung: das Thema stellt sich Gott sei Dank am Berg und auf südlicher Lage deutlich weniger. Farbverschiebung tritt bei mir sichtbar erst bei Planetenständen unter 40° auf und wird erst unter 20° störend. Das ist auch ein Vorteil von Höhe und Süden. Auf La Palma haben wir 2018 bis 20° über Horizont ohne ADC aufgenommen, aber halt RGB. Was ich auch kenne, ist variable Farbverschiebung. Da hilft dann nur ein Schmalbandfilter.


    Binokularaufsatz: am Mikroskop in der Arbeit kann ich mir nichts anderes vorstellen. Am Teleskop hätte ich bei visueller Beobachtung zuerst andere Wünsche. Am Berg auf Leiter stehend, möglichst bei Wind und mit nach Süden abfallendem Abgrund weckt andere Bedürfnisse. Bin da ganz froh, dass ich nicht mehr zeichnen muss. Das wäre mir zu sportlich. Reinschauen muss ich aber trotzdem immer [;)]. Der Aufwand für Bino ist am Newton nicht ganz zu unterschätzen, von größerem Fangspiegel bis zu stabilerem Tubus und OAZ ist da einiges gefordert. Wenn das jemand auf Teleskoptreffen montiert hat, schaue ich immer gerne durch!



    Guntram,
    meine Spiegelschleiferfahrungen waren positiver. Mein 8"f6.5 Erstlingswerk ist bei mir immer noch im Einsatz - Duran 50, superglatt und Strehl 99%. Den 6"f10 habe ich nicht mehr - unpraktisch.
    Den 18 cm Schiefspiegler hab ich noch in positiver Erinnerung - die Justage fand ich ein bischen schrecklich. Wenn das dann endlich gepaßt hat, war das ein tolles Gerät und besser als der 200f15 FH.


    Deine Marserfahrung kann ich nachvollziehen aus meiner Sternwartenpraxis. Da wird dem wartenden Publikum immer erklärt, dass man mit wabbelndem Scheibchen rechnen muss, auf dem vielleicht mal eine Polkappe zu sehen ist - aber es ist wenigstens und primär orange Scheibe. Wenn dann Publikum weg ist, hab ich meist die Optik justiert, vernünftiges Okular eingesetzt, vernünftig scharf gestellt und sieh an - da war dann meist etwas mehr als nur die Polkappe zu sehen. Viele Leute in den Volksternwarten machen halt auch viel warme Luft, vor allem wenn sie vor der Teleskopöffnung oder in einer Kuppel stehen. Ein Fernrohr gehört justiert und individuelles Scharfstellen empfiehlst sich auch.


    PS: Du mußt mal dein Profil korrigieren. Die 48 nehme ich Dir nach deiner Werdegangbeschreibung nicht ab[;)].


    LG
    Robert

  • Hallo Guntram,


    Danke für Deinen Beitrag. Sehr interessant! Das Selberschleifen ist einer der wenigen Bereiche der Amateurastronomie, an dem ich mich nie versucht habe. Manchmal bereue ich das, denn es ist sicher sehr interessant. Andererseits bin ich ganz froh, denn es hat mir bestimmt einige graue Haare erspart. Außerdem hat man ja nur ein begrenztes Zeitkontingent, und mir war es immer wichtig, noch genug Zeit zum Beobachten zu finden.
    Durch einen Schiefspiegler hab ich noch nie geschaut. Hab nur – sozusagen von weitem – erlebt, dass der Astroclub in Radebeul vor Jahren einen Yolo anschaffen wollte, aber wegen technischer Probleme davon Abstand genommen hat. Deshalb wurde es dann ein 14“-Mak-Newton. Aber die Idee eines obstruktionsfreien Spiegelteleskops hat schon was. Muss immer daran denken, wenn ich bei RGB-Aufnahmen mit dem TEC jeden Kanal leicht nachfokussieren muss.


    CS, Jörg

  • Hallo Robert,


    ja Seeing ist wirklich ein weites Feld. Ganz grob stimmt schon die Regel, dass ein Fernrohr um so größer sein kann, je südlicher es auf dem Globus steht. Aber die Topografie des Beobachtungsplatzes spielt eine ganz entscheidende Rolle. Die Sternwarte Radebeul hat eigentlich eine eine völlig ungünstige Lage: oben auf einem steilen Südhang mit vielen Weinbergsmauern, die sich tagsüber aufheizen. Trotzdem scheint die Luft dort manchmal recht gut zu sein. Genaueres können die Leute vom Astroclub sagen, ich bin dort schon viel zu lange weg. Hab nur 1968/69 ein kleines bisschen mitgebaut, wollte aber immer mein eigenes Süppchen kochen.
    Aber wieder zum Seeing: Seit Jahren ziehe ich mir zu jeder Beobachtung die Seeingprognose von Meteoblue aus dem Netz, doch dass die mal so richtig stimmt, ist wirklich selten. Selbst auf den dort angekündigten Jetstream ist nicht immer Verlass. Worauf dagegen Verlass ist, sind die lokalen Einflüsse. Zum Beispiel, wenn die Leute unter mir ihre Küchentür zum Balkon aufreißen, um Dampf abzulassen. Und bis vor kurzem hatte ich im Süden eine Keramikfabrik, wo Wandfliesen gebrannt wurden. Massiv aufsteigende Warmluft in 300 Meter Entfernung! Zum Glück haben die vergangenes Jahr dicht gemacht.
    Fazit: Man sollte sich durch nichts vom Beobachten abhalten lassen. Weder von Lichtverschmutzung, noch von Starlink, noch von sonstwas. Der Mensch ist erfindungsreich. Gegen Lichtverschmutzung gibt es Filter, gegen Flugzeug- und Satellitenspuren intelligente Software. Gegen die AD wirksame Korrekturen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Fernrohre der Zukunft ganz selbstverständlich adaptive Optiken zum Ausgleich der Luftunruhe haben werden.


    CS, Jörg

  • Hallo Jörg,


    ja, die Selbstherstellung von Optik ist zeitaufwendig. Aber wenn man bedenkt, wie viele Stunden mit Nebensächlichkeiten verschwendet werden, sieht das auch wieder anders aus. Es ist eine Arbeit, die man mögen muss. Die einen stellen begeistert Spiegel um Spiegel her, die anderen schleifen ein paar Minuten herum und wissen dann, das ist nichts für sie.


    Ich habe vor einigen Jahren den Spiegel meines Newton überarbeitet, und das Instrument mit einem größeren Fangspiegel und einer Tubusbelüftung ausgestattet. Funktioniert jetzt viel besser, und wird mein Teleskop bleiben solange ich lebe.


    Viele Grüße,
    Guntram

  • Hallo Guntram,


    ich weiß, wie stolz man ist, wenn man so etwas Kompliziertes hinbekommen hat. Hab selbst an fast jedem meiner Instrumente mechanische Verbesserungen vorgenommen und mich immer riesig gefreut, wenn nicht nur die Funktion verbessert wurde, sondern das Ganze auch noch professionell aussah. Ich finde, dass die Amateurastronomie ein sehr komplexes Feld ist, das für jeden Geschmack etwas bietet: von Mathematik über Philosophie bis hin zu ganz praktischen Dingen wie Feingerätetechnik und Optik. Diese enorme Bandbreite reizt mich, und auch die Möglichkeit, immer wieder etwas dazu zu lernen. Ich bin von der Ausbildung her Akademiker, hab nie einen praktischen Beruf gelernt. Aber die Astronomie hat mich dazu gebracht, dass ich heute sogar einfachere Drehteile selbst anfertige und oft bessere Ergebnisse hinbekomme, als wenn ich die Sachen für viel Geld irgendwo machen lassen würde. Wenn man etwas für sich selbst baut, muss man nicht auf die Uhr schauen. Man hört erst auf, wenn man mit dem Ergebnis zufrieden ist. Insofern glaube ich schon, dass das Spiegelschleifen etwas für mich wäre. Aber realistisch betrachtet: Ich bin jetzt 66, habe erstklassige Instrumente, weiß nicht, wie lange die Augen mitmachen und wie lange ich noch 25 kg sicher und ohne Zittern auf die Montierung heben kann. Natürlich träume ich von einer altersgerechten Sternwarte, in die mich meine Enkel zur Not auch noch im Rollstuhl schieben können. Aber realistisch betrachtet, wird wohl nix aus solchen Träumen. Wenn man erst mal Rentner ist, landet man sehr schnell auf dem Boden der finanziellen Tatsachen.


    CS, Jörg

  • Hallo Robert,


    ich komme nochmals auf die Themen Binokularansatz/Beobachten auf der Leiter und atmosphärische Dispersion zurück.
    Bino/Leiter: Natürlich will ich die von Dir genannten Rahmenbedingungen nicht wegdiskutieren, aber die Detailwahrnehmung wird erheblich eingeschränkt, wenn der Einblick nicht optimal ist. Wenn man sich festhalten, ausbalancieren und verdrehen muss, wenn man fürchten muss abzustürzen oder schon der nächste Beobachter hinter einem wartet. Auch, wenn vielleicht ein, zwei Zentimeter bis zum richtigen Einblickspunkt fehlen oder der Kopf schon etwas wackelt, weil man entweder das Alter dafür hat oder einfach nur müde ist. Die Wirkung solcher negativen Faktoren nimmt proportional zum Quadrat der Teleskopöffnung zu. Warum? Weil das Gehirn seeingbedingt bei großen Teleskopen mehr Rechenarbeit erledigen muss.
    Binokulares Beobachten im Sitzen bei entspanntem Einblick, ohne Zeitdruck, Ablenkung oder Störung entscheidet bei vielen Details über Sehen oder Nichtsehen. Deswegen beobachte ich auch am liebsten allein.
    Zur AD: Möglichst große Höhe über NN sorgt natürlich für eine geringere AD. Auch wenn man mit einer monochromen Kamera in RGB aufnimmt, ist ein Korrektor nicht ganz so wichtig. Wirklich sichtbare Verluste gibt es aus meiner Erfahrung nur im B- und natürlich im L-Kanal. Anders ist es aber bei der visuellen Beobachtung. Wenn die Extinktion Teile des Spektrums abschneidet, fällt die AD mitunter gar nicht auf. Kommt dann noch einigermaßen ruhige Luft dazu, glaubt man, der Korrektor sei nicht nötig und wundert sich höchstens über eine gewisse Detailarmut. Deshalb ist bei mir der ADC praktisch immer dran, außer am Newton, wo die Ausrichtung – noch dazu bei Rotationsrohrschellen – so kompliziert ist, dass ich daran verzweifle.


    CS, Jörg

  • Halo Jörg,
    habe lange genug gezeichnet. Für Detailbeobachtung ist eine bequeme Beobachtungsposition absolut vorteilhaft, für Detailzeichnung ein "Muss".


    Am Katerrand von La Palma bei stark böigem Wind, schwankender Montierung, auf Leiter stehend, undenkbar, den sichtbaren Detailreichtum auf Papier zu bringen[}:)]. Aber Durchschauen mußte ich immer mal. Für visuelle Beobachtung wäre ein niedrigeres Stativ, Drehschellen und ein Astrohocker die Minimalforderung gewesen. Dazu Aufstellung an einem windgeschützten Platz, sonst ist das Papier gleich weg [;)]. Die Forderungen für visuelle Beobachtung sind sicher ganz andere als an die Webcamerei. Da macht dann ein Coude oder ähnliches wieder deutlich Sinn.


    Ich besitze einen ADC und setze den für visuelle Beobachtung auch ein. Mit meinen scharfen Newton und der Webcam versuche ich, ihn zu vermeiden, wann immer es geht. Kollimierung mit 14"f4,5 mit ADC ist eine grausige Aktion. Man holt sich da ganz schnell Komaabweichung, da ja der Strahl abgelenkt wird und wenn man das durch die Nachführung korrigiert, man nicht mehr im Zentrum der optischen Achse beobachtet. Der ADC muss zwischen Barlow und Kamera und verlängert dann die Brennweite der Barlow - auch nicht toll.


    Alles nicht so einfach...


    LG
    Robert

  • Hallo Robert,


    hast recht. Ich vergaß, dass das Einstellen mit den einfachen AD-Korrektoren ziemlich fummelig ist. Ich hab den ADC von Martin Gutekunst. Preislich weit jenseits von gut und böse, aber optisch wie mechanisch auf alleroberstem Niveau. Da dreht man nur an einer einzigen Stellschraube und das Bild verliert seine Farbsäume, ohne sich auch nur die Spur aus der Mitte zu bewegen. Natürlich verstehe ich, dass das Teil den meisten einfach zu teuer ist. Aber mittlerweile gibt es von GreatStar eine wesentlich günstigere Alternative mit ebenfalls gekitteten Keilplatten, d. h. ohne wandernde Bilder. Der Nachteil der einfachen ADC (Pierro Astro und Klone) ist neben den wandernden Bildern ein gewisser Astigmatismus, der ist quasi der Preis für die korrigierte AD. Das lässt sich nicht nur rechnerisch simulieren, sondern auch per Test beweisen. Siehe meinen weiter oben genannten Artikel in Interstellarum Nr. 95. Obwohl das Thema eigentlich recht transparent ist, wenn man sich näher damit beschäftigt, muss ich seit Jahren feststellen, dass es viele Sternfreunde herunterdiskutieren. Ich nehme an, weil die einfachen ADC recht umständlich in der Handhabung und die guten so teuer sind.


    CS, Jörg

  • Hallo Jörg,
    schüchterne Frage und weil bald Weihnachten ist: welchen Okularauszug verwendest Du? Mit ADC, Bino, vermutlich Zenitprisma und zwei Okularen hängt da ja ordentlich Ausladung und Ballast dran. Welcher OAZ packt das ohne Probleme? Wie ist der OAZ motorisiert?


    Ich bin ja mit meinem Starlight Shorty 2" Auszug nicht 100% glücklich und habe einen gescheiten OAZ als obersten Wunsch auf meiner Weihnachtsliste (neben neuem schnelleren Rechner und endlich Photoshop). Möglichst einen, der seine Position anzeigt und reproduzierbar immer wieder gleich auf µm genau anfährt....


    Deinen Artikel hab ich mir angesehen und werde wohl meinen billigen China ADC verkaufen - sowas macht wohl wirklich nicht glücklich...


    LG
    Robert

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