Ein neuer Feldweg und viele, viele Nebel

  • Moin!


    Es war klar (und kalt) in Mittelfranken und ich war draußen. Und so folgt nun der schon angedrohte Bericht... Den Mutigen viel Spaß!


    Viele Grüße von


    Marcus







    20.01.2020 Ein neuer Feldweg und viele, viele Nebel
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    20.01./21.01.2020 (Mo/Di), ein anderer neuer Platz am anderen Ende der Hochebene: den Feldweg etwas weiter rauf hinter einer kleinen Feldscheune, ca. 510 m ü. NN


    Light pollution map:
    Radiance info (VIIRS 2019)
    Value: 0.40
    Elevation: 511 meters


    Start gegen 19:30 bei (Autothermometer) -1 °C,
    Ende gegen 1:55 bei (Autothermometer) -2 °C, das glaube ich nie!



    Mit auf dem Acker waren
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    * 10" Klopson f/4,7 mit eigenem Leuchtpunktsucher und getuntem optischen Sucher und Tubusaufrichttendenzkompensationsmechanik, nun noch etwas mehr getunt mit Blende und Velours im OAZ
    * Okularkoffer mit viel hübschem Glas
    * Gefrierdose mit
    ** TeleVue DeLite 4 mm (V = 300x, AP = 0,8 mm, GF ~ 0,2°)
    ** TeleVue DeLite 3 mm (V = 400x, AP = 0,6 mm, GF ~ 0,2°)
    * Astronomik UHC 2", Astronomik OIII 2", Astronomik UHC-E 1,25", Astronomik H-beta 1,25", Baader OIII 1,25"
    * Explore Scientific Farbfiltersatz 1,25" (blau, grün, gelb, orange)
    * aufgedoppeltes T-Shirt über dem Kopf, um Umgebungslicht abzuschirmen,
    * TRIATLAS B 2nd ed.
    * TRIATLAS BC 2nd ed.
    * Deep Sky Hunter Atlas, Second Revision (2017)
    * Mag 7 Star Atlas für die Übersicht
    * BAfK, noch eine ziemlich alte Ausgabe
    * und... ein ausgearbeitetes und getipptes Beobachtungsprogramm!




    Programm und Erlebtes
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    Zum dritten Mal in einem Monat sagte der Wetterbericht gute Bedingungen zum Gucken voraus und das auch noch tagelang und einigermaßen glaubhaft. Glücklicherweise lag in der Arbeit nichts Weltbewegendes an und so stellte ich in meinen Kalender schon mal eine Besprechung bis 12 Uhr ein, die würde ich mit meinem Kopfkissen abhalten...


    Und weil sich das mit dem Beobachten so sicher abzeichnete, da habe ich den Sonntag ein wenig mit dem Exoten- und dem Sharpless-Atlas von Reiner Vogel und in mißbräuchlicher Verwendung (also zur Vorbereitung... ;) ) mit dem BAfK verbracht und viele, für mich schräge Nebel rausgesucht, denn ich wollte mir ums Verrecken zeigen, daß die neu aufgetane Gegend taugt.


    Also reihte ich munter Nebelfutzel an Nebelfutzel (am Schreibtisch ist das ja alles schön einfach), suchte die schon mal im Atlas auf und notierte sogar auch die Seitenzahlen, vermied aber gründlichst, mit Bilder der Objekte dazu anzusehen oder einzuprägen. So entstand also eine Liste, die wohl auch für eine Woche reichen würde, in der Kurzfassung:



    Walfisch: M 77, NGC 1055
    Cassiopeia: IC 59 und IC 63, NGC 281
    Orion:M 78 und Umgebung, IC 2162 = Sh 2-254, Sh 2-261, NGC 2175 + NGC 2174, M 42 genießen, NGC 1999
    Einhorn: NGC 2237, IC 2177 und Umgebung, NGC 2261, NGC 2264 mit Konusnebel
    Perseus: C/2017 T2 (PANSTARRS), NGC 1499 = Sh2-220, NGC 1491 = Sh2-206, NGC 1579 = Sh2-222, NGC 1624 = Sh2-212, Sh 2-216
    Andromeda: NGC 891
    Zwillinge: Abell 21 = Sh2-274, IC 443 = Sh2-248, NGC 2392
    Fuhrmann: IC 405 = Sh2-229, IC 410 = Sh2-236 (Tadpoles), IC 417 = Sh 2-234, NGC 1931 = Sh2-237, Sh 2-235
    Coma: SN 2020oi in M 100



    Am Montag dann schnell nach Hause, Fernrohr zum Vorkühlen ins Auto geworfen (die Klopson-Kiste fahre ich seit November spazieren...), was gegessen, Matthias nochmal angemailt und final Satellitenbild geguckt, angeplünnt: Flauschunterhose, zwei Hosen übereinander, dicke Socken, für auf dem Acker zur Jacke noch einen Wollpullover und eine Fleecejacke mitgenommen. Eine gute halbe Stunde später war ich an dem Platz vom Donnerstag, fuhr aber den Weg noch ein Stückchen weiter und sondierte dort: viel, viel besser. Freie Sicht bis zum Horizont von N über O bis S, eingeschränkt von S über W bis N, aber Zenit frei und dunkel und die Lichtglocke des nächsten Kaffs schirmte eine kleine Feldscheune wirkungsvoll ab. Kein direktes Licht aus der Umgebung. Die blöde Straße, die uns am Donnerstag doch ziemlich geärgert hatte, verlief nun quer zur Beobachtungsrichtung und weit genug weg. Schick! Das wird wohl mein neuer Standardplatz.


    Da kam dann Matthias dazu und so bauten wir gemeinsam auf: ich meinen Klopson und er daneben seinen Selbstbau-Gitterrohrdobson.


    Ein Blick in den Himmel - Orion hatte die Kulmination fast hinter sich, die Milchstraße war deutlich erkennbar, aber nicht brillant: vom kleinen Hund durch die Zwillinge und Perseus bis zum Schwan gut erkennbar. Der kleine Wagen war da und komplett, M 31 (auch obwohl nicht vollständig dunkeladaptiert) fast direkt sichtbar. Schön duster war der Himmel von Süden bis Osten, das sollte für das Programm reichen. Also das Programm abspulen:


    M 77 (Cet)
    Delta Cep angeleuchtpunktsuchert, Stückchen unten links im Hyp36 ein auffälliges, nebliges Fleckchen. Mit dem Mor9 sah ich nicht viel mehr, mit dem Mor6,5 zeigte sich ein etwas länglicher Kern. Die Gx schien um den hellen Kern etwas dunkler zu sein und darum einen breiten, hellen Flausch zu zeigen. Dieser helle Flausch machte den schwachen Eindruck von Spiralarmen, die geratene Richtung der Spiralarme war im Gegenuhrzeigersinn nach außen öffnend. Schön zum Warmgucken, aber nicht so spektakulär, wie ich mir vorher eingeredet hatte.
    Die Nachbereitung sagt: falsch geraten mit der Richtung. Oder falsche Galaxie...


    NGC 1055 (Cet)
    gleich daneben stand wegen wegen des interessanten Staubbandes auf dem Programm, zierte sich aber im der Himmelsgegend zu sehr, die habe ich nicht gefunden, also ein anderes Mal.


    Matthias hatte seinen Dobson nun in Betrieb und so kam es zum Unvermeidlichen, aber Interessanten: zwei 10" Skywatcher-Industriespiegel im Vergleich, einer im Blechfaß, einer als unbesockter Stangendobson. An


    M 42 (Ori)
    Beide Instrumente parallel mit je einem Hyp31, einem Mor9 und einem Mor4,5 bestückt und durchguckt. Der Volltubus schien mir den Himmelshintergrund etwas finsterer zu machen und eine Spur mehr Kontrast abzuliefern, dafür zeigte Matthias' Instrument meinem Auge einen deutlich intensiveren burgunderfarbigen Farbstich des Nebels an der "Doppelschwinge". Der Klopson machte aber bei hoher Vergrößerung ein deutlich unruhigeres Bild, war wohl Tubusseeing, weil noch nicht ordentlich ausgekühlt.


    Und weiter im Programm...


    NGC 1999 (Ori)
    Den Schlüssellochnebel von M 42 aus, ein Stück das Schwertgehänge hinunter, im Mor17,5 eingestellt: eine neblige Aufhellung. Die erschien im Mor9 immer noch als flauschige, neblige Aufhellung. Mit dem Mor6,5 ließ sich ein heller, sternförmiger Kern ausmachen, der bei indirektem Sehen schwach und immer größer erschien. Manchmal war in dem Nebel ein schwarzer Punkt zu erahnen. Mit dem Mor4,5 zeigte sich der Nebel flauschig, der helle Kern lag etwas östlich-exzentrisch, bei längerem, gründlichen indirekten Sehen wurde eine kleine, längliche, dunkle Zone im Westteil des Nebels sichtbar. Nicht einfach zu sehen, war beim indirektem Sehen aber immer wieder da, schien etwa in N-S-Richtung zu liegen. Das DeLite3 machte das Bild ziemlich duster, bei 400fach ließ sich der Klopson aber noch erfreulich gut manövrieren und wabbelte eigentlich nur auf den gefrorenen Grasbüscheln ein wenig. Und das Gesichtsfeld reicht auch noch, also tun es die Delites nach meinem Geschmack auch für Deep-Sky-Fitzelchen. Im DeLite3 erschien der dunkle Fleck nun viel prominenter, etwa halb so groß wie der Nebel. Als Lieblingsokular für dieses Objekt erwies sich aber eindeutig das Delite4: das Bild war hell genug, Kontrast wunderbar. Bei indirektem Sehen zeigte sich nun allmählich immer wieder die Dunkelzone als dreiblättrig, die Orientierung konnte ich aber nicht sicher ausmachen. Matthias guckte auch mal und konnte das bestätigen. Ganz lustig, mal jemanden zum "korrekturgucken" dabeizuhaben.


    Und weil die Delites sowieso gerade aus ihrer Gefrierdose (im Okularkoffer ist kein Platz mehr...) ans Sternenlicht gelassen worden waren, das Programm umgestülpt und den Eskimonebel


    NGC 2392 (Gem)
    vorgezogen. Hingehoppt und gleich mit der Vergrößerung hoch: mit dem DeLite4 zeigte sich der helle sternartige Kern, darum eine nicht so deutliche dunklere Zone, darum der neblige Flausch, der diesmal eindeutig Helligkeitsunterschiede zeigte: auf der dem Nachbarstern abgewandten Seite erschien der Flausch heller, die Ostseite etwas dunkler, die Westseite erschien nur wenig dunkler als der "Durchschnitt" des Flauschs. Dann probierte ich erstmals den Nebel mit Filtern, das habe ich bisher immer vergessen: die Kombination Delite4+Baader-OIII machte das zu dunkel, die Kombination Delite4+UHC-E lieferte bei längerem, gründlichen, sorgfältigen Gucken den Zentralstern, darum eine hellere, gleichmäßige Fläche, darum einen Hauch einer schmalen, etwas dunkleren Zone und außen darum herum den Flausch, dieser etwas dunkler als die zentrale Fläche. Diese Detailfülle fand ich schon ein wenig spektakulär.


    Klar war von Anfang an, mit dem Programm würde das nicht lange gutgehen. Der Orion wanderte immer mehr in Richtung Störlichtsodder. Also schnell weiter mit


    M 78 (Ori)
    Von Alnitak aus mit dem Hyp36 aufgesucht, etwas rauf, etwas links. Ein nebliges Fleckchen. Das Mor6,5 lag gerade rum, war aber zu stark. Mit dem Mor9 zeigten sich zwei Sternchen, drumherum war es neblig. Die beiden Sternchen liegen etwa in N-S-Richtung, das Gebilde zeigte sich aber nicht als wahnsinnig spektakulär. Etwas weiter nördlich zeigte sich aber ein kleiner Kumpel von M 78, auch wieder zwei Sternchen, der südlichere der beiden war leicht nebelumwölkt.


    Also weiter im Programm, der Affenkopfnebel


    NGC 2175, NGC 2174 (Ori)
    Mit dem Hyp31+OIII von Propus aus etwas runter, etwas rechts. Ein heller Stern, umnebelt. Okular beschlagen? Okular mit frischer Luft befächelt, neblig. Fangspiegel und Spiegel kontrolliert - frei. Komisch. Gründlicher geguckt, nur an einem Stern ist das Okular beschlagen - der Nebel ist tatsächlich so groß und so hell. Also mit mehr Ruhe geguckt: in der Mitte ein heller Stern, drumherum ein runder, nebliger Flausch. Strukturen konnte ich nicht so recht erkennen, der Rand war vielleicht nicht exakt rund. Der Nebel erschien groß, etwa 1/6 GF (also etwa 20'). Mit dem ES24+Baader-OIII wurde die Sache interessanter, es zeigten sich im Nebel Helligkeitsunterschiede und angedeutete Nebelstränge. Die südlichere Seite des Nebels erschien etwas heller, das westliche Ende wirkte schärfer begrenzt als die anderen Nebelkanten. Mit dem Mor17,5+Baader-OIII kam die westliche Nebelkante eindeutig schärfer und dunkler heraus, die nördliche Seite war etwas dunkler, die südliche etwas heller. Der Nebel erschien nicht genau rund, sondern leicht oval und wurde von einigen Sternen kringelartig umschlossen.


    Auf dem Zettel stand noch


    Sh 2-261 (Ori),
    Lowers Nebel, mal mutig ran. Den habe ich aber nicht zu fassen bekommen. In der richtigen Gegend war ich eigentlich, aber auch mit dem Pl32+H-beta habe ich in der Gegend nichts erkennen können.


    Also weiter, es ist ja Winter, zu


    IC 2162 = Sh 2-257 (Ori)
    "die drei Schneebälle". Die hatte ich ja im letzten Jahr schon mal, wollte ich nochmal probieren. Den Arm des Orion hoch, von xi und nü zu 69 Ori und 72 Or, von 72 Ori die kleine Sternkette nach Norden, dann ein beherzter Ein-Grad-Sprung geradeaus und schon war der auffällige HD42954 im Gesichtsfeld. den Tubus etwas nach rechts verschwenkt und da lag querab wieder die markante, leicht gebogene Sternkette aus etwa 6 Sternchen, alle etwa gleichhell und in gleichem Abstand.
    Ganz ulkig - wenn man mal da war, dann findet man das ruck-zuck wieder, auch mit nur leichter Kartenunterstützung. Und nun begann wieder das gründliche, ausgiebige und indirekte Gucken mit Pl32+H-beta und auch dieses Mal zeigte sich neben der gebogenen Sternkette, auf der Seite zum Orion hin, neben der Lücke zwischen dem zweiten und dritten Sternchen (vom Ende, also in Richtung auf HD42954 hin gezählt) ein schwacher, aber deutlicher, runder Nebelfleck und neben der Lücke zwischen dem dritten und vierten Sternchen ein extrem schwacher, nur immer wieder indirekt blickweise zu erhaschender Nebeltupfen. Der hellere mußte dann Sh 2-257, der dunklere Sh 2-255 sein.
    Details in den Nebelfleckchen konnte ich nicht erahnen ;) Dafür guckte Matthias auch mal und konnte auch diese beiden Schneebällchen bestätigen.


    Erstaunlich: der Orion-Teil der Beobachtungsliste war damit abgearbeitet. Also weiter im Einhorn, vom mit dem bloßen Auge sichtbaren, angeleuchtpunktsucherten Weihnachtsbaumhaufen zwei GF runter und etwas nach rechts und schon war die markante Sternformation der Sternhaufens des Rosettennebels


    NGC 2237 (Mon)
    im Gesichtsfeld. Im Hyp31+OIII erschien der Nordteil sehr viel heller, an den Ost- und Westseiten dunkler und im Süden sehr schwach. In der Mitte der hübsche Sternhaufen, bei dem Nebel muß ich wieder mal an eine Pelzmütze mit den Ohrenklappen denken. Den Nebel hatte ich schon öfter, dem wurde diesmal keine besondere Zuwendung zu Teil.


    Mittlerweile war es rund 23 Uhr und Matthias packte zusammen und fuhr nach Hause. Die Nacht war aber noch gut, es bildete sich jede Menge Reif allüberall, aber wenn die Feuchtigkeit auf dem Auto klebte, dann konnte sie ja nicht in der Luft sein. Das lud doch ein, etwas größenwahnsinnig den


    NGC 2264, Konusnebel (Mon)
    zu versuchen. Pl32+H+beta lag ja noch bereit, der Weihnachtsbaumhaufen war ja einfach zu finden. Den Weihnachtsbaum konzentriert immer wieder auf- und abgeschwenkt. Der ganze Weihnachtsbaum schien mit schwachen Wasserstoffnebeln behangen zu sein. An der Spitze des Baumes war ein schräg zum Stamm liegender, länglicher Bereich (etwa viermal so lang wie breit) zu erahnen bis zu glauben, der noch etwas dunkler wirkte als die schwachen Nebel. An der einen Seite dieses noch dunkleren Bereiches waren Sternchen aufgereiht, die gaukelten vielleicht eine Kante vor. Ich beschloß, den Rest der Nachbereitung zu überlassen.
    Die Nachbereitung sagt: an der verkehrten Stelle vermutet, ich hätte wirklich an der Weihnachtsbaumspitze gucken müssen und genau in Stammrichtung. Na gut, das kommt dabei raus, wenn man an einer Stelle mal "entdecken" will, was man sieht und nicht anhand eines Fotos nach Objekten sucht.


    Das aber habe ich mit Reiner Vogels Aufsuchfoto mit


    Simeis 130 in IC 410 (Aur)
    probiert, einer der Kaulquappen. Mit dem Hyp31+OIII, gewechselt auf Mor17,5+UHC (ein uralter Astronomik UHC aus der Grabbelkiste), dann nach Foto aufgesucht. Am Rande der "dunklen Bucht" lag ein kleines, helleres, markantes Sternfünfeck, wie so ein Nikolaushäuschen. An dessen "Fundament" zog sich eine Kette aus Sternchen "landeinwärts" und wies auf ein helleres Sternpaar, das "Fundament des Häuschens" etwa fünfmal verlängert. Auf etwa 2/3 des Weges vom Häuschen zum Sternpaar zeigte sich bei gründlichem, indirekten Gucken immer wieder blickweise, aber nicht sicher zu halten, ein kleines rundes, helleres Wölkchen vor dem Hintergrund. Immer an der gleichen Stelle, aber sehr, sehr schwach. Das Wölkchen mochte so etwa den Durchmesser des Abstandes des Sternpaares gehabt haben. Gefühlt war das Dings etwas schwächer als das schwache Schneebällchen. Aber es war da! Geht doch.


    Der Orion hatte es nun hinter sich, die Zwillinge lockten. Langsam ließ die Kondition zwar nach, aber mir war immerhin nicht kalt. Und der Zettel war ja noch nicht abgearbeitet... Also mutig weiter mit der Wiederholung des


    IC 443 = Sh2-248 (Gem)
    Quallennebels, sehen, ob da diesmal mehr dran geht. Das Hyp31+OIII lag noch bereit, das Auffinden von eta Gem war ja einfach. Gründlich geguckt, es wurde aber nicht wirklich detaillierter als am Donnerstag.


    Der Perseus stand noch günstig, den Kometen mußte ich ja noch machen.


    C/2017 T2 (PANSTARRS)
    mit dem Hyp36 von h un chi aus als kleiner, schwacher nebliger Tupfen bei indirektem Sehen erkannt. Mit dem Mor9 ergab sich ein seltsamer Anblick: der Komet wirkte wie ein benebelter Doppelstern, zeigte einen hellen, scharfen Kern und dicht daneben ein sehr helles, konzentriertes Wölkchen, das durch den Kometenschweif verbunden schien. Sah spannender aus als am Donnerstag, zu deuten wußte ich das aber nicht.


    Zurück in die Zwillinge. Liste, Atlas, blättern. Das Atlasgeblätter hatte Folgen: ich hatte ja den DSH in Klarsichttüten verpackt und in ein Ringbuch eingeheftet. Leider erwies sich der Atlas als derart gehaltvoll, daß sich das Ringbuch etwas überfressen hatte und nun einen Teil der Seiten wieder in die Gegend ko.... Wer schonmal versucht hat, die mit Rauhreif geschmierten Kunststofftüten in kaltem, nächtlichen Wind unter Nutzung der Rotlichfunzel wieder einzufädeln, der wird meine finstren Gedanken, die ich in diesem Moment hatte, erraten. Also einfach das Gelumpe in die Beobachtungskiste gestopft, ich brauchte ja nur Seite 51. Der letzte Nebel der Nacht sollte dann also


    Abell 21 (Gem),
    der Medusa-Nebel sein. Ein Dreieck aus xi Gem, lambda Gem und 6 CMi gebildet. 6 CMi war gerade noch per Leuchtpunktsucher erreichbar. Mit dem Hyp31+OIII rund ein GF nach Norden verschwenkt und schon stand der Nebel einfach zu sehen im Okular, auf den ersten kurzen Blick ziemlich hell und rund. Bei genauerem Hinsehen wirkte der Nebel aber eher wie ein fast halber Mond. Mit ES24+H-beta war nahezu nix zu sehen, mit dem ES24+Baader-OIII war die Sache ziemlich duster, aber die konkave Seite wurde deutlicher und schien an der Westseite zu liegen.


    Der Löwe stand nun schon schön hoch, der Coma-Sternhaufen war schön zu sehen. Also auf zu


    M 100 mit SN 2020oi (Com)
    mal eine Supernova probieren, mit rund 13,2 sollte die ja machbar sein. Den Löwenhintern in Richtung Coma verlängert fanden sich zwei noch gut erkennbare Sterne (6 Com und 11 Com), die mit beta Leo ein flaches Dreieck bildeten. Per Leuchtpunktsucher 6 Com ins GF des Hyp36 gefummelt, ein Stückchen nach oben links zum nächsten akzeptablen Stern, ein größeres Stückchen nach oben links zum nächsten noch akzeptablen Stern und dann nochmal so ein Stück. Und so hoffte ich, in dem Gewusel richtig zu sein. Im Hyp36 war auch eine Galaxie einfach zu erkennen. Die Gx wirkte im Mor17,5 ziemlich groß und ziemlich rund. Aufs Mor4,5 gewechselt und nun war von der Gx nur noch der Kern sichtbar, dieser ziemlich flauschig und erstaunlich hell. Nach einer Zeit des gründlichen Guckens ließ sich bei indirektem Sehen am Nordrand des unscharf begrenzten Gx-Kerns eine etwas weniger unscharfe, etwas hellere, schwach sichtbare Beule ausmachen, etwas von der gedachten Mitte des Kerns nach Osten versetzt. Wirkte so etwa wie ein flauschiger Galaxienkern mit Pickel.


    Das war doch ein ganz brauchbarer Abschluß. Der Platz scheint einigermaßen zu taugen, mal sehen, wann hier das böse Schild aufgebaut wird... In Ruhe das Zeug abgebaut und verladen und dann nach Hause getuckert, Bettzeit.


    Nach dem zu-kurz-Ausschlafen habe ich dann beim Frühstück aus der Erinnerung (aber ohne vorher noch ein Bild davon angesehen zu haben!) meine allererste Astro-Zeichnung zusammengekrakelt, NGC 2392, Kopierpapier, Bleistift 4B, Wattestäbchen zum Verwischen. Mit einem Uralt-Billigscanner eingescannt, invertiert, ein wenig am Kontrast und am Gamma gekurbelt, bis die gezeichneten Helligkeitsabstufungen so ungefähr so rauskamen, wie die Erinnerung sagt, etwas per Software verwischt, verkleinert, fertig. Ungefähr so sah der PN für mich aus, der Versuch der Helligkeitsabstufungen ist gewollt, die Dunkelzone ist etwas zu deutlich gezeichnet, das habe ich mit dem Verwischen nicht besser hinbekommen. Muß ich üben. Bitteschön, als Belohnung für alle, die bis hier gelesen haben ;)


  • Hallo Marcus,


    ein schöner, detaillierter Beobachtungsbericht mit vielen Objekten ! Interessant die Supernova in M100, derzeit haben wir ja mehrere helle Supernovae - vor allem die in NGC 4636, die würd ich mir gern angucken.


    Zu NGC 1999 hab ich auch mit 10-Zoll in Geigersau notiert: " … Wieder mit 190x konnte ich mit indirektem Sehen auch den Dunkelnebel im kleinen Reflexionsnebel NGC 1999 blickweise ausmachen, direkt neben dem zentralen Stern - das geht mit höherer Vergrößerung natürlich viel einfacher, sofern das Seeing gut genug ist." Bei den Schneebällen hab ich mit dem 9,5-Zöller auch zwei ausmachen können. Übrigens: Der Konusnebel ist nach meiner Erfahrung extrem schwierig, den haben wir schon in den 90ern bei gutem Himmel vergeblich im 16-Zöller gesucht.


    Servus
    Ben

  • Moin Ben!


    Dankeschön für Deine lobenden Anmerkungen und die Hinweise auf Deine Beobachtungen. Ich habe daraufhin mal wieder in Deinen Berichten gestöbert - die Beschreibungen Deiner Beobachtungen sind für mich zum Vergleich sehr interessant, auch weil Dein Fünfling ja zumindest nominell eine ähnliche Größe wie mein Blechfaß hat.


    Danke auch für den Trost wegen des Konusnebels. Wegen des nicht-Sehens des Nebels bin ich aber gar nicht bekümmert, da habe ich schon vor dem Beobachtungsversuch ausreichend oft gelesen, daß das wohl unmöglich sein dürfte. Ich wollte das aber einfach mal probieren, zumal ja für das Aufsuchen nicht so wirklich viel Zeit draufging...


    Und die Supernova in NGC 4636 hatte ich auch überlegt, aber die stand noch etwas ungünstiger und ich hätte noch länger ausharren müssen, aber das wäre mir doch zu spät geworden, das schaffte ich nicht mehr.



    Viele Grüße von


    Marcus

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