OdM September 2019 - mal etwas anderes ;-)

  • Objekte des Monats September 2019


    Hi allerseits, ein paar Tage vor dem eigentlichem Monatsbeginn [:D] gibt es mal eine – vermutlich – definitive Neuerung in den OdM´s … und ich bin gespannt, wie die „ankommt“. Haben wir doch bislang ausgiebig schöne Tips zum Thema DeepSky-Objekte bekommen, ja, bleiben wir bei „Deep Sky“. Diesmal aber keine Nebel oder Haufen – sondern ich schlage mal eine Reihe von Doppelsternen zur Beobachtung vor.


    Sortiert nach Öffnung; beginnend bei ca. 50mm Öffnung bis hin zu 300mm


    Rein von der Trennungsfähigkeit liegt uns die Formel des Dawes-Kriterums (siehe auch hier https://de.wikipedia.org/wiki/Dawes-Kriterium ) zugrunde; die (grob ausgedrückt) besagt: 112.5 / Öffnung in mm ist die Auflösung in Bogensekunden; dargestellt wie folgt:



    So löst also ein klassischer 4“5 Zoll Japan-Newton („Kaufhausteleskop“ aus den 80ern / 90ern) mit seinen 112 mm Öffnung (mal eine optimale Justage und gute Luftruhe vorausgesetzt ) ziemlich genau 1“ auf; zeigt also beide Beugungsscheibchen der Komponenten soeben nebeneinander. Dies konnte ich mit einem etwas gepimpten (DeziFix-Veloursfolie vor allem: besseres Stativ!) Tasco 11T-Newton (112/900mm) tatsächlich verifizieren; am Doppelstern xi Sco.


    Fangen wir an:


    50mm Öffnung / Dawes: 2“25


    wer bietet sich da natürlich für besser an, als der uns allen bekannte Doppel-Doppelte in der
    Leier: e1 und e2: 4m8 & 4m8 / 2“3 & 2“78
    Dieser sehr einfach zu findende und wirklich bekannte Doppel-Doppelte ca 1.5° NW von Wega ist schon – halbwegs dunklen Himmel und einigermaßen gute Augen vorausgesetzt – mit dem bloßen Auge zu trennen. Jede der Komponenten ist dann jeweils nochmals aufzulösen



    Beide sollten mit 50mm Öffnung machbar sein; die engere Komponente ist hier aber als Grenze für diese Öffnung zu sehen und fordert schon recht hohe Optikqualität ein.



    Gehen wir auf 63mm Öffnung / Dawes: 1“79


    Nun mal einen Grenzdoppelten für eine Öffnung, die in Sternguckerkreisen die Augen glasig werden lässt – nicht 60, sondern 63 mm. Glasige Augen? [;)] Klar, 63mm ist die bekannte Öffnung der kleineren Zeiss-Teleskope Telementor/Telemator mit eben den 63mm Öffnung und 840mm Brennweite. Und die sind schon legendär.


    Hier drückt sich der – allerdings erst zu etwas späterer Nachtstunde im September brauchbar hoch im NO stehende Doppelte – 12 Lyncis geradezu auf. Bei dem handelt es sich genauer gesagt sogar um ein sehenswertes Dreiersystem: Das „weitere“ Paar besteht aus einem 5m6er und einem 7m0 Stern mit 8“6 Abstand, während das engere Paar aus einem 5m8er und einem 6m0er Stern in 1“8 Abstand besteht. Ich selbst konnte ihn vor mehreren Jahren in einem guten Telementor bei 140fach sauber trennen.


    Finden: Capella und b Aur bilden – nach Norden gehend mit dem 3m7er Stern del Aurigae ein spitz zulaufendes Dreieck. Von D aus dann leichten NNW Schwenk bis hoch zum 4m5er Stern 2 Lync. Von hieraus dann einige Grad WNW bnis zum Zielstern 12.




    Weiter zu 80mm Öffnung / Dawes: 1“41


    Welcher Doppelstern bietet sich da besser an, als pi(52) Aquilae – in unmittelbarer Umgebung zu Atair, dem Hauptstern des recht hoch im Süden befindlichen Adlers. Hier ist ein Doppelsystem mit 6m5 bzw. 6m8 hellen Komponenten in einem Abstand von 1“44. An diesem DS konnte ich Qualitätsunterschiede bei verschiedenen 80mm Refraktoren gut nachvollziehen: Hat man eine nicht ganz so hohe Qualität, fällt die Trennung deutlich schwerer als an 80mm Öffnung feinerer Qualität, die dann beide Komponenten soeben direkt nebeneinander zeigt.



    Forward ever – backward: auch mal ;) Also auf zur nächsten häufig verwendete Öffnung – 102mm / Dawes: 1“1


    Hier finden wir einen schönen und meist gut erreichbaren (weil unweit des Himmelsnordpoles befindlichen) Doppelten im Cepheus vor; den DS p Cep (33 Cep).Mit 1“12 liegt er ziemlich exakt am Dawes-Limit für 102mm; beide Komponenten sind 4m4 bzw. 6m6 hell. Zu finden ist er ein kleines Stückchen südlich des „Dachspitzensternes“ g im Cepheus, siehe Karte



    Jetzt wird es schon „würziger“ - ... 150mm Öffnung / Dawes: 0“75


    Hier wartet 73 Oph; Komponenten mit 5m9 und 7m5 in 0“75 Abstand. „Dawes“ mit 1m6 Helligkeitsunterschied, das wird mit einer schwachen 150er Optik schwer … Dazu gehe man dann mit seinem/ihrem 6-Zöller in ziemlich genau südlicher Richtung, in den Schlangenträger (Ophiuchus). Hier findet sich in westlich der Sterne g und b Oph eine markante Sternformation, die – siehe Karten – dann den Weg zum Ziel weisen kann. Viel Spaß beim knacken ;)



    Nächste und vorletzte „Etappe“: 200mm Öffnung / Dawes: 0“56


    Ein kleines „Dampfhämmerchen“ wartet im Widder: HD 16638 – ein Doppelter mit den beiden Komponenten A 7m9 und B 9m04 in 0“58 Abstand (02 40 42.29 +26 37 20.5). Da darf Eure Optik schon mal zeigen, was sie kann. Denn bei diesem nicht wirklich hellen Doppeltem kurz über dem Dawes-Kriterium ist hohe Vergrößerung V mehr als 300fach, eben besagte gute Optik und natürlich ruhige Luft gefragt. Aufzufinden – siehe Karten: NW vom Kern des Sternbildes Widder (Aries)




    Bin gespannt!



    Und der Kronjuwel dieses Doppelstern-OdM´s ;)


    Für 300mm Öffnung / Dawes: 0“375


    Schwenk nach Nordwesten … da steht als „Kandidat“ 44 Boo an. Zwei fast gleichhelle Komponenten (5m2/6m1) bieten Euch 300er (und auch mehr) UserInnen mit 0“39 Distanz eine harte Nuss zu knacken. Mehr noch als beim 200er Kandidaten kommt es hier auf gute Optik und ruhige Luft an. V sollte dann wenigstens 350-400fach sein – eher mehr.



    Und noch einen kleinen „Abschlusshappen“


    Ich habe via CN einen schönen kleinen (neudeutsch) „Challenge“ raus“pulen“ können. Es geht dabei um ein Mehrfachsystem im Sternbild Delphin mit folgenden Daten:
    HD 195019 (SAO106138); Komponenten haben 6m97 und 10m.6 bei 3“5 Distanz; Winkel:331° (NW). Dazu kommen noch zwei weitere Komponenten der 11en und 12 Größenklasse in 70" bzw. 84" Abstand. Ein interessantes Vierfachsystem.


    Die Herausforderung besteht darin: welches MINDESTÖffnung benötigt man für alle vier Komponenten? Im US Forum "cloudy Nights" wird diese Aufgabe als „Challenge for 5-6 inch scopes in Delphinus“ gesehen; ich stelle mal die kühne Behauptung auf: bei sehr gutem dunklen Himmel: mit 63mm Öffnung machbar. Alle Vier.



    ---------



    Nun wünsche ich Euch viel Spaß und Freude bei der Wanderung mit Euren Öffnungen auf dem „Grat“ des Dawes-Kriteriums und beim „Knacken“ der jeweiligen „Kandidaten“. Ich hoffe, das die kleinen „Kärtchen“ - auch wenn die Abbildung manchmal sicher größer sein könnte, Euch trotzdem helfen, die Objekte aufzufinden.


    Wer denn dann Lust auf Doppelsternbeobachtung bekommen hat oder diese dann noch durch diese kleine Sammlung „befeuert“ wurde; hier ein paar (auch ältere, aber dennoch gute) Links.



    Umfassende Datenbank zu DS (Italien) https://www.stelledoppie.it/index2.php?section=2


    http://www.dibonsmith.com/orbits.htm


    http://www.carbonar.es/s33/33.html


    http://www.strickling.net/dopptest.htm


    http://www.billboublitz.com/Haas_Project/Database.html


    Greetz Hannes

  • Hi all, noch im Urlaub in Dänemark weilend, habe ich mir die "machbaren" DS dieser Sammlung mit dem dabeiseiendem Vixen102/1300er Refraktor mal "vorgenommen".
    Und - tja: auch wenn der Himmel hier eine wirkliche Durchsichts"ergötzung" ist (6m5 - 6m8 durchaus üblich) - die Luft ist meist extrem unruhig ... Seeing. Natürlich ist e1/2 Lyrae im Vierzöller einfach. Gestern gab es dann auch 12 Lyn (ein wirklich schönes 3er System - lohnt wirklich). pi Aql mit 1"42 wurde schon etwas schwerer - den habe ich selbst in Stuttgart - eben bei besserem Seeing - klarer trennen können.
    Ganz hart wurde dann pi Cep; 1"15 - der war dann bei der unruhigen Luft ein echter Brocken. Die ca 2m2 dunklere Komponente war eigentlich kaum zu erkennen und verschwurbelte sich im ersten Beugungsring. Da zu unsicher - sage ich für mich: keine Trennung!
    Um aber nicht ganz in Frust zu verfallen - gibt es im Bereich 1"1 - 1"2 noch eine veritable Alternative: 36 And: beide Komponenten ca 6m5 hell - den betrachte ich auch als getrennt, denn hier konnte ich beide Komponenten schon in den lucky moments der ruhigen Luft schön nebeneinander sehen.


    Also: für den Vierzöller ist pi Cep echt "ne Nummer"


    Greetz Hannes

  • Salü Hannes!


    Prima Idee mit den Doppelsternen hier im OdM und du hast das dann ja auch richtig schön aufgearbeitet!


    Zum Kronjuwel 44 Boo: Diesen Doppelstern finde ich seit langem sehr interessant. Neben u.a. Krueger 60 und Sirius B steht er in meinen "Top 10", vor allem wegen seiner ungewöhnlichen scheinbaren Bahn und der W UMa-Natur des Begleiters. Bei optimalem Seeing ist er bei V=440x (Okularbrennweite 3.5mm) schön in meinem 12,5"er zu trennen.


    Bahndarstellungen finden sich im Internet viele, manche sind m.M. nach nicht so ganz richtig. Die Mathematik des Systems ist interessant, zumal sie immer noch ein wenig Unsicherheit zeigt (z.B. verschiedene Ergebnisse nach Gennaro und Strand). Auch die Angabe im Deep-Sky-Reiseführer "Abstand war 2007 maximal" halte ich für eher zweifelhaft.


    Eine Besonderheit der scheinbaren Bahn von 44 Boo ist das Vorhandensein von mehr als zwei Abstandsextremen. Durch die starke Elliptizität kommt es neben Periastron und Apastron noch zu zwei weiteren extremen Punkten, die 1969 und ziemlich wahrscheinlich gegenwärtig stattfanden bzw. -finden. Hier einmal meine Berechnung dieser ungewöhnlichen Bahn, die auf ziemlich neuen Bahnelementen beruht:



    Viele Grüße, Volker.

    Deep Sky visuell, Mond und Sonne im Weißlicht mit 10" f/5 Dobson auf Selbstbau Birke-Multiplex  :dizzy:

  • Moin Hannes
    Ein tolles Thema!
    Vor einiger Zeit habe ich einen Genesis SDF gebraucht erstanden. Die Frage, "Gurke" ja oder nein, ok Linsen waren sauber, der Eindruck bestens erhalten.
    In Malliss beim Treffen war es dann soweit. Gut oder eben nicht? Was hatten wir für einen Spass mit unseren Freunden vom Astrostammtisch Hannover.... Epsylon Lyra sollte zeigen wie die Sterne abgebildet werden, die Trennung sollte ja nun kein Problem sein.
    Mangels eigener "guter" Okulare steuerte Kalle seine Nagler und 2erPowermate bei und los gings.Schnell waren wir bei 300fach, Sterne Punktförmig, ein LKW passte durch, Beugungsringe klar zu sehen.... Da muss doch mehr gehen...Wer hat ne 4er Powermate? Niemand...
    Wir waren alle zufrieden, schöne Abbildung, keine "Gurke".
    Am nächsten Morgen dann von einem Freund: Ich habe eine 4er in meinem Okularkoffer "gefunden"....So ging es dann Abends weiter, auf 600fach, geht ja garnicht, aber einen DS klar getrennt, war klar, punktförmige Abbildung und immer wieder waren auch immer die 2.Beugungsringe zu sehen, in der Mitte eben überschnitten, da reicht der Platz nicht, irgendwie konnten wir nicht glauben, was wir da gesehen haben.....
    Kurzum: Allein mit DS wird man sich wohl ewig mit viel Freude beschäftigen können....ich bin nun "infiziert"..
    Aber: es kommt eben auch auf erstklassige Okulare und Barlows an....Meine Vorhandenen haben sich im Vergleich selbst bei geringeren Vergrösserungen selbst aussortiert.
    Nur das Baader Classicc Ortho 10mm hat tapfer mitgehalten...
    Clear sky
    Manfred

  • Manni,
    joa wenn man das Dawes-Kriterium auf die 2. Beugungsringe analog anwendet, dann passt das mit 102mm Öffnung und den Epsilons ganz gut. Das zweite Minimum um das Beugungsscheibchen (zwischen ersten und zweiten Beugungsring) ist schließlich etwa doppelt so groß wie das erste.
    Wir hatten aber auch ein ausgesprochenes gutes Seeing an dem Abend in Malliß. Schon eine halbe Stunde später wurden bei einem zweiten Versuch die 2. Beugungsringe nicht mehr angezeigt.


    Das Schöne an den Epsilons ist auch, dass die Helligkeitsunterschiede nicht wirklich groß sind. Bei anderen Doppelsternen überstrahlt der eine seinen Begleiter vielleicht um Größenklassen. ... und dann wird es 'schwierig' mit dem theoretischen Limit.

  • Kalle, warum sollen wir nicht auch mal Glück mit dem Seeing haben? Ich denke, es hat uns allen Spass gemacht, und das ist doch die Hauptsache an diesem schönen Hobby.....Entdecken, Staunen, Lachen, Freuen......

  • Gestern abend habe ich - bei eher mäßigem Himmel in Stuttgart und schlechtem Seeing - diesen Tester HD195019 (Vierfachsystem; der abschliessende "CN"-Challenge) mal versucht - 90/1000er Vixen-Refraktor, Und ich konnte zumindest die beiden weiteren Komponenten - indirekt - sehen. Die nahe - eigentlich mit 10m6 "hellste" Komponente verschwand aber im Seeinggewaber des Hauptsternes.



    Mal sehen, ob und mit welcher Öffnung alle vier Komponenten zu "bekommen" sind ;)


    Greetz Hannes

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!