Kerste, A., 'Astrofotografie für Einsteiger'

  • Moin,




    ich suche für mein langsam in die Gänge kommendes Projekt eines Anfängerseminars, ich hatte darüber ja schonmal geschrieben, nach empfehlenswerter Literatur. Beim Stöbern dieser Tage im Buchladen meines Vertrauens fiel mir das in diesem Jahr erschienene Buch in die Hände und nach einer etwas längeren Zeit des Schmökerns in die Einkaufstasche. Was mich dazu bewogen hat habe ich mal zusammengeschrieben:




    Mit seinem Buch legt Kerste ein Werk vor, das im dpunkt.verlag erschienen und für 26,90€ in Deutschland erhältlich, auf rd. 180 Seiten einen Abriß über den Einstieg in die Welt der Himmelsfotografie liefert. In flüssigem, gut verständlichem Text mit einer gut ausgewählten Bebilderung beschreibt er den Weg von der einfachen Himmelsaufnahme mit feststehender Kamera auf einem Stativ über die verschiedenen Zwischenschritte bis hin zur Fotografie mit dem äquatorial aufgestellten Teleskop, arbeitet die dabei relevanten Arbeitsverfahren zur Bildakquise durch und läßt auch die Planeten mit dem für sie typischen Arbeitsverfahren der Video-Astronomie nicht aus, ebenso wenig die Ablichtung der Sonne oder des Mondes. Man mag sich fragen was daran bei einem solchen Leitfaden besonders wäre – natürlich nichts – das WIE ist hier der relevante Faktor.


    Viele renommierte Astrofotografen haben in der Vergangenheit Bücher über ihre Arbeit veröffentlicht, teils extrem detailliert und voller eindrucksvoller Aufnahmen, auch verschiedene Autoren und Autorengruppen haben sich schon in der Herausgabe von Leitfäden und Kompendien zur Astrofotografie geübt, die Teilweise die Qualität von Nachschlagewerken haben, doch bislang kaum eines hat den eigentlich innewohnenden Zweck, den unerfahrenen Interessenten abzuholen und frei von überflüssigem Ballast in die Materie einzuführen, besser gelöst als – so meine bescheidene Meinung – Kerste in seinem aktuellen Buch.


    Was als erstes auffällt, seine Darstellung, seine vorgestellten Equipments, seine Anforderungen, alles bleibt bescheiden und orientiert sich in insgesamt 5 Kapiteln daran, was der Neuling wirklich nutzen kann. Aus den Texten und Darstellungen entnimmt dieser – z.B. bei der Belichtungszeit für Aufnahmen mit stehender Kamera nach der 500er-Regel - eine alteingeführte Regel,
    erhält tabellarische Unterstützung und die wichtigsten theoretischen Hintergründe – und kann loslegen. Die bei tiefgründiger Aufarbeitung erforderliche Mathematik erspart der Autor dem Anwender, der – seien wir ehrlich – zunächst ohnehin damit nichts anfangen kann. So schreitet er durch alle weiteren Kapitel voran, sei es bei der Vorstellung der Gerätetechnik, Themen wie Nutzung des Polsuchers, Einnorden, Auffinden von Zielen bis hin zu den Grundlagen der astronomischen Bildbearbeitung.
    Das was man braucht, findet man, das was darüber hinaus geht wurde weggelassen. Was in der einen Sichtweise der größte Vorteil wird an dieser Stelle natürlich auch zum limitierenden Faktor. Wer hier tiefer einsteigen will, mit zunehmender Erfahrung weiter verfeinern und vertiefen, muss sich zusätzliche Quellen erschließen, findet am Markt aber auch ausreichend Fachliteratur oder Hilfe in Foren und Videoturorien, so dass darin kein substanzieller Mangel zu finden ist.


    Der nächste sehr wohltuende Aspekt ist, dass sich der Autor an den allgemein anerkannten Verfahren und Vorgehensweisen orientiert. Viele profilierte Astrofotografen haben teils sehr pointierte Ansichten zu den optimalen Arbeits- und Verfahrensweisen, die sie ausgehend von ihren Equipments erarbeitet und zur Kunstform verfeinert und kultiviert haben. Leider – genau so wenig wie es eine Kamera und ein Objektiv für die gesamte Astrofotografie gibt – gibt es auch keinen universellen Workflow für
    das Hubble-gleich perfekte Astrofoto. Aber es gibt eine gut untermauerte und durch eine große Zahl von Astrofotografen erprobte Essenz der verschiedenen Verfahren und Methoden, und genau an diesen „Mainstream“ hält sich der Autor. Das hält das Buch übersichtlich, es erspart dem Leser eine unübersehbare Vielfalt an Programmen, Bearbeitungsschritten und technischen Geräten – frei nach dem aus dem Deutschunterricht, Fach „Aufsätze“, bekannten Spruch „Getret‘ner Quark wird breit, nicht stark!“
    liegt der Segen in der Beschränkung, und das ist hier gut abgewogen gelungen. Dass bei den Ergebnissen damit sicher Abstriche zu machen sein werden ist nachvollziehbar, aber es werden ansehbare erste Ergebnisse erzeugt, die Ansatz zur Weiterentwicklung bieten - und ergebnislose Versuche mangels auch nur ansatzweisen Verständnisses bleiben dem Anwender erspart.


    In die gleiche Kerbe trifft der Verzicht auf eine Materialschlacht, wie sie in vielen Werbeanzeigen immer wieder angeregt wird, frei nach dem Motto „Kauf mir den Laden leer und ich eröffne Dir das Fenster zum Himmel!“ Was in der Beratung von Anfängern oft untergeht ist, dass die heute verfügbare fast unüberschaubare Anzahl an Geräten, angefangen von Kameras über Objektive, Teleskope in allen Preisklassen und Größen, Montierungen, Zusatz- und Hilfsgeräten den Neuling zumeist völlig überfordert. Die
    Bedienung dieser Geräte mag noch so ausgeklügelt sein, die Technik noch so perfekt – das alles muss, des Nachts und bei unseren Verhältnissen mit nur wenig Gelegenheit zur Übung, beherrscht, ich nenne es gerne "eingedrillt" werden. Der Weg, den der Autor verfolgt, konsequent vom kleinen zum größeren zu gehen, Stück für Stück neues zu erklären und zur Anwendung zu führen, hebt sich hier positiv ab und stärkt die wie ich finde gut aufgebaute didaktische Linie des Buches. Auch die Anregung zu Checklisten und systematischem Arbeiten weist in die gleiche Richtung.


    Insgesamt – dieses Buch ist in meinen Augen seinen Preis wert. Auch wenn man sicher die eine oder andere Detailäußerung hinterfragen könnte und nicht jede dargelegte Ansicht geteilt werden muss, insgesamt ist der Eindruck sehr gut und, da der Preis moderat und dem Umfang angemessen ist, eine gute Investition, die die Chancen auf einen guten Einstieg in das faszinierende Thema Astrofotografie erheblich erhöht.



    In diesem Sinne kann ich dem Interssenten nur empfehlen, sich das Buch anzusehen und einmal hineinzulesen, in einer guten Buchhandlung sollte das kein Problem sein.




    CS
    Jörg

  • Hallo Jörg,


    vielen Dank für die nette Rezension – freut mich, dass dir mein neuestes Büchlein zusagt:-)


    Ich habe versucht, einen guten Überblick über das Thema zu geben und die größten Hürden aufzuzeigen. Um später tiefer in die Materie einzutauchen, gibt es aus dem selben Verlag das umfassende Buch "Astrofotografie" von Thierry Legault. Da sind dann auch alle Formeln drin.


    Kleiner Tipp für alle, die es online kaufen wollen: Auch die lokalen Buchhandlungen und der Verlag selbst liefern; es muss nicht immer Amazon sein:-)


    Beste Grüße und clear Skies,
    Alex

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