Fragen zum Universum und Co

  • Hallo zusammen, nach den Ferien habe ich nun auch Astronomie und bin Schüler in der 11. Klasse. Man kann viel im Internet darüber lesen und finden, doch einige Fragen bleiben mir unbeantwortet und hoffe sie hier bei euch zu finden.


    1. Warum ist es unmöglich, physikalische Aussagen über den Zeitpunkt des Urknalls zu treffen?
    2. Wie kommt es, wenn kosmologische Beobachtungen und genaue Messungen durchgeführt wurden/werden, der Urknall und die Inflation trotzdem nur eine Hypothese bleibt?


    Danke schon mal, Michael

  • 1. Heißenbergsche Unschärferelation: Ort und Impuls lassen sich nicht genauer bestimmen als <i>h</i> (Plancksche Wirkumsquantum). Da Impuls eine zeitabhängige Größe ist gibt es ein Mindest-Zeitintervall, um überhaupt etwas zum Universum aussagen zu können. Das sind etwa 1 E-43 Sekunden.
    (0,000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 1 Sekunden).


    2. Alle Messungen beruhen bislang auf elektromagnetischer Wechselwirkung (Strahlung aller Art). Neuerdings kommen Gravitationswellen hinzu, allerdings noch nicht im kosmoligischen Sinne. Die Strahlung hat sich aber erst ca. 300.000 Jahre nach dem Urknall ausbreiten können. Vorher war das Universum zu dicht und vor allem zu heiß. Jedes Photon war vorher sofort einem Elektron wieder eingefangen worden. (Materie lag damals als dichtes Plasma vor.)
    Man kennt das auch von der Sonne. Im Inneren ist die Materie so dicht gepackt und so heiß, dass die eigentliche Strahlung aus der Kernfusion im Zentrum nicht per "Licht" nach außen getragen wird, sondern hauptsächlich durch Konvektion (Durchmischung). Die Energie braucht daher gut 100.000 Jahre (Größenordnung), um vom Inneren bis zum Rand zu wandern.


    Die Inflationsphase fand ja sehr viel früher statt. Die ist Ergebnis verschiedener Überlegungen.


    Anschaulich vielleicht: Das Universum ist viel zu gut gleichverteilt, als es eine langsame Expansion erlaubt. Da wäre quasi zu viel Zeit für Staus und Staulücken gewesen. Durch die Inflation wurde alles in kürzester Zeit erheblich auseinander gezogen, die Gleichverteilung sozusagen eingefroren.


    In dem ganz dicht gepackten Materiegas (unmittelbar nach dem Urknall) gab es regelrecht Schallwellen, die ohne Inflationsphase im "kleinen" Universum sich von einem Ende zum anderen als stehende Welle hätten ausbreiten können. Dann gäbe es aber Schwingungsknoten und Schwingungsbäuche, sprich das Universum wäre an bestimmten Stellen (den stillstehenden Knoten) viel kälter gewesen als an den stark schwingenden Bäuchen und das müsste man dann in der kosmischen Hintergrundstrahlung sehen. Temperatur ist schließlich ein statistisches Maß für die Geschwindigkeit der Teilchen.


    Der Urknall selbst ergibt sich aus Rückrechnungen der Fluchtbewegungen aller sichtbaren Galaxien, wie sie Edwin Hubble als erster beobachtet hatte. Es gab seinerzeit eine Steady-State-Theorie (Universum war immer schon da und sei unendlich groß). Nur passte das nicht zu vielen einfachen Überlegungen.


    Eine Überlegung ist: Die Lichthelligkeit nimmt im Quadrat zur Entfernung von der Lichtquelle ab, aber das Volumen (Anzahl der Sonnen) müsste übers Universum gerecht in dritter Potenz zunehmen, wenn es unendlich alt und unendlich groß wäre. Ergebnis: Es ist dann auch unendlich hell. Das ist offensichtlich ein Widerspruch.


    Zweiter Widerspruch: Bewegt sich nur ein Massenkörper in einem unendlich gleichverteilten Universum, sorgt seine Anziehungskraft in endlicher Zeit zur einer Riesenverklumpung. Auch das passt nicht ganz.

  • Servus Michael,


    physikalische Gesetze setzen die Existenz von Raum und Zeit voraus. Weil der Urknallhypothese zufolge die Raumzeit mit dem Urknall erst entsteht, gelten zum Zeitpunkt des Urknalls noch keine physikalischen Gesetze. Der Urknall entzieht sich also unserer Möglichkeit, ihn zu verstehen oder zu beschreiben. Wohl eine unbefriedigende Situation. Viele arbeiten deshalb an neuen Theorien mit dem Ziel, den Beginn der beobachteten Entwicklung des Universums ohne Urknall und Inflation zu erklären.
    Problematisch ist, dass die Quantenphysik, die das Quantenvakuum als Ausgangssituation für die Entwicklung des Universums begründet und die ART, die die Entwicklung des Universums beschreibt, widersprüchliche Ergebnisse liefern, wenn man sie auf den Ursprung des Universums anwendet.
    Gegenstand aktueller Forschung ist die Suche nach einer Theorie, die Quantenphysik und ART vereinigt, die Quantengravitation. Sie könnte eine Beschreibung für den Beginn der Entwicklung des Universums liefern, die ohne Hypothesen auskommt.

  • Noch was zu den unglaublich kurzen Zeitspannen ganz am Anfang und für die Infaltionsphase nach dem Urknall.
    Zum jeweiligen Ende dieser Phasen haben diese Zeitspannen faktisch 100% des jeweiligen Alters des Universums ausgemacht, es gab ja noch nichts anderes. Für uns mögen die Zeiten "kurz" sein, für die Situation am jeweiligen Phasen-Ende waren sie sehr "lang" und prägten das Universum.


    Ein schwacher Vergleich sind die 0,2 Sekunden eines 100-Meter-Sprinters am Start, die Reaktionszeit um den Startschuss zu hören und darauf zu reagieren. Verpennt er die, kommt er im Ziel 2 Meter hinter der Konkurrenz an. Ein Abstand, wo niemand mehr ein Zielfoto braucht. Am Start jedoch nur ein Zucken, das Zuschauer nur in Zeitlupe erkennen.

  • Hi Michael, <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Der Urknall selbst ergibt sich aus Rückrechnungen der Fluchtbewegungen aller sichtbaren Galaxien, wie sie Edwin Hubble als erster beobachtet hatte.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Ergänzende Anmerkung hierzu- die <b>Fluchtbewegung</b> ist nicht gleichzusetzen mit Eigenbewegung der Galaxien. Die beobachtete "Fluchtbewegungen aller sichtbaren Galaxien" entsteht durch die Ausdehnung des Raumes zwischen den Galaxien/Galaxienhaufen.

  • Hallo Michael


    Eigentlich muss man immer trennen zwischen dem "Ereignis Urknall" und dem frühen Universum.
    Die Hypothesen beziehen sich eigentlich immer auf das frühe Universum über das Ereignis Urknall können wir keine seriöse Aussage machen, wir wissen darüber gar nichts.


    CS

  • Hallo zusammen,
    ich danke euch allen für die tollen Antworten. Verstanden habe ich AnarWynn und QED, "wir wissen darüber gar nichts":
    Alles klar und danke nochmals.


    Viele Grüße, Michael

  • Auch wie gross das Universum ist kann keiner sagen. Nehmen wir an wir könnten uns in einen Laserstrahl verwandeln, der an den uns bekannten Rand des Universums geschossen wird und wir dort wieder materialisieren, dann würden wir feststellen dass sich das Universum weiter ausgedehnt hat und die "Grenze" noch weiter entfernt liegt. Ist das Universum so gesehen unendlich gross?

  • Hey Michael,
    das Meiste in der Physik ist eine "Hypothese".
    Manchmal wird auch das Wort "Theorie" benutzt, wenn es "nur" eine Hypothese ist.
    In der Physisk kann man ggf. nur die Falschheit einer Hypothese beweisen, niemals die Richtigkeit.
    Clear Skies
    Dietrich

  • Hallo,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Warum ist es unmöglich, physikalische Aussagen über den Zeitpunkt des Urknalls zu treffen?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Diese würde mich auch interessieren. Ich habe auch mal kurz überflogen.


    Wenn mich nicht alles täuscht haben wir ja herrausgefunden das sich das Universum ausbreitet...Das haben wir ja wenn ich mich recht entsinne entdeckt in dem wir umliegende Galaxien beobachtet haben.


    Konnte man so schon den "Ursprungsort" ungefär schon ausmachen vom Urknall zumendestens grob? Wann ungefär hat man ja schon "herrausgefunden", zumindest geschätzt.


    Edit:
    Jedenfall meine ich das mal gehört bzw. gelesen zu haben.

  • Zu 2)
    Es liegt in der Natur der historischen Wissenschaften, dass man sie nicht in einem Experiment wiederholen kann. Kein Ereignis aus der Vergangenheit kann man im Labor wiederholen. Wir haben nur physikalische Messungen in der Gegenwart, die aus verganenen Ereignissen stammen. Der Wissenschaftler nimmt dann diese Messungen und versucht zu erklären wie sich die Vergangenheit abgespielt haben könnte. Ähnlich wie in einem Kriminalfall, wo die Spuren des Tatorts untersucht werden und daraus versucht wird den Tathergang zu rekonstruieren. Dabei gibt es niemals Sicherheit über die tatsächlichen Ereignisse. Der Urknall ist eine vage Hypothese, die vieles nicht erklären kann.

  • Hi Ronny, <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wenn mich nicht alles täuscht haben wir ja herrausgefunden das sich das Universum ausbreitet...Das haben wir ja wenn ich mich recht entsinne entdeckt in dem wir umliegende Galaxien beobachtet haben.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Ja, aber nicht durch die umliegenden sondern durch die weit und ganz weit entfernten Galaxien. <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Konnte man so schon den "Ursprungsort" ungefär schon ausmachen vom Urknall zumendestens grob? Wann ungefär hat man ja schon "herrausgefunden", zumindest geschätzt.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Nein, den "Ursprungsort" können wir nicht herausfinden. Denkbeispiel hierzu- nimm einen beliebig großen Hefekuchen mit vielen Rosinen darin. Der hat sich (um beim Fall Urknall zu bleiben) aus einem winzigen Punkt heraus schlagartig auf eine enorme Größe entwickelt und der Teig quillt ständig weiter auf, die Rosinen entfernen sich dabei voneinander. In einer der Rosinen (Galaxien) sitzt du, schaust durch den Teig, kannst aber nur einen räumlich begrenzten Teil (der für uns sichtbare Teil des Universums) davon tatsächlich sehen.


    Du weißt nicht, wo du in dem Hefekuchen sitzt, siehst nur die Bewegungen der für dich sichtbaren Rosinen. Damit kannst du kein Zentrum bestimmen und auch nicht nachweisen, wie groß der gesamte Hefekuchen ist. Und dazu kommt, es gibt in dem Sinn kein Zentrum, denn der zu Beginn winzige Punkt ist nicht die Mitte des inzwischen gewaltig großen Hefekuchens, der ganze Kuchen ist der winige Punkt, nur eben vielfach vergrößert.


    gruß stefan

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Simbathedog</i>
    <br />Hallo,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Warum ist es unmöglich, physikalische Aussagen über den Zeitpunkt des Urknalls zu treffen?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Diese würde mich auch interessieren. Ich habe auch mal kurz überflogen.


    Wenn mich nicht alles täuscht haben wir ja herrausgefunden das sich das Universum ausbreitet...Das haben wir ja wenn ich mich recht entsinne entdeckt in dem wir umliegende Galaxien beobachtet haben.


    Konnte man so schon den "Ursprungsort" ungefär schon ausmachen vom Urknall zumendestens grob? Wann ungefär hat man ja schon "herrausgefunden", zumindest geschätzt.


    Edit:
    Jedenfall meine ich das mal gehört bzw. gelesen zu haben.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo,


    da sich ja der Raum an sich ausdehnt, ist die Frage nach einem Ursprungsort im Raum sinnlos.


    Einfach mal folgendes überlegen (eine Dimension niedriger): Was ist der Ursprung der Ausdehnung einer Luftballon-Oberfläche (vereinfacht als Kugeloberfläche) beim Aufblasen, wenn man nur die zwei Dimensionen der Oberfläche betrachtet?
    Um den Ursprung zu definieren benötigt man für den Mittelpunkt der Kugel die dritte Dimension, die einem 2D Lebenwesen auf der Oberfläche nicht zugänglich wäre.


    Uli

  • Hallo Michael,
    in der Physik (inkl. Astrophysik) ist alles "nur" eine Theorie oder Hypothese, genauer gesagt der Physiker macht mathematsche Modelle über etwas bestimmtes, was er erklären will oder so...
    So lange das Modell das was der Physiker messen kann gut wiederspiegelt evtl. sogar noch Vorhersagen gemacht werden können, die sich später bestätigen lassen (im Rahmen der Messgenauigkeiten) ist das Modell gut (so zum Beispiel die ART Allg. Relativiotätstheorie oder auch gut: das sog Lambda CDM das genau den Urknall und so erklärt).
    Beispiel für ein Modell was man falsifieren konnte: Archimedes Modell von der Mechanik wo alle Körper zur Ruhe streben - das war erwiesennermaßen falsch.
    Aber erwiesenermaßen richtig, das gibt es in der Physik nicht.
    Clear Skies
    Dietrich

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