Defocus

  • Hallo zusammen,


    die letzten Monate hab ich an einem Programm namens 'Defocus' gewerkelt, dass ich hier mal kurz vorstellen wollte. Es benutzt defokussierte Stern-Bilder als Input und berechnet daraus die zugrunde liegende Wellenfront, im Prinzip ähnlich wie winRoddier.
    Es werden dabei allerdings keine analytischen oder semi-analytischen Rechnungen angestellt, sondern 'nur' Fourier-Optik und eine try-and-Error-Methode.
    Das funktioniert ungefähr so: von einer vermuteten Wellenfront (auf der Basis von Zernike-Polynomen) werden via Fourier-Optik synthetische Stern-Bilder berechnet, und diese mit den realen Stern-Bildern verglichen. Je nachdem ob der Versuch besser passt als der vorige, nutzt man ihn als Basis für den nächsten Schritt, oder verwirft ihn. Ein try-and-error-Verfahren also, Stichworte sind 'Monte-Carlo' oder auch 'simulated annealing'. Wichtig für ein gutes Funktionieren ist vor allem eine gute (d.h. schnelle) Implementierung der Fourier-Optik mittels FFT.
    Motivation: es gibt ja Experten, die aufgrund defokussierter Sternbilder mit ihrem geschultem Auge erkennen können, welche Fehler die Optik hat; siehe auch das Buch von Suiter 'Star Testing Astronomical Telescopes'. Zum anderen kenne ich mich mittlerweile mit Fourier-Optik gut aus, und habe einen Hintergund in Monte-Carlo-Simulationen. Daher die Idee, das mal auszuprobieren.
    Das Programm ist noch im Beta-Stadium, das User-Interface ist.. naja, momentan so eine Art Bedien-Brett.. Links gibt man die Aufnahmen ein, in der Mitte und rechts werden die Ergebnisse gezeigt.


    Genug der Worte, hier 2 Beispiele.
    Im ersten Setup wurde eine kräftig deformierte (künstliche) Wellenfront erzeugt, und daraus 2 (künstliche) defokussierte Sternbilder berechnet. Die Soll-Wellenfront (mit Obstruktion) sieht so aus:

    und das Ergebnis von 'Defocus':

    Man erkennt eine gute Übereinstimmung von Soll- und Ist-Wellenfront, mit nur kleineren Abweichungen.


    Beim zweiten Setup habe ich 4 reale Aufnahmen durch mein kleines Maksutov gemacht, mit einem künstlichen Stern (eine rote Laserdiode ohne Optik) in ca. 50 m Entferung:

    Hier weiss ich allerdings nicht, wie die Wellenfront wirklich aussieht; siehe der Aufruf unten. Aber es ist schon cool, wie gut das aufgenommene Sternbild (links) mit dem simulierten (Mitte) übereinstimmt.

    Insgesamt scheint das ganz gut zu funktionieren, zumindest wenn man gute Aufnahmen hat. Aber ich hatte noch keine Möglichkeit für einen Soll-Ist-Vergleich mit echten Aufnahmen.
    Deshalb jetzt eine Bitte:
    kann mir jemand mal von einem Teleskop, von der die reale Wellenfront bekannt ist, ein paar defokussierte Sternbilder schicken? Dann kann ich sie durch das Programm jagen, und würde die Ergebnisse hier wieder posten.
    Eckdaten für die Aufnahmen:
    - die Basisdaten des Teleskops: f-Zahl, Obstruktion; Pixelabstand der Kamera, Wellenlänge der Aufnahmen
    - die Kamera am besten monochrom, mit ausreichend Auflösung: der Pixelabstand, in um, sollte nicht grösser sein als die f-Zahl, besser deutlich kleiner. Falls das nicht vorhanden ist, eine Barlow dazwischenstecken, oder durch ein Okular fotografieren (wird dann allerdings mitgemessen..)
    - am besten einen künstlichen Stern benutzen, mit bekannter Wellenlänge (Laserdiode); oder einen echten Stern, durch ein Filter mit bekannter Wellenlänge
    - 4-6 Bilder machen, jeweils 2-3 intra-fokal, und 2-3 extra-fokal. Überbelichtung vermeiden.
    - nicht zu viel Defokus benutzen, es reichen ein paar Waves, d.h. Ringe (z.B. 2, 4, 6 Waves). Den genauen Defokus braucht man _nicht_ messen oder eingeben, das wird im Programm gefittet.
    - keine Bildbearbeitung machen, insbesondere keine Kontrast- oder Gamma-Korrektur. Einfach die Rohdaten.


    Danke!


    Wolfram

  • Hallo Wolfram.


    Uff, das schaut vielversprechend aus!
    Ich hoffe, dir in einiger Zeit von zwei meiner Teleskope Bilder schicken zu können.


    Das geniale an WinRoddier und auch an deinem Zugang ist, dass die Fernrohre unter realen Bedingungen geprüft werden, nicht unter den "idealen" Verhältnissen im Prüfraum.



    Viel Erfolg für Deine weitere Entwicklungsarbeit!



    Grüße,


    Guntram

  • Hallo Wolfram


    Dein Test scheint interessant. Nun möchten wir eine Testgenauigkeit von, denke ich, plus minus 0.1 Strehl Einheiten. Damit man ihn evaluieren kann braucht es defokussierte Bilder, welche unter möglichst genau messbaren Bedingungen gemacht wurden, jedenfalls genauer als mit der obgenannten Toleranz, z.B. dann, wenn die Optik mittels Interferometrie getestet wird. Es gibt wohl kaum ein Teleskop, das am Stern, ob künstlich oder echt, sich im nötigen Rahmen gleich verhalten wird wie beim „Bench Test“ (Stichworte: Kollimation, Auskühlung, Seeing) und darum wirst Du nicht einfach ein Teleskop brauchen können „von dem die reale Wellenfront bekannt ist“.


    Ich kann Dir beliebig defokussierte Bilder mit einer Laser Diode oder mit einem 9 Mikron Glasfaser Weisslich in AK machen. Mein 6 Zoll Yolo wurde interferometrisch gemessen und mit dem WinRoddier Test erhalte ich auf diese Weise vergleichbare Resultate. Am echten Stern ist der Vergleich mit der genannten Toleranz nicht ohne weiteres möglich.
    Wieviel Bittiefe verlangt „Defokus“? WinRoddier gibt mir schlüssige Resultate nur wenn ich 16 Bit Aufnahmen mache (oder „stakke“) und die Kamera im linearen Bereich arbeitet.


    Mit Gruss, Beat

  • Hallo,


    (==>)Guntram: danke, ich werde weiter daran schrauben :-).


    (==>)Beat: danke für deine Einschätzung. Der Strehl sollte schon höchstens 0.1 vom echten Wert abweichen, sehe ich auch so. Klar, dazu braucht man sicher auch entsprechend genaue Aufnahmen. Wobei ich noch nicht weiss, ob man z.B. mit einer gestackten Aufnahme von einem echten Stern nicht vielleicht schon Tendenzen ablesen kann, wie 'etwas überkorrigiert', 'kräftiger Asti', oder so..
    Also wenn du mir Aufnahmen von deinem Yolo schicken kannst, das wäre super. In AK kein Problem, ich baue noch ein 'geteilt durch 2' ein. Falls möglich (und sinnvoll) mit Laserdiode; bei Weisslicht müsste ich ungefähr wissen, für welche Wellenlängen die R-, G-, und B-Kanäle empfindlich sind.
    Meine eigenen Aufnahmen sind mit 8 Bit Farbtiefe, das sollte reichen. Einigermassen ausgesteuert, aber nicht überbelichtet.


    Grüsse, wolfram

  • Hallo Wolfram


    Wenn es um eine grundsätzliche Evaluation geht mit Analyse einer Tendenz, wie Du sie erwähnst, brauchst Du defokussierte Bilder einer Optik, welche relevante, definierte Aberrationen aufweist. Das könnte auch ein Spiegel sein, der im Schliff aber noch nicht fertig ist und interferometrisch getestet wird. Weil mein Yolo praktisch keine Aberrationen hat ist es diesem Stadium nicht geeignet. Wir können aber gerne später darauf zurückkommen.


    "8 Bit Farbtiefe": Am besten machst Du primär einmal Aufnahmen mit eine s/w Kamera. Mit einer roten Laser Diode geht das sowieso nicht mit einer Farbkamera. Du musst herausfinden, wie viele Graustufen Du brauchst: 8 Bit dürften nicht genügen. Beim Win Roddier Test jedenfalls genügen sie nicht. Zudem musst du die Belichtung so wählen, dass Du im linearen Bereich der Kamera bleibst. Meine Erfahrung ist eine Aussteuerung von höchstens 2/3.


    Bin gespannt auf Resultate Deiner Experimente.


    Mit Gruss,
    Beat

  • Hallo Wolfram


    Ich habe vielleicht noch eine Idee: Du könntest einen qualitativen Test durchführen, indem Du beim Test mit dem künstlichen Stern den Abstand verringerst und schaust, ob "Defokus" Dir die erwartete sphärische Aberration misst. Dies könnte z.B. mit einem Newton Teleskop sogar quantitativ erfolgen, weil die erwartete SA sich einfach rechnen lässt. Einschränkend ist, dass je näher der "Stern", desto weiter hinten der Fokus und es gibt u.U. Vignettierung.


    Mit Gruß, Beat

  • Hi Beat,


    <i>&gt; brauchst Du defokussierte Bilder einer Optik, welche relevante, definierte Aberrationen aufweist</i>
    Genau, aber habe ich im Moment hier eben nicht, daher die Frage..
    Die Idee mit dem Newton und dem künstl. Stern in definiertem Abstand (--&gt; definierte SA) ist gut.. ich hab aber auch keinen Newton hier, nur mein kleines Mak.


    8 Bit Farbtiefe: doch das sollte ausreichen; man sieht ja auch mit 8 Bit deutlich, wie das echte und simulierte Sternbildchen in Einklang gebracht werden.. ich kann mal einen Verlauf posten.
    Möglicherweise liegt das daran, dass hier nur wenig Defokus benutzt wird, so dass die Aberrationen deutlich hervortreten. Bei WinRoddier wird, wenn ich es richtig weiss, viel Defokus bebnutzt, wodurch die Aberrationen weniger deutlich hervortreten.. also die durch die Aberration verursachte Deformation in Relation zum Sternscheibchen-Durchmesser.

  • Hallo Wolfram,



    ich habe gestern Versuche mit WinRoddier gemacht. Dabei habe ich mir in der Software Aberrator definierte SA von 0.25 wave bei +-20 wave defocus erstellt (defokus in mm ist dann direkt abzulesen). In WinRoddier ausgewertet ergibt das aber nicht den erwarteten Strehl von ca. 0.80. Dann habe ich ganz kühn einfach mal aus dem Buch Star Testing von H.Suiter die Bilder zur SA sehr sauber abfotografiert. Die Bilder der SA = 0.25 wave ausgeschnitten und runter skaliert auf eine vernünftige Größe ergab sich dann - Tadaaaa - ca. 0.80 Strehl in WinRodiier. Aberrator scheint die Fehler etwas zu unter repräsentieren.





    Mein Newton Spiegel 6"f/10(reine Sphäre) ist leider noch nicht in ein Teleskop eingebaut, sodass ich keinen Sterntest filmen kann. Die synthetische Möglichkeit mit Abberator (dann aber 2fachen Fehler eingeben) oder den Fotos aus Star Testing könnten schon mal eine gute Hausnummer ergeben.







    Schöne Grüße
    Christian

  • Hallo christian und Wolfram


    Ich bleibe dran, weil mich defokus wirklich interessiert. Aber ich muss doch erwähnen, dass WR Test ab Gedrucktem oder wohl auch ab Aberrator nur zufällig plausible Resultate ergeben. Auf diese Weise kommen wir kaum weiter.


    Eine Möglichkeit aber wäre, den sphärischen 1:10 Spiegel zu verwenden, denn er hat ja eine definierte sphärische Aberration. Die Laserdiode ist auch in der Nähe eine brauchbare, wenn nicht ganz ideale Punktquelle (Beugungserscheinungen beim Strahlaustritt). Man könnte die notwendigen Aufnahmen primär einmal im Krümmungsradius machen, in einer Anordnung wie wir es für die Foucault Messung machen. Die gemessene SA müsste da 0 sein und wegen dem Versatz ein gewisser Astigmatismus, den man im Prinzip berechnen kann. Wenn die Diode dann weiter weg oder näher platziert wird, gibt es es berechenbare SA und damit für die Messung eine gut definierte Aberration.


    Mit Gruss,
    Beat

  • Hallo Beat,


    selbst wenn man von einem realen Kugelspiegel ausgeht, bleibt ja immer noch das Problem, die Aufnahme der de-fokussierten Punktlichtquelle gut hinzukriegen. Auch den Defokus muss man sehr genau messen. Ob das nun besser ist, als von theoretisch berechneten (simulierten) Bildern auszugehen und damit Reverse-Engineering zu betreiben, weiß ich nicht. Besser noch, man würde die Beugungsfiguren selbst berechnen (simulieren) und damit das Programm kalibrieren.



    Gruß
    Christian

  • Hallo Christian


    Von simulierten Bilder auszugehen, um zu kalibrieren, wäre schon eine gute Sache.Ich würde das dann gerne auch mit WR probieren.
    Es befreit uns aber nicht vom Problem, den Defokus bei der realen Messung genau zu bestimmen. Dies ist beim WR Test im Messkeller einfach und man kriegt es sub-Pixel genau hin, genauer als das Programm es verlangt. Am realen Stern ist es nicht ganz so einfach, geht aber auch gut. WR ist diesbezüglich aber auch nicht so empfindlich.
    Ich weiss nun nicht, wie das bei "defokus" ist: Muss man den Defokus über den Weg des Okularauszugs messen oder kann man ihn auch am defokusserten Bid über die Anzahl Pixel bestimmen? Letzteres dürfte bei der geringen Defokussierung nicht ohne weiteres möglich sein, gerade wenn z.B. sphärische Aberration vorliegt, denke ich. Diesbezügliche Versuche wären unter Messkeller Bedingungen sehr viel einfacher als am Himmel.


    Mit Gruss,
    Beat

  • Hallo,


    (==&gt;)Christian: ja das habe ich auch schon überlegt, mit Aberrator synth. Stern-Bilder zu erzeugen, und bei mir einzuspeisen. Ich kann zwar auch selber synth. Sternbilder erzeugen (mit einem Vorgänger-Progrämmle); siehe oben im Post das erste Setup. Aber Aberator gibt eine Stufe mehr Unabhängigkeit, ich werde es mal probieren.


    Das mit einem Kugelspiegel im Krümmungsradius, wie beim Foucault-Test, da hatte ich auch schon dran gedacht (und etwas rumgerechnet). Da braucht man allerdings eine wirklich gute Punktlichtquelle, und der Versatz Punktlichtquelle &lt;--&gt; Kamera erzeugt zusätzliche Fehler. Diese Fehler kann man berechnen, aber dazu muss man den Versatz einigermassen gut vermessen. War mir bisher zu aufwendig.


    (==&gt;)Beat: nee, den Defokus muss man eben nicht messen, das macht das Programm selber. Das war mir wichtig, denn ich weiss, dass das messtechnisch gar nicht so einfach ist, und zumindest lästig.
    Im Programm läuft das so: beim Einlesen wird der Durchmesser der Stern-Scheibe zuerst geschätzt, und (mit den Teleskop- und Kamera-Parametern) in einen Defokus umgerechnet. Damit startet die Simulation. Der Defokus wird dann, wie die Wellenfront selber, im Verlauf der Simulation nach Monte-Carlo-Manier ständig ein bissl variiert, und geschaut obs besser passt. Das funktioniert anscheinend gut.


    So, die Tage schicke ich noch was zur Obstruktion, die kann man ja auch variieren, hang on :)

  • Hallo


    Ich glaube nicht, dass es mit den Aberrator Bildern funktionieren wird, weil sie für den visuellen Gebrauch skaliert sind. Aber der Versuch ist ja einfach.
    Wie gut die Laserdiode als Punktquelle theoretisch geeignet ist, weiß ich nicht. Auf jeden Fall lässt sich damit ein Spiegel gut mit Foucault, Ronchi und mit einem Okular bei sehr hoher Vergrößerung testen. Ich habe damit auch valable WR Tests in Autokollimation gemacht.
    Bei einem Test Versuch im Messkeller könnte man sich ja primär einmal auf die Messung der SA beschränken. Der Versatz kann dabei klein gehalten werden, sodass er kaum ins Gewicht fällt.


    Mit Gruss, B.

  • Hallo Wolfram,


    dein Programm verwendet ja zur Berechnung der Wellenfront die Zernike-Polynome. Du kannst dir dann ja viele verschiedene Polynome vorgeben (als synthetische Eingabedaten/Bilder), die unterschiedliche Abbildungsfehler beschreiben. Damit kannst du dann für viele verschiedene Fälle testen, ob deine numerische Optimierungsmethode möglichst nahe an das vorgegebene Polynom herankommt. So kannst du zumindest die Robustheit des Algos testen. Mit deiner Berechnung der synthetischen Bilder über Zernike-Polynomen nimmst du ja an, dass auch reale Sterntestbilder sich so darstellen lassen. Wenn dein Algo es beherrscht viele unterschiedliche Poylnome immer gut wiederzufinden, ist er im Prinzip fertig. Bei den Testbildern könntest du auch noch künstliche Abweichung einbauen, wie sie durch den Nutzer bei der Aufnahme entstehen. Ein unterschiedlicher Defokus bei der Aufnahme ist auch noch eine weitere Variable.


    Einzelne exemplarische Tests kann man dann mit realen Bildern machen, aber du wirst ja nie eine so große Zahl an Testdaten bekommen, wie bei künstlichen selbst erzeugten Bildern.


    Nur mal so paar Gedanken von mir. [:)]




    Ich habe übrigens noch einen alten TAL2M Kugelspiegel 6"f/8.
    Mal sehen ob ich den für einen Sterntest präparieren kann.



    Schöne Grüße
    Christian

  • Hallo,


    (==&gt;)Christian: ja, ich hab auch ein Skript zur Erzeugung synth. defokussierter Stern-Scheibchen. Das erste Bild oben im Thread ist so entstanden. Klar, das könnte man automatisieren, und damit mal viele Setups durchnudeln. Allerdings war ich dafür bisher ein bisschen zu faul :)


    Erstmal noch was zur Obstruktion: die habe ich in der Simulation jetzt auch 'freigelassen', d.h. jeder Pixel innerhalb der äusseren Umrandung darf frei entscheiden, ob er obstruiert sein will oder nicht. Im Rahmen der oben beschriebenen Monte-Carlo-Methode natürlich.
    Hier das Ergebnis, für die gleichen 4 Defokus-Positionen wie oben im ersten Post vom Thread (mein kleines Mak):

    Zum Vergleich die echte Obstruktion, von hinten durchfotografiert:

    Das ist doch irre, oder ? In diesen kleinen defokussierten Bildchen steckt das offensichtlich alles drin; vermutlich in den feineren Klümpchen und Rillen, die man sonst eher als 'Dreckeffekte' bezeichnen würde...
    Ok, es ist nicht perfekt, an den Rändern franst es ein bissl aus, und es gibt einzelne Ausreisser-Pixel; aber insgesamt trotzdem erstaunlich.
    Die Wellenfront ist im Vergleich zum ersten Post, wo die Obstruktion fest vorgegeben war, auch ein wenig verändert, aber nicht viel; der Strehl bleibt fast gleich.
    Hier noch der Vergleich der anderen 3 Defokus-Positionen, links die echte Aufnahme, rechts aus der Simulation:

    --&gt; kann man kaum noch unterscheiden.


    Grüsse,
    Wolfram

  • Hallo Wolfram.


    Also, wenn sogar die Haltekrallen am Hauptspiegelrand erkannt werden, ist es wohl Zeit für eine erste Gratulation!
    Ich denke, du bist etwas Großem auf der Spur. Bitte weitermachen!



    Viele Grüße,
    Guntram

  • Hallo Wolfram


    Das ist ja schon vielversprechend.
    Soll ich Dir doch mal Bilder vom grossen Yolo schicken, welches allerdings nicht interferometrisch gemessen wurde. Strehl ist gemäss WR Test über 0.94, aber nicht 1, also hat es kleine Aberrationen, vorab kleine Kollimationsfehler: Coma und Asti. Der Testaufbau in Autokollimation ist sowieso gemacht, mitsamt dem optischen Fenster, weil ich es habe revidieren müssen.
    Die Daten: Oeffnung 204 mm, Brennweite 2388mm. Kamera Imaging Source sw mit 5,6 Mikron Pixeln, 8 Bit. Ich würde die rote Laserdiode nehmen, nicht die 9 Mikron Glasfaser mit Weisslicht. Die Laserdiode hat etwa 450 nm, den genauen Wert kann ich noch nachsehen, falls nötig. Ein AVI mit ca 100 oder mehr Bilder machen und in AS!2 "stakken", dann als FITS abspeichern. AS rechnet dann 16 Bit Grauwerte. Ich würde z.B. 4 Wellenlängen Defokus wählen.
    Wäre das in Deinem Sinn, was bräuchtest Du noch und wohin soll ich Dir die Bilder mailen?


    Mit Gruss,
    Beat

  • Hallo,


    so jetzt hab ich mal mit Aberrator Bilder erzeugt: diverse Fehler in der Wellenfront eingestellt, dann 4 Bilder mit -2, -1, 1, 2 Waves Defokus gemacht, und diese durch meine Simualtion geschickt.
    Ergebnis: kompletter Murks! Da kommt nicht ansatzweise das raus, was Aberrator als Wellenfront anzeigt.
    Allerdings ist mir auch nicht klar, mit welchen Parametern Aberrator die Bilder erzeugt. Aus der Einstellung '5 pix/asec', D=100', 'f=10' bin ich auf 0.9696 um pro Pixel gekommen.. stimmt das ? Und welche Wellenlänge? Oder ist das ein Gemisch aus Wellenlängen ?


    (==&gt;)Guntram: danke.. aber das muss noch besser verifiziert werden, siehe oben die Aberrator-Ergebnisse..


    (==&gt;)Beat: oh, das wär super! Hat die Diode wirklich 450 nm, oder 650 nm ? (450 nm ist blau-violett) ? Obstruktion ist dann 0, weil Yolo, richtig ? Stacken etc. brauchst du eigentlich nicht, wenn die Aufnahmen in ruhiger Luft gemacht werden; sollte aber egal sein (AS!2 hab ich).
    Mailen kannst du mir dahin: wstrepp at gmx punkt de

  • Hallo Wolfram


    Habe heute Bilder mit dem Yolo 204 mm 1:12 in AK mit der Laserdiode (natürlich 650 nm) gemacht und Dir geschickt.
    Es ist dabei schwierig, den Defokus genau zu erkennen. Hoffe, es sei gut genug getroffen. Auch ist es schwierig Artefakte ganz zu eliminieren. Mit kleinerer Oeffnung geht das natürlich alles besser. Du wirst die Resultate uns wohl zeigen und auch den WR Test, den ich gleichzeitig gemacht habe.


    Erste Versuche an Vega habe ich mit dem 150 er Yolo gemacht. Zuerst WR Test, um einen Vergleich zu haben. Das ging problemlos und die Resultate gleichen denen vom Interferomtrie Test. Nun aber Bilder mit so wenig Defokus machen geht nicht einfach. Sie sind durch das Seeing enorm verformt. Einzelbilder gehen auf keinen Fall für eine Auswertung. Ich bin aber auch nicht sicher, ob 1000 oder so gut "gestakkt" werden können, weil sie schlecht definiert sind. Für weitere Experimente warte ich mal auf Deine Resultate von oben.


    Mit Gruss,
    Beat

  • Beat hat mir jetzt freundlicherweise 2 Aufnahmen von seinem grossen Yolo (s.o) geschickt, jeweils ein intra- und extra-fokales, mit künstl. Stern in Autokollimation. Er hatte selber auch schon eine Auswertung mit WinRoddier gemacht:


    Die 2 Aufnahmen habe ich dann durch Defokus geschickt, und es ergaben sich relativ problemlos folgende Ergebnisse, zuerst mit fester Obstruktion (d.h. Obstruktion = 0):

    Dann noch die Variante, wo die Pixel zur Obstruktion freigegeben sind:

    --&gt; wenn man die Wellenfront mit der WinRoddier-Analyse vergleicht, sieht man tatsächlich eine gute Übereinstimmung (abgesehen von der Farbskala); nur links unten auf ca. 7 Uhr passt es nicht ganz. Und es zeichnen sich am Rand 3 Halte-Klammern (oder so) ab, was die Qualität von Beats Aufnahmen beweist.
    Auch Strehl, PV und RMS sind zumindest in derselben Grössenordnung, umgerechnet sind das:
    PV = 0.3756 Waves = 244 nm (WinRoddier: 126.24 nm)
    RMS = 0.0482 Waves = 31.3 nm (WinRoddier: 24.44 nm)

    Da müsste eine Interferometer-Analyse zeigen, was besser passt. Aber für den Anfang gar nicht schlecht, das alles.


    Grüsse,
    Wolfram

  • Hallo Wolfram


    Das ist ja schon mal etwas. Ich traue meistens den weniger optimistischen Resultaten.


    Nun habe ich bei guten Verhälntissen auch den Test mit dem 15 cm Yolo an Vega gemacht.Ich habe je 1000 Bilder aufgenommen und je 55% davon "gestakkt". Es ist das interferometrisch getestete Instrument mit Strehl 0.94: Dieser Wert infolge kleiner Kollimationsfehler, die ich noch nicht auskorrigiert habe. WinRoddier, zusammen mit den defocus Bildern gemacht, zeigt etwa dasselbe. Ich schicke die Aufnahmen und Protokolle per Mail.


    Mit Gruss,
    Beat

  • Hallo,


    jetzt hab ich ja von einigen hier gutes Material bekommen, danke dafür !
    Darunter auch Aufnahmen am realen Stern (gestackt), und da gibt es eine interessante Sache: durch das Seeing sind diese Aufnahmen ja ein Stück weit 'geblurred', also die Details durch eine Art Tiefpassfilter weichgezeichnet. In der Simulation hab ich das noch nicht drin. Um das zu kompensieren, versucht er (der Computer..) anscheinend, diesen Blur durch Anpassung der Wellenfront, oder auch über die Einzelpixel-Obstruktion, nachzubilden. Das führt dann allerdings zu Artefakten. Ich überlege deshalb, diesen Blur 'anständig' in die Simulation einzubauen; mal gucken ob das funktioniert.
    Grüsse,
    Wolfram

  • Hallo Wolfram,


    sehr spannend, das alles...!


    Mir ist noch aufgefallen, dass Deine "Obstruktionspünktchen" auch versuchen, die durch Dreck / Fusseln auf der Optik entstandenen Beugungsmuster nachzubilden. Ganz auffällig z.B. die gebogene Struktur im unteren linken Bildchen aus WinRoddier, die bei Dir als erhöhte Punktdichte aufscheint. Hab derzeit keine gute Idee, wie man diese "Dreckartefakte" richtig behandelt, zumal sie vermutlich nicht in der Pupille, sondern in einer anderen Ebene entstehen.


    Viele Grüße


    Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Hallo,


    die letzten Tage habe ich weiter experimentiert zum Thema Seeing und das dadurch verursachte 'Seeing-Blur'. Beat hatte 2 Aufnahmen mit seinem 150 mm-Yolo gemacht, an Vega auf eine BW-Kamera, ohne Filter (Weisslicht). Eine Aufnahme extrafokal, eine intrafokal, beide gestackt aus 55% von 1000 Bildern. Als mittlere Wellenlänge habe ich Grün (550 nm) benutzt. Hier erstmal das Ergebnis von Defokus, ohne alles


    Hier der Vergleich mit dem WinRoddier-Ergebnis

    --&gt; das scheint ganz ordentlich zusammenzupassen, insgesamt. Zum Strehl sagt Defocus 0.88, WinRoddier 0.92.


    Dann dasselbe, mit der Einzelpixel-Obstruktion an

    --&gt; die Wellenfront ist ähnlich, und sieht angenehm 'Artefakt-los' aus. Am Rand entsteht so eine Art O=bstruktions-Saum, der offensichtlich eine gewisse Glättung der Bilder bewirkt. Aber leider kann man das nicht wirklich benutzen, denn das Teleskop ist in der Realität ja ohne Obstruktion..


    Daher habe ich dann verschiedene Glättungsfilter eingebaut, um das Seeing-Blur nachzubilden, und so eine bessere Übereinstimmung hinzubekommen. Um es vorweg zu sagen: schlecht hat es nicht funktioniert, aber ein eindeutiges Prädikat 'Super!' kann man auch noch nicht vergeben.
    Hier also mit einem einfachen gaussförmigen Filter


    und hier mit einem 'Doppel-Gauss', wie in https://www.astro.princeton.edu/~gk/AST542/cristobal.pdf beschrieben


    Insgesamt zeigen alle Varianten eine ähnliche Wellenfront, aber die Strehls variieren schon ein bisschen. Bei anderen Tests auch zwischen den beiden Gauss-Varianten.
    Ein Problem beim Einbau des Glättungsfilters: wenn man da einen falschen Ansatz nimmt, d.h. wenn das reale Seeing eine andere Glättung verursacht als der Ansatz in der Simulation, dann versucht die Simulation durch Änderungen der Wellenfront trotzdem ein gutes Matching hinzubekommen. So entstehen dann gewisse Artefakte; ich hatte auch den Eindruck, dass unter dem 'Deckmäntelchen' des Glättungsfilters dann teilweise etwas schärfere Buckel in die Wellenfront eingebaut werden.
    Naja, ich werde weiter experimentieren. Aber immerhin scheint es so, dass man mit einer schnellen Aufnahme am realen Stern Ergebnisse bekommt, die zumindest als Indikator taugen.


    Beat hatte noch Aufnahmen mit Grünfilter gemacht, die im Vergleich zur Weisslicht-Aufnahme etwas konturierter erscheinen; das muss ich aber noch mal durchnudeln und genau angucken..


    Grüsse,


    Wolfram

  • Hallo Wolfram


    Danke für Deinen interessanten Bericht über die Auswertung meiner Aufnahmen.


    Der ultimative Test eines Teleskops soll wenn möglich am Stern erfolgen. Wenn wir zwei unabhängige Tests hätten, wäre das ein grosser Vorteil. Defocus scheint ein guter Kandidat zu sein. Win Roddier ist valabel, hat aber seine Tücken oder Schwächen. Zuverlässig scheint mit die Messung der sphärischen Aberration, was meines Erachtens das Wichtigste ist. WR scheint aber mehr oder weniger Mühe zu haben mit der Zuordnung zu den Zernike Koeffizienten von Koma und Asti.(Diese lassen sich Allerdings recht gut am Okular erkennen und sollen wenn immer möglich weg justiert werden.)
    Wenn das Bild im Okular mit dem von WR errechneten übereinstimmt, kann man sich aber wahrscheinlich auf den Strehl Wert verlassen.
    Aus der französischen Anleitung von WR ergibt sich, dass Asti anders und whs. weniger genau errechnet wird als die übrigen Koeffizienten. WR braucht einen Defokus von mehr als 20 Wellenlängen. Da könnte Dein Test empfindlicher sein, weil der Asti bei wenigen Wellenlängen Defokus prominenter erscheint.


    Wir sind gespannt auf Deine weitere Arbeit!


    Gruss, Beat

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