Teleskopwahl: Brennweite, Seeing, Details

  • Hallo, Kollegen,


    konkret geht es um die Fotografie von kleineren Galaxien mit einer DSLR unter einem lichtverschmutzten Himmel (ca. mag19; durchschn. Seeing ca. 3-4")!
    Ich möchte mit relativ kurzen Belichtungen (10-30sec bei ISO 3200 (damit die Bilder gut gestackt werden können; Sternanzahl)) unter einem lichtverschmutzten Himmel einige Details herausholen und auch die Tiefe sollte nicht zu sehr leiden!
    Welches meiner beiden infrage kommenden Teleskope sollte ich hier benutzen:


    - Newton 200/800 bei f/4, also 800mm (volles Bildfeld nutzbar; lichtstärker; kleinere Brennweite)
    oder
    - C9.25 bei f/6.5, also ca. 1600mm (größere Öffnung, aber nur die Hälfte des Bildfeldes ist nutzbar wegen Vignettierung (Flats helfen hier nichts; die Infos sind trotzdem nicht da).
    Da es aber nur um eine kleine Galaxie geht, die in die Bildmitte gesetzt wird, ist dieser Nachteil egal!
    Die meisten Kollegen sagen: wegen des Seeings am besten unter 1000mm bleiben, sonst werden zuviele Details verschmiert! Also der Newton!
    Andere Kollegen sagen: trotz der größeren Brennweite (gleiche Öffnung, aber nun eine Barlow benutzt) hätten sie überraschenderweise schwächere Sterne und mehr Details herausgeholt (z.B. Tommy Nawratil bei M27; ist schon einige Jahre her, mit seinem alten 10" f4.8 Newton; hier: 1200mm - 2400mm), trotz eines mittelmäßigen Seeings und Oversampling (vermutlich durch Deconvolution geschärft). Also das C9.25!
    Frasax (Frank Sackenheim) meint, undersampling sei besser als oversampling, wenn ich sein Video richtig verstanden habe.


    Welches Teleskop mit der entsprechenden Brennweite ist wohl in meinem Fall das Bessere, und warum? Wie gesagt: Seeing i.d.R. nur 3-4"!


    noch zur Tiefe: der Kollege Tino hat hier mal schöne excel-Tabellen erstellt, um die Tiefe für Teleskope, Kameras und Himmelshelligkeit bestimmen zu können:
    da waren die Newtons bei kleineren Brennweiten dem C9.25 (zumindest bei f/10, aber auch schon bei f/6.5, wenn man die Werte ändert) weit überlegen! viel kleinerer Sternspot und damit bessere Auflösung...und letztendlich größere Tiefe!
    ....und da dem so ist, habe ich bisher den 8" f/4 Newton trotz nur 800mm dem C9.25 vorgezogen!


    viele Grüße und häufiger cs
    Andreas

  • Hallo Andreas,


    mit einer DSLR und 1600mm bist du ja noch nicht im massiven Oversampling, selbst bei bescheidenem Seeing. Außerdem, das habe ich in dem Video über Sampling nur kurz angesprochen, ist ja auch noch die Projektion zu beachten. Also auf Deutsch, die Galaxie wird einfach größer im C9.25, zwei eng benachbarte Sterne sind im C9.25 einfach weiter auseinander, also ist die Winkelauflösung besser. Aber auch die Winkelauflösung leidet unter dem Seeing, das nur nebenbei.


    Ein paar Dinge in deinem Post verstehe ich aber nicht. Warum sollten Flats nichts bringen? Klar bringen die was! Woher weißt du dass das Seeing so schlecht ist? Höhere ISO als Kompensation für kürzere Belichtungszeiten bringen nichts, ausser Dynamikverlust.
    Der Vorteil des Newtons liegt m.M. nach hauptsächlich im schnelleren Öffnungsverhältnis.


    CS Frank

  • Hi!


    Kurzer Hinweis, wie bei Frank: Die hohe ISO bringt nichts, die Verstärkung kannst du genauso gut am PC nachträglich machen. Überblick für die optimale ISO für einige Marken unter http://dslr-astrophotography.com/iso-values-canon-cameras/ und den Unterseiten.


    Die Vignettierung hängt vom Reducer ab, und von APS-C oder Vollformat – DSLR kann ja beides sein. Der Starizona-Reducer z.B. passt ganz gut zu APS-C, für den von Celestron finde ich grad keine Angabe vom Bildfeld.


    Beste Grüße,
    Alex

  • Hallo, Frank und Alex,


    besten Dank für Eure Kommentare!


    Benutzt wird z.B. eine Canon 77da, also APS-C.
    Ab 2015 bin ich hier und im schwarzen Forum dabei und habe direkt eine Reihe von Bildern präsentiert, die ich mit dem C9.25 bei ca. 1600mm gemacht habe (z.B. M27 und NGC 6888)... und habe um Kritik gebeten. Sofort kam von mehreren Kollegen, auch den Fotografie-"Cracks" der Hinweis, dass ich stark oversampled bin (alle Sterne sind viel zu groß, bedecken zu viele Pixel) und ich doch sinnvollerweise Brennweiten unter 1000mm benutzen sollte, am besten Newtons. Die SC sind alle für Astrofotografie fast unbrauchbar wegen der starken Abschattung (da gibt es "erschreckende" Darstellungen mit %-Angaben der Ausleuchtung, auch schon bei f/10!)...und sie haben Recht! Der Kollege Tommy Nawratil hatte sich (spaßeshalber, ich weiss es nicht) gewundert, dass diese SC für die Fotografie überhaupt gekauft werden.
    Flats habe ich natürlich öfters gemacht, wenn ich ein größeres Bildfeld nutzen wollte; sie nutzen aber nicht immer was (die Tiefe leidet stark, wie ich z.B. bei M33 (Außenbereiche) feststellen musste; kein Wunder: siehe obige Anmerkung). Vorteil der Flats war nur, dass der ausgeleuchtete Hintergrund ruhiger wurde (habe ich als Laie aber kaum gesehen; war Tipp vom Tommy). Wenn man ein Bildfeld mit ähnlicher Tiefe haben möchte, dann sollte man am besten 2/3 des APS-C-Bildfeldes wegschneiden, meine Meinung! In der Kürze hier die Ausleuchtung in Zahlen für ein SC 8" f/10 Mitte der Seite, für f/6.3 sicher noch schlimmer:
    https://forum.astronomie.de/th…ontra-mak-5.133614/page-2
    Dieses Thema ist aber hier nicht so wichtig, siehe mein erster Beitrag.
    Das C9.25 hat zwar 1600mm, aber die Details verschmieren aufgrund des Seeings nur viel stärker, und das auch schon bei 10-30 sec.
    Den Seeing-Wert hole ich mir über DSS, wo der FWHM-Wert in Pixeln angegeben wird. Ob diese Umrechnung: Seeing (") = DSS-Pixelwert x (206 x Kamerapixelgröße/Brennweite) richtig ist, weiss ich nicht.
    Beim C9.25 verwende ich höhere ISO-Zahlen, da ich hier, wie gesagt, die starke schwarze Vignettierung mit wenigen Sternen drin habe, nur f/6.5, und, weil dann DSS für das Stacken genug Sterne findet.
    Softwaremäßig benutze ich nur DSS, Fitswork, Photoshop, etwas SIRIL.

    viele Grüße und cs
    Andreas

  • Hallo Andreas,


    stimmt, mit den kleinen Pixeln der Canon 77d bist du bereits im Oversampling. Nicht auszuschließen ist auch, dass die Abbildung des C9 einfach nicht so prickelnd ist, und/oder das Teleskop schwer zu kollimieren ist. Was du als Abschattung bezeichnest ist vielleicht die Obstruktion? Die ist in jedem Fall nicht optimal bei dem Gerät. Kurz gesagt würde ich niemandem heute zu solch einem Teleskop für die Astrofotografie raten.


    DSS spuckt dir keine Seeing Werte aus. FWHM ist nur eine Zahl, eine Einheit wäre falsch ausgedrückt, aber ein Maß ist vielleicht der richtige Begriff. FWHM ist ein Maß für viele Dinge, u.a. wird das Seeing damit angegeben. Leider gibt es den Irrglauben, dass die FWHM Werte, die eine AstroSoftware ausspuckt auch die Seeingwerte sind. Das ist falsch! Wohl kann man mit etwas Erfahrung auf Grund der FWHM Werte Rückschlüße aufs Seeing ziehen. Aber wenn du (zudem mit einem oversampelten Setup) Werte von 3 oder 4 FWHM bekommst, heißt das nicht, dass du ein Seeing von 3 oder 4 Bogensekunden FWHM hast. An unserer Sternwarte habe ich mit einem 500mm APO und 9mikron (undersampled) Werte um 1.2 FWHM und mit kleinen Pixeln und 1800mm Brennweite ebenfalls Werte um 3-4. Am gleichen Standort!
    Die ISO Zahl hat keinen Einfluß darauf wieviele Sterne DSS findet. Dafür sollte es in der Software einen Schwellenwert geben, den man einstellen kann. In SIRIl geht das bestimmt.


    CS Frank

  • Hallo, Frank,


    ich meine die Abschattung durch die Blendrohre der SC-Teleskope.
    Dies wird auch in meinem link deutlich.
    2015 hatte ich noch die EOS 1100da, also 5,3 µm Pixel; die 77da hat 3,7 µm Pixel! also hatte ich damals noch weniger Oversampling!
    Wenn Du das C9.25 jetzt aufgrund von Oversampling ausschließt, ziehst Du also den Newton vor?
    Warum würdest Du von einem C9.25 für die Fotografie abraten? Ich bin mit meinem sehr zufrieden! Man kann es auch im Dunkeln gut justieren. Für kleine Objekte, ob hell oder schwach, sehr gut zu gebrauchen! Zusammen mit einem dunklen Himmel sind die SC's wunderbare Instrumente! Das C9.25 ist der kleine Bruder eines C14 oder eines Meade 14". Was mit den SC's möglich ist, kann man hier lesen:
    zur Tiefe: schau Dir mal den Beitrag Nr 2 von Rick J an:
    https://www.cloudynights.com/t…mag-25-what-does-it-take/


    und was der leider verstorbene Kollege von der "vorteilhaften" Lichtstärke f hält: das ist natürlich provokativ, aber die Kollegen konnten ihn meiner Meinung nach nicht eindeutig widerlegen.
    https://www.cloudynights.com/t…busting-the-f-ratio-myth/


    ...und das sind die 1600 schwachen Galaxien und Sternhaufen, die Rick mit einem Meade 14" bei 3650mm Brennweite gemacht hat!:
    http://images.mantrapskies.com/search


    Wie gesagt, es gibt Kollegen, die empfehlen, größere Brennweiten zu nehmen und dann entsprechend zu schärfen (u.a. auch mehrere "Cracks"!)
    Ich schließe daraus, dass bei dunklem Himmel nur die Öffnung entscheidend ist, nicht das Öffnungsverhältnis und auch nicht die Brennweite (Oversampling muss nicht schlecht sein!). Hier bei meinem hellen Himmel kann es aber ganz anders sein! Deshalb meine Anfrage!


    Du hast Recht, es gibt bei DSS auch einen Schwellenwert; den muss man auf sehr niedrige Werte stellen, damit die SCORE-Werte hoch genug sind, damit DSS überhaupt stackt!
    Wenn ich die ISO erhöhe, wird das Rohbild heller und es sind mehr Sterne zu sehen! Das erhöht die Stackwahrscheinlichkeit!
    Das Programm SIRIL benutze ich bisher nur für Farb- und Hintergrund-Kalibrierungen.
    Die FWHM-Werte liegen bei mir auch immer zw. 4 und 7, fast egal, ob ich einen kleinen APO nehme oder das C9.25. Deshalb glaube ich auch nicht an meine obige Formel.


    viele Grüße und häufiger cs
    Andreas

  • Hallo Andreas,


    entschuldige dass ich jetzt nicht jedem Link folge.
    Ich weigere mich etwas gegen Pauschalaussagen und möchte so auch nicht verstanden werden. In meinem Video über das Sampling sage ich, dass ich es für nicht zielführend halte zu oversampeln aus zwei Gründen. Zum einen weil das Bild Seeinglimitiert ist und bleibt, egal wie gut ich es abtaste, es bleibt unscharf. Somit gewinnt man nichts. Zum anderen, und das ist mit entscheidend, ergibt sich ein schlechteres SNR (immer auf Pixelbasis betrachtet) bei oversampling. Beides zusammen genommen spricht nicht dafür zu oversampeln. Das ist die Kernaussage meines Videos.
    Ganz wichtig: Weder Deconvolution noch Schärfen sind Methoden, die eine nicht optimale Abbildung rechtfertigen. Du kannst auch Aufnahmen mit einem kleinen APO noch schärfen. In erster Linie geht es doch mal darum, handwerklich, bzw. optisch dafür zu sorgen, dass man seine Bilder so gut wie es eben geht aufzunehmen. Kosmetik betreibt man nachher so oder so, es geht doch zunächst mal darum eine Ausgangsdatenlage zu bekommen, die so optimal wie möglich ist. Das ist zumindest meine Auffassung von Bilderfassung. Insofern widerspreche ich da den sog. Cracks. Aber es ist nur Hobby, jeder nach seiner Fassong.


    Einen 1000mm f/4 Newton und ein C9 kann man nicht vergleichen. Warum ich niemandem zum SC (ob C9 oder C14) raten würde hat verschiedene Gründe, nicht alleine das Sampling. Die Obstruktion, das schlechte Öffnungsverhältnis, die m.E. nicht so gute Abbildung gegenüber Newtons, RCs oder APOs, Spiegelshifting etc etc. Ich habe nur wenige Erfahrungen mit einem C11 und einem LX200 und die haben mich nicht überzeugt. Auch überzeugen mich persönlich nicht die Bilder des verlinkten amerikanischen Kollegen. Das sind kleine Objekte, natürlich groß abgebildet, aber die Abbildung!? Hm, weiß nicht, meins ist es nicht. Aber du musst zufrieden sein.


    Ja, Öffnung ist sehr entscheidend bei der Auflösung. Meistens bringt die aber auch eine lange Brennweite mit sich, und damit Winkelauflösung. Limitierend ist bei all diesen Dingen das Seeing. Daher ist die Frage ob sich ein wirklich großes Teleskop in Mitteleuropa lohnt. Ein 12" Newton ist m.E. das, was die sinnvolle Grenze in unseren Breiten darstellt.


    P.S. Du verwendest das ! als Satzzeichen ziemlich inflationär, das kann man als Leser dann auch mal in den falschen Hals bekommen:-)


    CS Frank

  • Hallo, Frank,


    vielen Dank für den Hinweis mit den vielen Ausrufezeichen. Werde ich mir in Zukunft merken, nicht mehr so oft zu benutzen. [:)] [:I]
    Zudem danke ich Dir für Deine eindeutige Meinung und Deine Empfehlungen.
    Der Newton mit den "nur" 800mm ist mir auch viel lieber, da ich kein Goto besitze und bei der kleineren Brennweite die Objekte schneller finde. Auch die größere Lichtstärke läßt eher kürzere Belichtungszeiten zu. Das gesamte APS-C-Bildfeld ist zudem nutzbar.
    Da ich mir gerne tief belichtete Aufnahmeergebnisse anschaue, bin ich sehr davon angetan, dass man bei dunklem Himmel und relativ kurzen Gesamtbelichtungszeiten (1,5-2h) schon so tief kommt (23,5-24mag), wenn man nur ein 14" Gerät, relativ lichtschwach, trotz relativ großer Brennweite verwendet.
    Darauf wollte ich auch mit den links aufmerksam machen.
    Da habe ich ja nichts falsch gemacht, in letzter Zeit meistens den Newton benutzt zu haben.


    viele Grüße und bald wieder cs
    Andreas

  • Hallo, Kollegen,


    Newton besser in vielen Punkten als SC: das mag sein.
    aber nochmal zu meinem eigentlichen Thread-Thema: Brennweite - Details:
    Meine links zu dem Kollegen mit der hohen Brennweite stehen oben.
    Die Bilder wirken vielleicht nicht sehr ästhetisch, mag sein, aber sie sind tief und zeigen trotz der Brennweite viele Details.
    Ist dann dieses obige Thema immer noch diskussionswürdig oder gibt es hierzu schon eindeutige Erkenntnisse? (vorausgesetzt Brennweiten mit passenden Kamerapixelgrößen):
    Bei einem üblichen durchschnittlichen Seeing von 2-3":
    Aufnahmen mit Brennweiten von 1500 bis 2500 mm und späterer erforderlicher (weil größerer Verschmierung von Details) stärkerer Schärfung (die Rohdaten sind gemäß Frank von der Theorie her nicht mehr optimal, das mag von der Theorie her stimmen, aber auch in der Praxis?) gegenüber
    Aufnahmen mit Brennweiten von 400 bis 800 mm Brennweite und späterer sinnvoller geringerer Schärfung.
    Der Kollege Tommy Nawratil hatte vor ein paar Jahren mal etwas von einem "gesunden Oversampling" geschrieben...
    und der Kollege Ralf, 30sec: in der Praxis erzeugen (überraschenderweise) höhere Brennweiten schärfere Ergebnisse (in einer privaten E-mail an mich) (für eine kleine Galaxie, M64).
    Das verunsichert mich etwas...


    Bedeutet das: bei Seeing 3-4": kleinere Brennweite nehmen; bei Seeing besser 2,5": größere Brennweite nehmen? So genau weiß man das aber im Voraus nicht, was der Himmel hergeben wird...also immer auf "Risiko" gehen und höhere Brennweiten benutzen? Das spräche wieder für das C9.25, trotz der vielen Nachteile...


    viele Grüße und häufiger cs
    Andreas

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